Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI «des lobe ich den heilant, daz ich doch under liuten bin! wan eteswer ist under in, der sîne güete an mir begât und tuot mir eteslîchen rât.» »Den Heiland lobe ich, daß ich wieder unter Menschen bin! Vielleicht beweist von ihnen einer an mir seine Güte 7630 Und verschafft mir Hilfe.« Hie mite kêrten die boten hin unde begunden under in mit rede von sînen sachen vil michel wunder machen. si seiten wider ze maere, daz in widervaren waere âventiure an einem man, Dann wandten sich die Boten in die Stadt und fingen dort von ihm vielnStaunenswertes zu erzählen an 7635 Sie berichtete überall, was ihne Sonderbares mit einem Mann begegnet sei, dâ man sich es lützel an und niemer solte versehen. was man kaum oder überhaupt nicht 39 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI si seiten, alse ez was geschehen: 7640 erwartet haben würde. ê sî dar nâher kaemen, Sie sagten, was sie erlebt: daz s'aldort her vernaemen als sie ihm näher kamen, einen alsô süezen harpfen clanc hätten sie so süßen und mit der harpfen einen sanc. Harfenklang vernommen und dazu Gesang, 7645 wie ihn Gott selber gern1 hören got möhte in gerne hoeren in sînen himelkoeren. In seinen Himmelschören; und jâhen, daz daz waere Und sagten: »In dem Schifflein saß ein armer marteraere, Ein armer Märtrer leichenblaß ein tôtwunder spilman. Ein todwunder Spielmann 7650 «wol hin, ir seht ez ime wol an, er stirbet morgen oder noch. und in der marter hat er doch einen muot sô lebelîchen. in allen künicrîchen envünde man ein herze niht, daz alsô grôzer ungeschiht möhte genemen sô cleine war.» Die burgaere kêrten dar und triben maneger hande Geht hin, ihr seht es ihm wohl an, Er stirbt morgen oder heute noch, Und in der Marter hat er doch Sich so frischen Muth bewahrt, Wenn ihr durch alle Reiche fahrt, 7655 Ihr findet doch wohl nicht den zweiten, Der so viel Widerwärtigkeiten Erträgt mit so gelaßnem Sinn.« Nun, die Bürger eilten hin Und trieben mit Tristanden viel maere mit Tristande und vrâgeten in sus unde sô. aber seite er iegelîchem dô in der gelegenheite, als er den boten ê seite. sus baten s'in, er harpfete in. und er kêrte allen sînen sin 7660 Gespräches, wie es eben fiel, Und fragten ihn die Kreuz und Quer: Und wie die Boten vorher Und mit denselben Reden Beschied er einen Jeden. 7665 Auf ihre Bitte harft' er ihnen, Und fliß sich Jeglichem zu dienen an ir gebot und an ir bete, wan er'z von allem herzen tete. swâ mite er sich in kunde mit handen oder mit munde gelieben, daz was al sîn ger, des vleiz er sich und daz tete er. Und zu thun, was man ihn hieß; Mit gutem Willen that er dieß, Und wie ers mocht erzielen 7670 Mit Singen oder Spielen, Ihre Gunst sich zu gewinnen, Das war sein Trachten und sein Sinnen. 1 Ab dieser Zeile: Übersetzung von Karl Simrock. 40 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI Schloß Chenonceau und alse der arme spilman wider sînes lîbes state began sîn harpfen und sîn singen sô rehte suoze bringen, ez begunde s'alle erbarmen. 7675 sus hiezen sî den armen ûz sînem schiffelîne tragen und einem arzâte sagen, daz er'n ze hûse naeme. und swaz im rehte kaeme, daz er des vlîz haete und umbe ir guot im taete beidiu helfe unde gemach. Da ließen sie den Armen Aus seinem Schifflein tragen 7680 Und einem Arzte sagen, Daß er ihn zu sich nähme Und was ihm wohlbekäme, Damit sollt' er ihn letzen: Sie wollten ihm ersetzen 7684 Die Kosten, und die Müh bezahlen. diz wart getân und diz geschach. Und als der arme Spielmann über seine Kraft begann in sein Harfen und sein Singen Süßigkeit zu bringen, da must er sie erbarmen. Nun dieß geschah auch allzumalen; 41 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI und alse er'n heim brâhte, al sîn gemach bedâhte, alse er'z allerbeste von sînem liste weste, dô half ez allez cleine. Doch als er ihn heimbrachte Und da zu heilen dachte Und Alles auf ihn wandte 7690 Was er nur wust und kannte, Da wollt es all nicht frommen. diz maere wart gemeine über al die stat ze Develîn. ein schar gienc ûz, diu ander în und clageten sîn ungemach. Diese Kunde ward vernommen In der ganzen Stadt zu Develin; Man sah sie scharenweise ziehn 7695 Und sein Ungemach beklagen. Nun geschahs in diesen Tagen, daß ein Pfaffe zu ihm kam und seine große Kunst vernahm Im Spielen und im Singen; 7700 Er selbst war in den Dingen nicht so ohne Meisterschaft: Denn er versuchte seine Kraft an jeglichem Saitenspiel In der wîle ez dô geschach daz ein pfaffe dar în kam und sîne vuoge vernam an handen unde an munde wan er ouch selbe kunde Und konnt auch fremder Sprachen viel. Übersetzung: Kramer 7700 denn er selbst besaß viel Wissen und Kunstfertigkeit, verstand sich selber gut auf alle Saitenspiele und konnte viele Sprachen. 7705 Er hatte für höfisches Wesen viel Zeit und Aufmerksamkeit verwendet, list unde kunst genuoge, mit handen manege vuoge an iegelîchem seitspil und kunde ouch vremeder sprâche vil. an vuoge unde an höfscheit haete er gewendet unde geleit sîne tage und sîne sinne. der was der küniginne meister unde gesinde und haete sî von kinde gewitzeget sêre an maneger guoten lêre mit manegem vremedem liste den sî von im wiste. ouch lêrte er ie genôte ir tohter Îsôte, 7710 7715 war Erzieher der Königin und gehörte zu ihrem Gefolge Er hatte ihr von Kind auf in vielen guten Fächern Unterricht erteilt und manches seltene Wissen ihr dabei vermittelt. Auch unterwies er fleißig ihre Tochter Isolde, 42 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI die erwünscheten maget, von der diu werlt elliu saget und von der disiu maere sint: diu was ir einegez kint, und haete alle ir vlîzekeit sît des tages an sî geleit, daz s'iht gelernen kunde mit handen oder mit munde. die haete er ouch in sîner pflege. die lêrte er dô und alle wege das schöne, herrliche Mädchen, von welcher alle sprachen und von der die Geschichte handelt. 7720 7725 beidiu buoch und seitspil. dô der an Tristande alse vil schoener künste und vuoge ersach, in erbarmete sîn ungemach vil inneclîche sêre und enbeite ouch dô niemêre. er gie zer küniginne dan und seite ir, daz ein spilman in der stat dâ waere, der waere ein marteraere und tôt mit lebendem lîbe und daz nie man von wîbe sîner künste als ûz erkorn noch baz gemuot würde geborn. «â» sprach er «edeliu künigîn, möhte ez iemer gesîn, daz wir dar zuo gedaehten, daz wir in eteswar braehten, Sie war ihr einziges Kind, und hatte sie von Anbeginn auf sie gewendet Fleiß und Sinn, auf daß sie lernte eine Kunde, mit Händen oder mit dem Munde Die hatte er auch in seiner Obhut und lehrte sie ständig die Bücher und das Saitenspiel.2 Als jener Tristans Kunst und Fertigkeit erkannte, erbarmte ihn zutiefst sein Unglück, und er zögerte nicht länger, ging hin zur Königin und sagte ihr, ein Spielmann wäre in, der Stadt, 7730 7735 7740 der wäre ein Märtyrer,3 der bald sterben müsse. Es gäbe keinen Menschen, der kunstreicher wäre und so fein gesinnt wie er. »Ach«, sprach er, »edle Königin, könnten wir es doch irgendwie erreichen, ihn an einen, Ort zu bringen, wohin Ihr in Ehren kommen könnt, 2 Krohn übersetzt: das Bücherwissen und das Saitenspiel - man beachte die damalige Verbreitung von Büchern. 3 Krohn: 7733ff: Er ging zur Königin und berichtete ihr, daß ein Spielmann in der Stadt sei, der sehr krank und bei lebendigem Leibe tot sei, und daß keine Frau jemals einen Mann von so erlesener Kunstfertigkeit und von so vornehmer Gesinnung gebären könne. 43 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI 7745 dar ir mit vuoge kaemet, daz wunder vernaemet, daz ein sterbender man als inneclîche suoze kan geharpfen unde gesingen und doch an sînen dingen weder rât noch helfe kan gewesen. wan ern kan niemer genesen. sîn meister und sîn arzât, der sîn biz her gepflegen hât, der hât in ûz der pflege gelân, 7750 weder Rat noch Hilfe gibt; denn er wird nicht mehr genesen. 7755 ern mag im niht ze staten gestân mit keiner slahte sinne.» um das Wunder zu vernehmen, wie ein sterbender Mann so innig und so süß Harfe spielen und singen kann; obwohl es für seine Not Der Meister und der Arzt, der ihn bisher gepflegt, hat ihn aus seiner Pflege entlassen; denn er weiß auf keine Weise, wie er ihm noch helfen soll.« Soweit:Übertragung -Kramer4 nun wieder Kurz/Heinrich: «Sich» sprach diu küniginne «ich sol den kameraeren sagen müge er ez iemer vertragen und verdoln, daz man in handele und under handen wandele, daz sî'n uns her ûf bringen, ob ime ze sînen dingen dekeiner slahte helfe tüge oder obe in iht generen müge.» »Sieh«, sprach die weise Königin, »Ich will's den Kämmerern sagen (Wenn er's je kann vertragen, daß Hände ihn berühren und von der Stelle führen), sie sollen ihn zu uns bringen, ob ihm bei seinen Dingen etwas zustatten käme Oder sein Weh benähme.« 7760 7765 Diz wart getân und diz geschach Dies ward getan, und dies geschah nu daz diu künigîn gesach sîn angest al begarwe, die wunden unde ir varwe, nu erkande sîz gelüppe dâ. «ach armer spilman» sprach si sâ «dû bist mit gelüppe wunt.» «ine weiz» sprach Tristan sâ zestunt nun daß die Königin ersah, wie diese Wunde beschaffen war, dazu die Farbe grauenbar, erkannte sie das Gift daran. »Ach, armer Spielmann«, hob sie an, »Du bistia von Gifte wund.« »Ich weiß nicht«, sprach des Kranken Mund: «ine kan niht wizzen, waz ez ist, wan mir enmac kein arzâtlist gehelfen noch gevrumen hie zuo. 4 7770 7775 »Ich kann nicht wissen, was es sei, Mir mag kein Arzt, noch Arzenei Genesung bringen oder Ruh: Einschübe von Kurz z.B.7720ff 44 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI nune weiz ich mêre, waz getuo, wan daz ich mich gote muoz ergeben und leben, die wîle ich mac geleben. swer aber genâde an mir begê, sît ez mir kumberlîche stê, dem lône got: mirst helfe nôt, ich bin mit lebendem lîbe tôt.» Nun weiß ich nicht mehr, was ich tu, als daß ich mich Gott ergebe und meine Frist verlebe. Wer aber Gnade an mir begeht, da es so kümmerlich um mich steht, dem lohne Gott. Mir ist Hilfe Not, Ich bin mit lebendem Leibe tot.« 7780 7785 Diu wîse sprach im aber zuo: «spilman, sag an, wie heizestuo?» «vrouwe, ich heize Tantris.» «Tantris, nu wis an mir gewis, daz ich dich binamen neren sol. wis gemuot, und gehabe dich wol! 7790 Die Weise rief ihm aber zu:. »Spielmann, sag an, wie heißest du?« »Fratie, Tantris bin ich genannt.« »Wohlan, Tantris, dir sei bekannt, daß meine Hand dir helfen soll Sei getrost und gehabe dich wohl, ich wil dîn arzât selbe sîn.» «genâde, süeziu künigîn, diu zunge diu gruone iemer, daz herze ersterbe niemer, diu wîsheit diu müeze iemer leben, den helfelôsen helfe geben, dîn name der müeze werden gewerdet ûf der erden!» Ich selbst werde Deine Ärztin sein« »Danke, gütige Königin! deine Zunge grüne immer, dein Herz ersterbe nimmer, deine Weisheit möge immer leben, «Tantris» sprach aber diu künigîn «möhte ez an dînen staten gesîn, 7795 und den Hilflosen helfen, Dein Name, möge hoch gerühmt werden auf Erden!« »Tantris «, fiel die Königin ein, »Wofern es dir möglich sollte sein, Nur daß du freilich von Kräften bist, was auch kein Wunder an dir ist, so hörte ich gerne Harfenspiel, Des kannst du, höre ich sagen, viel.« »Nein, Fraue, lasst die Rede sein: Mein Übel irrt und hindert klein, 7800 wan dazt aber alse uncreftic bist, als ez kein wunder an dir ist, sô hôrte ich gerne harpfenspil des kanstu, hoere ich sagen, vil.» «nein vrouwe, sprechet alsô niht. mich enirret kein mîn ungeschiht, ine tuo und müge ez harte wol, daz iuwer dienest wesen sol.» sus wart sîn harpfe dar besant. ouch besande man zehant die jungen küniginne. daz wâre insigel der minne, mit dem sîn herze sider wart versigelt unde vor verspart 7805 daß ich nicht täte und gern dazu, womit ich Euch einen Gefallen tu.« So ward seine Harfe darbesandt. auch besandte man allzuhand die junge Königinne, das wahre Insiegel der Minne, mit dem auch seit versiegelt Sein Herz ward und verriegelt 7810 45 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI aller der werlt gemeiner niuwan ir al einer, diu schoene Îsôt si kam ouch dar und nam vil vlîzeclîche war, dâ Tristan harpfende saz. nu harpfete er ouch michel baz, dan er ie dâ vor getaete. wan er gedingen haete, sîn ungelücke waere hin, dâ sang er unde harphete in niht alse ein lebelôser man, er vieng ez lebelîchen an und alse der wol gemuote tuot er machete ez in sô rehte guot mit handen und mit munde, daz er in der kurzen stunde 7815 vor aller Welt und ihrem Schein. und gehörte nur ihr allein. Die schöne Isolde kam auch dar und nahm mit allem Fleiße wahr, wie Tristan über der Harfen saß. Nun harfete er auch noch viel besser als er es je vormals vollbracht, weil ihm nun Hoffnung war gemacht, 7820 sein Unglück sei zu Ende. Er harfte und sang behende, nicht wie ein lebensmüder Mann; er fing es frisch lebendig an und wie der Wohlgemute tut. Er machte es ihnen also gut mit Händen und mit Munde, daß er in der kurzen Stunde 7825 7830 ir aller hulde alsô gevienc, daz ez im z'allem guote ergienc und al des spiles, des er getete beide anderswâ und an der stete, 7835 sô smacte ie der veige slac und machete einen solhen smac, daz nieman keine stunde bî ime belîben kunde. all ihre Huld also empfing, daß ihm’s nach ganzem Willen ging. Doch über seinem süßen Schall, so hier zur Stelle wie überall, erwies die Wunde ihren Fluch und machte einen solchen Geruch, daß niemand konnte die Plagen eine Stunde ertragen. Aber sprach diu küniginne dô: «Tantris, swenne ez gevüege alsô, daz dir dîn dinc alsô gestê, daz dirre smac an dir zergê und ieman bî dir müge genesen, sô lâ dir wol bevolhen wesen dise jungen maget Îsôte, diu lernete ie genôte Aber begann die Königin: »Tantris, wenn es sich fügt dahin, 7840 und daß es also um dich steht, daß dieser Geruch an dir vergeht und jemand kann bei dir gedeihn, so lass dir wohl befohlen sein Isolden hier, die junge Magd. die hat gelernet unverzagt 7845 diu boch und dar zuo seitspil und kan des ouch billîche vil nâch den tagen und nâch der vrist, Buchwissen und auch Saitenspiel, und kann auch dessen ziemlich viel nach den Tagen und nach der Frist, 46 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI als sî derbî gewesen ist. und kanstu keiner lêre und keiner vuoge mêre danne ir meister oder ich, des underwîse sî durch mich. dar umbe wil ich dir dîn leben und dînen lîp ze miete geben wol gesunt und wol getân. diu mag ich geben unde lân, diu beidiu sint in mîner hant.» «jâ ist ez danne alsô gewant» sprach aber der sieche spilman 7850 als sie dabei gewesen ist. Hast du nun irgend größere Kraft in einer Kunst oder Wissenschaft, denn ich und auch ihr Meister hie, um meinetwillen das lehre sie. Dafür will ich dir Leib und Leben zum Lohn und Ehrensolde geben 7855 7860 «daz ich sô wider komen kan und mit spil genesen sol, ob got wil, sô genise ich wol. saeligiu küniginne, sît daz iuwer sinne alsô stânt, als ir dâ saget, umbe iuwer tohter die maget, sô trûwe ich harte wol genesen. ich hân der buoche gelesen in der mâze und alsô vil, daz ich mir wol getrûwen wil, ich gediene iu wol ze danke an ir dâ zuo sô weiz ich wol an mir, daz mîner jâre kein man sô manic edele seitspil kan. swaz ir dar über geruochet und her ze mir gesuochet, daz ist allez getân, als verre als ich's state hân.» »daß ich dadurch aufkommen kann und so mit Spiele genesen soll, ob Gott will, so genese ich wohl. Fraue, selige Königin, und ist es denn, dass Euer Sinn Euch also, wie Ihr mir da sagt, Um Eure Tochter steht, die Magd, so hoffe ich sehr wohl zu genesen: denn der Bücher hab ich gelesen in solchem Maß und also viel, daß ich mir wohl getrauen will. Ich diene Euch zu Dank an ihn dazu so weiß ich wohl an mir, daß meines Alters kein einziger Mann so viel der edlen Spiele kann. was Ihr nun drüber geruhet Und mir zu wissen tuet, das nehmet alles für getan, so weit ich es vermag und kann.« So beschied man ihm ein Kämmerlein und gab ihm alle Tage drein all die Pflege und Gemächlichkeit, die er sich wünschte zu jeder Zeit Nun erst war ihm gekommen zustatten und zu Frommen die Weisheit, die er im Schiff beging, da er den Schild zur Seiten hing 7865 7870 7875 7880 Sus beschiet man ime ein kamerlîn und schuof im alle tage dar în alle die pflege und daz gemach, daz er selbe vor gesprach. alrêrste was diu wîsheit ze vrumen und ze staten geleit, die er in dem schiffe begienc, dô er den schilt zer sîten hienc gesund und wieder wohlgetan, nachdem ich sie geben und nehmen kann denn beide sind in meiner Hand.« »Ja, ist es denn also bewandt«, sprach aber der sieche Harfenmann, 7885 47 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI und barc sîne wunden vor den unkunden, 7890 vor der îrlandeschen diet, dô sî von Curnewâle schiet. hie von sô was in unkunt und enwisten niht, daz er was wunt. wan haeten s'iht bevunden 7895 umbe keine sîne wunden, sô wol als in daz was erkant, wie'z umbe die wunden was gewant, und deckte seine Wunde und brachte sie nicht zur Kunde, daß das Irenvolk sie nicht erriet, da es vom Lande Kornwall schied. Daher war ihnen gar nichts kund, und wussten sie nicht, daß er war wund. denn hätten sie dort befunden etwas von seiner Wunden, so wohl, als ihnen war bekannt, wie's mit den Wunden war bewandt, 48 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI In Tours die Môrolt mit dem swerte sluoc, daz er in allen noeten truoc, ezn waere Tristande nie ergangen, alse ez ime ergie. nû half aber ime, daz er genas, daz er sô vorbedaehtic was. hie mac ein man erkennen an und wizzen wol, wie dicke ein man die Morold mit dem Schwerte schlug, das er in allen Nöten trug, es wäre fürwahr Tristanden nie ergangen, wie es ihm ging allhie. nun aber half's ihm aus der Gefahr, daß er so vorbedächtig war Hie mag ein Mann erkennen dran und lernen wohl, wie oft ein Mann . das, was er vorbedächte, 7900 7905 guote vorbedaehte 49 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI ze guotem ende braehte, der gerne sinnebaere und vorbesihtic waere. zu gutem Ende brächte, wenn er auf seiner Stätte Scharfisinn. und Fürsicht hätte 7910 Die weise Irenkönigin, die wandte allen ihren Sinn und allen ihren Witz daran, wie sie errette einen Mann, um dessen Leib und Leben sie hätte so gern gegeben ihr Leben und ihre ganze Ehr, ja, ihn zu hassen war sie noch mehr bedacht, als sich zu minnen; und was sie doch konnte ersinnen, das ihm zu Lindrung, Frommen Diu wîse küniginne diu kêrte alle ir sinne und alle ir witze dar an, wie sî generte einen man, umbe des lîp und umbe des leben si gerne haete gegeben ir lîp und alle ir êre. si hazzete in noch mêre dan sî sich selben minnete. und swes si sich versinnete, daz ime ze senfte und ze vromen und ze heile möhte komen, dâ was si spâte unde vruo betrehtic unde gescheffec zuo. daz enwas kein wunderlîch geschiht. sine erkande ir vîndes niht. und möhte sî daz wizzen, an wen sî was vervlizzen und wem sî half ûz tôdes nôt. 7915 7920 und mochte zum Heile kommen, auf solches wandte sie spät und früh alle Bedachtsamkeit und Müh. Da war nun eben kein Wunder dran: 7925 ihr Feind war ihr ein fremder Mann, ja, wär ihr getan zu wissen, für wen sie war beflissen, und wem sie half aus Todesnot, waere iht ergers danne der tôt, den haete s'ime zewâre gegeben vil michel gerner dan daz leben nu enwiste aber sî dâ niuwan guot und truog im niuwan guoten muot. 7930 es wäre ihr ärger denn der Tod, den sie ihm hätte gegeben viel lieber, denn das Leben; nun wusste sie aber nichts als Guts und war ihm guten und holden Muts. Ob ich iu nû vil seite und lange rede vür leite von mîner vrouwen meisterschaft, wie wunderlîche guote craft ir arzenîe haete und wie s'ir siechen taete, waz hülfe ez und waz solte daz? in edelen ôren lûtet baz ein wort, daz schône gezimt, dan daz man ûz der bühsen nimt. als verre als ichz bedenken kan, 7935 wollte ich euch nun sagen viel und Reden machen ohne Ziel von meiner Frauen Meisterschaft, wie wunderbare gute Kraft in ihren Arzeneien war und ihren Siechen neu gebar, was hülfe es und was sollte das? In edlen Ohren lautet bass ein Wort, das ziemt und lieblich stimmt, denn was man aus der Büchsen nimmt. So weit ich's kann bedenken und fassen, 7940 7945 50 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI so sol ich mich bewarn dar an, daz ich iu iemer wort gesage, daz iuwern ôren missehage und iuwerm herzen widerstê. ich spriche ouch deste minner ê von iegelîcher sache, ê ich iu daz maere mache unlîdic unde unsenfte bî mit rede, diu niht des hoves sî. umbe mîner vrouwen arzâtlist5 und umbe ir siechen genist will ich das immer unterlassen, daß ich Euch Worte sollte sagen, die Euren Ohren missbehagen und Eurem Herzen widerstehn. Eh rede ich, will's nicht anders gehn, desto minder von einer Sache, eh daß ich Euch die Märe mache unleidlich zu irgendeiner Frist mit Rede, die nicht des Hofes ist. von meiner Frauen Kunde, und wie da genas der Wunde, 7950 7955 wil ich iu kurzlîche sagen: si half im inner zweinzec tagen, daz man in allenthalben leit und nieman durch die wunden meit, 7960 der anders bî im wolte sîn. sît gie diu junge künigîn alle zît ze sîner lêre. an die sô leite er sêre 7965 sînen vlîz und sîne stunde. daz beste daz er kunde, sô schuollist, sô hantspil, daz ich niht sunder zalen wil, daz leite er ir besunder vür, daz sî nâch ir selber kür ze lêre dar ûz naeme, swes sô sî gezaeme. Îsôt diu schoene tete alsô: daz allerbeste, daz si dô under allen sînen listen vant, des underwant si sich zehant und was ouch vlîzec dar an, swes s'in der werlde began. ouch half si harte sêre diu vordere lêre. si kunde ê schoene vuoge und höfscheit genuoge 5 will ich Euch kürzlich sagen: sie half ihm in zwanzig Tagen, daß man sein allerwärts war froh und niemand ihn ob der Wunde floh, der irgend wollte zu ihm hin. Seit ging diejunge Königin allzeit bei ihm in seine Lehr; an diese wandte er gar sehr seinen Fleiß und seine Stunden; das Beste von seinen Kunden, so Bücherlehre als Saitenspiel, was ich nicht alles erzählen will, das legte er ihr besonders für, daß sie nach ihrer eignen Kür zur Lehre daraus nähme, was ihr zu Fuge käme. Auch war die schöne Isold zur Hand: das Beste, das sie allda fand unter seinen Künsten mannigfalt, dem unterzog sie sich alsbald und wandte auch Fleiß bei allem an, was sie je in der Welt begann. 7970 7975 Auch half ihr nach Begehre ihre frühere Lehre:, sie hatte Kunst und Art und Fug und höfische Sitten eh genug, 7980 Die Heilkunst war im Mittelalter eine Domäne der Frauen. ... Die Frau als Arznei 51 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI mit handen und mit munde diu schoene si kunde ir sprâche dâ von Develîn, si kunde franzois und latîn, videlen wol ze prîse in welhischer wîse. ir vingere die kunden, swenne sî's begunden, die lîren wol gerüeren und ûf der harpfen vüeren die doene mit gewalte. sie steigete unde valte die noten behendeclîche. und was man kann mit Mund und Hand; die schöne Jungfrau, sie verstand ihre Develiner6 Sprache fein, konnte Franzois und auch Latein, konnte fiedeln zu Preise in welscher Art und Weise. ihre Finger, die konnten, so wie sie es begonnten, viel wohl die Leier rühren und auf der Harfen führen die Saitentöne mit Gewalt; bald stieg sie auf und nieder bald mit den Noten kunstreich und, geschwind. Auch sang das selige Mutterkind süß und wohl mit dem Munde: und doch bei aller Kunde sollte ihr stets zum Frommen ihr Meister, der Spielmann, kommen; 7985 7990 7995 ouch sanc diu saeldenrîche suoze unde wol von munde und swaz s'ê vuoge kunde, dâ kam si dô ze vrumen an. ir meister der spilman 8000 der bezzerte si sêre. under aller dirre lêre gab er ir eine unmüezekeit, die heizen wir morâliteit.7 diu kunst diu lêret schoene site. dâ solten alle vrouwen mite in ir jugent unmüezic wesen. morâliteit daz süeze lesen deist saelic unde reine. ir lêre hât gemeine mit der werlde und mit gote. der besserte sie gewaltig da. Zu diesen Lehren es geschah, daß er ihr eine neue las, die nennen wir Moralitas8: die Kunst, die lehret schöne Sitten; da sollte man jede Fraue bitten, daß sie dran ihre Jugend kehre. Moralität, die süße Lehre, die ist glückselig und ist rein Ihre Gebote sind gemein so mit Gott als auch mit der Welt; 8005 8010 denn sie sind also dargestellt, si lêret uns in ir gebote 9 daß wir Gott und der Welt gefallen; got unde der werlde gevallen 6 Dubliner Gottfriedsche Wortprägung, sie verbürgt guot und êre; Gesinnung und Gesittung bilden eine unauflösliche Einheit, die ihrerseits die Gegensätzlichkeit von werlde und got zu versöhnen geeignet ist, ferner wird in der Literatur auf den Zusammenhang zu „De institutione musica“ von Boethius verwiesen, die zu Gottfrieds Zeiten bereits bekannt war. Musik als Erziehungsmittel ..... 8 Krohn übersetzt mit „Sittenlehre“ 9 zentrale Frage hochmittelalterlicher Literatur, diverse Textstellen aus Walther von der Vogelweide, Hartmann von Aue und Wolframs „Parzifal“ ausgiebig zitiert, Krohn, Bd.3, S. 140f. 7 52 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI s'ist edelen herzen allen ze einer ammen gegeben, daz sî ir lîpnar unde ir leben suochen in ir lêre. wan sîne hânt guot noch êre, ezn lêre sî morâliteit. diz was ir meiste unmüezekeit der jungen küniginne. hie banekete s'ir sinne und ir gedanke dicke mite. hie von sô wart si wol gesite, schône unde reine gemuot, ir gebaerde süeze unde guot. sie ist den edlen Herzen allen Zu einer Amme mitgegeben, daß sie ihre Nahrung und ihr Leben suchen in ihrer Lehre: sie haben nicht Gut noch Ehre, wenn nicht Moralität sie weist. Das war ihre Unmuße meist, ich meine die junge Königin:. damit ergötzte sie ihren Sinn und ihre Gedanken oft und viel. ihre Sitte ward in diesem Spiel löblich, und schön und rein ihr Mut, ihre Gebärden süß und gut.10 8015 8020 8025 Sus kam diu süeze junge ze solher bezzerunge an lêre und an gebâre 8030 in dem halben jâre, daz von ir saelekeite allez daz lant seite und ouch ir vater der künec dâ van vil grôze vröude gewan 8035 ir muoter ward ez sêre vrô. nu gevuogete ez sich dicke alsô, ir vater sô der was vröudehaft . oder alse vremediu ritterschaft dâ ze hove vor dem künege was, 8040 daz Îsôt in den palas vür ir vater wart besant. und allez daz ir was bekant höfschlîcher liste und schoener site, dâ kürzete s'ime die stunde mite 8045 und mit im manegem an der stete. swaz vröude sî dem vater getete, daz vröute s'al gelîche: 10 So kam die süße junge Maid zu Besserung und Vollkommenheit an Lernen und Sitte wunderbar in jenem einzigen halben Jahr, daß von ihrer herrlichen Art das ganze Land erfüllet ward; auch gewann ihr Vater auf seinem Thron, der König, große Lust davon, und ihre Mutter ward sehr froh. Nun fügte es sich oftmals so, wenn ihr Vater war freudehaft, oder wenn fremde Ritterschaft bei dem Könige war zu Gast, daß Isolde in den Palast zu ihrem Vater ward besandt, und was der Holden war bekannt von schönen Sitten und höfischen Kunden, damit verkürzte sie ihm die Stunden und mit ihm manchem, den er lud.. Und ward der Vater frohgemut von ihr, das freute alle gleich: Krohn übersetzt: 8022ff: Hiermit übte sie ihren Geist und ihre Gedanken sehr oft. Dadurch bekam sie ein feines Benehmen, ihr Geist wurde anmutig und vollkommen ihr Auftreten lieblich und angenehm. 53 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI arme unde rîche sî haeten an ir beide eine saelige ougenweide, der ôren unde des herzen lust. ûzen und innerhalp der brust11 dâ was ir lust gemeine. diu süeze Îsôt, diu reine si sang in, si schreip und si las. und swaz ir aller vröude was, daz was ir banekîe. si videlte ir stampenîe, leiche und sô vremediu notelîn, diu niemer vremeder kunden sîn, in franzoiser wîse von Sanze und San Dinîse.13 der kunde s'ûzer mâze vil. ir lîren unde ir harpfenspil 14 sluoc sî ze beiden wenden mit harmblanken henden ze lobelîchem prîse. in Lût noch in Thamîse gesluogen vrouwen hende nie seiten süezer danne hie si sang ir pasturêle,16 ir rotruwange und ir rundate schanzûne, refloit und folate denn Hoch und Nieder, Arm und Reich, sie hatten an ihr beide 8050 eine selige Augenweide, der Ohren und des Herzens Lust; außer und innerhalb der Brust war ihre Lust die Holde. die süße reine Isolde, 8055 sie sang, sie spielte, sie las, sie schrieb, und was allen war wert und lieb, das war ihre Lust, das freute sie. Sie fiedelte ihre Stampenie,12 Leiche und fremde Nötelein, 8060 die nimmer fremder konnten sein, darin sie Monjoye Saint Denis in der Weise von Frankreich pries; da konnte sie aus der Maßen viel. ihre Leier und ihr Harfenspiel schlug sie zu beiden Seiten hin mit Händen, weiß wie Hermelin, zu seltnem Lob und Preise gut. nicht in Thamise, noch in Lut15 schlugen der Frauen Hände nie die Saiten süßer an, denn hie. sang ihre Pasturele, Rotruwange, Rundate, Schanzune, Refloit, Folate, 8065 8070 11 ... bezeichnet die Totalität der Empfindung. „Tanzweisen, Lieder und fremartigen Melodien, die fremdartiger nicht sein können.“ 13 Die Schulen der Kathedrale von Sens und der Abtei von Saint-Denise waren im Mittelalter für ihren hochentwickelten Kirchengesang be rühmt. Ferner gab es besonere Beziehungen der Baukunst zwischen Straßburg und Sens. 14 Die Szene mit Isoldes Auftritt als Künstlerin ist derjenigen nachgebaut, in der sich Tristan nach der Jagd an Markes Hof vorstellt. Beide Stellen haben die gleiche Funktion: Die gegnadete Musikalität der Protagonisten verweist sie in den Bereich des von der gotinne Minne beherrschten Musenbergs; ihr Künstlertum deutet voraus auf ihr Liebesschicksal; ihre außerordentliche Virtuosität bezeichnet den ersten Schritt der „Anähnlichung“ aneinander. (Krohn). 15 Weder in Lut noch an der Themse schlugen .. (Ortsbezeichnung ...bei London), nicht eindeutig lokalisiert. 16 pasturele, Inhalt nicht Form des Liedes, ...., daß Isolde diese fremdländische Kunstform, die auf deutschem Boden nicht recht heimisch wurde und auch die folgenden exotischen Liedgattungen beherrscht, bezeugt ihre feine Bildung. Auch die beiden im Text nachfolgenden Begriffe sind z.T. sehr speziell.. 12 54 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI auf der Strecke wol unde wol und alze wol. wan von ir wart manc herze vol mit senelîcher trahte. von ir wart maneger slahte gedanke und ahte vür brâht durch sî wart wunder gedâht, als ir wol wizzet, daz geschiht, dâ man ein solich wunder siht von schoene und von gevuocheit, als an Îsôte was geleit. Wem mag ich sî gelîchen die schoenen, saelderîchen wan den Syrênen eine die mit dem agesteine die kiele ziehent ze sich? als zôch Îsôt, sô dunket mich, vil herzen unde gedanken în, die doch vil sicher wânden sîn von senedem ungemache. ouch sint die zwô sache 8075 wohl, wohl, ja wohl und allzu wohl; denn von ihr ward manch Herze voll mit sehniglichem Trachten, mit Denken und mit Achten: Gedanken wurden fürgebracht und viel und wundersam gedacht, wie ihr wohl wisset, dass geschieht, da man ein solches Wunder sieht von Schönheit und von höfischer Art, wie an Isolden geoffenbart. 8080 8085 Wen soll ich ihr vergleichen, der schönen, freudenreichen, als den Sirenen eine, die mit dem Magnetensteine die Kiele ziehen her zu sich so zog Isolde, dünket mich, viel Herzen und Gedanken ein, die doch wähnten bewahrt zu sein vor dem sehnenden Leide. es sind auch diese beide, 8090 55 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI kiel âne anker unde muot 8095 Kiel ohne Anker und sehnender Mut, ze ebenmâzene guot. si sint sô selten beide an staeter wegeweide, sô dicke in ungewisser habe, wankende beidiu an und abe, 8100 ündende hin unde her. sus swebet diu wîselôse ger, der ungewisse minnen muot, rehte als daz schif âne anker tuot in ebengelîcher wîse. 8105 eins in des andern Maße gut. Sie sind so selten beide auf richtiger Wegescheide, so oft auf ungewissem Meer; da wanken sie beide hin und her und treiben vor der Fluten Stoß. so schwebet der Wille steuerlos, der ungewisse Minnenmut, Recht wie das Schiff ohn Anker tut, in ebengleicher Weise. Und wieder lockt ein Schloß – Schloß Ussé 56 Texte von Gottfried – 3. Tantris – der Spielmann Kap.XI diu gevüege Îsôt, diu wîse, diu junge süeze künigîn alsô zôch sî gedanken în 8110 ûz maneges herzen arken, als der agestein die barken mit der Syrênen sange tuot. si sanc in maneges herzen muot offenlîchen unde tougen durch ôren und durch ougen.. die gefüge Isold, die weise, die junge süße Königin, so zog sie die Gedanken hin aus manches Herzens Schiffe, wie der Magnet zum Riffe die Barken mit Sirenensang. ihr Sang in manches Herze drang so laut und offen durch das Ohr, Abreise von Wexfort, Überfahrt Nu was den vrouwen zuo z' ir vart mit Tristandes râte ein kielkemenâte nâch heinlîcher sache gegeben zuo z' ir gemache. dâ was diu küniginne mit ir juncvrouwen inne und mit in lützel kein man wan underwîlen Tristan. der gie wîlent dar în und trôste die künigîn, dâ si weinende saz. die weinde unde clagete daz, daz s' alsô von ir lande, dâ sî die liute erkande, und von ir vriunden allen schiet und vuor mit der unkunden diet, sine wiste war oder wie. sô trôste sî Tristan ie, sô er suozeste kunde. ze iegelîcher stunde, alse er zuo z' ir triure kam, 17 11 536 11 540 11 545 11 550 11555 „Kiele“ - meint Schiffe 57 Den Frauen nach Tristans Rate eine Schiffskemenate zu Wohnung und Annehmlichkeit in ihrem Kiele17 da bereit. da hielt sich die Königinne mit ihren Jungfrauen inne und selten mit ihnen sonst ein Mann, als unterweilen Herr Tristan. Derselbe ging je und je dahin und tröstete die Königin, da sie in ihren Tränen saß. Sie weinte und klagte ohn Unterlass, daß sie also von ihrem Land, da ihr die Leute wären bekannt, und all ihren Freunden fliehe, Mit fremdem Volk hinziehe und wisse nicht, wohin, noch wie. Da tröstete je Tristan sie aus ganzem Herzensgrunde zu jeder Zeit und Stunde, So er zu ihrer Trauer kam. Texte von Gottfried – 4. Abfahrt von Wexford, die Überfahrt, der Minnetrunk zwischen sîn arme er si nam vil suoze unde lîse und niuwan in der wîse, als ein man sîne vrouwen sol. der getriuwe der versach sich wol, daz er der schoenen waere ein senfte zuo z' ir swaere. und alse dicke als ez ergie, daz er sîn arme an sî verlie, sô gedâhte ie diu schoene Isôt an ir oeheimes tôt 11 560 11 565 zwischen die Arme er sie nahm gar süße und gar leise, und aber nur in der Weise, wie ein Mann seine Herrin soll. Der Getreue, der versah sich wohl, daß er der Schönen wäre ein Trost zu ihrer Schwere. Und aber so oft, als es erging, daß er mit Armen sie umfing, so gedachte je die schöne Isot an ihres Ohms Moroldens Tod rechts: Schloß Langeais weiter: http://www.gellhardt.de/tristan/tristan03.pdf 58
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