Programmübersicht vielen Disziplinen stetig wachsendes Feld wissenschaftlicher Betätigung. Welche Ergebnisse konnten bislang erzielt werden? Welche Lehren lassen sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ziehen? Die Referentinnen und Referenten der Vortragsreihe „K‘Universale“ im Wintersemester 2016/17 haben ganz unterschiedliche Versuche unternommen, das weite Feld der Gewalt zu vermessen. Veranstaltungsort 31. Oktober entfällt 7. November Sr. Dr. Lea Ackermann, Boppard: Zwangsprostitution und Menschenhandel – das Geschäft mit der „Ware“ Frau und Kind Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Campus Eichstätt, Kollegiengebäude / Hörsaal KGA 201 Ostenstraße 26, 85072 Eichstätt 14. November Prof. Dr. Burkhard Liebsch, Bochum: Sprache, Gewalt und die Gastlichkeit des (Zu-)Hörens 21. November Dipl.-Psych. Markus Hoga, München: Gewalt und Kriminalpsychologie 28. November Prof. Dr. Franz M. Wuketits, Wien: Mord, Krieg, Terror – Ursachen und Erscheinungsformen der Gewalt in Geschichte und Gegenwart Prof. Dr. Wolfgang Klug, Eichstätt: „Wegsperren für immer“? Sexualstraftäter zwischen medialer Aufmerksamkeit und realen Behandlungsmöglichkeiten 19. Dezember Generalleutnant a.D. Kersten Lahl, Bonn: Rolle und Grenzen militärischer Gewalt in den aktuellen Krisenlagen rund um Europa 9. Januar 16. Januar Prof. Dr. Hartmut Bobzin, Erlangen: Gott hat die Macht dazu, dass er die einen von euch die Gewalt der anderen spüren läßt (Sure 6:65) „Macht“ und „Gewalt“ im Islam 23. Januar Karin Heisecke MSc., Berlin: Privatsache? Kavaliersdelikt? Menschenrechtsverletzung! Gesellschaftliche, politische und rechtliche Diskurse zu Gewalt gegen Frauen 30. Januar Wolfgang Bauer, Reutlingen: Warum muss ich mir das antun? Gewalt und Medien Im Namen der Veranstalter Prof. Dr. Ulrich Kropač Prof. Dr. Bernhard Sill Unser Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus einer Bilderreihe des Eichstätter Malers Michael Baader (1729-1792) über die alttestamentarische Geschichte von der Opferung von Jephtas Tochter. Die sechs Ölgemälde befinden sich im Holzersaal der Sommerresidenz. Prof. Dr. Burkhard M. Zapff, Eichstätt: Gewalt im Alten Testament – Wie umgehen mit einem von Gewalt geprägten Gottesbild? 6. Februar Prof. Dr. Jörg Baberowski, Berlin: Räume der Gewalt montags von 18:15 bis 19:45 Uhr stra ße Hofgarten e 12. Dezember ten alle Dies Academicus Os KGA itäts 05. Dezember Sommerresidenz N 0 50 m Bearbeitungstand 2015 der Hintergrundkarte GewaltforschungBasisist heute einDTK-10 in Joe Bausch, Werl: Knast vers Gewalt hat viele Gesichter und erweist sich darin als erschreckend schreckliche Wirklichkeit. Gewalt gibt es ofGebäude der Universität fenbar, seit es Menschen gibt. Mythen, Märchen, Sagen, universitätseigene Parkplätze Legenden be(ur)kunden dieses anthropologische Grunddatum für die Vergangenheit. Die täglichen NachrichtenParkhaus öffentliche (Auswahl) sendungen präsentieren uns Parkplätze die „bad news“-Geschichten der Gegenwart. Betroffenheit, Beunruhigung, Rat- und KU Sprachlosigkeit Kartengrundlage: bleiben zurück. Kartengrundlage: © Bischöfliches Ordinariat Eichstätt 2015 24. Oktober Uni D ie Welt hatte Zähne, und sie konnte damit zubeißen, wann immer sie wollte“, schreibt Stephen King in seinem Roman „Das Mädchen“. Wer diesem Satz zustimmt, tut das, weil er die Gewaltförmigkeit unserer Welt erfahren hat, sei es als Beobachter, sei es gar als Opfer von Gewalt. Dieser Satz steht quer zur Zuversicht, ein „Ende der Gewalt“ (René Girard) sei bald in Sicht. Ein kurzer Blick auf verschiedene lokale (Amoklauf in München) wie globale (Syrien) SzenarienNentzieht einer hoffnungsvollen Vision gnadenlos den Boden. 0 50 m Veranstaltungsort & Kontakt B13 Einführung Kontakt Gebäude der Universität Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt universitätseigene Parkplätze Peter Zanker Parkhaus Telefon: +49 / 8421 / 93-23156 öffentliche Parkplätze (Auswahl) www.ku.de/kuniversale E-mail: [email protected] Kartengrundlage: KU Redaktion: Peter Zanker Kartengrundlage: © Bischöfliches Ordinariat Eichstätt 2015 Bearbeitungstand 2015Stabsabteilung Entwicklung und Kommunikation Satz und Gestaltung: Basis der Hintergrundkarte DTK-10 Klenk / Foto von Karin Heisecke – Evelin Frerk Bildnachweis: Titefoto – Christian alle übrigen Fotos – privat in Kooperation mit Gewalt Interdisziplinäre Vortragsreihe im Wintersemester 2016/17 Das Programm 24. Oktober 2016 Joe Bausch: Knast Joe Bausch ist leitender Regierungsmedizinaldirektor in der JVA Werl, einem Hochsicherheitsgefängnis für heute rund 1000 männliche, erwachsene Insassen. In seinem Vortrag blickt er auf 30 Jahre Erfahrung mit Gewalttätern zurück und erläutert seine Erkenntnisse über die Ursachen der Gewalt: Was macht Menschen böse? Was zu Gewalttätern? Ist das Böse männlich? Handelt es sich nur um Psychopathen? Gibt es einen freien Willen? Aber er richtet den Blick nicht nur auf die Ursachen der Gewalt: Was muss sich verändern um inhaftierte Gewalttäter aussichtsreicher zu resozialisieren? Was können wir tun um die Zahl der Gewalttäter in unserer Gesellschaft zu minimieren? Joe Bausch ist Arzt, Autor und Schauspieler. Einem breiten Publikum wurde er als Gerichtsmediziner im Kölner Tatort, prominenter Teilnehmer in Talkshows und Autor des „Spiegel“-Bestsellers „Knast“ bekannt. 07. November 2016 Sr. Dr. Lea Ackermann: Zwangsprostitution und Menschenhandel – das Geschäft mit der „Ware“ Frau und Kind In Deutschland leben nach Schätzungen 400 000 Frauen in der Prostitution. Die Mehrheit kommt aus dem Ausland, kennt weder deutsche Gesetze noch die deutsche Sprache. Hier finden sich die Frauen, die oft unter falschen Voraussetzungen angelockt wurden, in einer gut funktionierenden Sexindustrie wieder. Sr. Ackermann nimmt die Situation und Auswirkungen der Zwangsprostitution in Deutschland in den Blick und thematisiert dabei im Besonderen die Reaktionen der Justiz. Anschließend werden die Arbeit von SOLWODI („Solidarity with Women in Distress“) vorgestellt und Wege aufgezeigt, die die Frau als Person in das Zentrum der Überlegungen stellen. Die Ordensschwester Dr. Lea Ackermann setzt sich seit vielen Jahren gegen Prostitution und Menschenhandel ein. Für Ihr Engagement bekam sie 2012 das Große Bundesverdienstkreuz. 14. November 2016 Prof. Dr. Burkhard Liebsch: Sprache, Gewalt und die Gastlichkeit des (Zu-)Hörens Zwar kennt das bürgerliche Recht seit langem strafbare Formen sprachlicher Gewaltausübung, doch diese haben sich als sehr anpassungsfähig erwiesen. Selbst hate speech ist nicht immer eindeutig als solche zu erkennen. Daher ist es fraglich, inwieweit das Recht für sprachliche Gewalt zuständig sein kann. Im Vortrag wird daher nicht speziell strafbare sprachliche Gewalt diskutiert, sondern allgemeiner von deren verletzendem Moment ausgegangen. Daneben geht es um differenzielle Fragen, die wir im Interesse an geringstmöglicher Gewalt und in der Suche nach Auswegen aus ihr aufwerfen müssen. In zahlreichen Monografien und Veröffentlichungen hat sich Prof. Burkhard Liebsch, Philosoph an der Universität Bochum, mit dem Thema Gewalt auseinandergesetzt. 21. November 2016 Markus Hoga: Gewalt und Kriminalpsychologie Kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit in Zusammenhang mit schwerwiegenden Gewaltdelikten bedient sich regelmäßig wissenschaftlicher Unterstützung. Bei der Aufklärung sexuell motivierter Tötungsdelikte oder bei Tötungsdelikten mit einer unklaren Motivlage können Erkenntnisse der Kriminalpsychologie im Rahmen einer polizeilichen Fallanalyse zu einem vertieften Fallverständnis und zur Erarbeitung zielführender Ermittlungsansätze beitragen. Im Fokus steht dabei die kriminalpsychologische Bewertung der Art und Anwendung von Gewalt. Der Vortrag versucht, einen Einblick in die kriminalpsychologische Betrachtungsweise von Gewalt zu ermöglichen. Dipl.-Psych. Markus Hoga arbeitet als Polizeilicher Fallanalytiker beim Polizeipräsidium München. 28. November 2016 Prof. Dr. Franz M. Wuketits: Mord, Krieg, Terror – Ursachen und Erscheinungsformen der Gewalt in Geschichte und Gegenwart Gewalt ist eine anthropologische Universalie und in allen Gesellschaften ausgeprägt. Sie manifestiert sich als individuelle Gewalt (Körperverletzung, Mord, Totschlag) und als kollektive, strategisch geplante Gewalt (Krieg bis hin zum Genozid). Woher kommt die Neigung zur Gewalt? Warum töten Menschen andere Menschen? Die Bereitschaft zu aggressivem Verhalten ist in der Evolutionsgeschichte tief verwurzelt. Allerdings bedarf es spezifischer „Anlässe“, um die Aggressivität zu aktivieren. Beim Menschen spielen dabei neben ökonomischen Faktoren (Wettbewerb um Ressourcen) vor allem ideologische und/oder religiöse Faktoren eine wichtige und unrühmliche Rolle. Prof. Dr. Franz M. Wuketits lehrt Wissenschaftstheorie mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften an der Universität Wien. Er ist Vorstandsmitglied des Konrad Lorenz Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung. 12. Dezember 2016 Prof. Dr. Wolfgang Klug: „Wegsperren für immer“? Sexualstraftäter zwischen medialer Aufmerksamkeit und realen Behandlungsmöglichkeiten Der damalige Kanzler Schröder erklärte 2001 der „Bild am Sonntag“, er komme immer mehr zu der Auffassung, dass erwachsene Männer, die sich an kleinen Mädchen vergingen, nicht therapierbar seien. Schröder wörtlich: „Deswegen kann es da nur eine Lösung geben: wegschließen – und zwar für immer“. Weil dies aus rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Gründen schwer realisierbar ist, sind Wissenschaft und Praxis aufgefordert, wirksame Methoden der Rückfallverhinderung zu finden. Im Vortrag werden neben der strafrechtlichen Bewertung, Typisierungen und Erscheinungsformen auch Entstehungsmodelle von Sexualdevianz sowie Resozialisierungsmöglichkeiten angesprochen. Diskutiert wird schließlich die Frage, wie viel „Risiko“ unsere Gesellschaft zu tragen bereit ist. Prof. Dr. Wolfgang Klug ist Professor für Methoden der Sozialen Arbeit an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. 19. Dezember 2016 Kersten Lahl: Rolle und Grenzen militärischer Gewalt in den aktuellen Krisenlagen rund um Europa In und um Europa herrscht derzeit kein Mangel an Krisen. Im Süden versinkt eine ganze Region im Chaos. Im Osten irritieren aggressive Verhaltensmuster Russlands. Global wirkende Risiken übergreifen das Ganze: Von Terrorismus und Staatszerfall über Migration bis hin zu Cyberbedrohungen und Klimawandel. Sicherheitsfragen erhalten wieder einmal höchste Relevanz. Zugleich hat sich das Spektrum erforderlicher Instrumente deutlich erweitert: Neben die „klassische“ militärische Gewalt treten nun vermehrt diplomatische, entwicklungspolitische, polizeiliche, kulturelle und andere Mittel. In welchen konkreten Szenarien erfüllen Streitkräfte daher noch eine strategisch tragende Rolle? Kersten Lahl ist Generalleutnant a. D. der Bundeswehr. Nach seiner Pensionierung im April 2008 war er bis August 2011 Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin. 09. Januar 2017 Prof. Dr. Burkhard M. Zapff: Gewalt im Alten Testament – Wie umgehen mit einem von Gewalt geprägten Gottesbild? Gewalt spielt in der Bibel eine nicht unerhebliche Rolle. Dies gilt insbesondere für Texte des Alten Testaments, die diesem den Ruf eingebracht haben, einen rächenden und blutrünstigen Gott zu verkünden. Der Vortrag versucht anhand ausgewählter Beispiele aufzuzeigen, in welcher Weise gewalthaltige Texte im Alten Testament verstanden werden wollen und welche Verkündigungsintentionen sich daraus ergeben können. Es zeigt sich überdies, dass auch das Alte Testament die Problematik von Gewalt und eines gewalttätigen Gottesbildes wahrnimmt und sich dabei selbst in einem Entwicklungs- und Klärungsprozess befindet. Prof. Dr. Burkhard M. Zapff ist Inhaber des Lehrstuhls für Alttestamentliche Wissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. 16. Januar 2017 Prof. Dr. Hartmut Bobzin: Gott hat die Macht dazu, dass er die einen von euch die Gewalt der anderen spüren läßt (Sure 6:65) – Macht und Gewalt im Islam Seit dem Auftauchen muslimischer Krieger im 7. Jh., die ihre kriegerischen Handlungen mit dem Wirken des arabischen Gottesgesandten Mohammed begründen, werden Macht und Gewalt in den nun entstehenden politischen Entitäten religiös begründet. Das Dilemma islamischer Herrschaft besteht bis heute jedoch darin, dass die Frage, wer eigentlich der legitime Nachfolger (arab. khalîfa) Mohammeds ist. Die islamische Rechtswissenschaft bietet dafür verschiedene Lösungsmöglichkeiten an. In der Praxis stehen sich die mehrheitlich sunnitischen Staaten einer Minderheit von schiitischen und kharidschitischen gegenüber. Prof. Dr. Hartmut Bobzin ist Professor für Islamwissenschaft und Semitische Philologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er hat den Koran neu übersetzt. 23. Januar 2017 Karin Heisecke: Privatsache? Kavaliersdelikt? Menschenrechtsverletzung! Gesellschaftliche, politische und rechtliche Diskurse zu Gewalt gegen Frauen Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Die Folgen sind weitreichend, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kosten enorm. Wie hat sich die Gesetzeslage zu Gewalt gegen Frauen verändert? Wie steht es mit der Umsetzung? Werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen? Warum erstatten so wenige Frauen Anzeige? Welche Rolle spielen „Kultur“ und Tradition? Wie wird das Thema in politischen Debatten, in den Medien, in der Schule, in der Familie behandelt? Karin Heisecke bespricht diese Fragen im Kontext internationaler, europäischer und nationaler Entwicklungen. Karin Heisecke ist Sozialwissenschaftlerin mit Spezialisierung im Bereich Geschlechtergerechtigkeit und Internationale Politik. 30. Januar 2017 Wolfgang Bauer: Warum muss ich mir das antun? Gewalt und Medien Ich kann‘s nicht mehr hören, sagen viele, die im TV über Kriege dieser Welt hören, in der Zeitung über Konflikte weit weg lesen. Wie sehr uns diese Konflikte angehen, zeigte der syrische Bürgerkrieg, von dem nicht viele bei uns etwas wissen und sehen wollten – bis im Sommer 2015 zehntausende syrische Flüchtlinge ihr Problem auch zu unserem Problem machten. Wolfgang Bauer berichtet als Reporter seit Jahren aus den Krisenregionen dieser Welt, aus Syrien, Irak, Libyen, Nigeria und Afghanistan. Krisenreportagen sind immer eine Gratwanderung. Wieviel kann, muss man Lesern zumuten? Wie gefährlich ist die Krise für den Krisenjournalisten selbst? Ein Frontbericht. Wolfgang Bauer ist freier Journalist und schreibt seit 2011 für „Die Zeit“. Als Krisenreporter ist er auch für „NEON“/“Nido“, das „Greenpeace Magazin“ und „Geo“ unterwegs. 06. Februar Prof. Dr. Jörg Baberowski: Räume der Gewalt Der Mensch muss nie, kann aber immer töten, er kann sich vernünftig verhalten, sich aber auch gegen die Vernunft entscheiden. Gewalt gibt es nur deshalb, weil Menschen sie sich nicht nur vorstellen, sondern sie auch jederzeit einsetzen können. Gewalt ist eine Handlungsressource, die Aufmerksamkeit und Macht verschaffen kann, selbst solchen Menschen, denen sonst niemand zuhört. Darin liegt ihre Attraktivität begründet. Und dennoch kommt es in den meisten Fällen nicht darauf an, was einer denkt oder meint, sondern was einer kann und darf. Es sind Situationen und Räume, die darüber entscheiden, von welchen Möglichkeiten Menschen Gebrauch machen können und ob es zum Ausbruch der Gewalt kommt. Prof. Dr. Jörg Baberowski ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2012 erhielt er den Preis der Leipziger Buchmesse und stand mehrere Wochen auf der „Spiegel“-Bestsellerliste. K’Universale – Horizonte erweitern
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