"Gemischte Gefühle": Thüringen im Lichte der Flüchtlingspolitik

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/161020_Thueringenmonitor2016.pdf
"Gemischte Gefühle": Thüringen im Lichte der Flüchtlingspolitik
Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2016 liegen vor
Was in diesem Jahr mit der politischen Kultur in unserem Land geschehen ist, ob es eine
Radikalisierung und Polarisierung gegeben hat, ob eine akute Gefährdungslage für unsere
Demokratie entstanden ist, wie die Menschen in Thüringen ihre neuen Mitbewohnerinnen und
Mitbewohner wahrnehmen und welche Erwartungen sie hier an die politisch Verantwortlichen
haben, ist im neuen Thüringen-Monitor nachzulesen. Der Thüringen-Monitor 2016 soll im
November - nach einer Regierungserklärung von Ministerpräsident Bodo Ramelow - im Landtag
debattiert werden.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Heinrich Best vom Institut für Soziologie der
Friedrich-Schiller-Universität Jena hat sich die jährliche Befragung und Auswertung zur politischen
Kultur im Freistaat - sie startete nach dem Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge im Jahr 2000 zu einem wertvollen, auf repräsentativen Bevölkerungsbefragungen basierenden Gutachten
etabliert. In regelmäßig wiederkehrenden Fragenkomplexen werden insbesondere die
Demokratieunterstützung, die Verbreitung rechts−extremer Einstellungen, die Bereitschaft zur
politischen Partizipation und das Vertrauen der Thüringerinnen und Thüringer in staatliche
Institutionen untersucht. Darüber hinaus widmet sich jeder Thüringen-Monitor einem eigenen
Schwerpunktthema: In der aktuellen Ausgabe sind das die Flüchtlingspolitik und die mit dem
Eintreffen von über einer Million Flüchtlingen und Asylsuchenden überwiegend aus islamischen
Ländern verbundenen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft.
Viele Ostdeutsche fühlen sich weiterhin gegenüber Westdeutschen benachteiligt
Soziologe Best stellt fest: "Für viele Menschen in Thüringen und in Ostdeutschland insgesamt ist
das Projekt der deutschen Einheit auch im 26. Jahr und nach einem materiell ungeheuer
aufwendigen Prozess nationaler Integration noch keineswegs abgeschlossen. Viele Ostdeutsche
fühlen sich weiterhin gegenüber Westdeutschen benachteiligt. Auch der Anteil derer, die an der
Demokratie 'wie sie in der Praxis funktioniert', Kritik üben, ist hoch. Diese Unzufriedenheit
wiederum steht in einem Zusammenhang zu Vorbehalten gegenüber der Aufnahme von
Asylsuchenden und Flüchtlingen sowie der Integration von Migranten."
Rechtsextreme Einstellungen auf Tiefstwert
Ein Kernthema jedes Thüringen-Monitors ist die Messung rechtsextremer Einstellungen. Nachdem
der Anteil rechtsextremer Einstellungen 2015 - entgegen dem Trend der vorausgegangenen Jahre
- auf 24 Prozent angestiegen war, erreicht er laut der aktuellen Studie 2016 mit 16 Prozent einen
neuen Tiefstwert. Das ist in erster Linie auf den Rückgang der neo-nationalsozialistischen
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Einstellungen von 9 auf 6 Prozent zurückzuführen. Die Zustimmung zur Aussage, dass
Deutschland durch Ausländer in gefährlichem Maße überfremdet sei, (52 Prozent) hat sich jedoch
gegenüber dem Vorjahr statistisch nicht signifikant verändert. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der
Aussage, dass unser Land heute ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen
gegenüber dem Ausland brauche. Die Zusammenfassung der Ergebnisse des aktuellen
Thüringen-Monitors ist hier zu finden.
Thüringens Staatskanzleichef Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und
Europaangelegenheiten, kündigt für den 11. November 2016 die Regierungserklärung des
Ministerpräsidenten zum Thüringen-Monitor 2016 an - und setzt angesichts des umfassenden
Zahlenwerks auf eine fundierte Landtagsdebatte: "Wir wollen die Fragen und die Wege diskutieren,
wie wir den Freistaat für die Herausforderungen der Zukunft wappnen. Mit dem Thüringen-Monitor
legt die Staatskanzlei dem Kabinett, dem Landtag und der Öffentlichkeit erneut ein Gutachten vor,
aus dem wir Schlüsse ziehen und konkrete Maßnahmen ableiten wollen, um den Freistaat für die
Thüringerinnen und Thüringer noch lebenswerter, weltoffener und sozialer zu gestalten - sowie die
bei uns Schutz suchenden Menschen willkommen zu heißen und zu integrieren."
Der Thüringen-Monitor
Der Thüringen-Monitor wird im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei von einem Forscher−team der
Universität Jena erarbeitet. Im Laufe der Jahre sind Zeitreihen und Datenbestände entstanden, die
Entwicklungen aufzeigen und Analysen unter anderem Blickwinkel, wie die Untersuchungen mit
den Mitteln der Milieuforschung, zulassen. In der Studie "Güte und Reichweite der Messung des
Rechtsextremismus im Thüringen-Monitor" wurde in den Jahren 2013 und 2014 auch die Methodik
kritisch hinterfragt.
Die Thüringen-Monitore sind im Internet veröffentlicht. Die Daten der Thüringen-Monitore 2000 bis
2015 stehen über die Datenbank GESIS auch für weitere wissenschaftliche Forschung zur
Verfügung.
Meldung vom: 20.10.2016 11:10 Uhr
Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2016 liegen vor
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