Stärkung europäischer Schutzmaßnahmen gegen unfairen

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Stärkung europäischer Schutzmaßnahmen gegen unfairen Handel:
Kommission drängt auf Unterstützung ihrer Vorschläge durch
Mitgliedstaaten
Brüssel, 19. Oktober 2016
Die Kommission nimmt die Mitteilung „Für eine robuste EU-Handelspolitik, die
Beschäftigung und Wachstum fördert“ an.
Die Kommission hat die Mitgliedstaaten heute zur Unterstützung ihrer Bemühungen um ein
aktualisiertes, gestärktes und robusteres Handelsschutzinstrumentarium für die Europäische Union
aufgefordert.
Die Europäische Kommission macht zwar in vollem Umfang von dem ihr zur Verfügung stehenden
Handelsschutzinstrumentarium Gebrauch, doch ist dieses Instrumentarium unzureichend, um den
riesigen Überkapazitäten und den daraus resultierenden gedumpten Ausfuhren in Richtung EU-Markt
etwas entgegenzusetzen.
Die EU ist der größte Handelsblock in der Welt und will dies auch bleiben. Aber Handel muss zu fairen
Bedingungen erfolgen. Auf die EU entfallen 15 % der weltweiten Einfuhren (sie liegt damit an zweiter
Stelle hinter den USA). Die Handelsschutzmaßnahmen der EU haben jedoch nur einen Anteil von 7,8 %
an den weltweit geltenden Handelsschutzmaßnahmen und betreffen lediglich 0,21 % der Einfuhren.
Wenn es darum geht, Maßnahmen zum Schutz der heimischen Arbeitsplätze einzuführen, erlegt sich
kein anderer Handelsblock eine derartige Selbstbeschränkung auf. Ihren Grund hat diese
Selbstbeschränkung in den durch die geltenden Rechtsvorschriften vorgegebenen Grenzen.
Die erforderliche Modernisierung der Handelsschutzinstrumente lässt sich bewerkstelligen, wenn der im
Jahr 2013 vorgelegte Kommissionsvorschlag zeitnah verabschiedet wird.
Dazu Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Handel ist von zentraler Bedeutung für unser
Wirtschaftswachstum und für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Wir dürfen jedoch nicht naiv sein.
Unsere derzeitigen Vorschriften erweisen sich als unzureichend, um den Schaden abzuwenden, der uns
durch unlautere Wettbewerbspraktiken anderer Länder zugefügt wird. In einigen Wirtschaftszweigen
der EU sind bereits Tausende von Arbeitsplätzen verloren gegangen. Da dürfen wir nicht tatenlos
zusehen. Die Handelsschutzregeln der EU müssen dringend aktualisiert werden. Die Kommission tut
das Ihre, indem sie das gesamte Potenzial des Handelsschutzinstrumentariums ausschöpft. Inzwischen
haben wir aber die Grenzen dessen erreicht, was im Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften
machbar ist. Die Maßnahmen, die wir vorschlagen, würden zu einer erheblichen Vergrößerung unseres
Manövrierspielraums beitragen. Es ist jetzt höchste Zeit, dass die Mitgliedstaaten die nötigen
Beschlüsse fassen und der Kommission ein Instrumentarium an die Hand geben, das den aktuellen
Gegebenheiten des internationalen Handelsumfelds gewachsen ist.“
Und Vizepräsident Jyrki Katainen erklärte: „ Die Handelspolitik ist einer der größten Trümpfe, über die
die EU verfügt, um Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen zu generieren. 30 Millionen
Arbeitsplätze hängen direkt von unseren Exporten ab. Das sind zwei Drittel mehr als noch vor
15 Jahren. Unsere jüngsten Handelsabkommen haben beeindruckende Ergebnisse gebracht: Das
Abkommen mit Korea hat in fünf Jahren einen Anstieg der EU-Ausfuhren um 55 % bewirkt, was einem
wertmäßigen Zuwachs von 15 Mrd. EUR entspricht. Auf diese Weise sind in der EU über 200 000
Arbeitsplätze entstanden. Unser Wohlstand und unser Wohlergehen hängen vom Handel ab. Freihandel
muss fair sein, und nur fairer Handel kann frei sein.“
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström äußerte sich wie folgt: „Handel ist der Schlüssel zu
Wachstum und Beschäftigung in Europa. Wir haben eine ehrgeizige Agenda für die Öffnung der Märkte
und die Schaffung von Geschäftschancen und Vorteilen für die Bürgerinnen und Bürger und für die
Unternehmen. Handel braucht auch das Vertrauen der Öffentlichkeit. Deshalb arbeitet die Kommission
unablässig auf das Ziel eines integrativen, transparenten, fairen und wertebasierten Handels hin.“
In ihrer Mitteilung mit dem Titel „Für eine robuste EU-Handelspolitik, die Beschäftigung und Wachstum
fördert“ hat die Kommission außerdem dargelegt, inwieweit eine neue Antidumpingmethodik, die sie
demnächst vorzuschlagen beabsichtigt, Lösungen für den Umgang mit Situationen, in denen
Marktpreise nicht den Ausschlag geben, bieten würde und es gleichzeitig ermöglichen würde, die
bevorstehenden Änderungen des Rechtsrahmens auf der Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) zu
berücksichtigen.
Die Annahme dieser Änderungen würde es der EU – unter Einhaltung der WTO-Regeln – ermöglichen,
in bestimmten Fällen, beispielsweise bei massiven Produktionsüberkapazitäten in Ausfuhrländern,
höhere Antidumpingzölle zu verhängen. Außerdem würde es die geplante neue Antidumpingmethodik
der EU erlauben, Marktverzerrungen zu erfassen, die auf staatliche Eingriffe in Drittländern
zurückzuführen sind und das wahre Ausmaß von Dumpingpraktiken verschleiern.
Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente
Die geltenden EU-Rechtsvorschriften geben eine Obergrenze für Antidumpingzölle vor, was es der
Kommission erschwert, die Probleme anzugehen, mit denen sich einige Wirtschaftszweige – wie etwa
die Stahlbranche – angesichts des rapiden Anstiegs der Einfuhren gedumpter Waren konfrontiert
sehen.
Diese Probleme haben ihre Ursache in der systematischen Anwendung der sogenannten Regel des
niedrigeren Zolls. Damit Antidumpingmaßnahmen eingeführt werden können, müssen Beweise für
Dumping durch ein Drittland und für eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union sowie für einen
ursächlichen Zusammenhang zwischen Dumping und Schädigung vorliegen. Die Antidumpingzölle
werden dann in Höhe der Dumpingspanne oder in einer Höhe, durch die die Schädigung beseitigt wird,
festgesetzt – je nachdem, welcher Wert der niedrigere ist („niedrigerer Zoll“). Konkret bedeutet dies,
dass bei vergleichbaren gedumpten Waren mit Ursprung in China, wie etwa bestimmten kaltgewalzten
Flachstahlerzeugnissen, der durchschnittliche Antidumpingzoll in der EU bisher 21,1 % betrug,
wohingegen sich der durchschnittliche Antidumpingzoll in den USA, wo die Regel des niedrigeren Zolls
nicht angewandt wird, auf 265,8 % belief.
Unter den derzeitigen Bedingungen erfüllen die bestehenden Instrumente nicht mehr ihren Zweck. Der
Kommissionsvorschlag von 2013 zu den handelspolitischen Schutzinstrumenten sieht mehr
Transparenz, schnellere Verfahren, eine wirksamere Durchsetzung sowie Änderungen bezüglich der
Anwendung der Regel des niedrigeren Zolls unter bestimmten, genau festgelegten Umständen vor.
Obwohl mögliche Kompromisslösungen zu dieser Regel (Anpassung im Hinblick auf Fälle massiver
Überkapazitäten und/oder Verzerrungen bei den Rohstoffen, beispielsweise bei den Energiepreisen)
vorgelegt wurden, konnte bislang im Rat keine Einigung erzielt werden.
In ihrer Mitteilung zur Stahlindustrie vom März 2016 formulierte die Kommission weitere Vorschläge,
die darauf abstellen, Handelsschutzuntersuchungen um zwei Monate zu verkürzen und die derzeitige
Methode zur Berechnung der Zielgewinnspanne zu ändern.
Neue Antidumpingmethodik
Die neue Antidumpingmethodik wurde im Juli im Anschluss an die zweite Orientierungsaussprache des
Kollegiums konzipiert, um den bevorstehenden Änderungen des Rechtsrahmens auf internationaler
Ebene Rechnung zu tragen angesichts der Tatsache, dass einige Bestimmungen zur
Dumpingberechnung, die in den WTO-Beitrittsprotokollen mehrerer Länder enthalten sind, demnächst
außer Kraft treten werden.
Dabei wird es nicht darum gehen, bestimmten Ländern einen „ Marktwirtschaftsstatus“ zuzuerkennen,
sondern darum, die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU so anzupassen, dass den neuen
Herausforderungen und neuen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten unter Aufrechterhaltung
eines vergleichbaren Schutzniveaus Rechnung getragen werden kann.
Die Europäische Kommission wird eine neue Methode zur Dumpingberechnung bei Einfuhren aus
Ländern vorschlagen, in denen Marktverzerrungen vorliegen oder der Staat erheblichen Einfluss auf die
Wirtschaft nimmt.
Für die Einführung der neuen Methode würde eine Übergangszeit vorgesehen, in der alle bestehenden
Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen weiterhin den geltenden Rechtsvorschriften unterliegen
würden. Laufende Untersuchungen wären nicht betroffen. Die Kommission wird außerdem eine weitere
Stärkung der EU-Antisubventionsvorschriften vorschlagen, sodass künftig auch etwaige im Verlauf
einer Untersuchung zutage getretene Subventionen geprüft und bei der Festsetzung des endgültigen
Zolls berücksichtigt werden können.
Ein entsprechender Vorschlag dürfte bis Ende des Jahres vorgelegt werden.
Weitere Informationen
Mitteilung: „Für eine robuste EU-Handelspolitik, die Beschäftigung und Wachstum fördert“
Anhang der Mitteilung: „Für eine robuste EU-Handelspolitik, die Beschäftigung und Wachstum fördert“
Pressemitteilung: „ Stahlindustrie: Kommission ergreift Maßnahmen zur Erhaltung zukunftsfähiger
Arbeitsplätze und nachhaltigen Wachstums in Europa“
Pressemitteilung: „ Sondierungsgespräch im Kollegium über die Behandlung Chinas in AntidumpingUntersuchungen“ (Juli 2016)
Mitteilung: „ Mitteilung über die Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente – Anpassung
der handelspolitischen Schutzinstrumente an die derzeitigen Bedürfnisse der europäischen Wirtschaft“
Weitere Informationen zu Handelsschutzmaßnahmen der EU
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