Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach Natur - und Vogelschutzverein Aesch-Pfeffingen Einreichung der Petition am 3. November 2016 "Unsere Natur, unser Boden und unser Naherholungsgebiet sind erhaltenswert!" Argumentarium Mit der Einreichung der Unterschriften zur Petition "Unsere Natur, unser Boden und unser Naherholungsgebiet sind erhaltenswert!" bekräftigen die unterzeichnenden Organisationen und 5189 Personen (davon 500 elektronische Unterschriften) ihre ablehnende Haltung gegenüber der Durchführung des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests 2022 im Gebiet Aesch-Reinach. Die Unterschriften wurden in nur 31 Tagen gesammelt. Bei mehreren Gelegenheiten haben wir auf Regierungsratsstufe (VGD, BUD und BKSD) auf unsere Anliegen aufmerksam gemacht. Am Regierungsratsgespräch vom 8. März 2016 zwischen den Naturschutz- und Umweltverbänden und den Direktionen VGD und BUD betonten die Vorsteherin der BUD und der Vorsteher der VGD, dass für sie eine Durchführung im Gebiet Reinach-Aesch eher nicht in Betracht komme, und dass sie den Standort St. Jakob bevorzugen würden. 1. Förderung von Brutvögeln der Kulturlandschaft Bis vor 20 Jahren wurde das Gebiet zwischen Aesch und Reinach konventionell bewirtschaftet. Entsprechend dürftig war die Artenvielfalt, insbesondere die der Brutvögel, die ja auch Indikatoren für die Qualität eines Lebensraums sind. In Zusammenarbeit mit den Landbewirtschaftern wurden ökologische Ausgleichsflächen angelegt, von welchen die Vogelwelt in hohem Masse profitiert hat. Seit zwanzig Jahren werden die Flächen zwischen Aesch, Reinach und Ettingen jährlich kartiert und die Daten an die Schweizerische Vogelwarte in Sempach geliefert. Nicht nur haben die Populationsgrössen, sondern auch die Artenvielfalt hat zugenommen. Darunter befinden sich Arten, welche im Baselbiet lange Zeit ausgestorben waren oder in sehr kleinen Populationen vorgekommen sind. 1 Die positiven Änderungen möchten wir anhand von drei Arten illustrieren: Schwarzkehlchen: Bei Beginn der Kartierungen vor zwanzig Jahren brütete das Schwarzkehlchen nicht mehr im Gebiet Reinach-Aesch. Vor zehn Jahren brüteten 2 Paare, aktuell wurden 16 Brutpaare (auf einer Fläche von 5.5 km2) nachgewiesen. Das ist 50 % der gesamten Baselbieter Population (32 Brutpaare auf 210 km2). Neuntöter: Dieser Vogel ist aufgrund seines speziellen Verhaltens bekannt. Er spiesst seine Beute an Dornen von Sträuchern auf und verzehrt diese zu einem späteren Zeitpunkt. Vor 10 Jahren wurden 2 Brutpaare nachgewiesen. Der heutige Bestand ist auf 10 Brutpaare angewachsen. Wendehals: Dieser galt im Baselbiet seit 2000 als ausgestorben. Aktuell sind im Baselbiet vier Reviere, davon zwei im Gebiet Aesch Nord nachgewiesen. Der Lebensraum für viele Vogelarten schwindet, mit der Folge, dass die Rote Liste der Brutvögel stetig wächst. Das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz der Säugetiere und Vögel, das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz sowie diverse kantonale Gesetze haben zum Ziel, die Vielfalt der Arten und ihre Lebensräume zu erhalten. Aufgrund der zunehmenden Verarmung unserer Kulturlandschaft hat der Bund auf der der bestehenden rechtlichen Grundlagen Umweltziele für die Landwirtschaft festgelegt. 48 Vogelarten fungieren als Zielund Leitarten, wie zum Beispiel Wendehals, Feldlerche, Goldammer, Neuntöter und Schwarzkehlchen, die allesamt im Gebiet zwischen Reinach und Aesch vorkommen und deren Populationsgrössen hier signifikant zugenommen haben. Die Schweiz hat im Jahre 1982 das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) unterschrieben und sich verpflichtet, den Schutz der in Anhang II aufgeführten wildlebenden Vogelarten sicherzustellen. Dazu gehört auch der Schutz vor Zerstörung des Lebensraumes sowie vor mutwilliger Beunruhigung. Zu den streng geschützten Vogelarten gehören unter anderen Wendehals, Feldlerche, Goldammer, Schwarzkehlchen und Neuntöter. Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest mit den Infrastrukturbauten und der über längere Zeit dauernden Störung während der Vorbereitungs- und Aufbauarbeit würde den Lebensraum der Vogelfauna nachhaltig zerstören, mit der Folge, dass die Artenvielfalt und die Populationsgrössen wieder einknicken. 2. Förderprojekt HOPP HASE Zudem läuft im selben Gebiet seit zehn Jahren das Artenförderungsprojekt HOPP HASE. Der gleichnamige Verein wird von Jagd Baselland, vom Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband BNV und Pro Natura Baselland getragen. Das Projekt wurde 2007 mit dem Ziel gestartet, innerhalb von 10 Jahren die Hasenpopulationen in verschiedenen Teilgebieten des Baselbiets zu fördern. Unter dem Einfluss der Fördermassnahmen ist der Bestand im Gebiet Aesch-Reinach von etwa drei auf über zehn Hasen pro Quadratkilometer angewachsen, während er im angrenzenden Kontrollgebiet bei rund zwei Hasen pro Quadratkilometer stagnierte. Das Schwingfest würde genau jene Flächen beanspruchen, auf denen auch die Feldhasen leben. Die erwachsenen Hasen würden das Gebiet verlassen müssen. Die Junghasen aus den ersten Monaten von 2022 würden sterben. Fehlt der Nachwuchs, bricht die Population völlig 2 zusammen. Um nach dem Schwingfest einen Bestand wie heute aufzubauen, müssten wiederum während ungefähr zehn Jahren ähnliche Fördermassnahmen umgesetzt werden. 3. Zusammenarbeit mit den Landbewirtschaftern Die Vogel- und Hasenförderungsmassnahmen waren nur dank der guten Zusammenarbeit mit den produzierenden Landbewirtschaftern möglich. Diese Kooperation wurde über Jahre hinweg aufgebaut. Die Naturschützer und Landwirte mussten Kompromisse eingehen und für beide Seiten gute Lösungen finden. Der geplante Grossanlass macht die jahrelange Aufbauarbeit zunichte, und eine Wiederholung der Mitarbeit der Landwirte nach dem Zerstörungsakt durch das Schwingfest ist mehr als fraglich. Ebenso wären ein Grossteil der freiwilligen Helfer und Helferinnen kaum mehr bereit, wieder bei Null zu starten. Die Landbewirtschafter sind sich in der Ebene Reinach-Aesch gewohnt, ihr Land mit der Bevölkerung zu "teilen". Spaziergänger, Hundehalter, Velofahrer, Jogger und Pendler nutzen dieses Gebiet. Für sie ist jedoch klar, dass ein Grossanlass, wie das Eidgenössische Schwingfest, auf ihrem Land nicht in Frage kommt. 4. Letzte unüberbaute Kulturlandschaft Die Ebene zwischen Reinach, Aesch und Ettingen ist die letzte grosse, unüberbaute Fläche im unteren Birstal. Umso wichtiger ist es, diese Fläche für die Förderung der Biodiversität und als Erholungsraum zu erhalten. Wir verweisen dazu auch auf das Schreiben der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach vom 28. Oktober 2016. Fazit Die ökologischen Aufwertungen auf den Flächen zwischen Reinach und Aesch haben nachweislich eine grosse Wirkung auf die Artenvielfalt, und die Fördermassnahmen sind ein Vorzeigebeispiel nachhaltiger Landwirtschaft. Die Durchführung des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes 2022 ist nicht auf das Gebiet zwischen Reinach und Aesch angewiesen. Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass wir diesen Anlass in unserer Region nicht grundsätzlich ablehnen und uns eine Durchführung im St. Jakobspark inkl. Schänzliareal und Umgebung sehr gut vorstellen könnten. Dass dies durchaus prüfenswert ist – und zurzeit vom Baselstädter Verband auch abgeklärt wird –, hat Rolf Klarer (Kranz-Schwinger aus BS) in einem Interview auf telebasel am 25. Oktober 2016 bestätigt. Basellandschaftlicher Natur- und Vogelschutzverein BNV, Postfach 533, 4410 Liestal, Tel. 061 922 03 66, Mailto: [email protected] Pro Natura Baselland, Postfach 499, 4410 Liestal, Tel. 061 921 62 62, Mailto: [email protected] Natur- und Vogelschutzverein Aesch-Pfeffingen, Patrick Schaub, Kirschgartenstrasse 11, 4147 Aesch, Tel. 077 434 16 56 VNV Reinach, Fabio Di Pietro, Herrenweg 32, 4153 Reinach, Tel. 061 712 55 06, Mailto: [email protected] Geschäftsstelle Verein HOPP HASE c/o Darius Weber, Bündtenstrasse 16, 4418 Rodersdorf, Mailto: [email protected] Petition ESAF2022/Argumentarium/sb/November2016 3 4
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