Von der Landplage zum Forschungsobjekt Ökologe Holger

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM161028_Schielzeth.pdf
Von der Landplage zum Forschungsobjekt
Ökologe Holger Schielzeth erforscht Heuschrecken
Sie haben ein denkbar schlechtes Image: Wenn sie auftauchen, dann meist in großer Zahl und sie
fressen alles, was wächst. Heuschrecken gehören nicht umsonst zu den zehn biblischen
Landplagen. Ihr verheerendes Einfallen und die Verwüstung, die sie hinterlassen, macht sie seit
einigen Jahren sogar zum Namensgeber für skrupellose Finanzinvestoren.
Doch dieses Bild stimmt so nicht ganz - jedenfalls nicht für die heimischen Heuschrecken-Arten,
sagt Prof. Dr. Holger Schielzeth von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Für den neu ernannten
Professor für Populationsökologie sind Heuschrecken wichtige Studienobjekte, die nicht Entsetzen
und Verwüstung bringen, sondern wissenschaftliche Erkenntnisse liefern. "Heuschrecken eignen
sich hervorragend für ökologische und evolutionsbiologische Studien, da wir sie sowohl im Labor
als auch im Freiland untersuchen können", sagt der 40-Jährige, der jüngst von der Uni Bielefeld
nach Jena wechselte.
Grundsätzlich interessieren ihn Fragen an der Schnittstelle zwischen Ökologie und
Evolutionsbiologie: Wie passen sich Organismen an jeweilige Umweltbedingungen an und nach
welchen Kriterien erfolgt die natürliche Selektion? Und wie verändert Selektion die genetische
Ausstattung von Populationen? Diesen und ähnlichen Fragestellungen geht Holger Schielzeth
anhand von Heuschrecken nach. Mehr als 80 Arten sind in Deutschland heimisch. "Interessant ist,
dass bei vielen Arten sowohl braune als auch grüne Farbvarianten nebeneinander vorkommen",
sagt der Ökologe. Welche genetischen Ursachen diesem sogenannten Polymorphismus
zugrundeliegen und welchen Einfluss dieser auf ökologische Prozesse hat, das erforscht er mit
seinem 17-köpfigen Team.
"Kuckuckskinder" unter Zebrafinken
Das entsprechende Know-how bringt Prof. Schielzeth unter anderem aus seiner bisherigen
Forschergruppe mit. Von 2012 bis zu seinem Wechsel nach Jena hat er an der Uni Bielefeld eine
Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe geleitet, die sich ebenfalls Heuschrecken widmete und unter
anderem deren Partnerwahlverhalten erforscht hat. Zuvor hatte er zwei Jahre als Postdoc an der
Universität Uppsala in Schweden gearbeitet.
Neben Heuschrecken gehören Vögel zu den wissenschaftlichen "Steckenpferden" des gebürtigen
Berliners. In seiner Promotionsarbeit, die er am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen
in Bayern angefertigt hat, ging es etwa um das Brutverhalten von Zebrafinken. Wie Schielzeth
mittels genetischer Untersuchungen feststellte, schieben die Weibchen einen Teil ihrer Eier
regelmäßig anderen Brutpaaren unter, die diese "Kuckuckskinder" dann mit aufziehen.
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Hier in Jena wird sich Prof. Schielzeth in den kommenden Jahren mit seinen Forschungsarbeiten
auch in das "Jena-Experiment" einbringen. Seine Arbeitsgruppe koordiniert das Langzeitprojekt in
der Saaleaue, in dem Forscher aus aller Welt die Zusammenhänge von Artenvielfalt und
Ökosystemprozessen untersuchen.
Für das Arbeiten im Freiland will er auch die Studierenden begeistern und im Rahmen von
Lehrveranstaltungen Exkursionen in die Umgebung anbieten. "Ich finde es wichtig, die Tiere, die
man untersucht, auch in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten", erklärt er. Dies bringe immer
wieder entscheidende Anregungen für das wissenschaftliche Arbeiten.
Kontakt:
Prof. Dr. Holger Schielzeth
Institut für Ökologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dornburger Str. 159, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949410
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 28.10.2016 11:21 Uhr
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