hr2-kultur, Zuspruch am Morgen, Mittwoch, 19. Oktober 2016 Beate Hirt, Frankfurt Buchmesse und das Buch der Bücher Heute startet sie wieder: die Frankfurter Buchmesse, dieses Jahr werde ich wahrscheinlich endlich mal wieder hingehen. Für mich ist diese riesige Buchausstellung immer faszinierend und erschreckend zugleich: Einerseits begeistern sie mich total, die unglaublich vielen Verlagsstände und Bücher. Ich liebe Lesen. Und deshalb finde ich all diese tausende von Buchdeckeln großartig, zwischen denen so viele spannende Geschichten und faszinierendes Wissen stecken. Aber andererseits überkommt mich oft auch ein leiser Schrecken: All diese vielen Bücher – wie soll ich es nur schaffen, auch nur das Wichtigste davon zu lesen? Und welches Buch nehm ich denn nun als erstes? Einen Krimi oder historischen Roman, ein Sachbuch oder doch eine Liebesgeschichte? Ich geb zu, mein Ausweg klingt vielleicht etwas simpel. Und natürlich nahe liegend für eine Kirchenfrau. Aber ich bin wirklich manchmal richtig froh, dass es ein Buch gibt, das alle Wünsche bedient und auf jeden Fall eine Lektüre wert ist: die Bibel. Oder, wie Bert Brecht sogar einst antwortete auf die Frage nach seinem Lieblingsbuch: „Sie werden lachen, die Bibel!“ Sie ist ja eigentlich eher eine Bibliothek als ein Buch: Mythen und Geschichtsbücher, Liedersammlungen und Alltagsweisheiten, Prophezeiungen und Briefe enthält sie. Und längst nicht nur Frommes, wie man es sich vorstellt. Zum Beispiel gibt’s in der Bibel durchaus Passagen, in denen Gott nicht so gut weg kommt. Passagen, in denen der Mensch Gott anklagt: „Wie lange noch, Herr, vergisst du mich ganz?“ (Ps 13,1), heißt es etwa in den Psalmen. Oder im Buch Hiob: „Deine Hände haben mich gebildet. Dann hast du dich umgedreht und mich vernichtet.“ (Hiob 10,8) Das klingt ganz schön heftig. Aber es hat mir öfter schon im Leben aus der Seele gesprochen, wenn ich voller Trauer war und dachte: Warum nur, Gott? Die Bibel ist öfter mal anders als man erwartet. Zum Beispiel auch: im Hohenlied der Liebe im Alten Testament. Zeilen gibt es darin, die einen beim Lesen schon mal ungläubig staunen oder womöglich sogar erröten lassen. „Mit Küssen seines Mundes bedecke er mich. Süßer als Wein ist deine Liebe.“ (Hoheslied 1,2) Oder: „Ich fand ihn, den meine Seele liebt. Ich packte ihn, ließ ihn nicht mehr los, bis ich ihn ins Haus meiner Mutter brachte, in die Kammer derer, die mich geboren hatte.“ (Hoheslied 3,4-5) Erotische Poesie vom Feinsten ist das. Psalmen oder Hiob oder dieses Hohelied der Liebe: Da steckt Leben drin, die Fülle des Lebens, die Frage nach dem „Warum?“ genauso wie Liebe und Erotik. All diese verschiedenen Bücher der Bibel faszinieren mich. Und oft genug sind sie für mich auch Lebenshilfe und Trost. Ich lese immer wieder gern darin. Erst recht nach einem Besuch auf der Buchmesse. Wenn ich vor lauter Büchern gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Dann nehme ich einfach mal wieder die Bibel zur Hand. Sie ist und bleibt für mich: das Buch der Bücher.
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