570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 1 Anton von Webern (1883–1945) Sämtliche Lieder mit Klavier Anton Friedrich Wilhelm von Webern wurde am 3. Dezember 1883 in Wien als Sohn eines Bergbauingenieurs geboren. Sein erster seriöser Musikunterricht bestand in Klavier- und Cellostunden am Gymnasium von Klagenfurt, wo er auch seine ersten Kompositionsversuche unternahm (seine frühesten Stücke entstanden 1899). Seit 1902 studierte Webern an der Wiener Universität Musikwissenschaft, und von 1904 bis 1908 war er überdies – neben Alban Berg – einer der ersten Kompositionsschüler von Arnold Schönberg, dessen Freund und Weggefährte er später wurde. Das erste Werk, dem Anton Webern eine Opuszahl gab, war die 1908 vollendete Passacaglia für Orchester. Allmählich entfernte er sich immer weiter von der klassischen Tonalität, und seine Kompositionen wurden immer knapper: Einige Stücke dauern weit weniger als eine Minute. Kürze und äußerste Konzentration wurden Weberns stilistische Kennzeichen. Anton Webern hat eine Vielzahl von Vokalwerken hinterlassen, die mehr als die Hälfte seines Schaffens ausmachen. Dazu gehören Chorwerke, Stücke für Singstimme und verschiedene Instrumentalensembles sowie nicht zuletzt Lieder für Singstimme und Klavier. Die ersten Lieder verfasste Webern als Sechzehnjähriger, die letzten brachte er Mitte der 1930er Jahre heraus. In keinem anderen Genre dürfte sich Weberns rasante kompositorische Entwicklung so vollständig und umfassend darstellen wie auf dem Gebiet des Liedes. Webern sah in dieser Gattung vor allem eine Welt der Melodien. Die von Schönberg erfundene und von vielen seiner Zeitgenossen akzeptierte Rezitation war seine Sache nicht: Er hielt nicht viel davon, Poesie von einer Sprechstimme zu musikalischer Begleitung vortragen zu lassen. Selbst seine atonalen Lieder gründen sich auf eine auskomponierte Melodie. Zugleich wahrte er sein Gespür für die dichterischen Worte, ihre 5 Bedeutung und ihren sprachlichen Klang. In Weberns späten Liedern ist die wechselseitige Beziehung zwischen Text und Musik ausgeglichener – die musikalische Intonation scheint jetzt das Wort zu symbolisieren, nicht mehr direkt auszudrücken. Die drei ersten Zyklen, die Webern vor seinem Studium bei Schönberg geschrieben hatte, zeigen den kompositorischen Anfänger im Umgang mit klassischen Modellen der Vokalmusik. Der junge Webern ließ sich von großen Liedkomponisten wie Robert Schumann, Hugo Wolf, Edvard Grieg und Richard Strauss leiten. Traditionelle Formen von der Art der Barkarole („Vorfrühling“, „Sommerabend“) und des Chorals („Fromm“, „Gebet“) kamen zur Anwendung. Zugleich bediente sich Webern auch umfangreicherer Gebilde. Das „Nachtgebet der Braut“ etwa kommt mit seinen herrlichen Leidenschaften im Stile Liszts oder Wagners einem Opernmonolog nahe, und der „Heimgang in der Frühe“ hat etwas von einer Ballade. Neue Merkmale zeigen die Fünf Lieder nach Richard Dehmel mit ihrer komplexeren musikalischen Sprache, die bisweilen wie Gedichte für Singstimme und Klavier wirken. Dann kommt die Phase, in der sich Webern, womöglich unter dem Einfluss Schönbergs, mit der Poesie von Stefan George befasste. Die ohne Opuszahl hinterlassenen Vier Lieder zeigen eine bemerkenswerte Dominanz dunkler Farben sowie erstaunliche harmonische Wendungen und scharfe emotionale Ausbrüche. Diese vier Lieder waren bis 1965 unbekannt. Dann wurden sie glücklicherweise wiederentdeckt und ein Jahr später veröffentlicht. Die Lieder op. 3 und op. 4 sind knapper und reflektieren noch einige Elemente des expressiven Webern. Klassische Einfachheit und Klarheit bestimmen dann den Ton der Vier Lieder op. 12 – besonders im ersten Titel, der auf Folklorematerial basiert („Der Tag ist vergangen“). 8.570219 Die zwei letzten Liederzyklen op. 23 und op. 25 gehören in die spätere Schaffensphase, in der Webern mit der Dodekaphonie experimentierte. Ihre filigrane musikalische Textur korrespondiert mit der lyrischen Reinheit von Hildegard Jones Versen, in denen persönliche Empfindungen mit religiösen Symbolen kombiniert erscheinen. Svetlana Savenko Deutsche Fassung: Cris Posslac Svetlana Savenko Photo by Viktor Akhlomov Complete Songs with Piano Svetlana Savenko, Soprano Yuri Polubelov, Piano Yuri Polubelov Photo by Sergey Abramenkov 6 WEBERN 8.570219 570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 2 Anton Webern (1883–1945) Complete Songs with Piano 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 ! @ # $ % ^ & * ( ) ¡ ™ £ Drei Gedichte Vorfrühling (Ferdinand Avenarius) Nachtgebet der Braut (Richard Dehmel) Fromm (Gustav Falke) Acht Lieder Tief von fern (Richard Dehmel) Aufblick (Richard Dehmel) Blumengruß (Johann Wolfgang von Goethe) Bild der Liebe (Martin Greif) Sommerabend (Wilhelm Weigand) Heiter (Friedrich Nietzsche) Der Tod (Matthias Claudius) Heimgang in der Frühe (Detlev von Liliencron) Drei Lieder (Ferdinand Avenarius) Gefunden Gebet Freunde Fünf Lieder (Richard Dehmel) Ideale Landschaft Am Ufer Himmelfahrt Nächtliche Scheu Helle Nacht Vier Lieder (Stefan George) Erwachen aus dem tiefsten traumes-schoose Kunfttag I Trauer I Das lockere saatgefilde 1:37 2:55 2:10 1:14 2:29 0:53 1:50 2:26 0:56 1:26 4:24 1:25 1:56 1:34 2:04 1:23 2:50 2:00 3:18 3:10 1:30 2:04 1:01 ¢ ∞ § ¶ • ª º ⁄ ¤ ‹ › fi fl ‡ ° · ‚ a b c Fünf Lieder, Op. 3 from “Der siebente Ring” (Stefan George) Dies ist ein lied … 1:22 Im windesweben 0:33 An baches ranft 1:09 Im morgentaun 1:12 Kahl reckt der baum 1:35 Fünf Lieder, Op. 4 (Stefan George) Eingang 3:22 Noch zwingt mich treue 1:37 Ja heil und dank 2:02 So ich traurig bin 0:45 Ihr tratet zu dem herde 1:18 Vier Lieder, Op. 12 Der Tag ist vergangen (Volkslied) 1:30 Die geheimnisvolle Flöte (Li-Tai-Po, from Hans Bethge’s “Chinesische Flöte”) 1:51 Schien mir’s, als ich sah die Sonne (from August Strindberg’s “Gespenstersonate”) 1:52 Gleich und gleich (JohannWolfgang von Goethe) 0:54 Drei Gesänge, Op. 23 (Hildegard Jone) Das dunkle Herz 3:06 Es stürzt aus Höhen 1:58 Herr Jesus mein 2:27 Drei Lieder, Op. 25 (Hildegard Jone) Wie bin ich froh! 1:01 Des Herzens Purpurvogel 1:54 Sterne 1:33 Complete song texts and translations may be accessed on-line at http://www.naxos.com/libretti/570219.htm 2 8.570219 Anton Friedrich Wilhelm von Webern was born in Vienna on 3rd December, 1883 in the family of a mining engineer. He received his first serious musical tuition, as a pianist and cellist, while at the Gymnasium at Klagenfurt, where he also tried to compose (his earliest pieces dating back to 1899). In 1902 Webern entered Vienna University where he studied musicology. Between 1904 and 1908 Webern studied composition with Arnold Schoenberg. Together with Alban Berg, he was among Schoenberg’s first pupils, later becoming his close friend and associate. Webern’s first composition to which he gave an opus number, Passacaglia for orchestra, was completed in 1908. His compositions, gradually revealing his departure from classical tonality, turned out to be more and more laconic, sometimes lasting less than one minute. Brevity and sheer concentration became hallmarks of Webern’s style. Webern left behind a large number of vocal compositions, constituting over half of his output. These compositions include choral works, pieces for voice and different ensembles of instruments and, last but not least, songs for voice and piano. Webern wrote his first songs when he was sixteen, and his last songs came out in the mid-1930s. In all probability no other genre in Webern’s output outlines the composer’s rapid evolution so completely and profoundly. Webern viewed the song genre primarily as a world of melodies. The composer did not particularly subscribe to reciting poetry to musical accompaniment (Sprechstimme, speech-song) invented by Schoenberg and accepted by many of his contemporaries. Even his atonal songs are based on a drawn-out melodic line. At the same time, the composer remained sensitive to poetic words, their meaning and phonation. In Webern’s later songs the interconnection of text and music becomes more mediated – musical intonation seems to symbolize the word, rather 3 than expressing the word directly. The first three cycles written by Webern, before his studies with Schoenberg, reveal a beginner composer at work with classical models of vocal music. The young Webern was guided by major composers of the Lied such as Schumann, Hugo Wolf, Grieg and Richard Strauss. Traditional forms such as barcarolle (Vorfrühling; Sommerabend) and chorale (Fromm; Gebet) were employed. Webern also pursued more extended forms. For example, Nachtgebet der Braut is an almost operatic monologue with its sumptuous passions in the vein of Liszt and Wagner, or the ballad-like piece, Heimgang in der Frühe. New features appear in Fünf Lieder , set to verses by Richard Dehmel, which are more intricate in their musical language, sometimes akin to poems for voice and piano. Then came the period of Stefan George, whose verses Webern turned to, probably under the influence of Schoenberg. The Vier Lieder , left without an opus number, are remarkable for their predominantly murky colours, harmonic rambles and sharp emotional outbursts. These four songs remained unknown until 1965, when they were fortuitously discovered and at long last brought out in the following year. The songs in Op. 3 and Op. 4, more laconic, still reflect some elements of Webern’s expressive style. Classical simplicity and clarity set the tone in Vier Lieder Op. 12, particularly with the first song, which was based on folk material (Der Tag ist vergangen). The last two song cycles, Op. 23 and Op. 25, belong to the later period in Webern’s work, which saw the composer’s experimentation with dodecaphonic technique. Their filigree musical texture corresponds to the lyrical purity of Hildegard Jone’s verses, combining personal feelings with religious symbols. Svetlana Savenko 8.570219 Svetlana Savenko, soprano Svetlana Savenko, born in Moscow, graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire where she studied with Juri Kholopov as a musicologist. As a singer she was a student of Dora Beljavskaja. She is Professor of Russian Music at the Moscow State Conservatoire, and author of more than 100 publications (including several books) in Russian, English and German. The major fields of her specialization as a musicologist and as an interpreter are Russian music, music of the twentieth century including avant-garde and contemporary music. Her extensive repertoire includes works by Schoenberg, Berg, Webern (complete songs with pianist Yuri Polubelov), Bartók, Cage, Eisler, Hindemith, Křenek, Zemlinsky; those of Russian composers (Stravinsky, Prokofiev, Roslavets, Mosolov, Myaskovsky, Shillinger among others); as well as works written specially for her (such as Vladimir Tarnopolsky’s Chevengur ). Savenko has performed as a soloist of Ensemble Studio New Music (Moscow), with which she has appeared in such prestigious concert halls as the Moscow Conservatoire, the Berlin Philharmonic Hall and Grosses Konzerthaus in Berlin. She has participated in many festivals in Russia and abroad, and has toured in Ukraine, Belarus, Slovakia, Germany, The Netherlands, Switzerland, Great Britain and USA. Yuri Polubelov, piano Born in Vitebsk, Belarus, Russian pianist Yuri Polubelov studied piano at Lvov Secondary Music School with Alexander Eidelman. He gave his first solo recital at the age of thirteen and became winner of the Ukrainian Young Musicians’ Competition in Kiev. Polubelov graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire (piano class of Vera Gornostayeva and chamber ensemble class of Konstantin Adjemov). Polubelov has participated in festivals in Germany, France, Italy, Slovakia, Estonia, Russia and Ukraine. He has performed both as soloist and in chamber ensembles with prominent Russian musicians such as Alexei Lubimov, Tatiana Grindenko, Ivan Monighetti, Alexander Rudin, Nelli Lee and Mark Pekarsky. He has also given premières of a number of works by contemporary Russian and Ukrainian composers and pays special attention to rarely performed works by composers such as Zemlinsky, Schoenberg, Webern, Křenek, Hindemith (Marienleben) and Brahms (choral works with piano). Polubelov has helped organize several festivals in Moscow and served as artistic director and pianist in stage performances of chamber operas by V. Rebikov and A. Zemlinsky in Russia and Germany. As a Duo Svetlana Savenko and Yuri Polubelov have performed together since 1997. Their repertoire comprises more than 350 songs for voice and piano, from Stravinsky and Schoenberg to Russian composers. They have given a number of world premières, among them compositions written specially for the Duo, such as the song cycles of Valentin Silvestrov and the vocal pieces of Leonid Hofman and Alexander Knaifel. The Duo are also committed to promoting vocal repertoire under special themes, for instance “Silhouettes of the Silver Age”, “In Schoenberg’s Direction”, “Hundred Years of New Music”, “Stravinsky: Nursery and Music Hall”. 4 8.570219 570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 2 Anton Webern (1883–1945) Complete Songs with Piano 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 ! @ # $ % ^ & * ( ) ¡ ™ £ Drei Gedichte Vorfrühling (Ferdinand Avenarius) Nachtgebet der Braut (Richard Dehmel) Fromm (Gustav Falke) Acht Lieder Tief von fern (Richard Dehmel) Aufblick (Richard Dehmel) Blumengruß (Johann Wolfgang von Goethe) Bild der Liebe (Martin Greif) Sommerabend (Wilhelm Weigand) Heiter (Friedrich Nietzsche) Der Tod (Matthias Claudius) Heimgang in der Frühe (Detlev von Liliencron) Drei Lieder (Ferdinand Avenarius) Gefunden Gebet Freunde Fünf Lieder (Richard Dehmel) Ideale Landschaft Am Ufer Himmelfahrt Nächtliche Scheu Helle Nacht Vier Lieder (Stefan George) Erwachen aus dem tiefsten traumes-schoose Kunfttag I Trauer I Das lockere saatgefilde 1:37 2:55 2:10 1:14 2:29 0:53 1:50 2:26 0:56 1:26 4:24 1:25 1:56 1:34 2:04 1:23 2:50 2:00 3:18 3:10 1:30 2:04 1:01 ¢ ∞ § ¶ • ª º ⁄ ¤ ‹ › fi fl ‡ ° · ‚ a b c Fünf Lieder, Op. 3 from “Der siebente Ring” (Stefan George) Dies ist ein lied … 1:22 Im windesweben 0:33 An baches ranft 1:09 Im morgentaun 1:12 Kahl reckt der baum 1:35 Fünf Lieder, Op. 4 (Stefan George) Eingang 3:22 Noch zwingt mich treue 1:37 Ja heil und dank 2:02 So ich traurig bin 0:45 Ihr tratet zu dem herde 1:18 Vier Lieder, Op. 12 Der Tag ist vergangen (Volkslied) 1:30 Die geheimnisvolle Flöte (Li-Tai-Po, from Hans Bethge’s “Chinesische Flöte”) 1:51 Schien mir’s, als ich sah die Sonne (from August Strindberg’s “Gespenstersonate”) 1:52 Gleich und gleich (JohannWolfgang von Goethe) 0:54 Drei Gesänge, Op. 23 (Hildegard Jone) Das dunkle Herz 3:06 Es stürzt aus Höhen 1:58 Herr Jesus mein 2:27 Drei Lieder, Op. 25 (Hildegard Jone) Wie bin ich froh! 1:01 Des Herzens Purpurvogel 1:54 Sterne 1:33 Complete song texts and translations may be accessed on-line at http://www.naxos.com/libretti/570219.htm 2 8.570219 Anton Friedrich Wilhelm von Webern was born in Vienna on 3rd December, 1883 in the family of a mining engineer. He received his first serious musical tuition, as a pianist and cellist, while at the Gymnasium at Klagenfurt, where he also tried to compose (his earliest pieces dating back to 1899). In 1902 Webern entered Vienna University where he studied musicology. Between 1904 and 1908 Webern studied composition with Arnold Schoenberg. Together with Alban Berg, he was among Schoenberg’s first pupils, later becoming his close friend and associate. Webern’s first composition to which he gave an opus number, Passacaglia for orchestra, was completed in 1908. His compositions, gradually revealing his departure from classical tonality, turned out to be more and more laconic, sometimes lasting less than one minute. Brevity and sheer concentration became hallmarks of Webern’s style. Webern left behind a large number of vocal compositions, constituting over half of his output. These compositions include choral works, pieces for voice and different ensembles of instruments and, last but not least, songs for voice and piano. Webern wrote his first songs when he was sixteen, and his last songs came out in the mid-1930s. In all probability no other genre in Webern’s output outlines the composer’s rapid evolution so completely and profoundly. Webern viewed the song genre primarily as a world of melodies. The composer did not particularly subscribe to reciting poetry to musical accompaniment (Sprechstimme, speech-song) invented by Schoenberg and accepted by many of his contemporaries. Even his atonal songs are based on a drawn-out melodic line. At the same time, the composer remained sensitive to poetic words, their meaning and phonation. In Webern’s later songs the interconnection of text and music becomes more mediated – musical intonation seems to symbolize the word, rather 3 than expressing the word directly. The first three cycles written by Webern, before his studies with Schoenberg, reveal a beginner composer at work with classical models of vocal music. The young Webern was guided by major composers of the Lied such as Schumann, Hugo Wolf, Grieg and Richard Strauss. Traditional forms such as barcarolle (Vorfrühling; Sommerabend) and chorale (Fromm; Gebet) were employed. Webern also pursued more extended forms. For example, Nachtgebet der Braut is an almost operatic monologue with its sumptuous passions in the vein of Liszt and Wagner, or the ballad-like piece, Heimgang in der Frühe. New features appear in Fünf Lieder , set to verses by Richard Dehmel, which are more intricate in their musical language, sometimes akin to poems for voice and piano. Then came the period of Stefan George, whose verses Webern turned to, probably under the influence of Schoenberg. The Vier Lieder , left without an opus number, are remarkable for their predominantly murky colours, harmonic rambles and sharp emotional outbursts. These four songs remained unknown until 1965, when they were fortuitously discovered and at long last brought out in the following year. The songs in Op. 3 and Op. 4, more laconic, still reflect some elements of Webern’s expressive style. Classical simplicity and clarity set the tone in Vier Lieder Op. 12, particularly with the first song, which was based on folk material (Der Tag ist vergangen). The last two song cycles, Op. 23 and Op. 25, belong to the later period in Webern’s work, which saw the composer’s experimentation with dodecaphonic technique. Their filigree musical texture corresponds to the lyrical purity of Hildegard Jone’s verses, combining personal feelings with religious symbols. Svetlana Savenko 8.570219 Svetlana Savenko, soprano Svetlana Savenko, born in Moscow, graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire where she studied with Juri Kholopov as a musicologist. As a singer she was a student of Dora Beljavskaja. She is Professor of Russian Music at the Moscow State Conservatoire, and author of more than 100 publications (including several books) in Russian, English and German. The major fields of her specialization as a musicologist and as an interpreter are Russian music, music of the twentieth century including avant-garde and contemporary music. Her extensive repertoire includes works by Schoenberg, Berg, Webern (complete songs with pianist Yuri Polubelov), Bartók, Cage, Eisler, Hindemith, Křenek, Zemlinsky; those of Russian composers (Stravinsky, Prokofiev, Roslavets, Mosolov, Myaskovsky, Shillinger among others); as well as works written specially for her (such as Vladimir Tarnopolsky’s Chevengur ). Savenko has performed as a soloist of Ensemble Studio New Music (Moscow), with which she has appeared in such prestigious concert halls as the Moscow Conservatoire, the Berlin Philharmonic Hall and Grosses Konzerthaus in Berlin. She has participated in many festivals in Russia and abroad, and has toured in Ukraine, Belarus, Slovakia, Germany, The Netherlands, Switzerland, Great Britain and USA. Yuri Polubelov, piano Born in Vitebsk, Belarus, Russian pianist Yuri Polubelov studied piano at Lvov Secondary Music School with Alexander Eidelman. He gave his first solo recital at the age of thirteen and became winner of the Ukrainian Young Musicians’ Competition in Kiev. Polubelov graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire (piano class of Vera Gornostayeva and chamber ensemble class of Konstantin Adjemov). Polubelov has participated in festivals in Germany, France, Italy, Slovakia, Estonia, Russia and Ukraine. He has performed both as soloist and in chamber ensembles with prominent Russian musicians such as Alexei Lubimov, Tatiana Grindenko, Ivan Monighetti, Alexander Rudin, Nelli Lee and Mark Pekarsky. He has also given premières of a number of works by contemporary Russian and Ukrainian composers and pays special attention to rarely performed works by composers such as Zemlinsky, Schoenberg, Webern, Křenek, Hindemith (Marienleben) and Brahms (choral works with piano). Polubelov has helped organize several festivals in Moscow and served as artistic director and pianist in stage performances of chamber operas by V. Rebikov and A. Zemlinsky in Russia and Germany. As a Duo Svetlana Savenko and Yuri Polubelov have performed together since 1997. Their repertoire comprises more than 350 songs for voice and piano, from Stravinsky and Schoenberg to Russian composers. They have given a number of world premières, among them compositions written specially for the Duo, such as the song cycles of Valentin Silvestrov and the vocal pieces of Leonid Hofman and Alexander Knaifel. The Duo are also committed to promoting vocal repertoire under special themes, for instance “Silhouettes of the Silver Age”, “In Schoenberg’s Direction”, “Hundred Years of New Music”, “Stravinsky: Nursery and Music Hall”. 4 8.570219 570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 2 Anton Webern (1883–1945) Complete Songs with Piano 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 ! @ # $ % ^ & * ( ) ¡ ™ £ Drei Gedichte Vorfrühling (Ferdinand Avenarius) Nachtgebet der Braut (Richard Dehmel) Fromm (Gustav Falke) Acht Lieder Tief von fern (Richard Dehmel) Aufblick (Richard Dehmel) Blumengruß (Johann Wolfgang von Goethe) Bild der Liebe (Martin Greif) Sommerabend (Wilhelm Weigand) Heiter (Friedrich Nietzsche) Der Tod (Matthias Claudius) Heimgang in der Frühe (Detlev von Liliencron) Drei Lieder (Ferdinand Avenarius) Gefunden Gebet Freunde Fünf Lieder (Richard Dehmel) Ideale Landschaft Am Ufer Himmelfahrt Nächtliche Scheu Helle Nacht Vier Lieder (Stefan George) Erwachen aus dem tiefsten traumes-schoose Kunfttag I Trauer I Das lockere saatgefilde 1:37 2:55 2:10 1:14 2:29 0:53 1:50 2:26 0:56 1:26 4:24 1:25 1:56 1:34 2:04 1:23 2:50 2:00 3:18 3:10 1:30 2:04 1:01 ¢ ∞ § ¶ • ª º ⁄ ¤ ‹ › fi fl ‡ ° · ‚ a b c Fünf Lieder, Op. 3 from “Der siebente Ring” (Stefan George) Dies ist ein lied … 1:22 Im windesweben 0:33 An baches ranft 1:09 Im morgentaun 1:12 Kahl reckt der baum 1:35 Fünf Lieder, Op. 4 (Stefan George) Eingang 3:22 Noch zwingt mich treue 1:37 Ja heil und dank 2:02 So ich traurig bin 0:45 Ihr tratet zu dem herde 1:18 Vier Lieder, Op. 12 Der Tag ist vergangen (Volkslied) 1:30 Die geheimnisvolle Flöte (Li-Tai-Po, from Hans Bethge’s “Chinesische Flöte”) 1:51 Schien mir’s, als ich sah die Sonne (from August Strindberg’s “Gespenstersonate”) 1:52 Gleich und gleich (JohannWolfgang von Goethe) 0:54 Drei Gesänge, Op. 23 (Hildegard Jone) Das dunkle Herz 3:06 Es stürzt aus Höhen 1:58 Herr Jesus mein 2:27 Drei Lieder, Op. 25 (Hildegard Jone) Wie bin ich froh! 1:01 Des Herzens Purpurvogel 1:54 Sterne 1:33 Complete song texts and translations may be accessed on-line at http://www.naxos.com/libretti/570219.htm 2 8.570219 Anton Friedrich Wilhelm von Webern was born in Vienna on 3rd December, 1883 in the family of a mining engineer. He received his first serious musical tuition, as a pianist and cellist, while at the Gymnasium at Klagenfurt, where he also tried to compose (his earliest pieces dating back to 1899). In 1902 Webern entered Vienna University where he studied musicology. Between 1904 and 1908 Webern studied composition with Arnold Schoenberg. Together with Alban Berg, he was among Schoenberg’s first pupils, later becoming his close friend and associate. Webern’s first composition to which he gave an opus number, Passacaglia for orchestra, was completed in 1908. His compositions, gradually revealing his departure from classical tonality, turned out to be more and more laconic, sometimes lasting less than one minute. Brevity and sheer concentration became hallmarks of Webern’s style. Webern left behind a large number of vocal compositions, constituting over half of his output. These compositions include choral works, pieces for voice and different ensembles of instruments and, last but not least, songs for voice and piano. Webern wrote his first songs when he was sixteen, and his last songs came out in the mid-1930s. In all probability no other genre in Webern’s output outlines the composer’s rapid evolution so completely and profoundly. Webern viewed the song genre primarily as a world of melodies. The composer did not particularly subscribe to reciting poetry to musical accompaniment (Sprechstimme, speech-song) invented by Schoenberg and accepted by many of his contemporaries. Even his atonal songs are based on a drawn-out melodic line. At the same time, the composer remained sensitive to poetic words, their meaning and phonation. In Webern’s later songs the interconnection of text and music becomes more mediated – musical intonation seems to symbolize the word, rather 3 than expressing the word directly. The first three cycles written by Webern, before his studies with Schoenberg, reveal a beginner composer at work with classical models of vocal music. The young Webern was guided by major composers of the Lied such as Schumann, Hugo Wolf, Grieg and Richard Strauss. Traditional forms such as barcarolle (Vorfrühling; Sommerabend) and chorale (Fromm; Gebet) were employed. Webern also pursued more extended forms. For example, Nachtgebet der Braut is an almost operatic monologue with its sumptuous passions in the vein of Liszt and Wagner, or the ballad-like piece, Heimgang in der Frühe. New features appear in Fünf Lieder , set to verses by Richard Dehmel, which are more intricate in their musical language, sometimes akin to poems for voice and piano. Then came the period of Stefan George, whose verses Webern turned to, probably under the influence of Schoenberg. The Vier Lieder , left without an opus number, are remarkable for their predominantly murky colours, harmonic rambles and sharp emotional outbursts. These four songs remained unknown until 1965, when they were fortuitously discovered and at long last brought out in the following year. The songs in Op. 3 and Op. 4, more laconic, still reflect some elements of Webern’s expressive style. Classical simplicity and clarity set the tone in Vier Lieder Op. 12, particularly with the first song, which was based on folk material (Der Tag ist vergangen). The last two song cycles, Op. 23 and Op. 25, belong to the later period in Webern’s work, which saw the composer’s experimentation with dodecaphonic technique. Their filigree musical texture corresponds to the lyrical purity of Hildegard Jone’s verses, combining personal feelings with religious symbols. Svetlana Savenko 8.570219 Svetlana Savenko, soprano Svetlana Savenko, born in Moscow, graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire where she studied with Juri Kholopov as a musicologist. As a singer she was a student of Dora Beljavskaja. She is Professor of Russian Music at the Moscow State Conservatoire, and author of more than 100 publications (including several books) in Russian, English and German. The major fields of her specialization as a musicologist and as an interpreter are Russian music, music of the twentieth century including avant-garde and contemporary music. Her extensive repertoire includes works by Schoenberg, Berg, Webern (complete songs with pianist Yuri Polubelov), Bartók, Cage, Eisler, Hindemith, Křenek, Zemlinsky; those of Russian composers (Stravinsky, Prokofiev, Roslavets, Mosolov, Myaskovsky, Shillinger among others); as well as works written specially for her (such as Vladimir Tarnopolsky’s Chevengur ). Savenko has performed as a soloist of Ensemble Studio New Music (Moscow), with which she has appeared in such prestigious concert halls as the Moscow Conservatoire, the Berlin Philharmonic Hall and Grosses Konzerthaus in Berlin. She has participated in many festivals in Russia and abroad, and has toured in Ukraine, Belarus, Slovakia, Germany, The Netherlands, Switzerland, Great Britain and USA. Yuri Polubelov, piano Born in Vitebsk, Belarus, Russian pianist Yuri Polubelov studied piano at Lvov Secondary Music School with Alexander Eidelman. He gave his first solo recital at the age of thirteen and became winner of the Ukrainian Young Musicians’ Competition in Kiev. Polubelov graduated from the Moscow State Tchaikovsky Conservatoire (piano class of Vera Gornostayeva and chamber ensemble class of Konstantin Adjemov). Polubelov has participated in festivals in Germany, France, Italy, Slovakia, Estonia, Russia and Ukraine. He has performed both as soloist and in chamber ensembles with prominent Russian musicians such as Alexei Lubimov, Tatiana Grindenko, Ivan Monighetti, Alexander Rudin, Nelli Lee and Mark Pekarsky. He has also given premières of a number of works by contemporary Russian and Ukrainian composers and pays special attention to rarely performed works by composers such as Zemlinsky, Schoenberg, Webern, Křenek, Hindemith (Marienleben) and Brahms (choral works with piano). Polubelov has helped organize several festivals in Moscow and served as artistic director and pianist in stage performances of chamber operas by V. Rebikov and A. Zemlinsky in Russia and Germany. As a Duo Svetlana Savenko and Yuri Polubelov have performed together since 1997. Their repertoire comprises more than 350 songs for voice and piano, from Stravinsky and Schoenberg to Russian composers. They have given a number of world premières, among them compositions written specially for the Duo, such as the song cycles of Valentin Silvestrov and the vocal pieces of Leonid Hofman and Alexander Knaifel. The Duo are also committed to promoting vocal repertoire under special themes, for instance “Silhouettes of the Silver Age”, “In Schoenberg’s Direction”, “Hundred Years of New Music”, “Stravinsky: Nursery and Music Hall”. 4 8.570219 570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 1 Anton von Webern (1883–1945) Sämtliche Lieder mit Klavier Anton Friedrich Wilhelm von Webern wurde am 3. Dezember 1883 in Wien als Sohn eines Bergbauingenieurs geboren. Sein erster seriöser Musikunterricht bestand in Klavier- und Cellostunden am Gymnasium von Klagenfurt, wo er auch seine ersten Kompositionsversuche unternahm (seine frühesten Stücke entstanden 1899). Seit 1902 studierte Webern an der Wiener Universität Musikwissenschaft, und von 1904 bis 1908 war er überdies – neben Alban Berg – einer der ersten Kompositionsschüler von Arnold Schönberg, dessen Freund und Weggefährte er später wurde. Das erste Werk, dem Anton Webern eine Opuszahl gab, war die 1908 vollendete Passacaglia für Orchester. Allmählich entfernte er sich immer weiter von der klassischen Tonalität, und seine Kompositionen wurden immer knapper: Einige Stücke dauern weit weniger als eine Minute. Kürze und äußerste Konzentration wurden Weberns stilistische Kennzeichen. Anton Webern hat eine Vielzahl von Vokalwerken hinterlassen, die mehr als die Hälfte seines Schaffens ausmachen. Dazu gehören Chorwerke, Stücke für Singstimme und verschiedene Instrumentalensembles sowie nicht zuletzt Lieder für Singstimme und Klavier. Die ersten Lieder verfasste Webern als Sechzehnjähriger, die letzten brachte er Mitte der 1930er Jahre heraus. In keinem anderen Genre dürfte sich Weberns rasante kompositorische Entwicklung so vollständig und umfassend darstellen wie auf dem Gebiet des Liedes. Webern sah in dieser Gattung vor allem eine Welt der Melodien. Die von Schönberg erfundene und von vielen seiner Zeitgenossen akzeptierte Rezitation war seine Sache nicht: Er hielt nicht viel davon, Poesie von einer Sprechstimme zu musikalischer Begleitung vortragen zu lassen. Selbst seine atonalen Lieder gründen sich auf eine auskomponierte Melodie. Zugleich wahrte er sein Gespür für die dichterischen Worte, ihre 5 Bedeutung und ihren sprachlichen Klang. In Weberns späten Liedern ist die wechselseitige Beziehung zwischen Text und Musik ausgeglichener – die musikalische Intonation scheint jetzt das Wort zu symbolisieren, nicht mehr direkt auszudrücken. Die drei ersten Zyklen, die Webern vor seinem Studium bei Schönberg geschrieben hatte, zeigen den kompositorischen Anfänger im Umgang mit klassischen Modellen der Vokalmusik. Der junge Webern ließ sich von großen Liedkomponisten wie Robert Schumann, Hugo Wolf, Edvard Grieg und Richard Strauss leiten. Traditionelle Formen von der Art der Barkarole („Vorfrühling“, „Sommerabend“) und des Chorals („Fromm“, „Gebet“) kamen zur Anwendung. Zugleich bediente sich Webern auch umfangreicherer Gebilde. Das „Nachtgebet der Braut“ etwa kommt mit seinen herrlichen Leidenschaften im Stile Liszts oder Wagners einem Opernmonolog nahe, und der „Heimgang in der Frühe“ hat etwas von einer Ballade. Neue Merkmale zeigen die Fünf Lieder nach Richard Dehmel mit ihrer komplexeren musikalischen Sprache, die bisweilen wie Gedichte für Singstimme und Klavier wirken. Dann kommt die Phase, in der sich Webern, womöglich unter dem Einfluss Schönbergs, mit der Poesie von Stefan George befasste. Die ohne Opuszahl hinterlassenen Vier Lieder zeigen eine bemerkenswerte Dominanz dunkler Farben sowie erstaunliche harmonische Wendungen und scharfe emotionale Ausbrüche. Diese vier Lieder waren bis 1965 unbekannt. Dann wurden sie glücklicherweise wiederentdeckt und ein Jahr später veröffentlicht. Die Lieder op. 3 und op. 4 sind knapper und reflektieren noch einige Elemente des expressiven Webern. Klassische Einfachheit und Klarheit bestimmen dann den Ton der Vier Lieder op. 12 – besonders im ersten Titel, der auf Folklorematerial basiert („Der Tag ist vergangen“). 8.570219 Die zwei letzten Liederzyklen op. 23 und op. 25 gehören in die spätere Schaffensphase, in der Webern mit der Dodekaphonie experimentierte. Ihre filigrane musikalische Textur korrespondiert mit der lyrischen Reinheit von Hildegard Jones Versen, in denen persönliche Empfindungen mit religiösen Symbolen kombiniert erscheinen. Svetlana Savenko Deutsche Fassung: Cris Posslac Svetlana Savenko Photo by Viktor Akhlomov Complete Songs with Piano Svetlana Savenko, Soprano Yuri Polubelov, Piano Yuri Polubelov Photo by Sergey Abramenkov 6 WEBERN 8.570219 570219bk Webern:557541bk Kelemen 3+3 15/1/07 4:02 PM Page 1 Anton von Webern (1883–1945) Sämtliche Lieder mit Klavier Anton Friedrich Wilhelm von Webern wurde am 3. Dezember 1883 in Wien als Sohn eines Bergbauingenieurs geboren. Sein erster seriöser Musikunterricht bestand in Klavier- und Cellostunden am Gymnasium von Klagenfurt, wo er auch seine ersten Kompositionsversuche unternahm (seine frühesten Stücke entstanden 1899). Seit 1902 studierte Webern an der Wiener Universität Musikwissenschaft, und von 1904 bis 1908 war er überdies – neben Alban Berg – einer der ersten Kompositionsschüler von Arnold Schönberg, dessen Freund und Weggefährte er später wurde. Das erste Werk, dem Anton Webern eine Opuszahl gab, war die 1908 vollendete Passacaglia für Orchester. Allmählich entfernte er sich immer weiter von der klassischen Tonalität, und seine Kompositionen wurden immer knapper: Einige Stücke dauern weit weniger als eine Minute. Kürze und äußerste Konzentration wurden Weberns stilistische Kennzeichen. Anton Webern hat eine Vielzahl von Vokalwerken hinterlassen, die mehr als die Hälfte seines Schaffens ausmachen. Dazu gehören Chorwerke, Stücke für Singstimme und verschiedene Instrumentalensembles sowie nicht zuletzt Lieder für Singstimme und Klavier. Die ersten Lieder verfasste Webern als Sechzehnjähriger, die letzten brachte er Mitte der 1930er Jahre heraus. In keinem anderen Genre dürfte sich Weberns rasante kompositorische Entwicklung so vollständig und umfassend darstellen wie auf dem Gebiet des Liedes. Webern sah in dieser Gattung vor allem eine Welt der Melodien. Die von Schönberg erfundene und von vielen seiner Zeitgenossen akzeptierte Rezitation war seine Sache nicht: Er hielt nicht viel davon, Poesie von einer Sprechstimme zu musikalischer Begleitung vortragen zu lassen. Selbst seine atonalen Lieder gründen sich auf eine auskomponierte Melodie. Zugleich wahrte er sein Gespür für die dichterischen Worte, ihre 5 Bedeutung und ihren sprachlichen Klang. In Weberns späten Liedern ist die wechselseitige Beziehung zwischen Text und Musik ausgeglichener – die musikalische Intonation scheint jetzt das Wort zu symbolisieren, nicht mehr direkt auszudrücken. Die drei ersten Zyklen, die Webern vor seinem Studium bei Schönberg geschrieben hatte, zeigen den kompositorischen Anfänger im Umgang mit klassischen Modellen der Vokalmusik. Der junge Webern ließ sich von großen Liedkomponisten wie Robert Schumann, Hugo Wolf, Edvard Grieg und Richard Strauss leiten. Traditionelle Formen von der Art der Barkarole („Vorfrühling“, „Sommerabend“) und des Chorals („Fromm“, „Gebet“) kamen zur Anwendung. Zugleich bediente sich Webern auch umfangreicherer Gebilde. Das „Nachtgebet der Braut“ etwa kommt mit seinen herrlichen Leidenschaften im Stile Liszts oder Wagners einem Opernmonolog nahe, und der „Heimgang in der Frühe“ hat etwas von einer Ballade. Neue Merkmale zeigen die Fünf Lieder nach Richard Dehmel mit ihrer komplexeren musikalischen Sprache, die bisweilen wie Gedichte für Singstimme und Klavier wirken. Dann kommt die Phase, in der sich Webern, womöglich unter dem Einfluss Schönbergs, mit der Poesie von Stefan George befasste. Die ohne Opuszahl hinterlassenen Vier Lieder zeigen eine bemerkenswerte Dominanz dunkler Farben sowie erstaunliche harmonische Wendungen und scharfe emotionale Ausbrüche. Diese vier Lieder waren bis 1965 unbekannt. Dann wurden sie glücklicherweise wiederentdeckt und ein Jahr später veröffentlicht. Die Lieder op. 3 und op. 4 sind knapper und reflektieren noch einige Elemente des expressiven Webern. Klassische Einfachheit und Klarheit bestimmen dann den Ton der Vier Lieder op. 12 – besonders im ersten Titel, der auf Folklorematerial basiert („Der Tag ist vergangen“). 8.570219 Die zwei letzten Liederzyklen op. 23 und op. 25 gehören in die spätere Schaffensphase, in der Webern mit der Dodekaphonie experimentierte. Ihre filigrane musikalische Textur korrespondiert mit der lyrischen Reinheit von Hildegard Jones Versen, in denen persönliche Empfindungen mit religiösen Symbolen kombiniert erscheinen. Svetlana Savenko Deutsche Fassung: Cris Posslac Svetlana Savenko Photo by Viktor Akhlomov Complete Songs with Piano Svetlana Savenko, Soprano Yuri Polubelov, Piano Yuri Polubelov Photo by Sergey Abramenkov 6 WEBERN 8.570219 Also available: 8.557076 8.557373 8.557245 8.570019 NAXOS NAXOS One of Schoenberg's leading pupils and disciples, Anton Webern continued to write songs throughout his life. It is thus possible to follow his development as a composer, from early traditional writing to the more experimental work of his later years, from the tonal to the atonal, and to the sparer textures for which his work became well known. 8.570219 WEBERN Playing Time (1883–1945) 79:51 Complete Songs with Piano 1–3 4–! @–$ %–( )–£ ›–‡ °–‚ a–c Sommerabend / Heiter / Der Tod / Heimgang in der Frühe) 15:38 Drei Lieder (Gefunden / Gebet / Freunde) 4:56 Fünf Lieder (Ideale Landschaft / Am Ufer / Himmelfahrt / Nächtliche Scheu / 11:36 Helle Nacht) Vier Lieder (Erwachen aus dem tiefsten traumes-schoose / Kunfttag I / Trauer I / Das lockere saatgefilde) 7:47 Fünf Lieder, Op. 3 from “Der siebente Ring” (Dies ist ein lied… / Im windesweben / An baches ranft / Im morgentaun / Kahl reckt der baum) 5:52 Fünf Lieder, Op. 4 (Eingang / Noch zwingt mich treue / Ja heil und dank / 9:05 So ich traurig bin / Ihr tratet zu dem herde) Vier Lieder, Op. 12 (Der Tag ist vergangen / Die geheimnisvolle Flöte / Schien mir’s, als ich sah die Sonne / Gleich und gleich) 6:08 Drei Gesänge, Op. 23 (Das dunkle Herz / Es stürzt aus Höhen / Herr Jesus mein) 7:31 Drei Lieder, Op. 25 (Wie bin ich froh! / Des Herzens Purpurvogel / Sterne) 4:29 Recorded at Studio No.1, Film Studio “Mosfilm”, Moscow, Russia on 23, 26, 27 June & 7 July 2003; 8, 9, 13, 14, 26 January 2004 • Recording Engineer & Mastering: Alexander Volkov Booklet notes: Svetlana Savenko • Cover image: Soldeandalucia / Dreamstime.com 8.570219 8.570219 Svetlana Savenko, Soprano • Yuri Polubelov, Piano & 훿 2007 Naxos Rights International Ltd. ª–‹ 6:42 Booklet notes in English Kommentar auf Deutsch Made in the EU ¢–• Drei Gedichte (Vorfrühling / Nachtgebet der Braut / Fromm) Acht Lieder (Tief von fern / Aufblick / Blumengruß/ Bild der Liebe / WEBERN: Complete Songs with Piano DDD www.naxos.com WEBERN: Complete Songs with Piano Anton
© Copyright 2024 ExpyDoc