Club-of-Rome-Bekrittelung Der Club of Rome wurde in Italien gegründet. Der Sitz seines Seketariats in Winterthur macht ihn zum steueroptimierten Schweizer ThinkTank. Die Mitglieder sind Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer, die im Prinzip damit befasst sind, Bücher zu verkaufen. Ziel ist nachhaltige Entwicklung und Schutz von Ökosystemen. Dazu wird ein Forschungs-Zentrum in Konstanz eingesetzt sowie nationale Niederlassungen in mehr als 30 Ländern (Bild: HMan, Club of Rome). Der Ruhm des Clubs fing mit einer Million DM an, mit der die Volkswagenstiftung seinerzeit den 1. Bericht Die Grenzen des Wachstums finanzierte. Diese Studie aus dem Jahr 1972 beruhte auf Simulationen, mit denen Voraussagen des Weltlaufs generiert wurden. Ergebnis waren Zusammenbruchs-Szenarien wegen Übervölkerung, Umweltzerstörung und Rohstofferschöpfung. Der Club machte Furore, zumal er solche pessimistischen Aussagen 1972 beinahe als Alleinstellungsmerkmal hatte. Heute, wo der Club seine Haltung revidiert hat, versuchen es andere Think-Tanks auch; darüber berichtet z.B. der wissenbloggtArtikel Apokalypse baldmöglichst, verspricht die NASA. Dieser Artikel wird erwähnt, weil er die Problematik der Simulation anspricht: Allerdings handelt es sich um ein Simulationsmodell, und solche dynamischen Modelle sind äußerst empfindlich in Bezug auf die Parameter. Wenn man sie im Bereich des Vertretbaren ändert, ändert sich auch das Ergebnis. Wer also Untergang rauskriegen will, kann Untergang rauskriegen. So war's wohl auch beim Computermodell des Clubs namens World3. Dass die zusammensimulierten Prognosen von 1972 nicht zutrafen, wurde nur widerstrebend zur Kenntnis genommen. 1992 wurden Die neuen Grenzen des Wachstums gezogen. Die Aussagen wurden nochmal verschärft, das Simulationsmodell World3 nochmal angespitzt. Es lieferte weitere Szenarien mit Grenzüberziehung und Zusammenbruch, bloß dass in Wirklichkeit nix dergleichen passierte. Aber der Club hatte seine Position als Orakel fürs Weltgewissen gefestigt. Und wer kann schon widerlegen, dass die Reaktionen in Richtung Umweltschutz einen glimpflicheren Verlauf schufen? 2004 wurde dann das 30-Jahre-Update publiziert. Das Programm World3 lieferte wieder die Überschreitung der Wachstumsgrenzen und bei den meisten errechneten Szenarien einen anschließender Kollaps. Auch ein 40-Jahre-Update gab es 2012, bei dem die Prognosen aber kein großes Echo mehr hervorriefen. Dabei zeigte der Bericht neue Eigenschaften gegenüber den Vorgängerberichten. Jetzt wurde kein hysterisches Weltuntergangs-Katastrophenszenario mehr ausgebreitet, sondern es wurden nur noch Tendenzen aufgezeigt. Zu denen gehörten die Reaktionen auf die Vorgängerberichte, die allerdings mit 20- bis 40-jähriger Verzögerung kamen (und nach einer Menge anderer Berichte wie etwa 1980 der Bericht Global 2000 – Der Bericht an den Präsidenten). Als neues Feature brachte der Club nun konkrete Vorschläge, wie der Einzelne auf die sich abzeichnenden Entwicklungen reagieren sollte. Solche Thesen waren auch das Hauptelement des neuen Berichts von 2016, der vor einem Monat durch die Medien ging, Club of Rome: Zukunftsforscher plädieren für Ein-Kind-Politik in Industrieländern (ZEIT ONLINE 13.9.): Weniger Geburten, mehr Urlaub: Das Expertengremium Club of Rome fordert ein radikales Umdenken in Industrienationen und ein Ende des "unendlichen Konsums". Und nochmal Club of Rome: Die Welt retten auf harte Tour (ZEIT ONLINE 15.9.): Geburtenkontrolle Industrieländer forderte der Club of Rome – was nicht ankam. Doch ihr neues Manifest zeigt mehr Wege, wie man globalen Raubbau bremsen kann. die für gut den Wer direkt beim Club nachschaut, wird aber nicht mit den Inhalten konfrontiert, sondern mit Werbung für das neue Buch “EIN PROZENT IST GENUG”: Offizielle Vorstellung des neuen Berichts. Man erfährt nur so viel, dass es um "Lösungen gegen Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel in Zeiten geringen Wachstums" geht. Wie die Lösungen aussehen, soll man im Buch nachlesen. "Der neue Bericht an den Club of Rome nimmt sich drei zentraler Herausforderungen unserer Zeit an und präsentiert 13 radikale Forderungen an Industrieländer, deren Wirtschaft nur noch im Ein-Prozent-Bereich wächst. Das umfassende Reformprogramm würde Ungleichheit Demokratie fördern und den Klimawandel bremsen." reduzieren, Wie diese 13 radikalen Forderungen lauten, steht nicht da, und auch in den vielen Medienberichten sind sie nicht im Zusammenhang zu sehen. Ein TV-Sender liefert sie dann doch, auch wenn man sie einzeln herblättern muss: Für eine gerechtere Welt – Club of Rome fordert Ein-Kind-Politik in Deutschland (ZDF-heute 13.9.). Die Thesen: 1. Verstärkter Einsatz grüner Konjunkturprogramme, finanziert durch zusätzlich gedrucktes Geld 2. Besteuerung fossiler Brennstoffe und faire Verteilung der Erlöse auf alle Bürger 3. Förderung von Arbeitern, wenn sie in umweltfreundliche Berufe wechseln 4. Verlagerung von der Einkommensbesteuerung auf die Besteuerung von Rohstoffverbrauch 5. Erhöhung des gesetzlich festgelegten Jahresurlaubs 6. Förderung von Frauen, die maximal ein Kind zur Welt bringen 7. Förderung von Menschen, die Zuhause andere pflegen 8. Beschränkter Außenhandel, wenn dies notwendig ist, um Arbeitsplätze zu sichern 9. Höhere Steuern für Reiche und Unternehmen 10. Erhöhung der Erbschaftssteuer 11. Höheres Renteneintrittsalter 12. Förderung von Gewerkschaften 13. Existenzsicherendes Grundeinkommen vor allem für jene, die aufgrund von Krankheit, Alter oder Arbeitslosigkeit unter ein definiertes Mindesteinkommen fallen Darüber wurde sich tüchtig aufgeregt, wie etwa in Club of Rome – Forscher fordern Belohnung für kinderlose Frauen (SPIEGEL ONLINE 13.9.): Ein neuer Bericht versammelt nun Forderungen zum politischen Umsteuern. Eine davon: Kinderlose Frauen sollen mit 50 eine Prämie von 80.000 Dollar erhalten (das ist der Punkt 6.). Bevor die abzusehende Kritk vertieft wird, noch ein paar Takte zum eigentlichen Inhalt. Die liefert der Club zur Buchvorstellung Ein Prozent ist genug – Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen: In einer umfassenden empirischen Analyse zeigt der neue Bericht zunächst, dass sich trotz des steten Wirtschaftswachstums in den vergangenen 30 Jahren die Lebenssituation der Mehrheit der Menschen in den Industriestaaten nicht verbessert hat. Die Schere zwischen arm und reich ist weiter auseinander gegangen. Trotz Wohlstands haben Millionen Menschen keine Arbeit. Die Realeinkommen der meisten Arbeitnehmer sind gesunken. Und trotzdem setzen konventionelle Ökonomen immer noch darauf, das Wachstum anzukurbeln, weil sie glauben, damit neue Arbeitsplätze zu schaffen und den allgemeinen Lebensstandard steigern zu können. Ein fataler Irrtum, warnt das neue Buch. Geht es nach den beiden Autoren Jorgen Randers und Graeme Maxton, widerspricht es jeder Vernunft, die gegenwärtige Wirtschaftsstrategie fortzusetzen. Im neuen Bericht an den Club of Rome entlarven sie nicht nur die Mythen der Wachstumsgläubigen, sondern legen auch maßgeschneiderte Rezepte zur Verminderung der Arbeitslosigkeit, der Ungleichheit und der Erderwärmung vor, etwa eine Neudefinition »bezahlter« Arbeit, eine gerechtere Unternehmens- und Ressourcenbesteuerung (2., 4., 9., 10.), eine Beschränkung des Außenhandels wenn notwendig (8.), die Einführung eines existenzsichernden Grundeinkommens für das einkommensschwache Drittel der Bevölkerung (13.) oder die Verkürzung der Jahresarbeitszeit (5.). Einige der Vorschläge sind radikal und werden daher auf Widerstand stoßen – dennoch glauben die Autoren daran, bei politischen Entscheidungsträgern Gehör zu finden: »Unsere Vorschläge dürften für die demokratische Mehrheit der Wähler sehr attraktiv sein, denn so gut wie alle Maßnahmen schaffen nicht nur langfristig eine bessere Welt, sondern auch kurzfristig unmittelbare Vorteile für die meisten Menschen.« Aber erstmal sind sie attraktiv für den Club, weil er ja nicht so richtig mit seinen Argumenten rausrückt. Wer durchblicken will, muss sich das Buch kaufen – dieses kommerzielle Feature des Clubs wird in keinem einzigen Medienartikel erwähnt: Der Club macht Geschäfte. Er verkauft Bücher, und die ganze Medienlandschaft hilft ihm dabei. Nun muss sich auch ein wohltätiger Think-Tank irgendwie finanzieren. Die meisten schaffen das problemlos, und sie geben sogar eine Menge Geld aus, um gehört zu werden, siehe Scharfe Kritik an Denkfabriken. Dass der Club seine Weisheiten nicht frei ins Netz stellen kann, ist irritierend. Wenn sie doch so wichtig sind? Auch irritiert, dass er seinen Sitz in der Schweiz hat wie Fifa und IOC – ist er ebenfalls ein steuerbefreiter Verein? Für die deutsche Niederlassung trifft das zu, die firmiert als gemeinnütziger Verein. Der Club wird auch von Stiftungen unterstützt, aber seine Alimentierung ist nicht transparent. Auf der Homepage findet sich zum Thema Finanzierung nur ein Spendenaufruf. Da kommen Zweifel am Geschäftsmodell auf. An den Inhalten auch. Weniger an der 1-Kind-Politik, die z.T. als "kommunistische Idee" verunglimpft wird. Sachlicher geht es zu in dem Artikel Antworten an den Club of Rome (ÖKONOMENSTIMME 18.10.). Der Autor Hans-Jörg Naumer belegt, dass der vom Club of Rome prognoszierte Anstieg von Massenarmut und Hungersnöten ausgeblieben ist. Vielmehr ist der Anteil der Weltbevölkerung, die in absoluter Armut lebt (also mit weniger als 1,90 USDollar pro Tag), von 45% auf unter 15% gefallen. Obwohl die Weltbevölkerung gewachsen ist, ging der Anteil der Armen global deutlich zurück. Die Lebenssituation in den Industriestaaten hat sich nicht verbessert, aber im Rest der Welt schon. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen ist auf knapp 7.500 US-Dollar gestiegen, während die Einkommens-Ungleichheit der Weltbevölkerung gesunken ist. Bei Global Economic Inequality (Our World In Data) wird das von dramatischen Kurven gezeigt. Die blaue Kurve von 1970 hat zwei Höcker, während die grüne Kurve von 2000 nur noch einen hat. (Bi ld: Max Roser, Our World In Data) Das belegt beide Aussagen, die vom Club und die von der Ökonomenstimme. Die Industrienationen, die das alles erfunden und geschaffen haben, sind von der Entwicklung abgehängt und überholt worden. Der Rest der Welt hat aufgeholt – und die Ungleichheit ist vielleicht geringer geworden, aber immer noch extrem groß geblieben. Die meisten Jobs bringen <2000 Dollar Einkommen pro Kopf, während die wachsenden Einkommen der Reichen den Durchschnitt auf 7.500 hochtreiben. Bei den Minimaleinkommen hat sich kaum was geändert, während die hohen Einkommen enorm gestiegen sind (der logarithmische Maßstab täuscht). Immerhin ist die Lebenserwartung weltweit gestiegen und steigt weiter, so Naumer, und die Kindersterblichkeit geht zurück – noch nie zuvor hat die Menschheit so gesund und so lange gelebt. Und noch nie ging es der Erdbevölkerung so gut. Der Autor spricht vom "Phänomen des Breitenwohlstands", ohne allerdings die extreme Ungleichverteilung anzusprechen. Seine Fragen stattdessen, "Wird jetzt der Mensch als Krone der Schöpfung gleichzeitig der Schöpfung größte Last? Müssen wir Menschen vor die Wahl stellen Kinder oder Geldprämie?" Der Autor findet es falsch, alles dem Ziel < 1% Wirtschaftswachstum pro Jahr unterzuordnen und dazu massive Umverteilungsprogramme einzusetzen, um den Wohlstand zu nivellieren. Das mache die Studie statisch und regulativ. Dazu verweist er auf die Kraft der kreativen Zerstörung und die Zyklen, die sich daraus ergeben. (Bild: Der 6. Kondratieff – Wohlstand in langen Wellen, Allianz 2010) In Anbetracht des radikalen technologischen Wandels müssen Wachstum und Ressourcenverbrauch nicht auf ewig gekoppelt bleiben. Die nächste große Wachstumswelle sieht er als "grüne Welle", die auf erneuerbaren Energien, Recycling, Daten und Dienstleistungen surft. Um die großen Herausforderungen der Menschheit ohne Verteilungskonflikte zu lösen, legt er dem Club 6 Punkte ans Herz: 1. D a s W i r t s c h a f t s w a c h s t u m n i c h t m i t O b e r g r e n z e n beschränken, sondern Knappheitsprobleme dynamisch- 2. 3. 4. 5. kompetitiv lösen. Die Schöpfung innerhalb eines Ordnungsrahmens bewahren, der die Kosten internalisiert, und in dem der Wettbewerb stattfindet. Eine Ordnungsethik schaffen, bei der die ethische Maxime, Gutes zu tun, nicht zur dauerhaften Selbstausbeutung des Einzelnen führt. So schafft der Wettbewerb um knappe Ressourcen eine effiziente Allokation der Güter und eine optimale Nutzung des Wissens, incl. des "Entdeckungsmechanismus'", der neue Technologien hervorbringt. Die Umwelt soll ein "Preisschild" erhalten, damit der Umweltverbrauch in den Preisen internalisiert wird, z.B. die Kosten des Klimawandels in den Verbrauch traditioneller Energieträger einpreisen. 6. Die Finanzierung von Investitionen soll stärker unter dem Siegel "ESG – Environmental Social" & Governance" beurteilt werden, also teurere Kapitalbeschaffung für niedriges ESG-Rating. Schon 60 Billionen US-Dollar werden nach den Prinzipien des verantwortungsvollen Investierens ("PRI" – "Principles of Responsible Investment") verwaltet, also die Hälfte der globalen verwalteten institutionellen Gelder. Wer eine friedliche Welt will, muss die Verteilungskonflikte zwischen und innerhalb der Gesellschaften lösen. Die Lösung fragt beim Wachstum nicht nach dem "Ob" sondern nach dem "Wie". Soweit die Ökonomenstimme – bleibt nur die Frage, wie die Knappheitsprobleme beim Kinderkriegen über internalisierte Kosten dynamisch-kompetitiv gelöst werden können? Die ökonomiebasierte Korrektur an den Thesen des Clubs wird wiederum von einem Leser-Kommentar korrigiert, den wb komplett wiedergibt, weil er allgemeines Interesse verdient: Es ist schon einiges richtig in diesem Artikel, aber ich halte es für naiv wenn man meint man müsse Umweltschäden nur richtig bepreisen, nur damit die Logik der Ökonomie nicht verlassen werden muss. Die Rettung der Umwelt und des Planenten wird nicht in einem Bewusstsein der ökonomsichen Kategorien möglich sein. Vor einigen Jahren, zur Bitodiversifikationskonferenz in Nagano, haben einige Schlaumeier ausgerechnet welchen Schaden die Zerstörung der Korallenriffe darstellt: 150 Mrd. $ Schaden an Küstenschutz. Und die Wildbestäubung durch Insekten ist 200 Mrd. wert. Die habens gut gemeint und wollten wohl ökonomische Seelen damit beeindrucken. Aber abgesehen davon, dass diese Beträge in der Finanzsphäre eigentlich niemand beeindrucken, suggeriert die Bepreisung solcher elemenanter Dinge doch eigentlich nur: man kann auch auf Korallenriffe und Wildinsekten verzichten. Denn was einen Preis hat, kann man ersetzen. Oder eben auch nicht. Und welchen Preis sollte eigentlich die schiere Existenz eines Breitmaulnashorns oder eines Feuersalamanders haben? Für mich handelt es sich bei diesen Dingen um autonome Werte, die ausserhalb der ökonomischen Sphäre stehen. Beurteilt man sie in ökonomischen Kategorien, schafft man sie letztlich ab, weil man sie substituierbar macht. Das sind sie aber nicht! Links dazu: Das Märchen vom Märchen vom Märchen der Ungleichheit Time for good news Sensationelle Klimabefunde Spekulationen über Weltbevölkerungs-Zunahme Apokalypse baldmöglichst, verspricht die NASA
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