2016-10-25_Pangerl_Kapellmeister

Einmalig: 50 Jahre Kapellmeister
Musikerlegende mit Jubiläum – Seit 1966 gibt „Maestro Rudi Pangerl“ bei „D’Freudenseer“ Takt an
Von Christoph Hauzeneder
Raßreuth. Diese Jubiläum, diese
Lebensleistung dürfte einmalig
sein in der Region, vielleicht sogar
weit darüber hinaus. Seit 50 Jahren
leitet Rudolf Pangerl die Trachtenkapelle „D’Freudenseer“. Die Musik ist sein Leben.
Begonnen hatte alles 1966. Der
erst 18-jährige Rudolf Pangerl jun.
übernahm mehr oder weniger freiwillig die Leitung der fünf Jahre zuvor gegründeten Trachtenkapelle
D’Freudenseer. Man hat ihn ins
„kalte Wasser“ geworfen. Ein halbes Jahrhundert später darf Rudi
Pangerl ein seltenes Jubiläum feiern.
Seine Begeisterung für die bayerisch-böhmische Blasmusik ist für
ihn Lebensaufgabe. Die Musik und
die Trachtenkapelle bestimmten
und bestimmen tatsächlich das Leben von Rudolf Pangerl. Im Juni
1961 hatten der damalige Vorstand
des Trachtenvereins D’Freudenseer, Ludwig Hoffmann, und der Vater des Jubilars, Rudolf Pangerl
sen., die heutige Trachtenkapelle
gegründet. Rudolf Pangerl jun. war
ein Gründungsmitglied. Sein Vater
stammte aus Böhmen, hatte Sohn
Rudolf die Begeisterung für die
Blasmusik vererbt. Sein Instrument ist bis heute das Flügelhorn,
das er bei seinem Vater und beim
damaligen Kapellmeister Hans
Florian erlernte.
Damals „ins kalte Wasser
geworfen“
Im Jahr 1966 begann schließlich
die „Ära Rudi Pangerl“. Hans Florian hatte als Kapellmeister aufgehört. Die jüngeren Musikanten
und auch sein Vater bedrängten
den 18-Jährigen, die Leitung der
Trachtenkapelle zu übernehmen,
erzählt Rudi Pangerl der PNP. „Es
war eine schwierige Zeit.“ Die
Grundvoraussetzungen
hätten
ihm komplett gefehlt. Er musste
sich alles selbst erarbeiten. Er las
sich durch die Literatur, ging auf
Seminare. Die Freudenseer waren
damals nur eine kleine Tanzkapelle. „Die Anfänge waren doch nervenaufreibend“, gibt er zu. Die ersten Jahre als Kapellmeister waren
für ihn auch Jahre des Auf- und
Ausbaus der Trachtenkapelle.
Pangerl unterrichtete in seinen
jungen Jahren, bildete viele junge
Musiker für die Kapelle aus. Aber
die Kapelle selbst veränderte sich
So kennt man Rudi Pangerl mit seinem Flügelhorn. Seit 50 Jahren leitet
er die Freudenseer Trachtenkapelle.
− Foto: Hauzeneder
immer wieder. „Es schieden immer
wieder Musiker aus.“
Rudolf Pangerl gab auch in
schwierigen Lagen nicht auf, fand
immer eine Lösung und neue Musiker, damit die Kapelle bestehen
konnte. Seiner ruhigen und diplomatischen Art ist es zu verdanken,
dass es die Trachtenkapelle seit 55
Jahren gibt.
Schon kurz nach ihrer Gründung hatte sich die Kapelle dem
Trachtenverein D’Freudenseer angeschlossen. Die Kapelle ist fester
Bestandteil des Vereins, hat sich
der Pflege der Volksmusik verpflichtet. Neben der bayerischen
und böhmischen Blasmusik pflegt
die Trachtenkapelle besonders das
Spielen von Volkstänzen. Dafür
hat Rudi Pangerl viel Zeit investiert.
In mühseliger Kleinarbeit hatte
er Einzelstimmen von Instrumenten gesammelt oder von alten Harmonikaspielern aufgezeichnet. Er
bearbeitete Volkstanzmelodien für
die Blasmusik. So haben sich in
den Jahren um die 100 Volkstänze
und weitere Musikstücke angesammelt. Davon haben auch viele
andere Musikkapellen profitiert.
Das Schreiben der Notensätze
war für Pangerl am Anfang eine
große Aufgabe. Zum einen musste
er sich einarbeiten, zum anderen
war es eine Mühsal, die Noten per
Hand zu schreiben. Eine große
Hilfe war ihm dabei sein Vater, der
eine saubere und exakte Notenschrift hatte. Erst 1993 erleichterte
ein Computer diese Arbeit.In diesen Jahren hat Rudi Pangerl nicht
nur Volkstänze für die Blaskapelle
arrangiert, sondern auch Choräle
und Märsche. Einige davon hat er
auch selbst komponiert.
Volkstanzmelodien
für Blasmusik
Unter der Leitung von Pangerl
hat sich die Trachtenkapelle aber
auch für modernere Musikstücke
wie Schlager geöffnet, die von ihm
für die Freudenseer bearbeitet wurden. Dies führte aber auch zu Diskussion im Trachtenverein. „Die
Trachtenkapelle muss immer wieder eingebremst werden, um nicht
zu sehr auf die moderne Linie einzuschwenken“, ist 1971 in einer
Chronik zu lesen. Trotzdem war
für Rudi Pangerl die Pflege der
Volksmusik immer im Vordergrund, um das kulturelle Leben in
seiner Heimatgemeinde zu bereichern, wie er selbst sagt.
Die Freudenseer sind weit über
die Grenzen von Hauzenberg und
des Landkreises Passau hinaus bekannt. In den letzten fünf Jahrzehnten hatten die Freudenseer
Auftritte auf der Grünen Woche in
Berlin, der Hannovermesse, aber
auch in Belgien und Holland. Bei
einer der Reisen nach Italien und
Rom wurde Kapellmeister Pangerl
zum „Maestro“ und „Diretto“ erklärt.
Auch im Dreiflüssetrachtengau
ist Rudi Pangerl mit seinen Musikanten gefragt. Mehr als 25 Mal haben die Freudenseer bereits beim
Gauball zum Tanz aufgespielt und
sind damit eine der wenigen Kapellen, die einen kompletten Volkstanzabend bestreiten kann. Seit
vielen Jahren gestalten sie auch
den Festgottesdienst am Maidultsonntag mit ihren Chorälen, die oft
aus Pangerls Feder stammen.
Diese Lebensleistung ist ohne
den Rückhalt in der Familie nicht
möglich. Seine Frau, die drei Kinder und inzwischen vier Enkel sind
für ihn der nötige Ausgleich und
der ruhende Pol, um sich in der verbleibenden Freizeit zu entspannen.