EU-Biosprit-Pläne gefährden Rapsabsatz

Biokraftstoffe
Foto: UFOP
Auf rund 1,4 Millionen Hektar
bauen Landwirte in Deutschland
Raps an, aus dem unter anderem
Biodiesel erzeugt wird.
EU-Biosprit-Pläne
gefährden Rapsabsatz
Die EU will den Biosprit-Anteil in herkömmlichem Kraftstoff deutlich drosseln. Wir haben
Stephan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen
(UFOP) gefragt, was das für die Biokraftstoffbranche und die Landwirtschaft bedeutet.
top agrar: Herr Arens, der EU-Rat
will den Anteil von Biokraftstoffen wie
Biodiesel und Ethanol in herkömmlichem
Kraftstoff auf max. sieben Prozent begrenzen. Dabei gilt doch nach wie vor
das Ziel, den Biosprit-Anteil bis zum Jahr
2020 auf 10 % auszubauen. Oder?
Arens: Ja, das EU-Ziel gilt nach wie
vor. Allerdings stehen die Biokraftstoffe der ersten Generation, wozu
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beispielsweise Biodiesel, Ethanol und
Pflanzenöle zählen, in der Kritik.
Der Anbau von Pflanzen für die Produktion von Kraftstoffen steht angeblich zu stark in Konkurrenz mit der
Nahrungsmittelproduktion. Dabei ist
das sogar unter Experten höchst umstritten. Dennoch hat die EU be­
schlossen, den Biosprit-Anteil deutlich
herunterzufahren. Den Ratsbeschluss
halten wir für akzeptabel. Denn zuvor
hatte die EU-Kommission eine Quote
von nur 5 % gefordert und das Parlament eine von 6 %.
top agrar: Und welche Zielmarke
gilt nun?
Arens: Anders als vielfach in der
Presse dargestellt: Noch gar keine. In
einem sogenannten Trilog-Verfahren
müssen sich Parlament, Kommission
und Rat nun auf eine gemeinsame
­Linie einigen.
top agrar: Wenn das alte Ziel nach wie
vor Gültigkeit hat, wie will die EU ihre
Ziele bis 2020 erreichen?
Arens: Die Frage stellen wir uns auch.
Möglicherweise wird die Union ihre
Ziele schlicht und ergreifend verfehlen. Denn die Lücke sollen Biokraftstoffe der zweiten Generation schließen. Dazu zählt beispielsweise Biomass-to-Liquid. Fabriken, die diesen
Sprit im großen Umfang erzeugen,
gibt es allerdings noch gar nicht. In der
Theorie mag das alles möglich sein
und es gibt genügend Unternehmen,
die behaupten, sie könnten diese Produkte erzeugen. Aber die Praxis sieht
anders aus. Offensichtlich weiß die EU
das auch und bedient sich einiger
Tricks, um dem eigenen Ziel möglichst
doch noch gerecht zu werden.
Stephan
Arens ist
seit 2012
Geschäftsführer der
UFOP.
Foto: Privat
top agrar: Wagen Sie eine Prognose, wie
die Verhandlungen enden werden?
Arens: Vermutlich wird es die goldene
Mitte mit 6 % werden. Allerdings
könnte das neu gewählte Parlament
auch die Positionierung des vorherigen
Parlamentes verwerfen und neue Verhandlungen ansetzen. Dann ziehen
sich die Verhandlungen möglicherweise noch ins nächste Jahr hinein.
Für die Branche würde dies die Unsicherheiten erneut verlängern, wichtige
Investitionen würden ausbleiben.
in der EU bis zum Jahr 2020. Was
danach gelten soll, ist offen. Und genau darin sehen wir auch ein Problem
für die Biokraftstoffbranche. Kein
­Unternehmen wird in zusätzliche
­Produktionsstätten investieren, wenn
nicht sicher ist, ob es in ein paar
­Jahren überhaupt noch einen Absatzmarkt geben wird.
top agrar: Ab 2015 müssen Biokraftstoffe in Deutschland neue Anforderungen an die Klimabilanz erfüllen? Was
bedeutet das genau?
Arens: Deutschland wechselt als einziges Land in der EU ab 2015 von der
bisherigen energetischen Quoten­
verpflichtung zu einer sogenannten
Treibhausgas (THG)-Einsparungspflicht. Damit ist für den Marktzugang nicht nur der Biodieselpreis,
­sondern auch seine Effizienz in der
THG-Minderung entscheidend. Kurz
gesagt: je effizienter, desto geringer ist
der Biodiesel- und damit auch der
­Rapsölbedarf.
Die geplante Einsparvorgabe von 3%
gegenüber dem Vorjahr wurde bereits
2009 festgelegt. Der Wert ist aus heutiger Sicht viel zu niedrig, denn Biokraftstoffe weisen heute eine bessere
THG-Bilanz auf als damals gedacht.
Um den drohenden Absatzeinbruch
zu verhindern fordert die UFOP eine
deutliche Anhebung des Wertes in
Richtung vier Prozent. Darüber muss
jetzt der Bundestag beschließen.
top agrar: Welche Auswirkungen haben
die Beschlüsse unter Umständen für die
Landwirtschaft?
Arens: Es geht um nicht weniger als
um das zukünftige Absatzvolumen für
Rapsöl als Biokraftstoffkomponente.
Und damit um einen wichtigen Verwertungspfad für den Rapsanbau.
­Diesen gilt es zu sichern, auch über
das Jahr 2020 hinaus. Diethard Rolink
Rohstoffmix im Diesel
top agrar: Was meinen Sie damit?
Arens: Biokraftstoffe, die nicht aus
Biomasse für die Lebensmittelproduktion hergestellt werden, dürfen auf das
10-Prozent-Ziel doppelt angerechnet
werden. Dazu zählen beispielweise
Stroh, Bioabfälle, Frittenfette usw.
­Außerdem wird von der EU Strom aus
Erneuerbaren Energien, der im Schienenverkehr eingesetzt wird, sogar
2,5-mal und Ökostrom, der im Straßenverkehr eingesetzt wird, fünffach
berücksichtigt.
top agrar: Angesichts dieser Ausgangslage, haben die Biokraftstoffe der ersten
Generation denn überhaupt noch eine
Chance nach dem Jahr 2020? Oder
wird deren Anteil dann für immer auf
gleichem Niveau eingefroren?
Arens: Das ist eine gute Frage. Denn
derzeit gibt es nur verbindliche Ziele
Der Rohstoffwettbewerb nimmt zu. Die Kraftstoffindustrie mischt aber vor allem
Biodiesel in herkömmlichen Diesel, der sehr winterfest ist.
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