RECYCLING ART - UPCYCLING - Kostenlose Vorschau Reiner Rupp PiXEL 31, Liebe und Dynamit, 2012, gebrauchte Flaschendeckel, Zündschnur, Kerzenhalter Impressum Abbildungsnachweis Cover: Oben links: Sakaya Ganz, EMERGENCE, 2012 © Sakaya Ganz Oben rechts: Tom Deininger, Flag, 2009 © Tom Deininger Unten links: Boris Bally, Chair, 2012 © J. W. Johnson Photography Unten rechts: Sean E. Avery, Kolibri, 2011 © Sean E. Avery Redaktion: Reiner Rupp Layout und Koordination: Reiner Rupp Umschlaggestaltung: Reiner Rupp, Sakaya Ganz Lektorat: Katrin Günther, Berlin Um sich über Neuerscheinungen von PiXEL 31 zu informieren, schicken Sie eine E-Mail an [email protected] oder schreiben Sie mir: Reiner Rupp, Breslauer Straße 88, D-74321 Bietigheim-Bissingen. © 2016 PiXEL 31 www.PiXEL31.net © Tripple-R. All rights reserved. ISBN comming soon Vorwort und Dank Ich danke allen, die mir immer wieder Kraft und Unterstützung gaben, dieses Projekt umzusetzen. Besonderer Dank gilt dabei allen Künstlern, Fotografen, Galerien und Nachlässen, die auf Verwertungshonorare für den Abdruck ihrer Werke verzichtet haben. Erst durch dieses großzügige Entgegenkommen wurde das Projekt schlussendlich ermöglicht. Seit 2012 habe ich über 400 Künstler gefunden, die im Bereich „Upcycling“ arbeiten. Für diesen nun vorliegenden ersten Teil des Buches bestand die schwere Aufgabe darin, eine erste Auswahl aus den vielen hervorragenden Künstlern zu treffen. Diese stellt in keiner Weise eine Wertung dar, sie soll jedoch die breite Vielfalt dieses faszinierenden Bereichs der Kunst aufzeigen. Die Arbeit an der zweiten geplanten Ausgabe hat bereits mit den Recherchen zu den Werken und Biografien von weiteren 150 Künstlern von Rang und Namen begonnen. Ferner ist angedacht, Überschüsse aus dem Buchverkauf für Messen und Ausstellungen zur Verfügung zu stellen, um die neue Kunstrichtung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. ■ Zeitgenössische Kunstwerke von heute sind die Klassiker von morgen. Deshalb investieren Sie jetzt für die Zukunft. Es war ein langer Weg mit vielen Unterbrechungen und Hindernissen. Aber am Ende zählt nur das erreichte Ziel und damit der Erfolg. Ausgabe 1, Stand Oktober 2016 Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Sonstiges äußern möchten, schreiben Sie mir gerne an [email protected]. Ich freue mich, von Ihnen zu hören. Viel Spaß sowie interessante Einblicke und Entdeckungen mit dieser Ausgabe wünscht Ihnen Ihr Reiner Rupp. Der Autor Reiner Rupp, geboren 1967 in einem Schloss in Bayern, setzt sich seit 2005 intensiv mit der bildenden Kunst auseinander. Angefangen hat alles mit experimenteller Fotografie und der Bildserie Nightride over the Highways. Darin übertrug er die Beschaffenheit von Asphalt während Fahrten über nächtliche Autobahnen rund um Stuttgart ins Medium der Fotografie. Es kamen farbintensive, obskure Aufnahmen zustande, die sein Interesse weckten, sich tiefer gehend mit Kunst zu beschäftigen. Die Entwicklung führte ihn über viele Stationen: zum einen in Gestalt von Skulpturen, etwa den Serien Nughead und Traum Ente. Der Verfügbarkeit und zum Teil auch der überdimensionalen Größe mitunter weltberühmter, ihn inspirierender Werke geschuldet, Start der Serie Featuring Artists mit Bezugnahmen auf Künstler wie Albrecht Dürer, Jean-Michel Basquiat, Jonathan Meese, Jackson Pollock, Jasper Johns, On Kawara, Mark Rothko, Willem de Kooning … Des Weiteren wendete er sich bis ins heute der Malerei mit Öl und Acrylfarben zu und erschafft Bilder aus gebrauchten Flaschendeckeln. Das Thema „Recyclingkunst“ faszinierte Reiner Rupp so sehr, dass er weitere Künstlerinnen und Künstler suchte und fand, die in diesem Bereich arbeiten. Dabei recherchierte er eine reiche Anzahl von großartigen Werken, die es wert sind, einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Da es bis dato kaum Literatur über das Thema „Upcycling“ in der Kunst gibt, die auch „Recyclingkunst“ genannt wird, ist die Idee zu einer Reihe entstanden, deren erster Band mit dieser Publikation nun vorliegt und in der Zukunft fortgeführt wird. Die Umweltverschmutzung stellt eine der größten Bedrohungen unserer Zivilisation dar. Bisweilen scheint es, als haben das erst wenige Menschen erkannt. Besonders offenbar wird dies darin, wie sorglos tagtäglich mit den Ressourcen umgegangen wird. Die Auswirkungen davon bekommen wir bereits heute zum Teil zu spüren. Doch wird es die Generationen nach uns umso mehr treffen, wenn Rohstoffe nicht mehr verfügbar oder Flächen und Meere von Abfällen verunreinigt oder von Rückständen verseucht sind. Es gibt nicht nur das Jetzt und das Heute, sondern auch ein Morgen – und das sollte in unser aller Bewusstsein oberste Priorität haben und in ein verantwortliches Handeln münden. Unsere Kinder und Enkel werden es uns danken. Reiner Rupp, 2016: „Bei einem Urlaub habe ich bei Spaziergängen am Strand mehr Plastikmüll gefunden, als ich sammeln und entsorgen konnte. Wenn jeder Einzelne nur etwas mehr überlegen und Verantwortung übernehmen würde, erreichten wir gemeinsam für die Zukunft sehr viel. Daher meine Prämisse: Tun nicht Schauen.“ In diesem Sinn möchte der Autor und Künstler Reiner Rupp an uns alle appellieren: „Heute an Morgen denken.“ RECYCLING ART Upcycling Reiner Rupp Recycling Art Die „Recycling Art“ oder auch „Recyclingkunst“ ist eine noch recht junge Strömung, die sich bereits unter dem Begriff „Upcycling“ etabliert hat. Obwohl seit Jahren immer häufiger darüber berichtet wird, hat dieser bis heute noch nicht den Weg als Bezeichnung für eine neue, eigenständige Kunstrichtung in die Fachbücher gefunden. Beim „Upcycling“ geht es generell darum, einen scheinbar minderwertigen Stoff, der abschätzig als Abfall deklariert wird, durch Bearbeitung in ein hochwertigeres Ergebnis zu wandeln. Dass sich das Recycling im speziellen Feld der Kunst tatsächlich weit entfernt von dem bewegt, was wir geringschätzig Abfall nennen, möchte Ihnen dieses Buch vermitteln. Als erstes versuche ich, den Begriff „Recyclingkunst“ möglichst genau zu definieren. Warum Versuch? Weil die Übergänge fließend sind und es keine exakten Abgrenzungen zu anderen Bereichen gibt. Die aktuell wohl treffendste Definition lautet: Im Zentrum der „Recyclingkunst“ stehen „Materialien, die aus dem Gebrauch genommen wurden oder Restteile (Abfälle) sind, die einer Produktion entstammen, und zu einem neuen Kunstwerk geformt werden. In einer Grauzone bewegt sich das sogenannte Readymade, bei welchem ein komplettes vorgefundenes Produkt zur Kunst deklariert wird. Dieses ist allerdings erst nach dem Gebrauch und nicht im fabrikneuen Zustand zur Recyclingkunst zu zählen. Der Begriff ‚Recycling‘ steht für die Wiederverwertung, also das, was man erneut verwendet und somit neu in Umlauf bringt.“ Bevor wir uns der Kunst zuwenden, lassen Sie uns einen kurzen Blick darauf werfen, wo das Thema „Recycling“ seinen Anfang nahm. Wenn man historischen Aufzeichnungen Glauben schenken darf, so wurden schon im alten Rom Exkremente eingesammelt und im Umland als Dünger verkauft. Die Geschichte lässt sich weiter über Lumpensammler verfolgen und bis hin zu modernen Recyclingbetrieben, die mit der Verwertung von Abfällen einen Milliarden-Dollar-Markt erschließen. Untenstehend ist nur eine kleine Auswahl an Logos versammelt, die heute im Umlauf sind. Das allseits bekannte Logo rechts entstand 1970 in den USA durch einen Wettbewerb. Der damals 23-jährige Collegestudent Gary Anderson entwarf es und gewann mit dem so simplen wie sprechenden Symbol. Symbol für Aluminiumdosen-Recycling Das PET-Symbol auf Flaschen zeigt, dass sich diese im Recyclingprozess befinden. PET steht für Polyethylenterephthalat. Der Grüne Punkt ist in Deutschland eine geschützte Marke, die seit 1990 als GmbH für das duale System steht. Das Symbol dient dem Verbraucher als Hinweis, dass der Hersteller des jeweiligen Produkts bei dessen Verpackung die Auflagen der Verpackungsverordnung erfüllt. Wie alles begann ... Wer war der Erfinder der Recyclingkunst? Wenn man einen Rückblick auf die Historie wagt, könnte es Marcel Duchamp gewesen sein. Zumindest enthob er als erster ein industriell gefertigtes Urinal aus dessen eigentlichem Kontext und transformierte es in ein Objekt der Kunst. Wenn er es nur ein einziges Mal gewagt hätte, das Urinal zu benutzen, wäre er der Gründervater der Recyclingkunst. Ich gebe zu bedenken, wir schreiben das Jahr 1917, als er dieses Urinal zum Kunstwerk deklarierte und öffentlich auszustellte. Dies zog eine Welle der Entrüstung nach sich, während man heute vor allem den revolutionären Geniestreich feiert. Das Original kam abhanden und ist bis heute nicht auffindbar. Marcel Duchamp, Fountain, 1917 (Replik), Urinal, 360 x 480 x 610 mm © Foto: Courtesy The National Museum of Modern Art, Kyoto Duchamp kaufte bei der New Yorker Firma „J. L. Mott Iron Works“ ein Pissoir-Becken für öffentliche Bedürfnisanstalten. Er gab ihm den Titel Fountain und signierte es mit dem Pseudonym „R(ichard) Mutt“. Über die Bezüge dieser Signatur gibt es einiges an Spekulationen, aber keine sichere Quelle. Das Werk reichte er daraufhin für die Jahresausstellung der „Society of Independent Artists“ in New York ein – und wurde abgelehnt. Schlussendlich hat Duchamp mit diesem Skandal viele Steine ins Rollen gebracht – auch für die Recyclingkunst. Avery, Sean E. (* 1987) Sean E. Avery ist Bildhauer, Illustrator und Grafiker und lebt in Perth, Westaustralien. Mit Vorliebe verwendet er Recyclingmaterialien, um daraus tierische Skulpturen zu erschaffen. Die Art ihrer Herstellung und die von ihm verwendeten Werkstoffe sorgen dafür, dass jedes seiner Stücke völlig einzigartig ist. Meist bedient er sich alter CDs und Computerteile. Wahrscheinlich hat jeder zu Hause noch eine Sammlung von CDs. Nach dem Digitalisieren werden diese wohl oft, bis auf einige Sammlerstücke, achtlos weggeworfen. Dass aus den Splittern des schillernden und zugleich robusten Materials überaus filigrane Kunstwerke entstehen können, ist dabei für viele kaum vorstellbar. Dass dies dennoch möglich ist, beweisen die Recyclingwerke des Künstlers, der aus den Bruchstücken alter CDs beeindruckend lebensecht wirkende Tiere und andere ungemein detailreiche Gebilde kreiert, die den Betrachter faszinieren. Um seine „CD-Tiere“ zu erschaffen, bricht Avery die alten Musikträger zuerst auseinander. Diese zerspringen in Splitter, die dann durch nachträgliches Beschneiden in die Form gebracht werden, die sich der Künstler vorstellt. Sorgfältig wird hernach jedes dieser Puzzlestücke montiert, um schließlich den jeweiligen Tierkörper Gestalt annehmen zu lassen. Die irisierenden Schimmer und Reflexionen der Scherben im Licht ähneln stark denen von Federn und Pelz. Skulpturen Averys wurden von Museen in Hollywood und Baltimore erworben. The Enormous Purple Bird, 2011, 100 x 100 x 50 cm, Foto: Sean E. Avery Bally, Boris (* 1961) Nicht ohne Grund kann man den aus Pittsburgh, Pennsylvania, stammenden Künstler als „Metallschreiner“ bezeichnen. Er fertigt unter dem Titel Transit Möbelserien aus alten Verkehrsschildern. Dadurch wird gewissermaßen ein Stück der US-amerikanischen Straßenkultur direkt ins eigene Heim transferiert. Deutliche Reminiszenzen an die Pop-Art sind in der Anmutung der einzelnen Möbelstücke, die mit bunten Fragmenten von Worten, Zeichen, Pfeilen und Symbolen übersät sind, nicht von der Hand weisen. BroadWay Armchair, 2009 100 x 89 x 26 cm, Foto: J.W. Johnson Oben: Small Square Transit Tables, 2006 45 x 45 x 51 cm, Foto: J.W. Johnson Im Jahr 1984 schloss Bally sein Studium an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Pennsylvania, mit dem Bachelor of Fine Arts im Bereich Metall ab. Im Jahr 2002 erhielt er ein Stipendium für Design vom Rhode Island State Council on the Arts. Werke des Künstlers sind unter anderem in den Sammlungen des Victoria and Albert Museums, London, des Indiana University Art Museums, Bloomington, der Gesellschaft für Goldschmiedekunst e. V. – Deutsches Goldschmiedehaus Hanau sowie der Smithsonian Institution in New York und des Cooper-Hewitt, National Design Museums, ebenfalls in New York, vertreten. Links: Orange Kids X-ing Platter, 2009, 60 x 60 x 10 cm, Foto: J.W. Johnson Bradford, Robert (* 1949) Robert Bradford wurde in der britischen Hauptstadt geboren. Dort absolvierte er eine Ausbildung in Malerei am Ravensbourne College of Design and Communication, des Weiteren studierte er, ebenfalls in London, Film am Royal College of Art. Im Jahr 1997 begann er schließlich mit dem Erschaffen von Skulpturen. Am Anfang kreierte er großformatige Werke, die er in PerformanceAktionen bisweilen sogar dem Feuer übergab. Ein „neues“ Material fand er in gebrauchtem Plastikspielzeug, mit dem er seit 2004 arbeitet. Den Impuls dazu fand er in einer Schachtel aus seiner Kinderzeit: Die Ansammlung von Farben und Formen inspirierte ihn, daraus eine Skulptur in größerem Maßstab zu gestalten. Anfangs benutzte er dafür Modelliermasse. Da ihn das Ergebnis jedoch nicht zufriedenstellte, begann er, die einzelnen Teile seiner Arbeiten zu verschrauben. Diese Methode hat sich für Bradford bewährt und er benutzt diese bis heute. Beim Anblick seiner bunten Skulpturen fühlt man sich direkt in die Zeit der klassischen Pop-Art zurückversetzt. Robert Bradford wohnt seit Jahren in Cornwall, wo er vor allem mit seiner großen Bombus-Bee-Skulptur im Eden Project, einem gigantischen ökologischen, nach Weltregionen gegliederten BiosphärenErlebnispark, bekannt wurde. Patchwork Dog, 2004, lebensgroß „Ich neige dazu, in Serien und Gruppen zu arbeiten, und dabei an mehr als einem Stück parallel. Die Ideen stammen aus vielen Quellen, einschließlich persönlicher, sozialer, politischer und psychotherapeutischer Konzepte, sowie meinen Experimenten mit Materie und Materialien. Ich bevorzuge es, Werkstoffe zu verwenden, die gewissermaßen die Geschichte der Menschheit in sich tragen“, bekräftigt der Künstler. Werke aus den Serien des Künstlers wurden bereits in London, Paris, New York, Amsterdam, Mailand, Thessaloniki und Katar ausgestellt. Einzelne Stücke werden inzwischen zu stattlichen Preisen auf dem Kunstmarkt gehandelt. Dahlsen, John John Dahlsen studierte von 1977 bis 1979 Kunst am Victorian College of the Arts, Melbourne, sowie 1989 am Melbourne College of Advanced Education, das seit 1990 Teil der University of Melbourne ist. Im Jahr 2000 erhielt er den Wynne Prize der Art Gallery of New South Wales. Seine Arbeiten werden in Galerien und Museen in ganz Australien gezeigt. Auch in der australischen Botschaft in den USA in Washington, D. C., und im Rahmen der Florence Biennale für zeitgenössische Kunst von 2003 hat er bereits ausgestellt. Die Liste der Museen, Universitäten, Banken, Hotels und Sammlungen, in die seine Stücke weltweit Einzug gefunden haben, ist beachtlich und auf seiner Webseite einsehbar. Manchmal kann es passieren, dass sich aus einem unglückseligem Umstand schlussendlich doch etwas Positives herausziehen lässt. Damit ist treffend umschrieben, was John Dahlsen passiert ist. Mitte der 1990er-Jahre, als der australische Maler und Bildhauer zu Fuß auf der Suche nach Treibholz, aus dem er seinerzeit Möbelstücke fertigte, den abgelegenen VictoriaStrand entlangging, machte er eine wenig schöne Entdeckung: Endlose Mengen von Abfall waren an Land gespült worden. Dahlsen sammelte diesen auf und hatte schon bald 80 Taschen voller Müll in seinem Atelier. Diesen sortierte er nach Materialien sowie nach Farben, dann setzte er dieses Material zu abstrakten Wandarbeiten zusammen. Made in China, 2010, 204 x 124 x 10 cm Collection; Novatel Corporation, Brisbane Australia. Foto: John Dahlsen Seit zehn Jahren arbeitet Dahlsen inzwischen mit solchen zivilisatorischen Fundstücken: Flaschendeckel und Lebensmittelsäcke, Styropor und Tennisbälle. Wobei er sich nicht beschränkt und sein Œuvre wie Schaffen sich von der Malerei über Skulpturen, Assemblagen, Installationen, Kunst im öffentlichen Raum, digitalen Drucken, Holzschnitten, gefundene Objektkunst, Zeichnungen, Fotografien, Druckgrafiken, öffentliche Vorträge bis hin zur Tätigkeit als Autor und Lektor erstreckt. Seit 2013 hat er einen Lehrstuhl als Doctor of Philosophy PhD Candidature an der Charles Darwin University im Bundesstaat Northern Territory in Australien inne. Die weggeworfenen Objekte als Werkstoff bieten eine komplexe Palette von Farben, Texturen und Größen. Zugleich verfliegt jedes Gefühl der Ehrfurcht sehr rasch bei dem Gedanken daran, dass diese Assemblagen eigentlich nur aus Müll bestehen. Multi Coloured Installation, 2002, 300 x 400 x 400 cm Ganz, Sayaka (* 1976) Sayaka Ganz ist Bildhauerin. Sie wurde in Yokohama, Japan, geboren und wuchs dort sowie in Brasilien und Hongkong auf. Ihr Lebensweg führte sie letztendlich in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort absolvierte sie ihr Studium an der Indiana University Bloomington, schloss dieses mit dem Bachelor of Fine Arts ab und unterrichtet heute Design und gibt Zeichenkurse an der Indiana University – Purdue University, Fort Wayne (IPFW). Links: Jaws, 2012 Schon während ihres Studiums erforschte sie verschiedene künstlerische Medien und Techniken von der Keramik bis zur Druckgrafik. Dann fiel ihre Wahl auf das Formen von expressiven Skulpturen, was die Ausgangsbasis für ihre spätere Berufung, ausdrucksstarke Tierfiguren zu gestalten, bildete. Hierbei ist es ihr ein besonderes Anliegen, ein Gefühl von Lebendigkeit und Bewegung zu vermitteln. „Dieser Prozess der Rückgewinnung und Regeneration ist für mich als Künstler befreiend“, so Ganz. Als Ausgangsmaterial dienen ihr herkömmliche Haushaltsgegenstände – von weggeworfenem Besteck bis hin zu Sonnenbrillen, die sie in Behältern nach verschiedenen Farbgruppen sortiert aufbewahrt und sammelt. Die Größe ihrer Arbeiten variiert, sie reicht von 45 Zentimetern bis zu acht Metern Länge. Bis zur Fertigstellung kann es bei komplizierten Stücken durchaus bis zu einem Monat dauern. Sayaka Ganz ist überzeugt davon, dass es sehr schwierig ist, im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck unserer Zeit sehr weit in die Zukunft zu blicken. Es gibt keine Garantien für zukünftige Entwicklungen und schon oft haben sich Prognosen als falsch erwiesen. Die Existenz und Verwendung von Kunststoff verurteilt die Künstlerin nicht grundsätzlich, da er unser Leben bequemer und einfacher macht. Doch auch sie weist darauf hin, dass es zu bedenken gilt, dass Bequemlichkeit immer ihren Preis hat. Ihre Figuren weisen in einigen Bereichen große Lücken auf, geht der Betrachter aber einen Schritt zurück, schließen sich diese und werden nicht mehr Wayne, 2009, 66 x 122 x 46 cm wahrgenommen. Es entsteht ein Bild von Schönheit und Harmonie Aus einer entfernteren Perspektive ist die Wechselwirkung der galoppierenden Pferde gut zu erkennen, beim Nähertreten lösen sie sich zunehmend in ihre einzelnen Bestandteile auf. „Ich glaube der beste Weg für mich als Künstlerin, zur Reduzierung von Abfall beizutragen, ist, zu zeigen, wie schön diese Materialien sein können. Wenn wir die Dinge mehr wertschätzen lernen, werden Ressourcen geschont und weniger Abfall fällt an“. An anderer Stelle beschreibt Sayaka Ganz hier ihr Schaffen und ihre Motivation: „Ich montiere die einzelnen Kunststoffe wie Pinselstriche zusammen, um eine ähnliche Wirkung wie bei einem Van-Gogh-Gemälde in drei Dimensionen zu erhalten. Eine der wichtigen Aufgaben für Künstler unserer Zeit ist es, die natürliche Welt in das Leben der Menschen zu bringen. Wenn wir den wahren Wundern der Natur begegnen, wird die Schönheit der Dinge, die wir erblicken, über unseren Intellekt hinausgehen und direkt unsere Herzen erreichen.“ Emergence, 2013 Hazoumé, Romuald (* 1962) Romuald Hazoumé wurde in Porto-Novo im westafrikanischen Benin geboren. Er absolvierte dort das französische Gymnasium und gehört dem Stamm der Yoruba an, wuchs aber in einer katholischen Familie auf. Er benutzt hauptsächlich alte Plastik- und Benzinkanister, um seine symbolischen Masken herzustellen. Diese sollen an alte afrikanische Traditionen und die Religion seiner Ahnen erinnern. Die Darstellung der großformatigen Plastik Dan Ayido-Huedo (Regenbogenschlange), die im Garten des Londoner Victoria and Albert Museums ausgestellt war, zeigt eine afrikanische Götterschlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt. Das Werk soll in seiner Symbolik auf die Unendlichkeit hinweisen. In der westlichen Welt manifestiert sich Hazoumés Erfolg dadurch, dass seine Werke auf den großen Biennalen, etwa jener in Istanbul und Johannesburg, aber auch im Guggenheim-Museum in Bilbao ausgestellt wurden. Zudem ist er in zahlreichen renommierten Sammlungen vertreten. Auf seinen Vernissagen erscheint er stets im traditionellen goldbestickten afrikanischen Umhanggewand mit Mütze und reichlich Ketten sowie diversen Schmuckstücken. Er sagt selbst: „Die Weißen sollen sehen, was ein Afrikaner ist.“ Er verweist damit auf den Ursprung seiner Kultur. Zebra, 1997 Agassa, 1997 Dogone, 1996 Auf der documenta 12 im Jahr 2007 erhielt er für das aus alten Benzinkanistern gebaute Schiff Dream den Arnold-Bode-Preis der Stadt Kassel, benannt nach einem der Gründer der documenta. Mit dieser ca. 200 Quadratmeter großen ikonischen Installation verwies Hazoumé auf die Sklaverei, auch jene in heutigen Zeiten, und auf den Umstand, dass Menschen in Ländern der Dritten Welt aus der Not heraus noch immer gezwungen sind, dem herrschenden Elend ihrer Heimat zu entfliehen. Dream, 2007, Fotos: Romuald Hazoumé Ji, Yong Ho (* 1978) Der aus Korea stammende Yong Ho studierte an der Hongik University, Seoul, und erwarb im Jahr 2005 den Abschluss als Bachelor of Fine Arts im Bereich Skulpturen. Er zog daraufhin nach New York und legte im Jahr 2008 dort den Master of Fine Arts an der New York University ab. In der Kunstwelt hat er sich inzwischen einen festen Platz erobert und wird in Seoul, Korea, durch die renommierte Gana Art Gallery sowie das Soka Art Center in Taipeh, Taiwan, vertreten. In seinen Ausstellungen zeigt er weltweit aufsehenerregende Skulpturen. Als Ausgangsmaterial für seine Arbeiten dienen ihm gebrauchte Autoreifen, die hauptsächlich aus Kautschuk, einem Pflanzenextrakt, bestehen und in speziellen Verfahren zur Weiterverarbeitung nutzbar gemacht wurden. Diese schneidet Yong Ho sorgfältig in Streifen, um daraus die physischen Strukturen seiner Figuren, ihre Körperformen, die Fleisch und Muskeln imitieren, nachzubilden. So entstehen etwa überaus realistisch wirkende Tierplastiken, aber auch fiktive Fabelwesen. Unter dem Sammelbegriff Mutanten teilt er seine Serien in verschiedene Rubriken auf: fleischfressende Tiere, pflanzenfressende Tiere, allesfressende Tiere, Insekten, Fische, Hybridtiere, Hybridmenschen und Menschen. Löwe 2, 2008, 390 x 122 x 190 cm Werke von Yong Ho Ji sind in zahlreichen Museen ausgestellt, darunter das der International Contemporary Art Foundation / 21C in Louisville, Kentucky, die West Collection in Oaks, Pennsylvania, sowie das Seoul Museum of Art in Seoul, Korea Rechtliches Nutzungsbedingungen I n h a l t d es An g ebot es Alle Angegeben Daten entsprechen dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und es kann keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen, sofern seitens der Autors kein nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden vorliegt. Alle Angebote sind freibleibend und unverbindlich. Der Autor behält es sich ausdrücklich vor, Teile der Seiten oder das gesamte Angebot ohne gesonderte Ankündigung zu verändern, zu ergänzen, zu löschen oder die Veröffentlichung zeitweise oder endgültig einzustellen. Aus einer Anzahl von über 400 Künstlern sind aktuell über 160 für die kommenden Ausgaben in Bearbeitung. Trotz sorgfältiger Recherche konnten nicht alle Rechteinhaber der verwendeten Inhalte ermittelt werden. Für Informationen die zur Ergänzung und Vermittlung der Rechteinhaber führen, schreiben sie bitte eine E-Mail an [email protected] Vielen Dank Verweise und Links Bei direkten oder indirekten Verweisen auf fremde Internetseiten ("Links"), die außerhalb des Verantwortungsbereiches des Autors liegen, wird keine Haftung übernommen. Im Falle rechtswidriger Inhalte bitte ich um Information, um diese zu beseitigen. Der Autor erklärt hiermit ausdrücklich, dass zum Zeitpunkt der Linksetzung keine illegalen Inhalte auf den zu verlinkenden Seiten erkennbar waren. 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Nur mit neuen Ideen kann man grundlegende und langfristige Änderungen und damit gesellschaftliche Umbrüche anstoßen. „Zeitgenössische Kunst wird immer das Enfant terrible des Kunstmarkts sein …“ Thierry Ehrmann, TEFAF Art Market Report 2015 Bildhauer, bildender Künstler, Gründer und CEO von artprice.com sowie der Serveur Group Recyclingkunst ist auch unter der Bezeichnung „Upcycling“ bekannt. Was steckt hinter diesem Phänomen und wer sind die Künstlerinnen und Künstler dieser „neuen Kunstrichtung“? Als erster Teil einer Reihe versammelt dieses Buch in Form einer temporären Bestandsaufnahme 44 Kunstschaffende aus allen Kontinenten in Kurzporträts. Sie erlauben einen ausschnitthaften Einblick in diese faszinierende Welt, die zugleich einen Spiegel unseres Konsumverhaltens über die Mittel Kunst darstellt. Es sind nicht nur die Abfälle, sondern auch Überproduktionen, die unsere Umwelt in erheblichem Ausmaß belasten. Aus der Physik ist bekannt, dass es einen Pol nie alleine geben kann. Er erzeugt immer auch einen Gegenpol. Oder anders formuliert: „Actio gleich reactio“. Aus der Überfluss- und Verschwendungsmentalität hat sich daher die neue Bewegung „Upcycling“ entwickelt. Das Spektrum der Materialien, die hier eine ganz neue Verwendung finden, reicht von Holz, zum Beispiel von alten Skateboards, über diverse Kunststoffe bis hin zu Metallen in jeglicher Form. Sogar Glas wird neu interpretiert und hat bereits Eingang in Museen wie das MoMA in New York gefunden. Es ist spannend, die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst im 21. Jahrhundert mitzuerleben. Tauchen Sie mit ein und lassen Sie sich überraschen!
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