Meldung als pdf - Pressestelle der Universität Augsburg

 UniPressedienst Verantwortlich: Pressestelle der Universität Augsburg Klaus P. Prem, Michael Hallermayer 86135 Augsburg Telefon 0821/598‐2096 [email protected]‐augsburg.de [email protected]‐augsburg.de www.presse.uni‐augsburg.de 140/16 – 19. Oktober 2016 Richtig sterben Ein DFG‐gefördertes Forschungsprojekt am Augsburger Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte untersucht, wie sich Todesvorstellungen und das menschliche Lebensende nach 1945 in Deutschland verändert haben Augsburg/FG/KPP – Sterbehilfe, Sterbebegleitung, Palliativmedizin: Das Sterben hat sich im letz‐
ten Drittel des 20. Jahrhunderts zu einem kontroversen Gegenstand entwickelt. Trotz ebenso inten‐
siver wie emotionaler öffentlicher Diskussionen ist das Thema bislang kaum zeithistorisch bearbei‐
tet worden. Diese Lücke versucht ein neues Augsburger Forschungsprojekt zu schließen. Unter dem Arbeitstitel „In Würde sterben? Die Debatte um das menschliche Lebensende in beiden deutschen Staaten nach 1945“ untersucht der Augsburger Historiker Florian Greiner die sich wandelnden Sterbeverläufe in der Bundesrepublik und in der DDR – und die politischen und gesellschaftlichen Reaktionen auf diesen Wandel. Das am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte (Prof. Dr. Dietmar Süß) angesiedelte Projekt wird für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Tabuisierung des Todes Infolge medizinischer Fortschritte und des modernem Wohlfahrtsstaats werden Menschen im‐
mer älter. Chronische Krankheiten wie Krebs, kostenintensive lebensverlängernde Maßnahmen und neue Sterbeorte wie das Krankenhaus oder Altenheime wurden nach dem Zweiten Welt‐
krieg zu Kennzeichen des „normalen Todes“. Seit den 1960er Jahren beklagen Beobachter eine darauf aufbauende „Tabuisierung“ des Todes und ein anonymes, technisches Sterben an Appara‐
ten. Was war, wurde und ist ein „guter Tod“? Welche Auswirkungen hatten medizinischer und demographischer Wandel tatsächlich auf menschliche Sterbeverläufe? Wie reagierten Politik, Medizin und Gesellschaft auf die neuen Her‐
ausforderungen am Lebensende? Was machte für Zeitgenossen einen „guten Tod“ aus? Und mit welchen Mitteln wurde versucht, ein selbstbestimmtes „Sterben in Würde“ in der modernen Industriegesellschaft zu gewährleisten? UPD 140/16, Seite 1 von 2
Indiz für gesellschaftliche Konventionen und sozialen Wandel Das Projekt spürt diesen Fragen auf einer breiten Quellengrundlage nach. In den Blick kommen etwa die Versuche von Medizinern und Sozialwissenschaftlern, das Sterben wissenschaftlich zu erfassen, weiterhin die Formierung von Sterbehilfe‐ und Hospizbewegung als Neue Soziale Be‐
wegungen sowie auch die zunehmenden Ökonomisierungstendenzen in diesem Feld. So traten nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zuletzt aufgrund der explodierenden Sterbekosten zuneh‐
mend mehr Akteure und verschiedene Interessen auf das Parkett: Kirchen, Pharmaindustrie, Gesundheitspolitik, Ärzteverbände, Medien sowie neue zivilgesellschaftliche Organisationen. Das Lebensende erweist sich so als eine Sonde für allgemeine Prozesse, die Aufschluss über ge‐
sellschaftliche Konventionen, sozialen Wandel und vorherrschende normative Grundstrukturen geben können. ____________________ Kontakt: Dr. Florian Greiner/Prof. Dr. Dietmar Süß Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Universität Augsburg 86135 Augsburg Telefon 0821/598‐5758 [email protected]‐augsburg.de UPD 140/16, Seite 2 von 2