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RECYCLING ART
- UPCYCLING -
Kostenlose Vorschau
Reiner Rupp
PiXEL 31,
Liebe und Dynamit, 2012,
gebrauchte Flaschendeckel, Zündschnur, Kerzenhalter
Impressum
Abbildungsnachweis
Cover:
Oben links: Sakaya Ganz, EMERGENCE, 2012
© Sakaya Ganz
Oben rechts: Tom Deininger, Flag, 2009
© Tom Deininger
Unten links: Boris Bally, Chair, 2012
© J. W. Johnson Photography
Unten rechts: Sean E. Avery, Kolibri, 2011
© Sean E. Avery
Redaktion: Reiner Rupp
Layout und Koordination: Reiner Rupp
Umschlaggestaltung: Reiner Rupp, Sakaya Ganz
Lektorat: Katrin Günther, Berlin
Um sich über Neuerscheinungen von PiXEL 31 zu informieren,
schicken Sie eine E-Mail an [email protected]
oder schreiben Sie mir:
Reiner Rupp, Breslauer Straße 88, D-74321 Bietigheim-Bissingen.
© 2016 PiXEL 31
www.PiXEL31.net
© Tripple-R. All rights reserved.
ISBN comming soon
Vorwort und Dank
Ich danke allen, die mir immer wieder Kraft und Unterstützung gaben, dieses
Projekt umzusetzen.
Besonderer Dank gilt dabei allen Künstlern, Fotografen, Galerien und Nachlässen,
die auf Verwertungshonorare für den Abdruck ihrer Werke verzichtet haben. Erst
durch dieses großzügige Entgegenkommen wurde das Projekt schlussendlich
ermöglicht. Seit 2012 habe ich über 400 Künstler gefunden, die im Bereich
„Upcycling“ arbeiten. Für diesen nun vorliegenden ersten Teil des Buches bestand
die schwere Aufgabe darin, eine erste Auswahl aus den vielen hervorragenden
Künstlern zu treffen. Diese stellt in keiner Weise eine Wertung dar, sie soll jedoch
die breite Vielfalt dieses faszinierenden Bereichs der Kunst aufzeigen. Die Arbeit
an der zweiten geplanten Ausgabe hat bereits mit den Recherchen zu den Werken
und Biografien von weiteren 150 Künstlern von Rang und Namen begonnen.
Ferner ist angedacht, Überschüsse aus dem Buchverkauf für Messen und
Ausstellungen zur Verfügung zu stellen, um die neue Kunstrichtung einer breiteren
Öffentlichkeit bekannt zu machen.
■ Zeitgenössische Kunstwerke von heute sind die Klassiker von morgen.
Deshalb investieren Sie jetzt für die Zukunft.
Es war ein langer Weg mit vielen Unterbrechungen und Hindernissen. Aber am
Ende zählt nur das erreichte Ziel und damit der Erfolg.
Ausgabe 1, Stand Oktober 2016
Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Sonstiges äußern möchten, schreiben Sie mir
gerne an [email protected]. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Viel Spaß sowie interessante Einblicke und Entdeckungen mit dieser Ausgabe
wünscht Ihnen
Ihr Reiner Rupp.
Der Autor
Reiner Rupp, geboren 1967 in einem Schloss in Bayern, setzt sich seit 2005
intensiv mit der bildenden Kunst auseinander. Angefangen hat alles mit
experimenteller Fotografie und der Bildserie Nightride over the Highways. Darin
übertrug er die Beschaffenheit von Asphalt während Fahrten über nächtliche
Autobahnen rund um Stuttgart ins Medium der Fotografie. Es kamen farbintensive,
obskure Aufnahmen zustande, die sein Interesse weckten, sich tiefer gehend mit
Kunst zu beschäftigen. Die Entwicklung führte ihn über viele Stationen: zum einen
in Gestalt von Skulpturen, etwa den Serien Nughead und Traum Ente. Der
Verfügbarkeit und zum Teil auch der überdimensionalen Größe mitunter
weltberühmter, ihn inspirierender Werke geschuldet, Start der Serie Featuring
Artists mit Bezugnahmen auf Künstler wie Albrecht Dürer, Jean-Michel Basquiat,
Jonathan Meese, Jackson Pollock, Jasper Johns, On Kawara, Mark Rothko,
Willem de Kooning … Des Weiteren wendete er sich bis ins heute der Malerei mit
Öl und Acrylfarben zu und erschafft Bilder aus gebrauchten Flaschendeckeln.
Das Thema „Recyclingkunst“ faszinierte Reiner Rupp so sehr, dass er weitere
Künstlerinnen und Künstler suchte und fand, die in diesem Bereich arbeiten. Dabei
recherchierte er eine reiche Anzahl von großartigen Werken, die es wert sind, einer
breiteren Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Da es bis dato kaum Literatur über
das Thema „Upcycling“ in der Kunst gibt, die auch „Recyclingkunst“ genannt wird,
ist die Idee zu einer Reihe entstanden, deren erster Band mit dieser Publikation
nun vorliegt und in der Zukunft fortgeführt wird. Die Umweltverschmutzung stellt
eine der größten Bedrohungen unserer Zivilisation dar. Bisweilen scheint es, als
haben das erst wenige Menschen erkannt. Besonders offenbar wird dies darin, wie
sorglos tagtäglich mit den Ressourcen umgegangen wird. Die Auswirkungen davon
bekommen wir bereits heute zum Teil zu spüren. Doch wird es die Generationen
nach uns umso mehr treffen, wenn Rohstoffe nicht mehr verfügbar oder Flächen
und Meere von Abfällen verunreinigt oder von Rückständen verseucht sind. Es gibt
nicht nur das Jetzt und das Heute, sondern auch ein Morgen – und das sollte in
unser aller Bewusstsein oberste Priorität haben und in ein verantwortliches
Handeln münden. Unsere Kinder und Enkel werden es uns danken.
Reiner Rupp, 2016: „Bei einem Urlaub habe ich bei Spaziergängen am Strand
mehr Plastikmüll gefunden, als ich sammeln und entsorgen konnte. Wenn jeder
Einzelne nur etwas mehr überlegen und Verantwortung übernehmen würde,
erreichten wir gemeinsam für die Zukunft sehr viel. Daher meine Prämisse: Tun
nicht Schauen.“
In diesem Sinn möchte der Autor und Künstler Reiner Rupp an uns alle
appellieren: „Heute an Morgen denken.“
RECYCLING ART
Upcycling
Reiner Rupp
Recycling Art
Die „Recycling Art“ oder auch „Recyclingkunst“ ist eine noch recht junge Strömung, die sich bereits unter dem
Begriff „Upcycling“ etabliert hat. Obwohl seit Jahren immer häufiger darüber berichtet wird, hat dieser bis heute
noch nicht den Weg als Bezeichnung für eine neue, eigenständige Kunstrichtung in die Fachbücher gefunden.
Beim „Upcycling“ geht es generell darum, einen scheinbar minderwertigen Stoff, der abschätzig als Abfall
deklariert wird, durch Bearbeitung in ein hochwertigeres Ergebnis zu wandeln. Dass sich das Recycling im
speziellen Feld der Kunst tatsächlich weit entfernt von dem bewegt, was wir geringschätzig Abfall nennen,
möchte Ihnen dieses Buch vermitteln.
Als erstes versuche ich, den Begriff „Recyclingkunst“ möglichst genau zu definieren. Warum Versuch? Weil die
Übergänge fließend sind und es keine exakten Abgrenzungen zu anderen Bereichen gibt.
Die aktuell wohl treffendste Definition lautet: Im Zentrum der „Recyclingkunst“ stehen „Materialien, die aus dem
Gebrauch genommen wurden oder Restteile (Abfälle) sind, die einer Produktion entstammen, und zu einem
neuen Kunstwerk geformt werden. In einer Grauzone bewegt sich das sogenannte Readymade, bei welchem
ein komplettes vorgefundenes Produkt zur Kunst deklariert wird. Dieses ist allerdings erst nach dem Gebrauch
und nicht im fabrikneuen Zustand zur Recyclingkunst zu zählen. Der Begriff ‚Recycling‘ steht für die
Wiederverwertung, also das, was man erneut verwendet und somit neu in Umlauf bringt.“
Bevor wir uns der Kunst zuwenden, lassen Sie uns einen kurzen Blick darauf werfen, wo das Thema
„Recycling“ seinen Anfang nahm. Wenn man historischen Aufzeichnungen Glauben schenken darf, so wurden
schon im alten Rom Exkremente eingesammelt und im Umland als Dünger verkauft. Die Geschichte lässt sich
weiter über Lumpensammler verfolgen und bis hin zu modernen Recyclingbetrieben, die mit der Verwertung
von Abfällen einen Milliarden-Dollar-Markt erschließen. Untenstehend ist nur eine kleine Auswahl an Logos
versammelt, die heute im Umlauf sind.
Das allseits bekannte Logo rechts entstand 1970 in den
USA durch einen Wettbewerb. Der damals 23-jährige
Collegestudent Gary Anderson entwarf es und gewann
mit dem so simplen wie sprechenden Symbol.
Symbol für Aluminiumdosen-Recycling
Das PET-Symbol auf Flaschen zeigt, dass sich diese im
Recyclingprozess befinden.
PET steht für Polyethylenterephthalat.
Der Grüne Punkt ist in Deutschland eine geschützte Marke, die seit 1990
als GmbH für das duale System steht. Das Symbol dient dem
Verbraucher als Hinweis, dass der Hersteller des jeweiligen Produkts bei
dessen Verpackung die Auflagen der Verpackungsverordnung erfüllt.
Wie alles begann ...
Wer war der Erfinder der Recyclingkunst? Wenn man einen Rückblick auf die Historie wagt, könnte
es Marcel Duchamp gewesen sein. Zumindest enthob er als erster ein industriell gefertigtes Urinal
aus dessen eigentlichem Kontext und transformierte es in ein Objekt der Kunst. Wenn er es nur ein
einziges Mal gewagt hätte, das Urinal zu benutzen, wäre er der Gründervater der Recyclingkunst.
Ich gebe zu bedenken, wir schreiben das Jahr 1917, als er dieses Urinal zum Kunstwerk deklarierte
und öffentlich auszustellte. Dies zog eine Welle der Entrüstung nach sich, während man heute vor
allem den revolutionären Geniestreich feiert. Das Original kam abhanden und ist bis heute nicht
auffindbar.
Marcel Duchamp,
Fountain, 1917 (Replik),
Urinal, 360 x 480 x 610 mm
© Foto: Courtesy The National Museum of Modern Art, Kyoto
Duchamp kaufte bei der New Yorker Firma „J. L. Mott Iron Works“ ein Pissoir-Becken für öffentliche
Bedürfnisanstalten. Er gab ihm den Titel Fountain und signierte es mit dem Pseudonym „R(ichard)
Mutt“. Über die Bezüge dieser Signatur gibt es einiges an Spekulationen, aber keine sichere Quelle.
Das Werk reichte er daraufhin für die Jahresausstellung der „Society of Independent Artists“ in New
York ein – und wurde abgelehnt. Schlussendlich hat Duchamp mit diesem Skandal viele Steine ins
Rollen gebracht – auch für die Recyclingkunst.
Avery, Sean E. (* 1987)
Sean E. Avery ist Bildhauer, Illustrator und Grafiker und lebt in Perth, Westaustralien. Mit Vorliebe
verwendet er Recyclingmaterialien, um daraus tierische Skulpturen zu erschaffen. Die Art ihrer
Herstellung und die von ihm verwendeten Werkstoffe sorgen dafür, dass jedes seiner Stücke völlig
einzigartig ist. Meist bedient er sich alter CDs und Computerteile.
Wahrscheinlich hat jeder zu Hause noch eine Sammlung von CDs. Nach dem Digitalisieren werden
diese wohl oft, bis auf einige Sammlerstücke, achtlos weggeworfen. Dass aus den Splittern des
schillernden und zugleich robusten Materials überaus filigrane Kunstwerke entstehen können, ist
dabei für viele kaum vorstellbar. Dass dies dennoch möglich ist, beweisen die Recyclingwerke des
Künstlers, der aus den Bruchstücken alter CDs beeindruckend lebensecht wirkende Tiere und
andere ungemein detailreiche Gebilde kreiert, die den Betrachter faszinieren.
Um seine „CD-Tiere“ zu erschaffen, bricht Avery die alten Musikträger zuerst auseinander. Diese
zerspringen in Splitter, die dann durch nachträgliches Beschneiden in die Form gebracht werden,
die sich der Künstler vorstellt. Sorgfältig wird hernach jedes dieser Puzzlestücke montiert, um
schließlich den jeweiligen Tierkörper Gestalt annehmen zu lassen. Die irisierenden Schimmer und
Reflexionen der Scherben im Licht ähneln stark denen von Federn und Pelz.
Skulpturen Averys wurden von Museen in Hollywood
und Baltimore erworben.
The Enormous Purple Bird, 2011,
100 x 100 x 50 cm,
Foto: Sean E. Avery
Bally, Boris (* 1961)
Nicht ohne Grund kann man den aus Pittsburgh, Pennsylvania,
stammenden Künstler als „Metallschreiner“ bezeichnen. Er fertigt unter
dem Titel Transit Möbelserien aus alten Verkehrsschildern. Dadurch
wird gewissermaßen ein Stück der US-amerikanischen Straßenkultur
direkt ins eigene Heim transferiert. Deutliche Reminiszenzen an die
Pop-Art sind in der Anmutung der einzelnen Möbelstücke, die mit
bunten Fragmenten von Worten, Zeichen, Pfeilen und Symbolen
übersät sind, nicht von der
Hand weisen.
BroadWay Armchair, 2009
100 x 89 x 26 cm,
Foto: J.W. Johnson
Oben:
Small Square Transit Tables, 2006
45 x 45 x 51 cm,
Foto: J.W. Johnson
Im Jahr 1984 schloss Bally sein Studium an
der Carnegie Mellon University in Pittsburgh,
Pennsylvania, mit dem Bachelor of Fine Arts
im Bereich Metall ab. Im Jahr 2002 erhielt er
ein Stipendium für Design vom Rhode Island
State Council on the Arts. Werke des Künstlers
sind unter anderem in den Sammlungen des
Victoria and Albert Museums, London, des
Indiana University Art Museums, Bloomington,
der Gesellschaft für Goldschmiedekunst e. V. –
Deutsches Goldschmiedehaus Hanau sowie
der
Smithsonian
Institution in
New
York
und des Cooper-Hewitt, National Design Museums, ebenfalls in
New York, vertreten.
Links:
Orange Kids X-ing Platter, 2009,
60 x 60 x 10 cm,
Foto: J.W. Johnson
Bradford, Robert (* 1949)
Robert Bradford wurde in der britischen Hauptstadt geboren. Dort absolvierte er eine Ausbildung in
Malerei am Ravensbourne College of Design and Communication, des Weiteren studierte er,
ebenfalls in London, Film am Royal College of Art. Im Jahr 1997 begann er schließlich mit dem
Erschaffen von Skulpturen. Am Anfang kreierte er großformatige Werke, die er in PerformanceAktionen bisweilen sogar dem Feuer übergab. Ein „neues“ Material fand er in gebrauchtem
Plastikspielzeug, mit dem er seit 2004 arbeitet. Den Impuls dazu fand er in einer Schachtel aus
seiner Kinderzeit: Die Ansammlung von Farben und Formen inspirierte ihn, daraus eine Skulptur in
größerem Maßstab zu gestalten. Anfangs benutzte er dafür Modelliermasse. Da ihn das Ergebnis
jedoch nicht zufriedenstellte, begann er, die einzelnen Teile seiner Arbeiten zu verschrauben. Diese
Methode hat sich für Bradford bewährt und er benutzt diese bis heute. Beim Anblick seiner bunten
Skulpturen fühlt man sich direkt in die Zeit der klassischen Pop-Art zurückversetzt. Robert Bradford
wohnt seit Jahren in Cornwall, wo er vor allem mit seiner großen Bombus-Bee-Skulptur im Eden
Project, einem gigantischen ökologischen, nach Weltregionen gegliederten BiosphärenErlebnispark, bekannt wurde.
Patchwork Dog, 2004, lebensgroß
„Ich neige dazu, in Serien und Gruppen zu arbeiten, und dabei an mehr als einem Stück parallel.
Die Ideen stammen aus vielen Quellen, einschließlich persönlicher, sozialer, politischer und
psychotherapeutischer Konzepte, sowie meinen Experimenten mit Materie und Materialien. Ich
bevorzuge es, Werkstoffe zu verwenden, die gewissermaßen die Geschichte der Menschheit in sich
tragen“, bekräftigt der Künstler.
Werke aus den Serien des Künstlers wurden bereits in London, Paris, New York, Amsterdam,
Mailand, Thessaloniki und Katar ausgestellt. Einzelne Stücke werden inzwischen zu stattlichen
Preisen auf dem Kunstmarkt gehandelt.
Dahlsen, John
John Dahlsen studierte von 1977 bis 1979 Kunst am Victorian College of the Arts, Melbourne, sowie
1989 am Melbourne College of Advanced Education, das seit 1990 Teil der University of Melbourne
ist. Im Jahr 2000 erhielt er den Wynne Prize der Art Gallery of New South Wales. Seine Arbeiten
werden in Galerien und Museen in ganz Australien gezeigt. Auch in der australischen Botschaft in
den USA in Washington, D. C., und im Rahmen der Florence Biennale für zeitgenössische Kunst
von 2003 hat er bereits ausgestellt. Die Liste der Museen, Universitäten, Banken, Hotels und
Sammlungen, in die seine Stücke weltweit Einzug gefunden haben, ist beachtlich und auf seiner
Webseite einsehbar.
Manchmal kann es passieren, dass sich aus einem
unglückseligem Umstand schlussendlich doch etwas Positives
herausziehen lässt. Damit ist treffend umschrieben, was John
Dahlsen passiert ist. Mitte der 1990er-Jahre, als der australische
Maler und Bildhauer zu Fuß auf der Suche nach Treibholz, aus
dem er seinerzeit Möbelstücke fertigte, den abgelegenen VictoriaStrand entlangging, machte er eine wenig schöne Entdeckung:
Endlose Mengen von Abfall waren an Land gespült worden.
Dahlsen sammelte diesen auf und hatte schon bald 80 Taschen
voller Müll in seinem Atelier. Diesen sortierte er nach Materialien
sowie nach Farben, dann setzte er dieses Material zu abstrakten
Wandarbeiten zusammen.
Made in China, 2010,
204 x 124 x 10 cm
Collection; Novatel Corporation, Brisbane Australia.
Foto: John Dahlsen
Seit zehn Jahren arbeitet Dahlsen inzwischen mit solchen zivilisatorischen Fundstücken:
Flaschendeckel und Lebensmittelsäcke, Styropor und Tennisbälle. Wobei er sich nicht beschränkt
und sein Œuvre wie Schaffen sich von der Malerei über Skulpturen, Assemblagen, Installationen,
Kunst im öffentlichen Raum, digitalen Drucken, Holzschnitten, gefundene Objektkunst,
Zeichnungen, Fotografien, Druckgrafiken, öffentliche Vorträge bis hin zur Tätigkeit als Autor und
Lektor erstreckt. Seit 2013 hat er einen
Lehrstuhl als Doctor of Philosophy PhD
Candidature an der Charles Darwin
University im Bundesstaat Northern Territory
in Australien inne. Die weggeworfenen
Objekte als Werkstoff bieten eine komplexe
Palette von Farben, Texturen und Größen.
Zugleich verfliegt jedes Gefühl der Ehrfurcht
sehr rasch bei dem Gedanken daran, dass
diese Assemblagen eigentlich nur aus Müll
bestehen.
Multi Coloured Installation, 2002,
300 x 400 x 400 cm
Ganz, Sayaka (* 1976)
Sayaka Ganz ist Bildhauerin. Sie wurde in Yokohama, Japan,
geboren und wuchs dort sowie in Brasilien und Hongkong auf.
Ihr Lebensweg führte sie letztendlich in die Vereinigten
Staaten von Amerika. Dort absolvierte sie ihr Studium an der
Indiana University Bloomington, schloss dieses mit dem
Bachelor of Fine Arts ab und unterrichtet heute Design und
gibt Zeichenkurse an der Indiana University – Purdue
University, Fort Wayne (IPFW).
Links: Jaws, 2012
Schon während ihres Studiums erforschte sie verschiedene künstlerische Medien und Techniken
von der Keramik bis zur Druckgrafik. Dann fiel ihre Wahl auf das Formen von expressiven
Skulpturen, was die Ausgangsbasis für ihre spätere Berufung, ausdrucksstarke Tierfiguren zu
gestalten, bildete. Hierbei ist es ihr ein besonderes Anliegen, ein Gefühl von Lebendigkeit und
Bewegung zu vermitteln. „Dieser Prozess der Rückgewinnung und Regeneration ist für mich als
Künstler
befreiend“,
so
Ganz.
Als
Ausgangsmaterial
dienen
ihr
herkömmliche
Haushaltsgegenstände – von weggeworfenem Besteck bis hin zu Sonnenbrillen, die sie in
Behältern nach verschiedenen Farbgruppen sortiert aufbewahrt und sammelt. Die Größe ihrer
Arbeiten variiert, sie reicht von 45 Zentimetern bis zu acht Metern Länge. Bis zur Fertigstellung
kann es bei komplizierten Stücken durchaus bis zu einem Monat dauern. Sayaka Ganz ist überzeugt davon, dass es sehr schwierig ist, im Hinblick auf den
ökologischen Fußabdruck unserer Zeit sehr weit in die Zukunft zu
blicken. Es gibt keine Garantien für zukünftige Entwicklungen und
schon oft haben sich Prognosen als falsch erwiesen. Die Existenz
und Verwendung von Kunststoff verurteilt die Künstlerin nicht
grundsätzlich, da er unser Leben bequemer und einfacher macht.
Doch auch sie weist darauf hin, dass es zu bedenken gilt, dass
Bequemlichkeit immer ihren Preis hat. Ihre Figuren weisen in
einigen Bereichen große Lücken auf, geht der Betrachter aber
einen Schritt zurück, schließen sich diese und werden nicht mehr Wayne, 2009,
66 x 122 x 46 cm
wahrgenommen. Es entsteht ein Bild von Schönheit und Harmonie
Aus einer entfernteren Perspektive ist die Wechselwirkung der galoppierenden Pferde gut zu
erkennen, beim Nähertreten lösen sie sich zunehmend in ihre einzelnen Bestandteile auf.
„Ich glaube der beste Weg für mich als Künstlerin, zur Reduzierung von Abfall beizutragen, ist, zu
zeigen, wie schön diese Materialien sein können. Wenn wir die Dinge mehr wertschätzen lernen,
werden Ressourcen geschont und weniger Abfall fällt an“. An anderer Stelle beschreibt Sayaka
Ganz hier ihr Schaffen und ihre Motivation: „Ich montiere die
einzelnen Kunststoffe wie Pinselstriche zusammen, um eine
ähnliche Wirkung wie bei einem Van-Gogh-Gemälde in drei
Dimensionen zu erhalten. Eine der wichtigen Aufgaben für
Künstler unserer Zeit ist es, die natürliche Welt in das Leben
der Menschen zu bringen. Wenn wir den wahren Wundern
der Natur begegnen, wird die Schönheit der Dinge, die wir
erblicken, über unseren Intellekt hinausgehen und direkt
unsere Herzen erreichen.“
Emergence, 2013
Hazoumé, Romuald (* 1962)
Romuald Hazoumé wurde in Porto-Novo im westafrikanischen Benin geboren. Er absolvierte dort
das französische Gymnasium und gehört dem Stamm der Yoruba an, wuchs aber in einer
katholischen Familie auf. Er benutzt hauptsächlich alte Plastik- und Benzinkanister, um seine
symbolischen Masken herzustellen. Diese sollen an alte afrikanische Traditionen und die Religion
seiner Ahnen erinnern. Die Darstellung der großformatigen Plastik Dan Ayido-Huedo
(Regenbogenschlange), die im Garten des Londoner Victoria and Albert Museums ausgestellt war,
zeigt eine afrikanische Götterschlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt. Das Werk soll in
seiner Symbolik auf die Unendlichkeit hinweisen. In der westlichen Welt manifestiert sich
Hazoumés Erfolg dadurch, dass seine Werke auf den großen Biennalen, etwa jener in Istanbul und
Johannesburg, aber auch im Guggenheim-Museum in Bilbao ausgestellt wurden. Zudem ist er in
zahlreichen renommierten Sammlungen vertreten. Auf seinen Vernissagen erscheint er stets im
traditionellen goldbestickten afrikanischen Umhanggewand mit Mütze und reichlich Ketten sowie
diversen Schmuckstücken. Er sagt selbst: „Die Weißen sollen sehen, was ein Afrikaner ist.“ Er
verweist damit auf den Ursprung seiner Kultur.
Zebra, 1997
Agassa, 1997
Dogone, 1996
Auf der documenta 12 im Jahr 2007
erhielt er für das aus alten
Benzinkanistern
gebaute
Schiff
Dream den Arnold-Bode-Preis der
Stadt Kassel, benannt nach einem
der Gründer der documenta.
Mit dieser ca. 200 Quadratmeter
großen
ikonischen
Installation
verwies Hazoumé auf die Sklaverei,
auch jene in heutigen Zeiten, und auf
den Umstand, dass Menschen in
Ländern der Dritten Welt aus der Not
heraus noch immer gezwungen sind,
dem herrschenden Elend ihrer
Heimat zu entfliehen.
Dream, 2007,
Fotos: Romuald Hazoumé
Ji, Yong Ho (* 1978)
Der aus Korea stammende Yong Ho studierte an der Hongik University, Seoul, und erwarb im Jahr
2005 den Abschluss als Bachelor of Fine Arts im Bereich Skulpturen. Er zog daraufhin nach New
York und legte im Jahr 2008 dort den Master of Fine Arts an der New York University ab.
In der Kunstwelt hat er sich inzwischen einen festen Platz erobert und wird in Seoul, Korea, durch
die renommierte Gana Art Gallery sowie das Soka Art Center in Taipeh, Taiwan, vertreten. In
seinen Ausstellungen zeigt er weltweit aufsehenerregende Skulpturen. Als Ausgangsmaterial für
seine Arbeiten dienen ihm gebrauchte Autoreifen, die hauptsächlich aus Kautschuk, einem
Pflanzenextrakt, bestehen und in speziellen Verfahren zur Weiterverarbeitung nutzbar gemacht
wurden. Diese schneidet Yong Ho sorgfältig in Streifen, um daraus die physischen Strukturen
seiner Figuren, ihre Körperformen, die Fleisch und Muskeln imitieren, nachzubilden. So entstehen
etwa überaus realistisch wirkende Tierplastiken, aber auch fiktive Fabelwesen. Unter dem
Sammelbegriff Mutanten teilt er seine Serien in verschiedene Rubriken auf: fleischfressende Tiere,
pflanzenfressende Tiere, allesfressende Tiere, Insekten, Fische, Hybridtiere, Hybridmenschen und
Menschen.
Löwe 2, 2008, 390 x 122 x 190 cm
Werke von Yong Ho Ji sind in zahlreichen Museen ausgestellt, darunter das der International
Contemporary Art Foundation / 21C in Louisville, Kentucky, die West Collection in Oaks,
Pennsylvania, sowie das Seoul Museum of Art in Seoul, Korea
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Veröffentlichung lediglich verweist.
Auf der Suche danach, welche neuen Strömungen künstlerischer Avantgarde
sich momentan auf dem zeitgenössischen Kunstmarkt zeigen, fand ich eine
breite Vielfalt im Bereich der „Recyclingkunst. Warum Avantgarde? Weil
allein die Avantgarden den Status quo kritisch und provokativ infrage stellen.
Nur mit neuen Ideen kann man grundlegende und langfristige Änderungen
und damit gesellschaftliche Umbrüche anstoßen.
„Zeitgenössische Kunst wird immer das Enfant terrible
des Kunstmarkts sein …“
Thierry Ehrmann, TEFAF Art Market Report 2015
Bildhauer, bildender Künstler, Gründer und CEO von artprice.com sowie der Serveur Group
Recyclingkunst ist auch unter der Bezeichnung „Upcycling“ bekannt. Was
steckt hinter diesem Phänomen und wer sind die Künstlerinnen und Künstler
dieser „neuen Kunstrichtung“?
Als erster Teil einer Reihe versammelt dieses Buch in Form einer temporären
Bestandsaufnahme 44 Kunstschaffende aus allen Kontinenten in
Kurzporträts. Sie erlauben einen ausschnitthaften Einblick in diese
faszinierende Welt, die zugleich einen Spiegel unseres Konsumverhaltens
über die Mittel Kunst darstellt.
Es sind nicht nur die Abfälle, sondern auch Überproduktionen, die unsere
Umwelt in erheblichem Ausmaß belasten. Aus der Physik ist bekannt, dass
es einen Pol nie alleine geben kann. Er erzeugt immer auch einen Gegenpol.
Oder anders formuliert: „Actio gleich reactio“. Aus der Überfluss- und
Verschwendungsmentalität hat sich daher die neue Bewegung „Upcycling“
entwickelt. Das Spektrum der Materialien, die hier eine ganz neue
Verwendung finden, reicht von Holz, zum Beispiel von alten Skateboards,
über diverse Kunststoffe bis hin zu Metallen in jeglicher Form. Sogar Glas
wird neu interpretiert und hat bereits Eingang in Museen wie das MoMA in
New York gefunden. Es ist spannend, die Entwicklung der zeitgenössischen
Kunst im 21. Jahrhundert mitzuerleben. Tauchen Sie mit ein und lassen Sie
sich überraschen!