Stoppt die CSU samt ihrer Leitkultur!

Kolleginnen und
Herausgeber: DKP und Gruppe KAZ Kollegen, Einigkeit ist unsere Stärke!
www.betriebsaktiv.de l 25. Oktober 2016
Sichere Rente per Stimmzettel? Der DGB
startet eine Kampagne zur Bundestagswahl.. 3
Job-Garantie bei MAN-Nutzfahrzeuge:
Was ist der Preis?....................................... 4
„Ohne uns läuft keine Operation!“ Kolleginnen
aus der Berliner Charite berichten von ihrem
Arbeitskampf gegen den Pflegenotstand.. 5
„Die Leiharbeit ist eine Maschinerie, in der
du als Schwein reingehst und als Wurst rauskommst.“................................................... 6
Stoppt die CSU samt ihrer Leitkultur!
Es war mit das übelste, das wir bisher in München erlebt haben. Offenbar auf Geheiß von CSU-Innenminister Hermann haben 100erte
aufgehetzte USKler und Staatspolizei immer wieder die Demonstration gegen die staatliche Willkür der CSU und ihre „Deutsche Leitkultur“
provoziert und wahllos Menschen herausgegriffen und zusammengeprügelt. Der GEW-Vertreter auf der Kundgebung formulierte es so: Das
erwartet uns, wenn die Willkürgesetze und ihre Leitkultur Wirklichkeit werden. Bilder von der Demonstration am 22. Oktober.
2
25.10.2016
Stoppt die CSU samt ihrer Leitkultur
Die CSU läuft zu alter Höchstform auf. Sie will die rassistischen und faschistischen Kräfte sammeln, die in den letzten Jahren an Zustimmung gewonnen haben.
G
anz in ihrer Tradition unter dem langjährigen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef
Strauß, der Kritiker schon mal „Ratten und
Schmeißfliegen“ nannte oder gegen die Gewerkschaften hetzte, will sie nun wieder all
diejenigen rassistischen und faschistischen
Kräfte sammeln, die in den letzten beiden
Jahren rechts von der CSU sprunghaft in
die Höhe geschnellt sind. Dabei haben
CSU-Politiker über all die Jahre tatkräftig
dazu beigetragen, dass sich rassistische
Vorurteile in Teilen der Bevölkerung festsetzten, ganz unabhängig von der Zahl
nach Deutschland einwandern wollender
Menschen. So hetzte z.B. der damalige
Münchner Sozialreferent Stützle, CSU,
schon Anfang der 1980iger Jahre von der
„Überfremdung durch ethnisch und kulturell ferner stehende Zuwanderer“ oder
dem „Selbstausrottungstrend der Weissen“. Beckstein, einst bayerischer Innenminister teilte Einwanderer ein in „Ausländer, die uns nützen und solche, die
uns ausnützen“, als es um die Jahrtausendwende darum ging, ob die Industrie
zwecks fehlender Spitzenfachkräfte nicht
ein Einwanderungsgesetz bräuchte. Die
Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen.
Die CSU als Taktgeber
Nun, nachdem die Saat in diesen krisenhaften Zeiten aufgeht, erklären CSUPolitiker die CSU zur einzigen Partei, die
weiß, wo es lang gehen soll.
So steht in einem Papier, das der CSUVorstand Anfang September beschlossen
hat: „Die CSU hatte als einzige Partei von
Beginn an einen klaren und unverrückbaren Kurs in der Zuwanderungsfrage. (…)
Bei der Lösung der Flüchtlingskrise und
bei der Integration wird Bayern weiter der
Taktgeber Deutschlands bleiben.“1 Diese
Republik soll also noch weiter nach rechts
gedrückt und die noch vorhandenen Reste
bürgerlicher Demokratie vollends verstümmelt werden. Denn das ist der Takt, den
die CSU in der Flüchtlingsfrage seit einem
Jahr wieder einmal vorgibt: Faktische Abschaffung des Asylrechts, Grenzen dicht,
Abschiebelager, Außerkraftsetzen von
Grundrechten. All das reicht der CSU aber
noch nicht. Wie schon mit ihrem geplanten
sog. Integrationsgesetz macht sie nun in
diesem Beschluss klar, was unter Integration zu verstehen ist: die Unterwerfung all
derjenigen, die gnädiger Weise hier bleiben
dürfen.
Dies will die CSU nun auch verfassungsmäßig festzurren. „Unsere Leitkultur“ so
heißt es in dem Papier, muss „in der bayerischen Verfassung verankert werden.“
Und das selbstverständlich über die
Grenzen Bayerns hinaus. Inzwischen haben CSU-Politiker und CDU-Politiker aus
Sachsen einen gemeinsamen „Aufruf zu
einer Leit- und Rahmenkultur“ 2 herausgegeben. In diesem erfährt man nicht nur,
dass Fahne und Hymne wichtige Symbole
unserer Leitkultur sind, sondern dass zu
dieser auch die „Rolle Deutschlands in
Europa und der Welt“ gehört.
Und wohl nicht zufällig befragt der CSUVorstand derzeit seine Mitglieder, ob sich
die CSU für bundesweite Volksentscheide
einsetzen soll, erklärtermaßen auch für
Verfassungsänderungen. Bundesweite
Mobilisierung für eine Deutsche Leitkultur
im Grundgesetz?
Lassen wir nicht zu, dass die CSU ungehindert weiterhin den Takt vorgeben kann.
Soldaten nehmen vor einen typischen
deutschen
Fachwerkhaus
einen Zivilisten
gefangen.
Setzen
wir
der deutschen
Leitkultur
die
Kultur der Arbeiterbewegung entgegen:
Am 30. September legten auf allen
Solidarität mit unsereiner!
ngr
Baustellen der Altöttinger Firma Strasser die Kollegen zwei Stunden lang die
Arbeit nieder für ihren Kollegen aus
1 Klarer Kurs bei der Zuwanderung – Humanität,
Afghanistan. Sie wollen verhindern,
Ordnung, Begrenzung“ Beschluss des CSU-Parteivorstands, 9./10. September 2016, abrufbar unter:
dass er seine Arbeitserlaubnis verliert
www.csu.de
und abgeschoben wird, nur, weil er
2www.epenportal.de
keine Ausweispapiere hat. Selbst die
Unternehmensleitung hat zu dem Protest
aufgerufen, wie u. a. der Bayerische
Rundfunk berichtete (www.br.de)
Und: „Es ist eine Selbstverständlichkeit,
dass sich jeder, der zu uns kommt, daran zu
halten hat.“ Die völkische Vorstellung von
einer über anderen Kulturen stehenden
deutschen Leitkultur soll also Verfassungsrang erhalten. Und damit auch Willkür
statt demokratisches Recht. Denn was ist
deutsche Leitkultur? Was kann jemand
denn noch tun und was nicht, um nicht
gegen die „Werteordnung christlicher Prägung“ zu verstoßen? Und überhaupt: Gehören Streiks zu den „Grundregeln unseres
Zusammenlebens“, vor allem auch dann
noch, wenn sie den Kapitalisten wirklich
weh tun? Bei politischen Kräften wie der
CSU, die erst vor ein paar Jahren das Versammlungsrecht drastisch einschränken
wollte, ist diese Frage durchaus berechtigt.
„Sammlungsbewegung zur
Rettung des Vaterlands“
Doch die CSU weiß, dass Verfassungsänderungen nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament durchgesetzt werden
können und dass sie diese Mehrheit nicht
bekommt. Deshalb will sie die bayerische
Bevölkerung darüber abstimmen lassen.
Man kann sich vorstellen, was das bedeutet, liest man diesen Beschluss des
CSU-Vorstands, der auch aus der Feder
der AfD stammen könnte: „In Deutschland gilt ausnahmslos deutsches Recht
und nicht die Scharia“. „Die Burka hat
in Deutschland nichts verloren“. „Wer
straffällig wird, verliert sein Gastrecht“.
„Die doppelte Staatsbürgerschaft gehört
abgeschafft“ und so weiter und so fort. Von
NPD bis AfD werden all die faschistischen
Kräfte mit Freude für die Annahme einer
solchen Verfassungsänderung werben. Es
wird der rechte Mob gegen Menschen aus
anderen Ländern und gegen die Demokraten in diesem Land mobilisiert. Die CSU
als „Sammlungsbewegung zur Rettung des
Vaterlandes“, wie Strauß sie einst charakterisierte (Nürnberger CSU-Parteitag am
5. Juli 1970).
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25.10.2016
Die CSU treibt die Republik
nach rechts.
ln den 1920iger Jahren schrieb Lion
Feuchtwanger seinen berühmten Roman
„Erfolg“, in dem er die gesellschaftlichen
und politischen Verhältnisse in der „Ordnungszelle“ Bayern schilderte. Der Begriff
„Ordnungszelle“ ist heute nicht mehr im
Sprachgebrauch. Stattdessen präsentiert
uns die CSU im Entwurf des bayerischen
Ausgrenzungsgesetzes die „Leitkultur“ als
Verpflichtung. Schon länger überbieten
sich CSU-Politiker, allen voran Horst Seehofer, mit rassistischen Äußerungen über
Flüchtlinge und Einwanderer. Als 2014 die
Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen
und Bulgaren in Kraft trat, drohte Seehofer: „Wer betrügt, fliegt!“ Das reichte
aber noch nicht. Der CSU-Vorsitzende
will sich gegen eine „Zuwanderung in die
deutschen Sozialsysteme bis zur letzten
Patrone“ wehren. Hat er Angst, dass es für
seine Pension nicht mehr reicht?
Günther Beckstein verkündete als lnnenminister, wir bräuchten „Ausländer,
die uns nützen, statt denjenigen, die uns
ausnützen“. Ganz in diesem Sinne verabschiedete die Bundesregierung 2015
massive Änderungen im Asylgesetz, mit
denen Flüchtlinge schneller in (Leih)-arbeit
gebracht werden können. Statt der Leiharbeit endlich einen Riegel vorzuschieben,
sollen jetzt Asylbewerber gegen Deutsche
ausgespielt werden. So befördert man
Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt.
Die Unternehmer freuen sich.
Auch beim bereits beschlossenen Bundesintegrationsgesetz gab Bayern die
Richtung vor: Sanktionen und Diskriminierungen statt Hilfe und Rechte für
die Geflüchteten. Das bayerische Ausgrenzungsgesetz enthält noch massivere
Pflichten und Sanktionen, die nicht nur
Flüchtlinge, sondern auch Deutsche
betreffen. So sollen z.B. Beschäftigte im
öffentlichen Dienst als Büttel der Sicherheitskräfte dienen.
Das breite Bündnis gegen dieses Gesetz
– mit 60 Organisationen und mit den Landesbezirken von Verdi und GEW an der
Spitze – plant den Gang nach Karlsruhe.
Für uns als Lohnabhängige gilt: Wehren
wir uns nicht nur gegen Pegida und AfD,
sondern entlarven wir die Politik der CSU,
wo wir können.
nKN
Herausgeber:
DKP und Gruppe KAZ
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:
Jörg Högemann=Kellerstr. 28=81667 München
Mail: [email protected]
www.betriebsaktiv.de
Druck: Eigendruck im Selbstverlag
Sichere Rente per Stimmzettel?
Der DGB startet eine Rentenkampagne, um Druck für die
Bundestagswahlen aufzubauen. Einen Kurswechsel werden
wir jedoch nicht mit dem Stimmzettel bei der Bundestagswahl
durchsetzen. Dafür braucht es Druck in den Betrieben und
auf der Straße.
V
or zwanzig Jahren kalauerte der damalige CDU-Arbeitsminister Norbert
Blüm im Bundestag: „Die Rente ist sicher“.
Heute wird es 16jährigen Auszubildenden
schwarz vor den Augen, wenn sie an die
Rente denken. Wann werden sie in Rente
gehen können? Mit 67, mit 70 oder gar in
höherem Alter. Wie hoch wird die Rente
sein? Niemand weiß es. Denn eines ist
mittlerweile sicher. Die Rente ist unsicher.
Reform folgt auf Reform. Und jede Reform
ging und geht in die gleiche Richtung: Länger arbeiten und weniger Rente.
Da ist es für die Stimmung im Lande
nicht schlecht, auch mal – vermeintlich
– Positives zu vermelden. Von der Süddeutschen Zeitung über das Handelsblatt
bis zur Bild wurde getitelt: „Höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren.“ Um die fünf
Prozent betrug die Rentenerhöhung im
Sommer. Viele Rentnerinnen und Rentner
freuten sich, übersehen dabei jedoch auch
die zu zahlenden höheren Beiträge für
Kranken- und Pflegeversicherung. Auch
dies so eine Reform.
Gerne wird in Presse, Funk und Fernsehen von der Durchschnittsrente des
Eckrentners (siehe Kasten) gesprochen, die
laut der Statistik der Deutschen Rentenversicherung bei 1.370,25 Euro im Westen
bzw. 1.289,70 Euro im Osten liegt. Doch
die Wahrheit ist viel bitterer, wie die Grafik
auf der nächsten Seite zeigt.
Zum Sterben zuviel, zum Leben zu
wenig. Das ist die Wahrheit. Ziel der Rentenpolitik seit Jahrzehnten war es, die Beiträge, vor allem den sogenannten Arbeitgeberanteil, stabil zu halten oder zu senken.
Da der in den Bilanzen unter Lohnkosten
zu finden ist, wird klar, dass es im Kern um
einen partiellen Lohnstopp bzw. um eine
Lohnsenkung ging. Dem dient auch die
Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67
Jahre. Die Bundesbank fordert schon 69
und die Junge Union im Einklang mit Frau
Petry von der AfD gar 70 Jahre. Kaum ein
Dachdecker oder eine Krankenschwester
werden das durchhalten. Sie werden früher
in Rente gehen müssen, mit erheblichen
Abschlägen.
Im September kündigte nun der DGB
eine Rentenkampagne an. Er will damit
vor der bevorstehenden Bundestagswahl
2017 Druck aufbauen. Für ein höheres
Rentenniveau will der DGB u. a. allmählich steigende Beiträge bis 2030 von 18,7
auf bis zu 22 Prozent akzeptieren. Für
einen Durchschnittsversicherten mit 2 400
Euro Lohn wären das maximal 40 Euro
mehr. Das Geld wäre so besser angelegt
als in Riesterbeiträgen etc., zumal noch 40
Euro indirekter Lohn (Arbeitgeberbeitrag)
hinzukämen.
Lesen Sie weiter auf Seite 4 ´
4
25.10.2016
´Fortsetzung von Seite 3
Sichere Rente per Stimmzettel?
Rentenfragen sind Machtfragen zwischen den Klassen. Das beginnt im Kampf
um die Löhne, gegen die alltägliche
Enteignung der Arbeitenden durch das
Kapital. Das geht weiter im Kampf um die
Steuerpolitik, da ca. 70 Mrd. Steuergelder
in die Rentenkasse fließen, und darum, wer
politisch gewollte versicherungsfremde
Leistungen bezahlt: Die Beitragszahler
oder die Reichen via Millionärssteuer. Die
Lohnbezogenheit der Renten darf nicht
aufgegeben werden, sie schafft eine Inter-
tatsächliche Rentenzahlung und der Eckrentner 2015
(Quelle: Deutsche Rentenversicherung)
1.600 €
1.400 €
1.200 €
1.000 €
800 €
600 €
400 €
200 €
0€
Eckrentner
Männer
Frauen
essengleichheit zwischen Arbeitenden und
Rentnern. Wo die Rente aus individuellen
Gründen nicht reicht, kann keine Mindestrente die Lösung sein, sondern ein System, das alle mit zu geringem Einkommen
repressionsfrei und ausreichend versorgt.
Per Stimmzettel alleine wird es von all
dem nichts geben.
nRW
Die Standardrente (oft auch „Eckrente“ genannt) ist eine Regelaltersrente mit genau 45 Entgeltpunkten. Sie ist eine im Rentenrecht
verwendete Rechengröße. Sie wird dazu verwendet, das Standardrentenniveau sowie den Nachhaltigkeitsfaktor zu berechnen.
Um die Standardrente zu veranschaulichen wird häufig die Bezeichnung Eckrentner benutzt. Eckrentner ist eine Person mit einer
angenommenen modellhaften Erwerbsbiografie. Der Eckrentner
bezieht eine Regelaltersrente und hat zuvor 45 Jahre lang Beiträge
in die gesetzliche Rentenversicherung jeweils in Höhe des Beitrags
für ein Durchschnittsentgelt gezahlt. Sein versichertes Einkommen
entsprach also stets dem Durchschnittsentgelt. Die Standardrente
(auch Eckrente) ist also die Altersrente, auf die der Eckrentner
aufgrund seiner Beitragsleistung einen Anspruch erworben hat.
Dieser Eckrentner ist nicht der „Durchschnittsrentner“. Die Durchschnittsrenten weichen aus vielfältigen Gründen deutlich von der
Eckrente ab.
Job-Garantie bei MAN-Nutzfahrzeuge
Was ist der Preis? Die VW-Mutter fordert eine Milliarde Euro an Einsparungen. Das Allacher
Werk ist voll ausgelastet und zu eng. Montageeinheiten werden nach Karlsfeld verlagert.
A
uf der Betriebsversammlung am 13.
Oktober wurde Großartiges verkündet: Den Beschäftigten wird bis 2025 der
Arbeitsplatz garantiert. Das kann bis 2030
verlängert werden. Und das sei die bisher
längste Laufzeit einer solchen Vereinbarung in der BRD. Das Allacher Werk ist
voll ausgelastet, die Gewinnerwartungen
nach Perioden der Kurzarbeit und der Stellenstreichungen sind hoch. Der Sozialplan
mit Turboprämie gilt allerdings weiter, was
dem Management ein Abbauinstrument
in die Hand gibt, wenn‘s dann doch nicht
so gut läuft.
Aus dem Kreis der Kollegen hörte man
nach der Betriebsversammlung allgemeine Erleichterung. Große Monopole
wie Siemens, BMW, VW haben ähnliche
Regelungen, die betriebsbedingte, „heiße“
Kündigungen ausschließen sollen. Solche
Vereinbarungen schützen nicht vor Arbeitsplatzverlust, wie das Beispiel Siemens
zeigt. Sie dienen der Imagepflege und der
Beruhigung der Stammbelegschaften. Und
da sind noch die Leiharbeiter als Manövriermasse!
Aber auch kritische Stimmen waren zu
hören: Was wurde dafür eingetauscht?
Vor der Sommerpause schon wurden die
Taktzeiten am Band runtergesetzt. (Auf
Draht berichtete) Noch immer steht der
Befehl der Mutter in Wolfsburg im Raum,
dass MAN eine Milliarde Euro einzusparen hat. Weil das Werk schon zu eng ist,
werden Montageeinheiten nach Karlsfeld
ausgelagert. Betriebsrat aufgepasst! Hier
tut sich ein Einsparpotential auf. Die Beschäftigungsbedingungen müssen sich am
Werk orientieren!
nkrn
❏ Ich will die
gerne regelmäßig bekommen – bitte schickt mir immer die neue Ausgabe!
❏ Ich will die DKP kennen lernen – bitte schickt mir Informationsmaterial!
❏ Ich will die Gruppe KAZ kennen lernen – bitte schickt mir Informationsmaterial!
Vorname und NameTel.:
Straße, Postleitzahl und WohnorteMail:
Bitte einsenden an: Auf Draht=c/o Jörg Högemann=Kellerstr. 28=81667 München
5
25.10.2016
„Ohne uns läuft keine Operation!“
Die Veranstaltung des Betriebsaktiv am 23. September zum Personalnotstand in den Krankenhäusern kam zum richtigen Zeitpunkt. Allein in den Städtischen Münchner Kliniken werden
1.500 Stellen abgebaut. Bundesweit fehlen nach Verdi-Angaben 162.000 Pflegekräfte.
Z
wei Kolleginnen der größten Uniklinik in Europa, der Charitè in Berlin,
waren eingeladen und berichteten über
den Kampf um einen Tarifvertrag in der
Dienstleistungstocher CFM und um den
Tarifvertrag für Personalbemessung in
der Charité.
Kati Ziemer, Verdi-Mitglied und Betriebsrätin der CFM (Charitè Facility
Management GmbH), gab einen Einblick
in die Struktur dieser Tochtergesellschaft.
Die ist zuständig für alles, was im Hintergrund zu einer Klinik von dieser Größe
mit ca.16.000 Beschäftigten und für einen
reibungslosen Pflegebetrieb gehört. Also
Reinigung, Technik, Krankentransport,
Logistik – mit der Modulversorgung geht
es bis in die OP-Bereiche hinein. Die Versorgung mit OP-Verbrauchsmaterial reicht
nur ein bis zwei Tage. „Ohne uns läuft
keine Operation“, so Kati Ziemer.
Der Berliner Senat hatte die Ausgründung veranlasst, um Personalkosten zu
sparen. Damit wurde dem weltweiten
Krankenhausmarkt gefolgt, der alleine auf
Profit ausgerichtet ist. So wurden in 10 Jahren 387 Mio. Euro eingespart – auf Kosten
der Gesundheit der Beschäftigten und der
Berliner Bevölkerung! Die Kehrseite des
Personalnotstandes sind unhaltbare Hygienezustände, übermäßige Belastung des
Pflegepersonals und anderer Berufsgruppen im Krankenhaus. (Ähnliches passiert
laufend in München!)
Die 2.500 Kolleginnen und Kollegen der
CFM kämpfen seit 2006 um einen Tarifvertrag. Bis zu 1.000 Euro Unterschied zu
den Tarifbeschäftigten in der Charité gibt
es, und da fangen die Schwierigkeiten der
gewerkschaftlichen Organisierung an, um
das Verdi-Ziel von 30 Prozent zu erreichen.
Die prekär Beschäftigten wie z.B. in der
Reinigung fürchten Repressionen bis hin
zum Rausschmiss. Die Verwaltung und
gut bezahlte Bereiche sind „nicht organisierbar“. Ein neunwöchiger Vollstreik
der CFM-Kolleginnen und Kollegen 2011
war noch erfolglos, wohl auch, weil kein
gemeinsamer Streik mit den CharitèBeschäftigten zustande kam. „Wir waren
damals nicht stark und mächtig genug“,
so Ziemer.
Ulla Hedemann, Krankenschwester in
der Charitè, berichtete von ihren Streikerfahrungen. Wichtig war im Jahr 2011, wie
der Streik des Pflegepersonals organisiert
wurde. Denn die Kolleginnen und Kollegen wollten in keinen Konflikt geraten
und die Patienten nicht im Stich lassen.
Es gab eine Notdienstvereinbarung mit
Notfallteams, Betten wurden „evakuiert“,
sodass 1.500 leer standen. Der Streik wurde sieben Tage vorher angekündigt, sogar
die Feuerwehr war informiert. So kam es
also zum ersten „Schließungsstreik“ in der
öffentlichen Klinik des Senats, der den
Aktionären (!) einen Gewinnverlust von
einer halben Million Euro pro Tag verursachte, bei geringster Beeinträchtigung des
restlichen Pflegebetriebs.
Ergebnislos, aber mit vielen Erfahrungen, gingen die Kolleginnen und Kollegen
in die nächste Auseinandersetzung 2013.
Ihre Losungen waren: „Mehr Personal
– Jeder ist potentieller Patient!“ Schon
während der Warnstreikvorbereitungen
drängten die Aktionäre auf Schlichtung,
schon gewitzt durch den zu erwartenden
Verlust - 2011 wirkte nach! 80 Vollkräfte
wurden eingestellt, die allerdings nach
einiger Zeit wieder „verschwanden“, so
Ulla Hedemann.
Den Durchbruch in diesem jahrelangen, zähen Kampf brachte ein zehntätiger
Vollstreik 2015, bei dem die Eckpunkte
der Belegschaftsforderungen erreicht
wurden. Der erste „Tarifvertrag über Gesundheitsschutz und Mindestbesetzung im
Krankenhaus“ war erkämpft! Besondere
Arbeitsbelastungen durch Personalmangel können nun, bei dauernder Kontrolle
durch den Personalrat und der Gesundheitskommission, durch die tariflichen
Regelungen beseitigt werden.
Nach dem Streik stieg nicht nur der
Organisierungsgrad. Das Bewusstsein der
Kolleginnen und Kollegen war nun: Wir
können was erreichen!
Die beiden Kolleginnen legten in ihren
Berichten großen Wert darauf, dass es gelang, die nicht organisierten Beschäftigten
zu mobilisieren. Dem bekannten „Mach
mal“, wie es Betriebsräten und Vertrauensleuten oft zugerufen wird, hielten sie
entgegen: „Mach mit!“
Zu den Beratungen der betrieblichen Tarifkommission wurden „TarifberaterInnen“
aus allen Stationen eingeladen. So konnten
alle Forderungen aus der Belegschaft in die
Tarifverhandlungen eingebracht werden.
Was sich dann bei der Streikbeteiligung
auszahlte! Ärzte und Oberärzte „hielten
den Rücken frei“ bei den Aktionen der
Kolleginnen und Kollegen.
Die beiden Kolleginnen schlossen ihre
Ausführungen mit dem Hinweis, dass im
Saarland, in Kiel, Lübeck, Marburg und
Baden-Württemberg ähnliche Bewegungen
in den Krankenhäusern laufen: „Wir gehen
voran, andere folgen!“
nkrn
6
25.10.2016
„Die Leiharbeit ist eine Maschinerie, in der du als
Schwein reingehst und als Wurst raus kommst.“
Der DGB führt derzeit wieder Tarifverhandlungen für Leiharbeit und zementiert damit prekäre
Lohnarbeit, anstatt sich für ein striktes Verbot der Leiharbeit stark zu machen.
E
in Depp muss sein, der die Forderung
nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit
nicht für richtig findet. Dabei reden wir
nicht nur von der gleichen Bezahlung für
die gleiche Arbeit von Frau und Mann.
Nein, wir reden auch über die unterschiedliche Bezahlung von sogenannten
Leiharbeitern und sogenannten Stammbeschäftigten. 42 Prozent weniger verdienen
Leiharbeiter (siehe Grafik rechts) nach
Angaben des Deutschen Bundestages. Für
jeden Menschen mit Herz ein Skandal.
Und die Zahl der Leiharbeiter nimmt
kontinuierlich zu (siehe Grafik auf Seite
7). Kein Wunder. Mit Hilfe billiger Arbeitskräfte überschwemmen die deutschen
Kapitalisten Europa und die Welt mit ihren
Waren.
Nicht zuletzt deshalb kommt es zu Wirtschaftskrisen insbesondere in den Ländern
des europäischen Südens. Löhne rauf in
Deutschland fordern internationale Institutionen wie zum Beispiel die Europäische
Zentralbank EZB.
Die Bundesregierung unter Federführung der Arbeitsministerin Nahles doktert
gerade an einem Gesetz. Vorgeblich, um
den Missbrauch von Leiharbeit und Werk-
verträgen einzuschränken. Unzureichend,
wie Vertreter von DGB und Einzelgewerkschaften bemängeln (siehe auch Auf Draht
vom 7. Juni 2015, nachzulesen bei www.
betriebsaktiv.de). Unzureichend v. a. auch
deshalb, weil weiterhin Lücken bestehen
bleiben, um den gesetzlichen Grundsatz
„Equal pay“ zu umgehen.
Die Kapitalisten bedienten sich gerne der
Hilfe sogenannter Gewerkschaften wie der
Bruttomonatsverdienste
(Quelle: Deutscher Bundestag 2016)
1.700 €
2.950 €
Leiharbeiter
Stammarbeiter
7
25.10.2016
Christlichen Gewerkschaft Metall CGM,
um Tarifverträge mit diesen abzuschließen und somit den Grundsatz von Equal
pay zu umgehen. Oder sie gründen bzw.
finanzieren gar selbst sogenannte Gewerkschaften. Ein übler Trick, den mittlerweile
nicht mal mehr die Gerichte anerkennen.
Sie sprachen diesen Gewerkschaften die
Tariffähigkeit ab.
Auch der DGB schloss über seine „Tarifgemeinschaft Zeitarbeit“ Tarifverträge mit
den Kapitalisten, die sogar Tarifverträge
der Einzelgewerkschaften unterliefen.
Nun befindet sich der DGB wieder in
Tarifverhandlungen. Und eigentlich in
einer komfortablen Situation, denn den
Helfershelfern der Kapitalisten wurde ja
die Tariffähigkeit abgesagt. Doch anstatt
die Situation zu nutzen, erklärt der DGBVorsitzende Reiner Hoffmann: „Wir wollen
das Instrument Leiharbeit nicht diskreditieren.“ Das „Instrument Leiharbeit
nicht diskreditieren“, das fast eine Million
Lohnabhängige in Deutschland ins Elend
stürzt? Das „Instrument Leiharbeit nicht
diskreditieren“, das Millionen Kolleginnen
und Kollegen in vielen Ländern der Welt
ins Elend stürzt? Kollege Hoffmann, es
geht nicht ums diskreditieren. Es geht
um die Abschaffung der Leiharbeit und
damit um die Bekämpfung prekärer Arbeitsverhältnisse! Und ein erster Schritt
könnte sein, keinen neuen Tarifvertrag für
Leiharbeit zu unterschreiben und so den
im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz AÜG
festgeschriebenen Grundsatz „gleicher
Lohn für gleiche Arbeit“ zu verwirklichen. Dafür wäre nicht einmal ein Streik
notwendig! Ein Depp muss sein, der die
Forderung nach gleichem Lohn für gleiche
Arbeit nicht für richtig findet.
Leiharbeiter
zum Jahresende
909.545
908.113
2011
2012
806.123
867.535
912.519
961.162
609.720
2009
2010
2013
2014
2015
Unter Equal Pay („Gleiche Bezahlung“) versteht man die Forderung, einem Leiharbeiter
für die Zeit der Überlassung an einen Kapitalisten ein Arbeitsentgelt in gleicher Höhe
zu zahlen wie einem vergleichbaren Arbeiter im Betrieb des Kapitalisten. Das deutsche
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz AÜG schreibt eine solche Gleichbehandlung in § 9 Nr.
2 und § 10 Abs. 4 AÜG vor, eröffnet jedoch die Möglichkeit, durch Tarifverträge von
dem Grundsatz der gleichen Bezahlung abzuweichen.
Unterstützt die Kampagne von Labournet Germany zum sofortigen Stopp der
Verhandlungen. Informiert Euch unter
www.labournet.de. Übt Solidarität! Fordert
vom DGB, die Tarifverhandlungen sofort
zu beenden, um so gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen. Leiharbeit gehört verboten! Denn keine Kollegin, kein
Kollege, soll zur Wurst gemacht werden.
nRW
Wann ist eine
Gewerkschaft tariffähig?
Das ist der Fall, wenn sie aufgrund ihrer Mitgliederstärke und Organisationsstärke vom
Gegner – also dem Arbeitgeber oder der Arbeitgebervereinigung – ernst genommen
werden muss und nicht ignoriert werden kann. Im Kern kommt es hier darauf an, unabhängig Tarifverhandlungen einleiten, durchführen und die Einhaltung der abgeschlossenen Tarifverträge kontrollieren zu können. Verhandlungen sind nur sinnvoll möglich,
wenn genügend Druck aufgebaut werden kann. Letzteres geschieht üblicherweise durch
Streiks und Streikdrohungen. Die „soziale Macht“ besteht daher darin, hierfür hinreichend
Mitglieder mobilisieren zu können. Da die Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers
durch die mit dem Streik verbundenen wirtschaftlichen Nachteile gefördert werden soll,
müssen entweder sehr viele Arbeitnehmer oder wegen ihrer Spezialisierung besonders
wichtige Arbeitnehmer zur Teilnahme bewegt werden. (Hensche Rechtsanwälte, Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht)
Das als Überschrift verwendete Zitat
wurde gefunden auf www.igmetall-zoom.
de, einem Netzwerk von Zeitarbeiterinnen
und Zeitarbeitern in der IG Metall.
Anzeige
Unsere Oligarchen –
Spitzen des deutschen Finanzkapitals:
Christof Bosch
W
er Bosch nur mit Zündkerzen
und Schlagbohrmaschine in Verbindung bringt, kennt nur ein Zipfelchen des Ganzen. Bosch ist der größte
Autozulieferer der Welt und greift jetzt
buchstäblich nach den Wolken: ,,Bosch
steigt in das Cloud-Geschäft ein und
bietet damit alles aus einer Hand für das
Internet der Dinge“, hieß es im März
in der deutschen Wirtschaftspresse.
„Cloud“ (deutsch: Wolke) steht dabei für
ein rechner-, unternehmens- und länderübergreifend zur Verfügung stehendes
Riesenrechenzentrum (hinter dem wieder viele einzelne Rechenzentren stehen
können), in dem Daten und Programme
(Apps) Informationen liefern, entsprechend den Bedürfnissen der Benutzer.
Die automatisierte Parkplatzsuche z. B.
wird als mögliche Wunderanwendung
angepriesen. Was auch immer davon
letztlich realisiert wird, Bosch begibt
sich in Konkurrenz zu Amazon, Apple,
Google, Microsoft und auch SAP, die
schon um die Größe des Abteils in der
Wolke kämpfen. Das kostet Geld und
das hat Bosch. Auf 15 Mrd. Euro wird
die zu Recht als Kriegskasse bezeichnete
Finanzreserve beziffert.
Wie ist Bosch in die Position gelangt,
dass ein einzelnes Unternehmen über
solche Mittel und über solche Macht
verfügt, Vorzeigemonopole des USFinanzkapitals herauszufordern? Der
25-jährige Robert Bosch gründet 1886
die Werkstätte für Feinmechanik und
Elektrotechnik. Der Aufstieg ist entscheidend mit den Verbesserungen der
Zündkerze verbunden, die von Mitarbeitern Boschs erfunden wurden. Der
Aufstieg ist so rasant und eng verbunden
mit der Entwicklung der deutschen
Automobilindustrie, nicht zuletzt in
Konkurrenz zu Ford, dass Bosch schon
1913 Niederlassungen auf allen fünf
Kontinenten hatte und über 80 Prozent
des Umsatzes im Ausland erzielt wurden. Und: Bei Kriegsbeginn ist fast alles
motorisierte Kriegsgerät aller kriegführenden Länder mit Bosch-Zündkerzen
ausgerüstet.
Doch 1913 ist Krise auch bei Bosch. Es
wird im Werk Feuerbach mit Lohnkürzungen, Verlängerung der Arbeitszeit,
Entlassungen gedroht. Der Deutsche
Metallarbeiterverband (Vorläufer der IG
Metall) ruft zum Streik auf. Bosch sperrt
aus und legt das Werk vorübergehend still.
Hatte es bisher geheißen: Man muss auch
den Arbeiter mitkommen lassen, damit er
mehr zum ,,Gedeihen des Unternehmens“
(Profit für den Kapitalisten) beitragen
kann, lernen die Arbeiter nun auch die
Knute kennen.
1936, in der Festschrift ,,50 Jahre Bosch“,
wird dieses „neue“ Gesicht von Bosch
umkränzt und seiner faschistischen Bestimmung zugeführt: ,,Damit war entgegen
dem bis dahin von R. Bosch gepflegten Zusammengehörigkeitsgedanken eine Kluft
entstanden. Ihre jeweilige Überbrückung
hat in den folgenden Jahrzehnten mitunter
viel Geschick und guten Willen erfordert,
bis schließlich der Nationalsozialismus
wiederum dem Gedanken der Betriebsgemeinschaft zum Durchbruch verhalf.“
Bosch gehörte nicht zu jenem ,,alldeutschen Flügel“, dem schwerindustriellen,
besonders aggressiven Teil des deutschen
Finanzkapitals, der etwa mit der Industrielleneingabe vom 19. November 1932
die Machtübertragung an Hitler gefordert
hatte. Aber er wusste nach dem Machtantritt des Faschismus auch gut auf der
Nazi-Pfeife zu blasen. Sein Vertrauter
Hans Walz wurde zum Betriebsführer, war
Wehrwirtschaftsführer, war im ,,Freundeskreis Reichsführer SS“ mit ausgesuchten
Spitzen der deutschen Wirtschaft verbunden. Schließlich waren der Krieg und seine
Vorbereitungen wie eine Profitmaschine
für Bosch. Im Krieg selber wurde nicht
nur Stuttgart mit Zwangsarbeiterlagern
auch für Bosch überzogen. Mindestens
20.000 Zwangsarbeiter insgesamt mussten
gnadenlos für Bosch schuften.
Vom Walz-Nachfolger Hans L. Merkle
(der als der ,,Pate“ der ,,Deutschland AG“
galt und in der Unternehmerpresse gern als
,,Gottvater“ tituliert wurde) stammt denn
auch die infame Formel zu den erbärmlichen Entschädigungszahlungen, um die
man nach über 60 Jahren nicht mehr umhin
kam: Man sehe ,,in der Beschäftigung von
Zwangsarbeitern keine moralische Schuld,
wenn auch eine materielle Verpflichtung
der deutschen Wirtschaft“. Es war dem
Druck der Sammelklagen aus den USA,
aber auch dem unermüdlichen Einsatz so
hervorragender Stuttgarter Widerstandskämpfer und Kommunisten wie Gertrud
Müller und Alfred Hausser zu verdanken,
dass die kapitalistischen Unterstützer und
Nutznießer des deutschen Faschismus, die
Menschenschinderfirmen, doch noch
bezahlen mussten.
Der Wiederaufstieg nach 1945 mit
Hans Walz an der Spitze (bis 1963 und
gekrönt mit dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern) sieht Bosch auf
vielen Geschäftsfeldern aktiv. Mit der
wieder einsetzenden westdeutschen
Rüstung ist Bosch gleich wieder bei
der Elektroausrüstung des berüchtigten
Schützenpanzers HS-30 unter Kriegsminister Franz J. Strauß mit dabei. Und
ohne Zündkerzen, Antriebssysteme,
Einspritztechnik und damit ohne Bosch
bewegen sich eben auch mörderische
Dinge wie Panzer, Kriegsschiffe und
Fluggeräte nicht.
Gut vernetzt ist Bosch allein schon
durch die weltweiten Beziehungen zu
Kunden, Lieferanten und Kreditgebern.
Aber es ist auch die Einbettung in das
Milieu der Finanzoligarchie. Etwa durch
Heirat der Bosch-Erbin Eva mit Gero
Madelung, dem langjährigen Chef der
Rüstungsschmiede MBB, heute Herzstück von Airbus. Ein entscheidendesWort redet Bosch im VDA (Verband der
Automobilindustrie), im BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), im
Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen
Wirtschaft, in Aufsichtsräten wie z.B.
der BASF, aber auch in der Forschung
bei der Max-Planck-Gesellschaft oder
Fraunhofer-Gesellschaft.
Die Robert Bosch GmbH erzielt heute
mit fast 375.000 Beschäftigten (1970:
120.000), etwa 71 Milliarden Euro Umsatz, fast drei Mrd. Euro Profit. Bosch hat
Standorte in über 50 Ländern der Welt
und ist ein führendes Glied in der Kette
des deutschen Monopolkapitalismus.
Das Schuften der Kollegen lohnt sich für
die Boschs: Das Vermögen der BoschErben wird auf ca. 3,2 Mrd. Euro taxiert.
Den wenigen Kindern und Enkeln des
alten Bosch gehören unmittelbar 8
Prozent der GmbH, aber sie mischen
tatkräftig in der Robert Bosch Stiftung
mit. Dieser Stiftung gehören 92 Prozent
der GmbH.
Gelesen in der UZ vom 2.9.2016
Die Autoren Richard Corell und
Stephan Müller recherchieren seit den
1970er Jahren zum Thema und schreiben
für die Kommunistische Arbeiterzeitung
und die junge Welt.