PDF - Katholische Kirche beim hr

Gemeindereferentin Bettina Pawlik, Kelkheim
hr4-Übrigens am Freitag, 14. Oktober 2016
Burkaverbot
„Ich kann nicht alles verbieten, was mir nicht gefällt!“ Ein deutscher Minister hat
diesen Satz gesagt. Es ging um die Burka, den Gesichtsschleier der muslimischen
Frauen. Da ging es in der Presse, im Fernsehen und im Internet rund. Verbieten, ja
oder nein? Kann es so ein Gesetz geben? „Bei uns in Deutschland zeigt man sein
Gesicht!“ „ Aber manche muslimischen Frauen wollen diesen Schleier tragen! „Der
Schleier ist ein Zeichen für die Unterdrückung der Frau“ Die Meinungen gingen hin
und her. Ich finde, man sollte das ganze etwas ruhiger betrachten. Was gar nicht
geht: Eine Frau darf nicht zum Tragen des Schleiers gezwungen werden. Aber
sonst? Und ich erinnere mich: Als ich in den Kindergarten ging – das ist über fünfzig
Jahre her – haben uns dort Ordensschwestern betreut. Und bei denen guckten nur
Augen, Mund und Nase aus dem Schleier. Niemals hätte eine Schwester sich vor
den Kindern ohne Schleier sehen lassen. Das wäre völlig unmöglich gewesen.
Abgesehen davon, dass es heute nur noch wenige Ordensschwestern gibt, tragen
nur noch in einigen Klöstern die Schwestern einen Schleier - meistens dort, wo die
Hauptaufgabe der Schwestern das Gebet ist. Alle anderen haben den Schleier
abgelegt.
Man hat in alten Schriften entdeckt, dass sich schon seit fünftausend Jahren Frauen
verschleiern. In manchen Kulturen verschleiern sich auch Männer. Ursprung der
Verschleierung war wahrscheinlich die Ehrfurcht vor dem Heiligen. Davon finden sich
Spuren in der Bibel. Mose verhüllte sein Gesicht, als er den brennenden Dornbusch
sieht. (Ex 3,6). In dieser Erzählung begegnet Gott dem Mose und gibt ihm einen
Auftrag. Auch der Apostel Paulus trägt den Frauen auf, ihren Kopf beim Beten zu
bedecken. (1 Kor 11,5). Viele Jahrhunderte war das Brauch, vor allem in der
katholischen Kirche. Aber seit der Erneuerung des kirchlichen Gesetzbuchs 1983 gibt
es diese Vorschrift nicht mehr. Was Jahrhundert lang strenge Vorschrift war, gilt
heute nicht mehr. Darum finde ich, wir sollten auch bei der Diskussion um das
Tragen des Schleiers von Musliminnen gelassen sein. Wahrscheinlich sieht auch das
in fünfzig Jahren ganz anders aus. Unsere Art zu leben, das, was wir erreicht haben,
ist ja für die vielen Menschen, die zu uns kommen, attraktiv. Sonst würden sie
woanders hingehen. Statt über Verbote für das, was uns nicht gefällt, nachzudenken,
sollten wir werben – mit unserer Freiheit und Freizügigkeit, die ihre Grenze da hat,
wo es die Freiheit andere Menschen einschränkt.