Grenzenlose Geldtransfers

Grenzenlose Geldtransfers
Ohne Bankkonto bleibt Flüchtlingen in Jordanien der Zugang zu kostengünstigen Geldtransfers
oft verwehrt. Digitale Finanzdienstleistungen sollen dies ändern.
Jordanien
Irbid
Amman
Projektname
Digi#ances – Förderung des Zugangs zu
Remittances und weiteren
Finanzdienstleistungen über digitale Lösungen
Auftraggeber
Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Durchführungsorganisation
Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Projektgebiet
Aufnehmende Gemeinden im Norden Jordaniens
(Gouvernorate Irbid, Mafraq und Amman)
Politischer Träger
Jordanische Zentralbank (CBJ)
Gesamtlaufzeit
10/2015 bis 09/2018
Finanzvolumen
2,3 Mio. Euro
Maße für von Frauen geführte Haushalte. Für die jordanische
Wirtschaft sind private Geldtransfers von im Ausland lebenden Angehörigen und Landsleuten, so genannte Remittances,
seit langem ein bedeutender Faktor: in 2015 machten sie mit
3,8 Milliarden US Dollar etwa 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus.
Zahlungen aus dem Ausland, wie fast alle Finanzgeschäfte,
werden in Jordanien normalerweise in bar getätigt. Für bargeldlosen Geldtransfer fallen bei Banken, Transferanbietern
und informellen Geldverleihern in der Regel hohe Kosten
an. Ein Großteil des Geldes wird daher informell versandt –
beispielsweise über ein auf Vertrauen basierendes Geldtransfersystem, genannt Hawala, oder auf Reisen mitgenommen.
Auch innerhalb Jordaniens ist es üblich, sich unter Freunden
und Verwandten durch Geldtransfers zu unterstützen. Denn
75 Prozent der jordanischen Erwachsenen besitzt kein
Bankkonto. Vor allem Frauen, die einkommensschwache und
ländliche Bevölkerung haben nur eingeschränkten Zugang
zu Finanzdienstleistungen. Flüchtlingen ist die Eröffnung
eines Bankkontos in Jordanien bislang nicht erlaubt.
Marktlücke nutzerfreundliche Geldtransfers
Digitale Lösungen entwickeln
Schon lange ist Jordanien das zentrale Aufnahmeland für
Flüchtlinge aus den benachbarten Krisen- und Konfliktregionen. Menschen aus Palästina, Irak, Libanon und seit
2011 vor allem aus Syrien suchen in dem als relativ stabil
geltenden Land Zuflucht. Laut dem Flüchtlingshilfswerk
der Vereinten Nationen (UNHCR) wurden bis Mitte
2016 mehr als 655.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien
registriert. Mit einem Anteil von 80 Prozent lebt die große
Mehrheit von ihnen außerhalb der Flüchtlingscamps in
aufnehmenden Gemeinden.
Das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Vorhaben will
Flüchtlingen und einkommensschwachen Jordanierinnen
und Jordaniern den Zugang zu Finanzdienstleistungen
erleichtern und damit deren Möglichkeiten, sich selbst
wirtschaftlich und sozial weiter zu entwickeln.
Für Flüchtlinge, doch auch für viele jordanische Haushalte,
stellen inländische und grenzüberschreitende Geldtransfers
eine wichtige Einkommensquelle dar. Sie erweitern ihre
wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten und damit die
Basis sich selbst helfen zu können – dies gilt in besonderem
GIZ
Katharina Braun
[email protected]
An den Voraussetzungen für digitale Geldtransferdienstleistungen arbeitet die Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH gemeinsam mit der jordanischen
Zentralbank.
Drei zentrale Bedingungen müssen für grenzüberschreitende
Geldtransfers erfüllt sein: Zunächst muss ein bedarfsgerechtes
digitales Geldtransferangebot auf nationaler Ebene entwickelt
werden, ein sogenanntes Angebot für Binnen-Remittances
innerhalb Jordaniens. Hierzu eignen sich besonders mobilfunk-basierte Systeme, da ein Großteil der Jordanier und
Flüchtlinge Handys besitzen. Eine solche mobilfunk-basierte
nationale Dienstleistung für Geldtransfers wird zusammen
mit privatwirtschaftlichen Akteuren entwickelt und als
Pilotprojekt umgesetzt.
Unerlässlich ist zweitens, dass die Menschen, die man mit
dem Angebot erreichen möchte, dieses kennen, annehmen
und auch nutzen. Um dies zu gewährleisten und Misstrauen
abzubauen, führt die GIZ Informationskampagnen und
Schulungen durch, die über die verantwortungsvolle Nutzung
digitaler Finanzdienstleistungen aufklären.
Drittens muss die bereits bestehende Regulierung für digitale
Geldtransfers so erweitert werden, dass grenzüberschreitende
Remittances auf sicherem Weg über digitale Kanäle versandt
werden können. Daher berät die GIZ die jordanische Zentralbank dabei, Regulierungs- und Aufsichtsmechanismen zu
entwickeln, die internationalen Standards für Konsumentenschutz, Anti-Geldwäsche und Anti-Terrorismusfinanzierung
gerecht werden.
Angebot für mehr Gleichberechtigung
Kostengünstige digitale Geldtransfers erhöhen das verfügbare
Einkommen und bieten einen sicheren Ort, um Geld aufzu­be­wahren und zu sparen. Das Vorhaben verbessert den gleichberechtigten Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen, die
sowohl für nationale als auch für internationale Transfers
genutzt werden können. Mindestens 50 Prozent Frauen sollen
über die Informationskampagnen und Finanzdienstleistungen
erreicht werden, was erfordert, diese an deren Bedürfnisse
anzupassen. Durch Pilotprojekte und Schulungsmaßnahmen
wird sichergestellt, dass Flüchtlinge und einkom­mens­schwache
jordanische Bevölkerungsgruppen von dem Angebot profi­
tieren. Letztlich kommt die Entwicklung digitaler Finanzdienstleistungen allen Bevölkerungsgruppen zugute.
Nachhaltiger Fortschritt für Alle
„Unsere Vision ist es, Zahlungssysteme
in Jor­danien zu digitalisieren und
dadurch die Transaktions­kosten zu
senken. Um dieses Ziel zu erreichen,
haben die Zentralbank und die jordanische Bankengemeinschaft eine Plattform für digitale Geld­t ransfers eingeführt. JoMoPay bietet sowohl Sicherheit
als auch Flexibilität und gewährleistet
Inter­opera­bi­lität zwischen verschiedenen digitalen Geldtrans­feranbietern.“
Maha M. Bahou, Abteilungsleiterin, Abteilung für Nationale
Zahlungssysteme und Bankgeschäfte, Zentralbank von Jordanien
Das Projekt ist Teil der BMZ Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen
– Flüchtlinge reintegrieren“. Kurzfristig unterstützt es Flüchtlinge und
aufnehmende Gemeinden gleichermaßen. Langfristig mindern nachhaltige Maßnahmen strukturelle Fluchtursachen wie beispielsweise
soziale Ungleichheit oder Ernährungsunsicherheit. Dieses Projekt leistet
einen Beitrag zur Chancengleichheit, zur wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklung von Flüchtlingen und einkommensschwachen Jordaniern.
Herausgeber
Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
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www.giz.de
Autorin
Steffi Nölting
Gestaltung
creative republic,
Frankfurt
Fotos
GIZ und Jordanische
Zentralbank (Porträt)
Stand
06/2016