Balance haben zwischen dem, was sich lohnt und

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Balance haben zwischen dem,
was sich lohnt und was nicht
Fotos: Christine Blödtner-Piske
Das Fortbildungsseminar der Firma Herzog für Christbaumzüchter fand dieses
Jahr im sauerländischen Balve statt. Auf dem von Kyrill 2007 stark angeschlagenen Jungferngut im kleinen Örtchen Garbeck begrüßte Erika Herzog nicht nur
Gastgeber Bernward Lösse und seine Frau Adelheid, sondern auch die Referenten
Lars Madsen, Kurt Lange und Gerhard Rose.
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M
itten im kleinen Dörfchen Garbeck öffnete
sich das große unscheinbare Tor des Jungferngutes der Familie Lösse für die Teilnehmer des
Fortbildungsseminars der österreichischen Pflanzen- und Samenfirma Herzog. Im malerischen Innenhof, der von ehemaligen Wirtschaftsgebäuden gesäumt und von
dicken, alten Bäumen umringt wird,
begrüßte Erika Herzog alle Gäste.
„Wir haben dieses Jahr eine Marktsituation wie vor 20 Jahren. Daher
haben wir heute unter anderem die
Themen Steigerung von Qualität
und Ausbeute durch richtige Schneide- und Pflegemaßnahmen und Nebenprodukte stabilisieren Deckungsbeitrag.“
Vom Jungferngut ging es zunächst
erst mal waldeinwärts bis zur Kultur. Rund um große Baumstümpfe
wuchsen die Nordmänner. „Wir
haben von 300 Hektar Wald durch
Kyrill zwei Drittel unserer Betriebsfläche verloren“, berichtete der
Hausherr Bernward Lösse. Die Arbeiten 2007 waren so umfangreich,
dass die Familie beschloss, aus den
Flächen nur das Holz zu holen,
nicht aber die vielen Stümpfe zu beseitigen, und dann Weihnachtsbäume anzupflanzen. Generell war man
mit der Weihnachtsbaumproduktion bereits 1980 angefangen.
„Ich kenne nicht solch eine KyrillFläche. Das ist sehr interessant“,
sagte Referent und Pflanzenschutzexperte Kurt Lange von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und stellte fest: „Das war sehr
mühselige Pflanzarbeit, aber die
Pflanzen sehen ganz gut aus. Die
Stickstoffversorgung der Bäume ist
aber nicht ganz okay.“
Doch das Problem Hallimasch hat
an einigen Stellen die Fläche eingeholt. Kurt Lange zeigte den Teilnehmern Bäume, wo der Pilzbefall
deutlich zu sehen war. Und auf die
Frage eines Gastes, ob man Hallimasch durch die Bodenbearbeitung
verschleppen könnte, antwortete
Kurt Lange: „Natürlich kann man
Zur Qualitätssteigerung gehört auch die Terminaltriebregulierung. Hier zeigt Ina
Püning, dass nach dem Einsatz der Top-Stopp-Zange aus den
Wunden Baumsaft quillt. Das Foto unten zeigt einen von
Hallimasch befallenen Stamm einer Nordmanntanne.
kontaminierten Boden durch die
Bodenbearbeitung verschleppen
und damit den Pilz verbreiten.
Denn der Pilz wächst im Boden weiter, sofern er Wurzeln und Holz als
Nahrung hat.“
In der Kultur zeigte er auf, dass
vielerorts die Bäume mit Kaliummangel Probleme haben. „Die Bäume verkahlen von innen, das ist ein
sicheres Zeichen dafür.“ Auch seien
die Lachniden bereits ein Thema.
Das feuchte und warme Wetter
locke die Schädlinge an. Diese seien
nicht dramatisch, aber in Mengen
könnten sie einen Baum sehr stark
schädigen.
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Der dänische Weihnachtsbaumproduzent Lars Madsen, der 100
Hektar Weihnachtsbäume - hauptsächlich Rotfichte und Omorika hat, ergriff in der Kultur auch gleich
das Wort. „Bei den Schneidemaßnahmen muss man immer eine Balance haben zwischen dem, was sich
lohnt und was nicht“, sagte er und
betonte, dass die Schneidemethode
günstig sein muss. Für ihn, der nur
10 bis 15 Kunden beliefere sei es
wichtig, ein einheitliches Aussehen
der Bäume zu schaffen. Dass das
nicht für alle gilt, ist ihm klar.
Im vierten Standjahr, so Lars Madsen, sollte man den Stumpfbeschnitt
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Seitentriebe kamen hoch, um die Terminale zu ersetzen, Lars Madsen zeigt, was zu
tun ist. Schnitt der überflüssigen Triebe und das Breitenverhältnis anpassen.
zur Durchlüftung der Kultur machen. „Ob man das mit der Maschine oder per Hand ausführt, das
kostet dasselbe. Nur, die Maschine
macht mehr Schäden.“ Beim
Stumpfbeschnitt soll man höchstens
zwei Kränze abschneiden. Seine
Qualitätssicherung ist der schmale
Schnitt. Das sei für seine Kunden -
er verkauft ausschließlich an den
Großhandel - der Baum der Wahl.
Dabei wählt er allerdings nicht den
sogenannten Zungenschnitt. „Der
Zungentrieb ist zu schwach, der
Trieb hängt runter und der Baum
sieht müde aus. Zudem sieht man
die Schnittstellen und wenn überhaupt, macht man nur eine VerQua
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kürzung von 5 Zentimetern.“ Lars
Madsen wartet, bis der Neuaustrieb
4 bis 5 Zentimeter lang ist und dreht
zwei Drittel der Triebe weg. „Wenn
man den Trieb dreht, dann sieht
man die Bruchstelle nicht mehr und
an der Stelle bekommt man neue
Knospen.“ Im nächsten Jahr, so erklärte er weiter, bearbeite er nur
noch den obersten Kranz. „Ich
mache das an allen Bäumen“, erläuterte er und betonte: „Wenn man
anfängt zu schneiden, ändert man
das Verhältnis von Wurzel zu
Baum. So groß wie der Baum, so
groß ist auch das Wurzelwerk.
Wenn also die Knospen weg sind,
dann wächst der Baum in die
Höhe.“
Im Theorieteil verdeutlichte Lars
Madsen später anschaulich, wie
man nicht nur mit dem Schnitt,
sondern auch mit Marketing seinen
Gewinn erhöhen kann. Sein Beispielproduzent Jürgen Schmitt mit
Frau Helga und Schwiegereltern,
deren Hof er übernommen hat, baut
nebenberuflich auf zwei Hektar
Weihnachtsbäume an. Er hat auf einem Hektar 6.000 Bäume gepflanzt
und eine Ausbeute von 60 Prozent.“
Bei einem Verkaufspreis von 14,85
hat er eine Einnahme von 106.920
Euro. Würde Jürgen Schmitt nun
seine Bäume formschneiden, käme
er auf 93 Prozent Ausbeute. Das, so
Lars Madsen, wäre ein Gewinn von
165.726 Euro – abzüglich der
Schneidekosten, die bei einem Euro
pro Jahr lägen. Geht man von zwölf
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Standjahren aus, wären das 12.000
Euro. „Zwar hat er 12.000 Euro gebraucht, aber 46.806 Euro gewonnen. Da lohnt es sich doch zu
schneiden, oder?“ Die Geschichte
geht weiter: „Jürgen Schmitt verkauft 1.000 Bäume pro Jahr. 50 an
Privatkunden für 35 Euro, 200 Bäume à 20 Euro an ein Gartencenter,
200 Bäume an einen Großhändler
für 18 Euro und 550 Bäume an einen Freund für 10 Euro. Das ergibt
14.850 Euro.“ Nun hat Jürgen
Schmitt die Idee, im Sommer den
Kindergarten einzuladen, um die
Kultur zu zeigen und den Kleinen
nahezubringen, wie das Leben auf
dem Bauernhof ist. Er fragt seinen
Schwiegervater, der gegen die
Weihnachtsbäume wettert, ob er
nicht etwas über die frühere Zeit erzählen möchte. Er fragt seine
Schwiegermutter, die auch nicht für
die Weihnachtsbäume ist, ob sie
nicht für Essen und Trinken sorgen
könnte. „Alle finden die Idee gut.
Plötzlich ist keiner mehr gegen
Jürgen.“ Und zum nächsten Weihnachtsfest verkauft Jürgen Schmitt
350 Bäume à 35 Euro. Dazu noch
200 für 20 Euro ans Gartencenter,
und sein Freund bekommt 450
Bäume à 10 Euro. „Schon hat er
20.750 Euro verdient und damit
5.900 Euro mehr eingenommen.
Das ist Marketing.“
Zur Qualitätssteigerung gehört
auch die Düngung. Da ist sich Gerhard Rose von der Düngerfirma Borealis Group mehr als sicher.
„Nährstoffversorgung ist neben der
Sorte und dem Schnitt von entscheidender Bedeutung für: Biomassezuwachs, möglichst kurze
Kulturzeit, beste Verkaufsqualitäten
(Färbung usw.) und geringere Anfälligkeit für Krankheiten“, begann
Gerhard Rose seinen Vortrag und
stellte fest: „Der Düngebedarf richtet sich nach dem Alter der Bäume,
nach den verfügbaren Nährstoffen
im Boden. Bodendüngung sollte
auch regelmäßig von einer Nadelund/oder Bodenanalyse begleitet
werden.“ So empfahl er zwei Düngergaben. 1. Gabe im April/Mai:
„Die Pflanzen benötigen die Nährstoffe zur Zeit des Austriebs und
zum Triebwachstum. Circa zwei
Drittel der Düngermenge sollte bei
der Ausbringung mit der ersten Gabe bis kurz vor dem Austrieb gegeben werden.“ Dabei erfolgt die
Grunddüngung mit einem chloridarmen (< 2 Prozent Chlor) Volldünger. Sein Hinweis: Bei der Düngung mit Kalisalzen sind Verätzungsschäden junger Triebe möglich, wenn sie mit dem Dünger in
Berührung kommen. Die zweite
Gabe erfolgt im Juli/August: „Circa
ein Drittel der Düngemenge wird
nach Triebabschluss gegeben. Bei
gut mit Phosphor oder Kalium versorgten Böden reicht eine Stickstoffgabe mit einem Einzelnährstoffdünger, bei schlechter versorgten Böden kann wieder ein Volldünger sinnvoll sein. Zur späten
Ausfärbung kann bis Mitte September noch einmal eine Stickstoff-
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Erika Herzog begrüßt die Teilnehmer
(Mitte). Kurt Lange schaut auf seine
Notizen, um mitgebrachte Zweigproben
kommentieren zu können (rechts)..
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Düngeempfehlung der Firma Borealis für
die Düngung mit Volldünger (oben) und für
die Düngung mit Flüssigdünger (unten).
grund- und stauwasserbeeinflussten
Standorten durch gezielte Düngung
nur sehr bedingt behoben werden.
Über die Nadelfläche können nur
kleine Nährstoffmengen aufgenommen werden. Bei Makronährstoffen
sind deshalb mehrere Anwendungen erforderlich. Nährstoffaufnahme erfolgt hauptsächlich über die
Stomata, die sich auf der Nadelunterseite befinden. Nährstoffaufnahme erfolgt schneller und mit
deutlich geringeren Verlusten als
über die Wurzel. Es gibt eine höhere
Effizienz.“
Gabe (zum Beispiel mit Kalksalpeter) gegeben werden.“ Als
Notfallmaßnahme kann nach Angaben von Gerhard Rose auch eine
Blattdüngung helfen. „Durch Na-
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deldüngung können Mangelerscheinungen der Pflanzen rascher
behoben und den Nadeln Farbe gegeben werden, allerdings können
Nährstoffmangelsymptome
auf
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Die Qualität von Christbaumkulturen, insbesondere die Ausfärbung, könne über eine optimierte
Phosphor-, Kalium- und Magnesiumversorgung über die Nadeln
kurzfristig korrigiert werden. Den
flüssigen Nadeldünger kann man
über die gesamte Kulturperiode von
Mai bis Mitte September anwenden.
Allerdings sollte man berücksichtigen, dass die Aufnahme der
Nährstoffe über die Nadel zum Ende der Kulturperiode abnimmt. „Ab
dem Zeitpunkt, wo eine Glyphosatbehandlung „über Kopf“ möglich
ist, wird kein Nährstoff über die
Nadel mehr aufgenommen.“ 1
Christine Blödtner-Piske