24 Oktober 2016 SZ Genealogentag der Vereinigung für die

Nachfahre ist Scharfrichtern auf der Spur
Genealogentag der Vereinigung für die Heimatkunde im Kreis Saarlouis zieht viele Besucher ins Landratamt
Könige, Feldherren und Bischöfe
prägen die Geschichte. Die Namen des gewöhnlichen Volkes
fanden erst spät Beachtung. Deren Geschichte aber stand am
Sonntag beim Genealogentag im
Landratsamt Saarlouis im Vordergrund.
Von SZ-Mitarbeiter
Johannes A. Bodwing
Saarlouis. „Zuerst war ich ein
bisschen schockiert“, gestand
Tun Jacoby aus Luxemburg.
Denn seine Ahnenreihe ist voll
mit Scharfrichtern. Am Sonntag
bereicherte er als einer von 25
Vereinen und Familienforschern den Genealogentag der
Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis.
„Der Älteste geht zurück bis
1540“, berichtete Jacoby aus
seiner Ahnenreihe. „So eine
Hinrichtung war früher wie ein
Dorffest. Die Menschen hatten
eine ganz andere Beziehung
zum Tod, wenn beispielsweise
von zehn Kindern acht starben.“ Scharfrichter handelten
auf Anweisung, waren aber verachtet und konnten keinen ehrenwerten Beruf ausüben. Nebenverdienst waren unter anderen Hundefänger und das Beseitigen toter Tiere.
„Sie finden Scharfrichterfamilien wie Back, Dillenburg und
Schwindt weit verbreitet“,
wusste Jacoby. Denn während
Reges Interesse an Informationen über Familien und ihre Herkunft herrschte gestern im Kreisarchiv Saarlouis.
in Dörfern oft innerhalb der engeren Verwandtschaft geheiratet wurde, suchten sich Schafrichter die Ehepartner über
große Distanzen hinweg. Alleine die Familie Back sei über einen Zeitraum von 400 Jahren
mit etwa 13 000 Nachkommen
in Mitteleuropa verbreitet. Ein-
Auf Scharfrichter geht die Ahnenlinie von Tun Jacoby aus Luxemburg zurück, der dieses Thema zu einem interessanten Hobby gemacht hat.
mal im Jahr gebe es auch ein
Treffen von Nachfahren aus
Scharfrichterfamilien. Nach der
Hexenverfolgung
hätten
Scharfrichter nicht mehr so viel
Geld verdient. Als lukratives
Tätigkeitsfeld entdeckten sie
die Kanalisation. „Der Inhalt
wurde mit Stroh vermischt und
als Dünger teuer verkauft.“
Ein Flohmarkt mit heimatund familienkundlichen Büchern fand im Foyer vor dem
Großen Sitzungssaal statt. Dort
bot auch die Vereinigung für
Heimatkunde ihre Publikationen an. Darunter Einwohnerbücher von allen Orten im
Tische voller Einwohnerbücher und Datenbanken mit tausenden von
Namen im Computer, damit boten rund 25 Familienforscher-Vereine
im Landratsamt neue Hinweise für die Ahnenforschung.
FOTOS: JOHANNES A. BODWING
Landkreis. „Eine Million sind
das mit Sicherheit“, sagte der
zweite Vorsitzende der Vereinigung, Hans Peter Klauck, zum
Umfang der dokumentierten
Personen. Neu vorgestellt wurden
Einwohnerbücher
zu
Schwarzenholz, Hülzweiler sowie in einem Buch zu Weiskirchen, Weierweiler und Thailen.
Von Köln kam Gabi Drop, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher. Rund 78 000 Namen seien bisher erfasst. Beispiele zum Raum Saarlouis lägen noch nicht vor, „aber mit
der preußischen Herrschaft kamen sicher auch Verwaltungsleute aus dem Osten hierher“.
Auf einen wenig bekannten
Nutzen der Ahnenforschung
wies Bernhard Uwer aus St. Ingbert hin. „Ich habe sechseinhalb
Millionen Saarländer in meiner
Datenbank“, sagte der Herausgeber der Saar-Pfalz-Bücher.
Auf dieser Grundlage fand er im
Falle einer Leukämieerkrankung den passenden Spender
im Geflecht der Verwandtschaftsbeziehungen.
Quelle: SZ 24.10.2016