Hintergrund Hintergrund Wenn politische Kontakte zum moralischen Risiko werden Pre-Employment Screening auf dem afrikanischen Kontinent Foto: Aleksandar Mijatovic - Fotolia.com Von Eva Nolle und Sven Leidel Afrika ist die am schnellsten wirtschaftlich wachsende Region der Welt. Stabilere politische und soziale Rahmenbedingungen machen den Kontinent immer attraktiver für Unternehmen aus aller Welt. Ausländische Firmen, auch aus Deutschland, greifen auf den lokalen Arbeitsmarkt zu. Mit gut 1,1 Milliarden Einwohnern, von denen die Hälfte jünger als 25 Jahre alt ist, ist Afrika einer der größten Arbeitsmärkte weltweit. Derzeit haben jedoch nur rund 28 Prozent der Bevölkerung eine feste Anstellung. Qualifizierte Afrikaner suchen daher immer häufiger nach Jobs bei ausländischen Firmen oder jenseits des Kontinents. Und das nicht immer mit fairen Mitteln: Rund 40 Prozent aller Lebensläufe enthalten „angepasste“ Passagen. Mehr und mehr Menschen versuchen, sich durch „Optimierung“ ihres Lebenslaufs Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Daher ist „Pre-Employment Screening“ (PES) wichtiger denn je. Das Überprüfungsverfahren soll vor allem diese Frage beantworten: Wie lässt sich sicherstellen, dass der Lebenslauf des Bewerbers der Wahrheit entspricht? Persönliche Daten Bei PES auf dem afrikanischen Kontinent ist es wichtig, so viele persönliche Informationen wie möglich zu bekommen. Durch die Größe der Familien sind Familiennamen weit verbeitet, Vornamen werden von Generation zu Generation „vererbt“. Oft haben Kandidaten neben ihrem „westlichen“ auch einen afrikanische Namen, unter dem sie bei ihren früheren Kollegen und Freunden bekannt sind. In Südafrika wird für die meisten Datenbankeinträge die National Identity Number (NIN) verwendet, in Kenia die Passnummer und Stammesherkunft, und in Nigeria wird der aktuelle 42 Arbeitgeber eingetragen, um Personen voneinander zu unterscheiden. Je mehr persönliche Daten bekannt sind, desto besser können die wenigen verhandenen Datenbanken durchsucht werden. Familiärer Hintergrund In den meisten afrikanischen Ländern gibt es eine Oberschicht, deren Kinder zur Ausbildung ins Ausland geschickt werden. In Luanda (Angola), der teuersten Stadt der Welt, leben 90 Prozent der Bevölkerung in Slums, während die Elite vom Ölaufkommen gut leben kann. Die Mitglieder solcher Eliten sind politisch gut ver- netzt und bekleiden (oder bekleideten) politische Ämter. Korruption ist weit verbreitet. In Afrika genießt die Familie einen hohen Stellenwert und wird großzügig interpretiert: Eine entfernte Cousine gilt als Schwester, die Tante als Mutter, der Nachbarsjunge aus Kindheitstagen als Bruder. Mitglieder des gleichen Stammes sind eine Familie. Freunden und Familienmitgliedern wird auch ohne die erforderliche Qualifikation geholfen, bestimmte Positionen zu besetzen. Andere Familien besitzen Wirtschaftsimperien, die einen Großteil der Landeswirtschaft beeinflussen können. Auf einem Kontinent, dessen Geschichte und Gegenwart von Militärputschen, Revolutionen und jüngst immer mehr von terroristischen Bewegungen geprägt ist, können sowohl derzeitige als auch frührere politische Verbindungen von großer Bedeutung sein, aber auch moral hazards darstellen. PES sollte sich daher nicht nur auf den Kandidaten selbst konzentrieren, sondern familiäre Hintergründe einschließen. Hierfür gibt es leider keine Datenbanken. Man muss lokale Quellen nutzen. drücken) des Kandidaten, Auszüge aus dem Vorstrafenregister zu bekommen. Meist sind die Einträge jedoch lückenhaft. Die Praxis zeigt, dass in Südafrika bis zu zehn Prozent aller überprüften Kandidaten Einträge im Vorstrafenregister haben – mal mehr, mal weniger gravierende. Anfragen bei Gerichten oder Kreditinstituten können ebenfalls gestellt werden. Datenschutzgesetze sind in den meisten afrikanischen Ländern bei Weitem noch nicht auf dem europäische Stand. Man muss also in jedem Einzelfall erfragen, welche Information und Voraussetzungen im jeweiligen Land vonnöten sind, um Informationen zu erhalten. Mit Einverständnis des Kandidaten ist es beispielsweise durchaus möglich, rechtskonform Drogen- und Lügendetektortests durchzuführen. Für nachträgliche Tests kann unter Umständen eine Klausel in den Arbeitsvertrag gesetzt werden. Bildung Fehlende Ausbildung und gefälschte Zeugnisse stellen die größte Herausforderung ans PES in Afrika dar. Lediglich 40 Prozent aller Afrikaner besitzen einen Sekundar- oder Hochschulabschluss; das Niveau der Ausbildung ist oft niedriger als im Rest der Welt. Es kommt nicht selten vor, dass junge Leute ihre Schulausbildung abbrechen, um Geld zu verdienen und damit die Familie zu unterstützen. Dass sie keinen Abschluss haben, wird später im Lebenslauf nicht erwähnt. Zudem können falsche Abitur- und Universitätszeugnisse für wenig Geld auf dem Schwarzmarkt erworben werden. Viele Bildungseinrichtungen haben ihre Datenbanken noch nicht digitalisiert, somit ist es im Zuge eines PES oft eine Herausforderung, eine Universitätsbestätigung zu bekommen. Als eines der ersten afrikanischen Länder hat Südafrika eine zentrale Datenbank zur Abfrage von Qualifizierungen eingeführt. Auch wenn diese oft noch lückenhaft ist und nur von einigen Universitäten mit Daten gefüllt wird, ist dies ein guter erster Ansatz. Interessenkonflikte In Südafrika ist es möglich, anhand der NIN eine Datenbankabfrage durchzuführen, die Führungspositionen oder Firmeneigentum im Land bestätigt: So kann man einem potenziellen Interessenkonflikt des Kandidaten vorbeugen. In den meisten anderen afrikanischen Ländern ist dies allerdings nicht möglich, sondern muss in anderer Richtung durchgeführt werden: Bei Bedenken muss man vorab mögliche Firmen identifizieren und dann Auszüge aus dem Handelsregister abfragen, aus denen zu entnehmen ist, ob und wie der Kandidat mit besagter verbunden ist oder war. SI-Autorin Eva Nolle ist Senior Security Consultant mit den Schwerpunkten Background Screenings, Due Diligence, Corporate Intelligence und Security Managment auf dem afrikanische Kontinent. Sven Leidel ist Partner der Privatimus GmbH, die sich unter anderem auf weltweite Background Checks, Pre-Employment Screening, Business Partner Compliance Checks und Open Source Risk Intelligence spezialisiert hat. Social Media Quelle, um ein Gesamtbild des Kandidaten zu erstellen. Auch wenn weniger Menschen in Afrika eine Internetverbindung haben als in New York City und viele keinen Computer besitzen, drängt das Smartphone mit Internetverbindung immer weiter auch in die entlegensten Ecken. Social Media ist auch in Afrika ein Renner und wird oft als Kommunikationsmedium genutzt, da es günstiger ist als Telefonate und SMS. LinkedIn wird vermehrt zum Eigenmarketing genutzt und „Endorsements“ als positive Referenz nicht selten erkauft. Da die Sensibiltät für Datenschutz nicht sehr hoch ist, sind Profile oft ungeschützt und öffentlich einsehbar. Sie sind daher eine gute Die Globalisierung vereinfacht es vielfach, Informationen aus anderen Ländern zu bekommen, aber Afrika ist technologisch noch nicht auf dem neuesten Stand. Auf Grund lückenhafter oder ganz fehlender Datenbanken ist es bei einem PES auf dem afrikanischen Kontinent von großer Bedeutung, lokale Quellen und Experten zu nutzen. Diese kennen sich mit den Gegebenheiten im Land aus und können somit, abgesehen von den Eckdaten, das Profil des Kandidaten in einen größeren Kontext setzen. Fazit Vorstrafen und Zivilverfahren In einigen Ländern ist es möglich, mit der Einverständniserklärung (und oftmals Fingerab- SECURITY 3/2016 43
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