Rezension - Verlag für Regionalgeschichte

OSTWESTFALEN-LIPPE / NRW
WESTFALEN-BLATT Nr. 115
Donnerstag, 19. Mai 2016
Hilfe aus der Not geboren
Vor 70 Jahren wurde die AWO in OWL neu gegründet – ein Buch erinnert daran
Von Bernd B e x t e
B i e l e f e l d (WB). Der Andrang war gewaltig. 400 Menschen kamen am 18. Mai 1946
in das Logenhaus nach Herford,
um die Arbeiterwohlfahrt in
OWL nach dem Krieg neu zu
gründen. »Sie hatten wenig
und gaben dennoch«, blickt
Norbert Wellmann voller Hochachtung auf die Gründungsmütter und -väter. Genau 70 Jahre
ist dies jetzt her.
Anlässlich des runden Geburtstages erinnert sich die AWO in der
Region ihrer Wurzeln. Der Bielefelder Historiker Dr. Jürgen Büschenfeld hat die Entwicklung des
Wohlfahrtsverbandes
in
der
Nachkriegszeit auf 192 Buchseiten
zusammengefasst. Es ist eine Geschichte der Solidarität in einer
entbehrungsreichen Zeit. »Die Behebung der Nöte im deutschen
Volke verlangt die Einsetzung aller Kräfte...«, heißt es in einem
Aufruf von Carl Schreck und Carl
Severing im Oktober 1945 – eine
der Initialzündungen zur Wiederbelebung der im September 1933
von den Nationalsozialisten verbotenen Arbeiterwohlfahrt. Die
Verteilung von Lebensmitteln,
von Kleidung und Brennstoffen
war vordringlichste Aufgabe, zumeist ehrenamtlich. »Und natürlich stand die Aufnahme von
Flüchtlingen aus den ehemaligen
deutschen Ostgebieten auf der Tagesordnung«, sagt Autor Büschenfeld, der für das Buch mehr als
zwei Jahre in Archiven recherchiert und auch Zeitzeugen befragt hat.
Was die Nachkriegsgesellschaft
damals bewältigte, lassen die
nackten Zahlen nur erahnen:
Mehr als zwölf Millionen Menschen suchten ein neues Zuhause.
Die AWO übernahm mit dem Sozialwerk Stukenbrock die Obhut
über alleinstehende Flüchtlingsfrauen und ihre Kinder. Sie wurden in sogenannten Nissenhütten
auf dem Gelände des ehemaligen
Kriegsgefangenenlagers Stukenbrock untergebracht. Später versorgte die AWO hier auch Umsied-
Norbert Wellmann (AWOPräsidiumsvorsitzender), Autor Jürgen Büschenfeld und
Klaus Dannhaus (AWO-Vorstandsvorsitzender) stellten
das Buch vor. Foto: Bexte
Bielefeld (WB). Ein Asylbewerber aus Guinea muss sich seit gestern vor dem Landgericht Bielefeld wegen versuchten Mordes
verantworten. Er soll im November 2015 in einer Bielefelder
Flüchtlingsunterkunft
einen
Brand gelegt haben. Die Flammen
griffen von seinem Zimmer aus
auf das gesamte Gebäude über.
Acht Menschen wurden verletzt,
der Schaden lag bei mehr als
100 000 Euro. Da der Mann schizophren sein soll, droht ihm die
Unterbringung in der Psychiatrie.
Markus Krebs
kommt erst 2017
Bielefeld (WB). Markus Krebs
präsentiert sein neues ComedyLive-Programm »Permanent Panne« erst am Samstag, 20. Mai 2017,
um 20 Uhr in der Stadthalle Bielefeld. Gestern hatten wir berichtet,
der Termin sei bereits morgen.
Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Karten für die Show im
nächsten Jahr gibt es aber schon
jetzt. Erhältlich sind sie in allen
Geschäftsstellen dieser Zeitung,
unter 0521/52 99 640 und online:
____________________________
www.westfalen-blatt.de
@
Vierjährige fahren
alleine zur Kita
Ferienlager Neuland im Bielefelder Süden (1956): Hier tobte sich die Kriegskinder-Generation aus. Alle Fotos sind dem Buch entnommen.
lerfamilien und alte Menschen –
in Zusammenarbeit mit anderen
Hilfsorganisationen. Das gerade
gegründete
Land
NordrheinWestfalen stellte dafür Geld zur
Verfügung. Die Betreuung von
___
»Sie kamen meist mit
leeren Händen, aber sie
scheuten keine Arbeit.«
AWO-Mitglied Lotte L e m k e 1956 mit
Blick auf die Arbeit der Ehrenamtlichen
nach dem Krieg
Kindern bekam besondere Aufmerksamkeit, ging es dabei doch
um die elementarsten Bedürfnisse: »Das ist überhaupt das Wunderbarste im Heim, keiner darf
vom Tische aufstehen, bevor er
nicht wirklich satt ist«, freute sich
Frieda Nadig 1946, Geschäftsführerin des AWO-Bezirks. Neben
Schreck und Severing war Nadig –
später auch eine der »Mütter des
Grundgesetzes« – die prägende
Persönlichkeit der Anfangsjahre.
Alle Drei waren SPD-Politiker,
»doch die Arbeiterwohlfahrt betonte stets ihre Eigenständigkeit«,
erklärt Büschenfeld.
Mit dem einsetzenden »Wirtschaftswunder« erweiterte die
AWO ihr Aufgabengebiet. Nach
der Hilfe zum Überleben und der
Linderung der Not nach Flucht
und Vertreibung setzte in den 50er Jahren der Wandel zur »wohlfahrtspflegerischen Arbeit« ein.
Kinderfreizeiten boten die Möglichkeiten zur Erholung, Seniorenheime wurden Vorbild für eine
menschenwürdige Betreuung im
Alter. Das ehrenamtliche Engagement blieb. Anders als heute kümmerte sich der Staat nicht um die
Finanzierung von Kindergärten.
»Da hat die AWO mit Losverkäufen oder Haussammlungen Geld
erwirtschaftet«, sagt Sprecher Erwin Tälkers.
Im Jahr 1966 endet das Buch.
Warum? »Nach zwei Jahrzehnten
endete für die AWO die Nachkriegszeit, Frieda Nadig schied
aus dem Amt. All das waren Einschnitte«, sagt Büschenfeld. In
dieser Zeit kommt eine neue Aufgabe hinzu: die Betreuung der
»Gastarbeiter«. Die AWO übernahm nach Absprache mit Behörden und anderen Wohlfahrtsorganisationen die Betreuung der türkischen Neubürger. Lebten in Bielefeld 1963 erst 17 Türken, waren
es 1972 bereits mehr als 6200.
Heute hat die AWO in der Region 11 500 Mitglieder. 6100 Mitarbeiter sind in mehr als 300 Einrichtungen tätig, hauptsächlich
Kindertagesstätten und Seniorenheime, aber auch in Bildungs- und
Beratungsstellen sowie ambulanten Diensten. Mit der Flüchtlingsarbeit kehrt sie bereits seit einigen Jahren zu ihren Wurzeln zurück. »Seit 2011 unterhalten wir
unter anderem in Bielefeld ein
Clearinghaus für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge«, sagt
Vorstandsvorsitzender
Klaus
Dannhaus.
Das Buch »Vom ›Sozialismus der
Tat‹ zur freien Wohlfahrtspflege –
Die Arbeiterwohlfahrt Ostwestfalen-Lippe 1946-1966« ist im Verlag
für Regionalgeschichte erschienen
und im Buchhandel erhältlich.
Weihnachtsfeier in einer »Nissenhütte« in Stukenbrock: Die AWO
betreute hier nach dem Krieg viele Flüchtlinge und Vertriebene.
Inklusion ja, aber nicht so
wie jetzt, fordern Lehrer.
Düsseldorf (dpa). Die nordrhein-westfälische Landesregierung will jährlich gut 3,2 Millionen
Euro in Projekte gegen Rechtsextremismus und Rassismus investieren. Familienministerin Christina Kampmann (SPD) aus Bielefeld stellte in Düsseldorf ein Konzept mit 166 Bausteinen vor. Das
Spektrum umfasst unter anderem
Fußballfanprojekte und Antirassismus-Trainings in der Kinderund Jugendarbeit. Gestärkt werden die Opferberatungsstellen in
Düsseldorf und Dortmund.
Schal verhakt sich
am Hinterrad
Erholung vom Alltag als Hausfrau und Mutter mit Wechselbädern:
Das Foto entstand um 1960 in der »Müllerburg« in Oerlinghausen.
Laut Umfrage der Gewerkschaft VBE hält überwältigende Mehrheit die Umsetzung vor Ort für »mangelhaft«
ring und die Zeit zur Vorbereitung
ungenügend, kritisierte Beckmann. Forsa hatte vom 16. März
bis zum 15. April Telefoninterviews mit 501 Lehrern an allgemeinbildenden Schulen in NRW
geführt. Es war die zweite Umfrage zu dem Thema im Auftrag des
VBE.
»Die schon in der ersten Umfrage 2015 aufgedeckten Mängel bestehen leider fast unverändert.
Das sollte der Landesregierung,
die unter dem Motto ›Kein Kind
zurücklassen‹, angetreten ist, die
Schamesröte ins Gesicht treiben«,
meint Beckmann. Die vom Land
zusätzlich zur Verfügung gestell-
Rödinghausen (WB/sal). Früh
übt sich: In einer evangelischen
Kita in Rödinghausen (Kreis Herford) dürfen auch schon die
Kleinsten allein mit dem Bus fahren. Einzige Voraussetzung: Die
Kinder müssen mindestens vier
Jahre alt sein und eine gewisse
Reife mitbringen. »Die Kinder lernen so schon früh, selbstständig
zu werden, entwickeln ein gesundes Selbstbewusstsein, trauen
sich mehr zu«, sagt Reinhild Gering, »Busbeauftragte« der Kita.
3,2 Millionen Euro
gegen Rassismus
Inklusion: Lehrer geben Land schlechte Noten
Paderborn (WB/bex). Schlechte Noten für den gemeinsamen
Unterricht von Kindern mit und
ohne Behinderung in NRW: Laut
einer repräsentativen Forsa-Umfrage für den Verband Bildung
und Erziehung (VBE) benoten die
befragten Lehrer die schulische
Inklusion mit »mangelhaft«. Das
hat der VBE-Vorsitzende Udo
Beckmann aus Paderborn gestern
mitgeteilt. Demnach habe sich im
zweiten Jahr mit dem Rechtsanspruch behinderter Kinder auf
Unterricht an Regelschulen nichts
verbessert. Nach wie vor seien die
Lerngruppen zu groß, die sonderpädagogische Unterstützung ge-
Prozess nach Feuer
in Flüchtlingsheim
ten Mittel reichten nicht. Praktisch alle Lehrer (94 Prozent) sind
laut Umfrage der Auffassung, dass
es in inklusiven Schulklassen eine
Doppelbesetzung aus Lehrer und
Sonderpädagoge geben sollte.
Wunsch und Wirklichkeit klaffen
dabei weit auseinander. 61 Prozent der Lehrer, die in Schulen mit
inklusiven Lerngruppen unterrichten, geben an, dass die Lerngruppe für gewöhnlich von einer
Person unterrichtet wird.
Während 85 Prozent der Lehrer
(im Vorjahr 80 Prozent) angaben,
dass sie an ihrer Schule bereits
Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf unterrichten, habe
sich die Klassengröße für jeden
Zweiten mit dem inklusiven
Unterricht nicht verändert. Nach
Angaben von zwei Prozent (im
Vorjahr vier Prozent) der Lehrer
sei die Klasse sogar vergrößert
worden. Dass die inklusiv unterrichtenden Lehrkräfte an ihrer
Schule über keine sonderpädagogischen Kenntnisse verfügen, sagen 54 Prozent der Lehrer. Unter
der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingungen stimmen, halten
60 Prozent der befragten Lehrer
die Inklusion für sinnvoll.
Im VBE in NRW sind 24 000
Lehrer sowie Pädagoginnen in
Kindertagesstätten organisiert.
Minden
(WB). Von einem
Schal, der sich in der Kette eines
Motorrads verfangen hatte, ist am
Dienstagabend in Minden eine 17jährige Frau stranguliert und vom
Zweirad gerissen worden. Die
Frau, die auf dem Sozius saß, wurde mit einem Rettungswagen ins
Klinikum gebracht. Zuvor hatte
ihr Freund den stramm um ihren
Hals liegenden Schal gelöst. Dieser hatte sich am Hinterrad verhakt und um die Kette gewickelt.
Der Unfall ereignete sich zum
Glück bei langsamem Tempo.
Beschwerde gegen
Jagdgesetz
Bielefeld (WB). Gegen das umstrittene NRW-Landesjagdgesetz
sind zwei Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht
worden. Der Landesjagdverband
unterstütze die Beschwerden, teilte er mit. Präsident Ralph MüllerSchallenberg: »Damit gehen die
Jäger wie angekündigt auch juristisch gegen das Landesjagdgesetz
vor.« Gleichzeitig will der Landesjagdverband mit einer Volksinitiative das Gesetz zu Fall bringen.
Dafür sammelt er Unterschriften.