Telefon: 0 233-47101 Telefax: 0 233-49577 Seite 1 von 10 Sozialreferat Stadtjugendamt S-II-KJF/J Bericht über die Entwicklung der Fach- und Anlaufstelle zur Verhinderung von Zwangsheirat in München „Wüstenrose“ Bericht über die Arbeit der Fachstelle Zwangsheirat Antrag Nr. 14-20 / A 01476 der Stadtratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN/RL vom 22.10.2015 Produkt 60 3.1.2 Jugendsozialarbeit Sitzungsvorlage Nr. 14-20 / V 06931 2 Anlagen Beschluss des Kinder- und Jugendhilfeausschusses vom 25.10.2016 (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin Zusammenfassung Im Kinder- und Jugendhilfeausschuss vom 09.10.2012 wurde das Konzept der „Fach- und Anlaufstelle Zwangsheirat“ präsentiert sowie notwendige Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsheirat in München vorgestellt. Der Stadtrat hat mit Beschluss der Vollversammlung vom 24.10.2012, Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 10065, die Schaffung und Förderung einer Fach- und Anlaufstelle zur Verhinderung von Zwangsheirat bei IMMA e.V. beschlossen. Die damalige Beschlussvorlage beinhaltete zudem, die Wirksamkeit der Fach- und Anlaufstelle durch IMMA e.V. zu evaluieren. Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN/RL stellte am 22.10.2015 den Antrag, über die Arbeit der Fach- und Anlaufstelle seit ihres Bestehens zu berichten (vgl. Anlage 1). 1. Ausgangslage Bei Zwangsheirat handelt es sich um eine schwere Menschenrechtsverletzung. Sie ist gegeben, wenn mindestens eine/einer der Eheleute durch die Ausübung oder die Androhung von Gewalt zum Eingehen einer Ehe gezwungen wird und mit ihrer/seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen. Bereits die Androhung von Zwangsheirat ist Gewalt. Seite 2 von 10 Die Gewalt kann dabei viele Gesichter haben und von Eltern, Geschwistern, anderen Verwandten oder nahestehenden Bezugspersonen ausgeübt oder angedroht werden. Erscheinungsformen sind u.a.: • massive Beschimpfungen, • psychische Erpressungen und Misshandlungen durch Anschweigen, Ignorieren zum Verstoß aus dem (Groß-)Familienverbund, • Einschränkungen im Alltag (Ausgehverbote, Kontaktverbote, Schulbesuchsverbote, Ausbildungsverbote usw.), • persönliche Kontrolle und Überwachung bis zum Einsperren, • Androhungen, die Betroffenen ins Ausland zu schicken, • körperliche Misshandlungen (Schläge, Verbrennungen, Vergewaltigungen usw.), • Androhung zur Tötung im Namen der Ehre bis zu vollendeten Tötungsdelikten. Häufig geht die Zwangsheirat mit einem Abbruch der Schule oder der Berufsausbildung einher sowie mit einem Abbruch von sozialen Beziehungen. Bildungsmangel, (finanzielle) Abhängigkeit und soziale Isolierung werden gefördert und bilden für den weiteren Lebensweg der Betroffenen keine gute Perspektive. Das Erleben körperlicher Gewalterfahrungen bis hin zu massiver Bedrohung von Leib und Leben in Verbindung mit einer prekären sozialen Situation kann psychische und psychosomatische Belastungserkrankungen wie Depressionen und selbstverletzendes Verhalten entstehen lassen, die (unbehandelt) bis zum Suizid führen können. Es wird starker psychischer, sozialer und physischer Druck vor und nach einer Zwangsheirat ausgeübt, so dass Zwangsehen dem gesamten Wohlergehen der Betroffenen nachhaltig massiv schaden. Zwangsheirat ist mithin ein massiver Verstoß gegen die hiesige Rechtsordnung. Am 01.07.2011 ist das „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer Aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften“ in Kraft getreten. Die Strafbarkeit von Zwangsehen wurde ausdrücklich im Strafgesetzbuch geregelt. Fachkräfte aus der Praxis der Sozialen Arbeit bestätigen, dass die Thematik Zwangsheirat auch in München an Relevanz zunimmt. Mit Beschluss des Kinder- und Jugendhilfeausschusses vom 08.06.2010 (Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 04212) wurde das Sozialreferat/Stadtjugendamt mit der Federführung beauftragt, ein Konzept zur Verhinderung von Zwangsheirat in München zu entwickeln. Aufgrund der Seite 3 von 10 2. langjährigen Erfahrung von IMMA e.V. zum Thema Zwangsheirat wurde IMMA e.V. beauftragt, das Konzept in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialreferat/Stadtjugendamt zu erstellen. Die Fach- und Anlaufstelle „Wüstenrose“ Die zentrale Fach- und Anlaufstelle ist seit 15.03.2013 beim Träger IMMA e.V. eingerichtet und wendet sich an Mädchen und junge Frauen, Jungen und junge Männer, die von Zwangsheirat oder Gewalt „im Namen der Ehre“ bedroht oder betroffen sind. Sie berät Bezugspersonen sowie Fachkräfte und pflegt feldübergreifend Kooperationen mit Institutionen in München, Bayern und auf Bundesebene. Im Rahmen von Schulungen und Fortbildungen sensibilisiert sie Fachkräfte und Einrichtungen, sie vermittelt Handlungswissen. Ferner klärt sie mittels Öffentlichkeitsarbeit zu Zwangsheirat auf, enttabuisiert diese Thematik und arbeitet sowohl präventiv als auch interventiv in Krisensituationen. Zu Beginn waren Aufbau und Organisation von Arbeitsstrukturen des Teams zu leisten. Den Zugang zur Fach- und Anlaufstelle hinsichtlich der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen galt es ebenso zu klären, wie die Entwicklung von konkreten Standards für die Beratungstätigkeit einschließlich Aktenführung, Dokumentation und statistischer Erfassung der Arbeit auf der Basis des zugrundeliegenden Konzeptes. Die Federführung des interdisziplinären Arbeitskreises „Zwangsheirat verhindern“ ging mit Gründung der Fach- und Anlaufstelle auf diese über. Über Mailingaktionen, Flyer, Postkarten, Plakataktionen im öffentlichen Nahverkehr, Materialversendung an Münchner Schulen und die Homepage von IMMA e.V. wurde die Fach- und Anlaufstelle in der (Fach-)Öffentlichkeit bekanntgemacht, so dass bereits im April 2013 erste Beratungsanfragen von Betroffenen sowie von Fachkräften bearbeitet werden konnten. Die Mitarbeiterinnen stellten die Arbeit der Fach- und Anlaufstelle zudem in vielen Organisationen, Behörden, Schulen, Arbeitskreisen und Vernetzungsgremien vor. Sie erhöhten damit den Bekanntheitsgrad der Fach- und Anlaufstelle bundesweit. Ferner ergänzte die Fach- und Anlaufstelle ihr Angebot seit ihres Arbeitsbeginns laufend: Ende 2013 wurde ein Konzept für Schulworkshops entwickelt und im Laufe des Jahres 2014 starteten die sog. Mütterseminare. Im Oktober 2015 änderte die Fach- und Anlaufstelle ihren Namen in den neutralen, kulturübergreifenden Namen „Wüstenrose“. Die Wüstenrose gilt als ein Bild für Hoffnung und Leben unter schwierigen Bedingungen. Gründe für die Namensänderung waren zum einen, dass Betroffene erklärten, dass sie nicht nur als Opfer von Zwangsheirat gesehen werden wollen. Sie wollen ganz konkret mit einer Reihe von anderen Themen und Problemstellungen, die mit Gewalt „im Namen der Seite 4 von 10 Ehre“ verbunden sind, zur Wüstenrose kommen. Die Namensänderung wurde auch unter Sicherheitsaspekten befürwortet. Im März 2016 wurde die Fach- und Anlaufstelle mit dem Arbeitsbereich „FGM/Weibliche Genitalbeschneidung“ ergänzt. Dieser Bereich arbeitet u.a. mit der Fachstelle „Frau und Gesundheit“ im Referat für Gesundheit und Umwelt zusammen (siehe auch Sitzungsvorlage Nr. 14-20 / V 05256 „Prävention gegen weibliche Beschneidung“ des Gesundheitsausschusses vom 14.04.2016). 3. Angebote der Fach- und Anlaufstelle 3.1 Beratung von Betroffenen Ziel der Fachberatungsstelle ist es, Betroffene frühzeitig zu informieren, zu unterstützen und so zu stärken, dass sie eine individuelle Möglichkeit finden, um nicht zwangsverheiratet zu werden. Handlungsleitend ist dabei, das Vorgehen transparent zu gestalten und die Betroffenen in alle Interventionsschritte einzubeziehen. Nur so kann eine Entlastung in einer Krise und eine Stabilisierung durch geeignete Angebote gewährleistet sein. Die telefonische und persönliche Beratung wird von Mädchen, jungen Frauen, Jungen und jungen Männern sowie deren Bezugspersonen in Anspruch genommen, die Fragen zu den Themen Zwangsheirat und Gewalt „im Namen der Ehre“ haben. Die Beratung findet in den Räumen der „Wüstenrose“ statt oder erfolgt aufsuchend. Einzugsgebiet ist das gesamte Stadtgebiet sowie angebotsbezogen darüber hinaus. Auf Wunsch wird die Anonymität gewahrt. Es findet immer eine auf den Einzelfall abgestimmte Gefahrenanalyse statt, Sicherheitsbehörden werden im Bedarfsfall einbezogen. „Wüstenrose“ bietet je nach Beratungsanfrage und -inhalt flexibel und leicht zugänglich umfassendes Expertenwissen: • Es besteht die Möglichkeit, das unverbindliche Erstgespräch zu vereinbaren. In diesen Terminen steht das Kennenlernen der Einrichtung im Vordergrund sowie die Information über mögliche Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten. • Andere Ratsuchende melden sich z.B. Wochen oder Monate vor der geplanten Verheiratung. Dank des zeitlichen Vorlaufs können rechtzeitig Schutzmöglichkeiten besprochen und auf die individuelle Situation abgestimmt werden. In einer vertrauensvollen Atmosphäre nimmt die Thematisierung der Ambivalenz der Ratsuchenden großen Raum ein: Der Wunsch nach einer eigenen Lebensgestaltung, die den Preis des Verlassens der Familie mit sich bringt und dem gleichzeitigen Wunsch, die Kontakte zur Herkunftsfamilie zu behalten. Im Rahmen eines Beratungsverlaufs können so persönliche Handlungs- und Problemlösestrategien erarbeitet werden. Seite 5 von 10 • Akute Gefährdungslagen erfordern ein schnelles Handeln im Rahmen eines Krisenmanagements. Meldet sich eine betroffenen Person in einer zugespitzten Situation, z.B. der Flug in das Herkunftsland ist gebucht oder Gewalt- und/oder Morddrohungen sind ausgesprochen, werden Gespräche vorrangig am selben oder nächsten Werktag vergeben. Eine Vermittlung in stationäre Einrichtungen ist in München, Bayern und bundesweit möglich. Auch Bezugspersonen können sich an die Fach- und Anlaufstelle wenden, wenn sie befürchten, dass ihnen bekannte junge Menschen gegen ihren Willen in eine Eheschließung gedrängt werden. Bei Bedarf findet eine Vermittlung an andere Stellen statt, ggf. wird eine Begleitung der Betroffenen zu diesen Stellen (z.B. Ämtern) ermöglicht. In den Jahren 2013 bis 2015 verdoppelte sich die Anzahl der persönlichen und telefonischen Beratungen der Betroffenen von 95 auf 187 pro Jahr (vgl. Anlage 2). Die Ratsuchenden benötigten längere Zeit die Unterstützung von „Wüstenrose“, so dass die Anzahl der Kontakte um das knapp dreifache anstieg (von 511 auf 1878). Jungen und junge Männer suchten in drei (2013) bzw. jeweils fünf Fällen (2014 und 2015) Unterstützung. Das Alter der Ratsuchenden blieb über die drei Jahre stabil: 20 % der Klientel ist minderjährig, 40 % sind zwischen 18 und 21 Jahre alt, 40 % sind älter als 22 Jahre. Sie kamen mehrheitlich gleichmäßig verteilt aus allen Stadtregionen Münchens, manche stammten aus dem Landkreis, vereinzelt aus Bayern, dem Bundesgebiet und Europa. Die Staatsangehörigkeit war zu 20 % deutsch, gefolgt von Afghanistan, Irak, Türkei und den Balkanländern. Über 50 % der Ratsuchenden suchten „Wüstenrose“ vor ihrer Verheiratung auf, 31 % wurden bereits verheiratet. Die restlichen Personen nahmen wegen der Thematik Gewalt „im Namen der Ehre“ Kontakt zur Fachstelle auf. Grundsätzlich sind die Ratsuchenden wie o.a. von mehrfachen Problemlagen betroffen: Patriarchale Familienstrukturen (96 %), kulturbedingte Konflikte (96 %), psychische Gewalterfahrungen (94 %), körperliche Gewalterfahrungen (66 %), Ängste (66 %) und psychosomatische Symptomatiken (36 %), Androhung von Ehrenmord (46 %), Androhung von Verschleppung (31 %) und ungesicherter Aufenthaltsstatus (28 %). 3.2 Beratung von Fachkräften Seite 6 von 10 Pädagogische und psychosoziale Fachkräfte wenden sich ebenfalls an die Fach- und Anlaufstelle, wenn sie es mit einem Fall von (drohender) Zwangsverheiratung oder Gewalt „im Namen der Ehre“ zu tun hatten. In der Fachberatung analysieren die Mitarbeiterinnen zunächst telefonisch die Situation und informieren über rechtliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten. Sie nehmen eine Gefährdungseinschätzung vor und überlegen gemeinsam mit den anrufenden Fachkräften weitere mögliche Handlungsschritte. Die Beratung, ob und wann die Bezirkssozialarbeit/das Stadtjugendamt einzuschalten ist, gehört ebenso zur Beratung, wie auch die Entscheidung, ob die Eltern oder andere Personen mit einbezogen werden sollen. Persönliche Termine für die Betroffenen und den Fachkräften werden immer angeboten. Zusammengefasst erhalten die Fachkräfte auf den Einzelfall abgestimmte Hilfestellungen. Da sie zum Großteil die Vermittlung der Betroffenen an die Fachberatungsstelle übernehmen, ist es folglich entscheidend, mit ihnen gemeinsam Zugangsschwellen abzubauen und den Ratsuchenden das geeignete Unterstützungsangebot zukommen zu lassen. Die Anzahl der Fachberatungen stieg von 2013 mit 50 Einzelfallberatungen auf 88 in 2015. Sie bildeten damit knapp die Hälfte der telefonischen Beratungsanfragen. Die Bandbreite reichte von allgemeiner Unterstützung bis hin zur Beratung im Akutfall. Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 208 Fachkräfte beraten. 3.3 Fortbildungen und Informationsveranstaltungen Die Fach- und Anlaufstelle bietet Fortbildungsveranstaltungen und Inhouse-Schulungen für soziale Einrichtungen sowie für Behörden an. In allen Veranstaltungen werden Grundinformationen über Zwangsverheiratung und Gewalt „im Namen der Ehre“ gegeben. Kriterien für eine mögliche Gefährdungseinschätzung werden vorgestellt und verschiedene Handlungsmöglichkeiten dargelegt. Je nach Umfang und Rahmen der Veranstaltung arbeiten die Mitarbeiterinnen der Fachstelle mit vielfältigen Methoden und zahlreichen Praxisbeispielen. In 55 Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen in 2013 bis 2015 erreichte die Fachstelle 860 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in sehr unterschiedlichen Berufsgruppen und Arbeitsfeldern, z.B. Bezirks- und Schulsozialarbeiterinnen, Bezirks- und Schulsozialarbeiter, Lehrerinnen und Lehrer, Fachkräfte aus verschiedenen sozialen Beratungsstellen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialreferats, der Jugendhilfe, der Sozialpsychiatrie, Studierende der Sozialen Arbeit, Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung usw. 3.4 Schulworkshops und Mütterseminare Im präventiven Bereich veranstaltet „Wüstenrose“ Workshops in Schulen und in Seite 7 von 10 bestehenden Müttergruppen. Schülerinnen und Schüler ab der achten Jahrgangsstufe haben die Möglichkeit, mit den Mitarbeiterinnen der Fach- und Anlaufstelle und ohne die jeweilige Lehrkraft über verschiedene Lebenskonzepte und Geschlechterrollen inkl. Wahl der Partnerin/des Partners zu sprechen. Ziele sind die Reflexion der „eigenen Freiheit“, eine Bewusstwerdung der Konsequenzen des eigenen Handelns sowie eine Sensibilisierung zum Thema Zwangsverheiratung. Die Schülerinnen und Schüler erfahren, wie sie in Notlagen Unterstützung erhalten und wie sie weitere Handlungsschritte einleiten können. Außerdem werden sie auf das Beratungsangebot von „Wüstenrose“ zu Zwangsverheiratung und Gewalt „im Namen der Ehre“ hingewiesen. Bei gemischt geschlechtlichen Klassen werden die Workshops in einem geschlechterparitätischen Fachkräfteteam mit Hilfe von männlichen Honorarkräften durchgeführt. Nach der Entwicklung des Konzepts wurden in 2014 und 2015 insgesamt 24 Schulworkshops durchgeführt, wobei 205 Schülerinnen und Schüler erreicht und informiert wurden. In 2015 fanden davon 10 Workshops für Flüchtlingsklassen statt, die über den Aktionsplan für Flüchtlingskinder und ihre Familien des Stadtjugendamts finanziert wurden. Dieses Angebot wird in 2016 fortgeführt. Ein weiteres präventives Angebot von „Wüstenrose“ sind seit 2014 die Mütterseminare. Die bestehenden Müttergruppen werden über Organisationen erreicht, die Müttergruppen anbieten, wie z.B. Treffam, AKA/Acilim, Opstapje usw. Die Fachkräfte der Fach- und Anlaufstelle sprechen mit Müttern in den angebotenen Gruppen über das „Mutter sein“, über unterschiedliche Vorstellungen von Erziehung, Wahl der Partnerin/des Partners, Familie usw. Dank der entstehenden Diskussionen wird bei den Müttern eine Reflexion der eigenen Vorstellungen und Prägungen angeregt. Die Mütter tragen ihre Erkenntnisse in ihre jeweilige Community weiter und wirken als Multiplikatorinnen. In den vergangenen zwei Jahren fanden 13 Mütterseminare mit insgesamt 80 Teilnehmerinnen statt. Die Mütter stammten überwiegend aus der Türkei, Irak, Afghanistan und den Balkanländern. 4. Fazit Die Fach- und Anlaufstelle „Wüstenrose“ hat seit ihrem Bestehen mit viel Engagement und Tatkraft bereits vorhandenes Wissen und bestehende Strukturen genutzt, um optimal Seite 8 von 10 unter Berücksichtigung der zur Verfügung gestellten Ressourcen auf die Bedarfslage in München zu antworten. Die Mitarbeiterinnen haben Angebote für die betroffenen Mädchen, jungen Frauen, Jungen und jungen Männer entwickelt, die sensibel, flexibel und verbindlich auf die unterschiedliche Bandbreite der Bedürfnislage eingehen. „Wüstenrose“ hat es zudem geschafft, Beratungsstrukturen für pädagogische und psychosoziale Fachkräfte zu entwickeln, die umfassende Informationen und auf den Einzelfall abgestimmte Handlungsschritte bereithalten. Die Informations- und Fortbildungsveranstaltungen erreichen darüber hinaus die (Fach-)Öffentlichkeit, so dass die Thematik Zwangsheirat enttabuisiert und für diese sensibilisiert wird. Mit Hilfe der Schulworkshops und der Mütterseminare sucht die Fach- und Anlaufstelle den Austausch mit Schülerinnen, Schülern und Müttern. Sie wirkt dort aufklärend und präventiv. Die Rückmeldungen der Klientinnen und Klienten sowie der Fachkräfte, die von „Wüstenrose“ am Ende der Beratung/der Veranstaltung erhoben werden, sind zusammenfassend sehr positiv und zeigen große Zufriedenheit. Das Personal der Fach- und Anlaufstelle ist derzeit mit zwei Vollzeitstellen ausgestattet und interkulturell kompetent besetzt, so dass trotz Tabuisierung, Stigmatisierung, kultureller und sprachlicher Hürden der Zugang zu „Wüstenrose“ gewährleistet ist. Die erarbeiteten Standards für Beratung, Fortbildung und die jungen Konzepte der Schulworkshops sowie Mütterseminare werden laufend weiter entwickelt und aktualisiert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vernetzt und kooperieren feldübergreifend mit Institutionen in München, Bayern und auf Bundesebene. Angesichts der steigenden Nachfrage in allen Angebotsstrukturen in Verbindung mit einer Zunahme an intensiveren und längerfristigen Beratungsfällen (z.B. Beratung von Personen mit psychischen und geistigen Einschränkungen) war die Auslastung sehr hoch. Bei gleichbleibenden Ressourcen und qualitativ hohem fachlichen Anspruch ist eine Erhöhung der Angebotszahlen sowie eine Konzeptweiterentwicklung derzeit nicht möglich. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Zuzug von (jungen) Menschen nach München entwickelt. Ggf. ist eine Weiterentwicklung der bestehenden Angebote z.B. in Flüchtlingsund Übergangsklassen erforderlich. Auch eine Vertiefung der Workshops an Schulen erscheint äußerst sinnvoll, ebenso eine Ausweitung der Mütterseminare auf die Zielgruppe der Väter bzw. Eltern. Nach Bedarfslage wird eine entsprechende Beschlussvorlage dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt. Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung eines Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA-Satzung). Seite 9 von 10 Abstimmung mit anderen Referaten und Stellen Die Beschlussvorlage ist mit der Frauengleichstellungsstelle, dem Migrationsbeirat, dem Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit abgestimmt. Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Müller, der Verwaltungsbeirätin, Frau Stadträtin Koller, der Stadtkämmerei, dem Migrationsbeirat, der Frauengleichstellungsstelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag der Referentin 1. Vom Bericht über die Arbeit und die Entwicklung der Fach- und Anlaufstelle zur Verhinderung von Zwangsheirat in München Wüstenrose wird Kenntnis genommen. 2. Der Antrag Nr. 14-20 / A 01476 der Stadtratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN/RL vom 22.10.2015 ist geschäftsordnungsgemäß behandelt. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Kinder- und Jugendhilfeausschuss Die Vorsitzende Die Referentin Christine Strobl Bürgermeisterin Dorothee Schiwy Berufsm. Stadträtin IV. Abdruck von I. mit III. über D-II-V/SP Seite 10 von 10 an das Direktorium – Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z.K. V. Wv. Sozialreferat 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat, S-III-MI/IK An die Frauengleichstellungsstelle An das Referat für Gesundheit und Umwelt An den Migrationsbeirat z.K. Am I.A.
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