Artikel - Dorf

Dorf-Blitz
Bassersdorf
10/2016
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Bevölkerung enttäuscht über Schliessung des SBB Schalters
Gemeinderat kritisiert Leistungsabbau
Ab dem 1. Januar 2018 können in
Bassersdorf Bahntickets nur noch
über den Automaten am Bahnhof
gekauft werden. Die SBB haben
letzten Monat angekündigt, an 52
Bahnhöfen in der Schweiz ihre
Billettverkaufsstellen
durch
Dritte einzustellen. Bevölkerung
und Politik sind enttäuscht.
von Reto Hoffmann
Die SBB begründen den Schritt mit
dem massiven technologischen und
gesellschaftlichen Wandel. Künftig
wolle sich die SBB auf ihre eigenen
Vertriebskanäle konzentrieren und
diese kundenorientiert weiterentwickeln. Dies sind zwar schöne Worte,
doch die Massnahme, dadurch an 52
Bahnhöfen ihre Billettverkaufsstellen
Ältere Leute bekunden oft Mühe beim
Bedienen der modernen Automaten.
durch Dritte zu schliessen, kommt bei
Reisenden des öffentlichen Verkehrs
überhaupt nicht gut an. Auch die Politik ist nicht erfreut. Sie kritisiert einen Leistungsabbau. Bereits hat sich
die Behörde von Niederweningen mit
einem offenen Brief an die SBB gewandt. Eine schriftliche Unmutsbekundung ist auch beim Gemeinderat
von Bassersdorf in Vorbereitung, wie
von Gemeindepräsidentin Doris
Meier auf Anfrage zu erfahren war.
Denn in Bassersdorf ist die Verkaufsstelle im Avec-Shop ebenfalls von der
Schliessung betroffen.
40 Reaktionen
In der September-Ausgabe des DorfBlitz rief der Gemeinderat die Bevölkerung auf, ihre Meinung zur Schliessung mittzuteilen. Bis zum Redaktionsschluss sind auf der Gemeindekanzlei rund 40 Reaktionen
eingegangen. Eine erste Auswertung
hat ergeben, dass rund 20 Personen
der Meinung sind, dass die jetzigen
Billettautomaten nicht praxistauglich
seien, vor allem für ältere Personen
und für Reisende, welche Spezialtickets lösen wollen. 15 finden den angekündigten Serviceabbau «ziemlich
kundenunfreundlich» und für sie ist
die bevorstehende Schliessung un-
Tickets am Schalter im Avec-Shop zu lösen, wird ab 1. Januar 2018 der
Vergangenheit angehören. (Fotos: Reto Hoffmann)
verständlich. Einige sehen nach der
Schliessung auch Probleme für Gruppen und Vereine, welche Gruppenreisen buchen wollen.
Ausweichen auf
Reisezentren
Auch das Personal am Avec-Billettschalter hat in der letzten Zeit viele
Reaktionen erhalten. Viele ältere Personen äusserten ihre Besorgnis, ihr
Billett zukünftig am Automaten lösen
zu müssen. Oft würden auch Fahrplanauskünfte verlangt, welche am
Automaten in Zukunft nicht mehr
möglich sein werden.
Die Medienstelle der Valora Schweiz
AG, zu welcher die Avec-Shops gehö-
ren, nimmt den Entscheid der SBB
«zur Kenntnis», man werde versuchen, den Ertragsausfall mit Anpassungen des Ladensortimentes zu
kompensieren und sich den Kundenbedürfnissen anzupassen.
Wer nach dem 1. Januar 2018 ein
Spezialbillett lösen will, wird wohl
auf eine andere Verkaufsstelle ausweichen müssen. Eine Alternative
bietet sich seit dem 15. September
am Bahnhof Effretikon. Dort wurde
ein neues Reisezentrum eröffnet.
Zum neuen Auftritt gehören drei offen gestaltete Schalter, die mehr
Nähe zu den Kunden und somit angenehmere Beratungsgespräche ermöglichen, wie die SBB schreiben.
◾
Überraschende Aktion der Ladengruppe des GVBN
Dunkle Schaufenster regen zum Überlegen an
Der Gewerbeverein Bassersdorf
Nürensdorf (GVBN) wehrt sich gegen Einkäufe im Ausland und im
Internet. Das lokale Gewerbe leidet
unter gleichen Ausgaben bei weniger Einkommen. Verdunkelte
Schaufenster sollen aufzeigen wie
es wäre, wenn alle Geschäfte im
Dorf geschlossen wären.
Der Herbst ist eingekehrt, die Zeit der
leuchtenden Kürbisse, aber auch der
dunklen Gestalten, die nächtliches Unwesen treiben. Etliche der lokalen Geschäfte in Bassersdorf haben von
heute Donnerstag, 27. Oktober, bis
zum Sonntag, 30. Oktober, ihre Schaufenster ebenfalls gespenstisch verdunkelt. Auf Packpapier angebrachte
Sprechblasen sollen den Betrachter
zum Nachdenken animieren.
Was passiert, wenn sogenannte
«Fremdshopper» sich im Dorf gratis
beraten lassen und dann im Ausland
oder Internet einkaufen? «Die Folgen
für die Läden und Kleinbetriebe könn-
ten gespenstisch sein: hohe Kosten bei
kleinerem Einkommen», klärt der entsprechende Flyer des GVBN auf.
Die Kundschaft wird freundschaftlich
«Lokalmatador» genannt, zu dessen
lokalen Einkäufen man gratulieren
möchte. Denn die fetten Jahre seien
Mit diesem und ähnlichen Sprüchen und einem verdunktelten Schaufenster
präsentieren sich noch bis zum Sonntag zahlreiche Geschäfte in Bassersdorf. (zvg)
vorbei und dem Schweizer Handel
würden die Onlineshops und Auslandgeschäfte das Leben schwer machen,
so die Aufklärung des GVBN weiter.
Die Bassersdorfer sollen mit der kurzen, aber deutlich sichtbaren Aktion
aufgerüttelt werden. Sie zeigt, wie es
wäre, wenn Bassersdorfs Geschäfte
schliessen müssten, weil die Kundschaft sich im Ausland oder Internet
eindeckt. Die Ausgaben für die Unternehmen bleiben gleich, das Einkommen aber sinkt. Der «Dörfligeist» soll
wieder wörtlich genommen werden.
«Stehen Sie hinter Ihrer Region – kaufen Sie hier – auch weiterhin», wird
der Wunsch an das Verständnis der
Kundschaft formuliert.
Annamaria Ress