22 | BZB Oktober 16 | Politik Nachrichten aus Brüssel CEN vertagt Entscheidung Das privat organisierte Europäische Komitee für Normung (CEN) nimmt vorerst davon Abstand, eine Strategie für die Standardisierung von Gesundheitsdienstleistungen zu entwickeln. Vorausgegangen waren vor der Sommerpause massive Proteste der europäischen Dachverbände der Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser, die den CEN-Vorstoß vehement kritisiert hatten. Die Verbände sehen in der Normierung von Heilbehandlungen einen Eingriff in die berufliche Autonomie der Ärzte und Zahnärzte. Es bestehe die Gefahr, dass das individuelle Element der Behandlung von Patienten ins Hintertreffen gerate. Seit Jahren wird auf europäischer Ebene eine intensive Diskussion über die Normierung von Gesundheitsdienstleistungen geführt. Die Intention des CEN ist es – auch zur Abgrenzung von ausländischen Mitbewerbern –, private Qualitätsstandards zu etablieren. Das Komitee will seine Arbeit auf dem Gebiet der Gesundheitsdienstleistungen jedoch nicht gänzlich einstellen. Vielmehr soll in den kommenden Monaten eine Arbeitsgruppe gegründet werden, die sich eingehender mit der Fragestellung befassen soll. CEN hat die Vertreter der Heilberufe eingeladen, an der Arbeitsgruppe teilzunehmen. Neue Quecksilberverordnung Das Europäische Parlament hat seine Arbeit an der geplanten EU-Quecksilberverordnung fortgesetzt. Der Anfang des Jahres von der Europäischen Kommission vorgestellte Verordnungsentwurf sieht aus Gründen des Umweltschutzes unter anderem vor, dass Dentalamalgam ab 1. Januar 2019 EU-weit nur noch in verkapselter Form verwendet werden darf. Zudem sollen ab diesem Zeitpunkt alle zahnmedizinischen Einrichtungen verpflichtend mit Amalgamabscheidern zur Rückhaltung und Sammlung von Amalgampartikeln ausgestattet sein. Nach Zahlen der Europäischen Kommission werden in der EU jährlich 75 Tonnen Quecksilber für die Amalgamherstellung verbraucht. Während in Deutschland Amalgamabscheider seit langer Zeit gesetzlich vor- geschrieben sind, gibt es in neun EU-Mitgliedsstaaten keine gesetzliche Pflicht. Die Kommission schätzt, dass ein Viertel aller Zahnarztpraxen in der EU keinen Amalgamabscheider hat. Im federführenden Ausschuss für Umwelt und Volksgesundheit des Europäischen Parlaments zeichnet sich eine kontroverse Diskussion über die neue Quecksilberverordnung ab. Vor der Sommerpause wurden insgesamt knapp 350 Änderungsanträge eingereicht. Abgeordnete aus Skandinavien, wo Amalgam seit Jahren verboten ist, und Mitglieder der Fraktion der Grünen fordern ein vollständiges Amalgamverbot in der EU bis Ende 2021. Vertreter der Europäischen Volkspartei und der Sozialdemokraten setzen sich für einen gemäßigteren Ansatz ein. So soll der Amalgamverbrauch zunächst durch mehr Prävention in der Zahnmedizin weiter reduziert werden. Beobachter rechnen damit, dass die Mehrheit der Abgeordneten die Verwendung von Amalgam bei Schwangeren und Kindern unter zwölf Jahren verbieten, den Werkstoff ansonsten aber beibehalten will. Die Abstimmung im Ausschuss ist für Mitte Oktober vorgesehen. Danach dürften die Kompromissverhandlungen mit den im Rat versammelten EU-Mitgliedsstaaten beginnen. Kritik von Studenten Großes mediales Interesse in Frankreich und Spanien fanden die in der Sommerpause veröffentlichten Ergebnisse einer Umfrage, die die European Dental Students Association (EDSA), der europäische Dachverband der Zahnmedizinstudenten, unter seinen Mitgliedern durchführte. Nach der Umfrage, an der sich über 1 000 Studenten aus 19 Mitgliedsstaaten beteiligten, erhalten zehn Prozent der Zahnmedizinstudenten in Europa während ihres Studiums keine praktische Ausbildung am Patienten. Die Vertreter des Studentenverbands kritisieren vor diesem Hintergrund die zahnmedizinische Ausbildung in vielen EU-Mitgliedsstaaten als zu theorielastig. Sie fordern eine bessere klinische Ausbildung, um auch in Zukunft ein hohes Behandlungsniveau der Patienten in Europa sicherstellen zu können. Dr. Alfred Büttner Leiter des Brüsseler Büros der BZÄK
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