Das komplette Interview mit Herrn Oehler und Herrn

Ausgabe 10 | Oktober 2016 | www.energate.de
ISSN-Nr.: 1863-4311
Dr. Heiko Lohmann
THEMA DES MONATS
GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
TOPIC OF THE MONTH
GasVersorgung Süddeutschland
10|16
Oktober 2016
Liebe Leserinnen und Leser,
für die größte Aufregung sorgte im September ein explodiertes Erdgasfahrzeug an einer Tankstelle in Duderstadt. Was zumindest etliche Vertreter der Gaswirtschaft umtrieb, war die
Reaktion der Mineralölgesellschaften, die zumindest vorübergehend überhaupt keine Betankung von Erdgasfahrzeugen
zuließen. Dabei sei der Fehler sehr eindeutig auf Mängel des
Tanks bei bestimmten Typen zurückzuführen – genaueres in
diesem Heft. Verschwörungstheorien kursierten bezüglich des
Interesses der Mineralölgesellschaften, das endgültige Aus
für CNG herbeizuführen. Mir erscheint dies überzogen. Aber
in der Tagespresse fanden der Vorfall und das Verhalten der
Tankstellenbetreiber recht große Beachtung, nicht eben zur
Freude der Gaswirtschaft.
Dr. Heiko Lohmann
Thema des Monats ist aber ein Interview mit dem Geschäftsführer der GasVersorgung Süddeutschland
(GVS) Helmut Oehler und dem Leiter Dienstleistungsvertrieb Helmut Kusterer. Die GVS will fast ihr gesamtes Produktportfolio über einen virtuellen Marktplatz anbieten und sich damit als Plattformanbieter für
handelsnahe Dienstleistungen etablieren. Die Grundidee dahinter: Die Welt wird digital und wie in anderen Bereichen auch, wird es nur eine begrenzte Anzahl von Plattformen geben. Ob dies so ist und wie der
Ansatz funktionieren soll, habe ich versucht in dem Gespräch zu erfragen. Was dabei deutlich wurde: Bei
der GVS ist nicht nur die Führungsebene überzeugt, sondern das ganze Unternehmen soll diesen Ansatz
verinnerlicht haben. Wobei die beiden Dinge, Digitalisierung ernst nehmen und die Unternehmenskultur
verändern, ohnehin derzeit für die Energiewirtschaft sehr wichtig sind.
Am nachhaltigsten verkörpert dies in der Branche derzeit vielleicht Marie-Luise Wolff-Hertwig, die Vorstandsvorsitzende von entega aus Darmstadt. Auf dem Deutschen Energiekongress schilderte sie in einem
sehr engagierten Vortrag, wie sie Unternehmen und Mitarbeiter auf eine Welt der Apps, Innovationen und
Datenströme einstellt. Ihr IT-Chef ist 27, hat zwar keinen Studienabschluss, aber das, was für Wolff-Hertwig
in der Zukunft unerlässlich ist: Datenkompetenz. Für ungewöhnliche Ideen gibt es bei entega die „Fahrradspur“, auf der diese an traditionellen Unternehmensstrukturen vorbeifahren.
Die aktuelle Ausgabe des Gasmarktes gibt es noch eher klassisch. Ich hoffe, Sie haben trotzdem nicht nur
Spaß, sondern auch Erkenntnisgewinn beim Lesen.
Dr. Heiko Lohmann
Freier Mitarbeiter ener|gate
Ausgabe 10|16
3
Inhalt dieser Ausgabe / Table of contents
Thema des Monats: GasVersorgung Süddeutschland (GVS). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Rahmenbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Marktentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Marktgerüchte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Topic of the Month: GasVersorgung Süddeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Framework Conditions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Market Development . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Market Structure. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Personnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Market Rumours . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
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Thema des Monats: GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
1. Thema des Monats:
GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
GasVersorgung Süddeutschland (GVS) gehört
zu den klassischen regionalen Ferngasgesellschaften. Ihnen war im Rahmen der Marktliberalisierung der schnelle Tod vorausgesagt.
Diese Prophezeiung hat sich aber nur für diejenigen Gesellschaften erfüllt, die E.ON oder
RWE mehrheitlich gehörten. Bayerngas, GasUnion und GVS erfreuen sich durchaus des
Lebens. Alle drei Unternehmen haben sich in
den vergangenen Jahren ganz erfolgreich neu
erfunden. Die Abschlüsse von Bayerngas und
Gas-Union für 2015 zeigen aber, dass die Zeiten härter werden, beide Gesellschaften haben
auch im operativen Geschäft rote Zahlen geschrieben (ener|gate Gasmarkt 08 und 09/16).
GVS hat noch keinen Abschluss für 2015 veröffentlicht. Das Ergebnis war positiv, der Absatz
höher als 2014, sagte Geschäftsführer Helmut
Oehler dazu nur. Aber auch für die Stuttgarter
wird das Geschäft härter. GVS will den Bereich
Dienstleistungen weiter entwickeln und neu
positionieren. ener|gate Gasmarkt hat darüber
mit Oehler und dem Leiter des Dienstleistungsvertriebs, Helmut Kusterer, gesprochen.
ener|gate Gasmarkt: Herr Oehler, Sie wollen den
Bereich Dienstleistungen deutlich ausbauen. Was
haben Sie vor?
Oehler: Erst einmal zur Ausgangslage: Die
Margen im reinen Gasvertrieb sind niedrig und
werden tendenziell weiter sinken, insbesondere
auch aufgrund der teilweise unverständlichen
Preisgestaltung einiger Wettbewerber. Die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen
nehmen zu, wir merken dies überall im Alltag.
Was ist die Konsequenz für unser Geschäft?
Erstens müssen wir die Prozesse optimieren
und zweitens gehen wir davon aus, dass Online-Geschäfte in Zukunft einen noch deutlich
höheren Stellenwert haben werden. Wir sehen
dies schon in Ansätzen. Und gerade die jüngeren Mitarbeiter bei unseren Kunden sind insgesamt viel online-affiner. Für uns heißt das, dass
wir neben unserem klassischen „CommodityVertrieb“ das Thema Dienstleistungen deutlich
mehr in den Vordergrund stellen werden. Dazu
haben wir mit unserem Aufsichtsrat eine klare
Strategie verabschiedet. Zum neuen Angebot
gehören weitere Online-Services auf unserem
Energie-Marktplatz.
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ener|gate Gasmarkt: Was haben Sie genau für
eine Strategie verabschiedet?
Oehler: Wir bauen eine Online-Plattform auf,
mit der wir dem Kunden die Möglichkeit geben,
autarker zu werden. Über die Plattform bekommt
er zeitnahe Marktinformationen, kann Mengen
kaufen und verkaufen oder seine REMIT-Meldungen abwickeln. Manche Bausteine haben
noch Werkstattcharakter. Andere Bausteine, die
schon operativ sind, werden integriert.
ener|gate Gasmarkt: Welche Bausteine sind
schon operativ?
Oehler: Die Abwicklung von REMIT-Meldungen
habe ich genannt. Unser Bilanzkreis-Pool, der
sich sehr gut entwickelt hat, gehört dazu. „Gas2Go“ wird es ab dem vierten Quartal neu geben.
Dahinter verbirgt sich die Online-Bepreisung von
Fahrplänen. Die Kunden können diesen Fahrplan
dann auch online kaufen. „Markt Direkt“ ist ein
gut eingeführter Handelsschirm. Sie bekommen
Preisinformationen für alle Standardhandelsprodukte und können diese online kaufen – als echtes „Click & Trade“ – und zwar Gas und Strom!
Unsere Kunden sagen uns, eine solche OnlinePlattform muss auch Strom können. Zusätzlich
bieten wir auch Marktinformationen über die
Plattform an. Das heißt, wir machen aus allen
unseren Angeboten ein Paket, wobei wir mit entsprechenden Tools die einzelnen Dienstleistungen verknüpfen.
Kusterer: Es ist ein White-Label-Paket!
ener|gate Gasmarkt: Was bedeutet das, was ist
der Vorteil?
Kusterer: Unser Name steht nicht zwingend auf
der Plattform drauf. Unsere Kunden können die
Plattform weiter verwenden. Dies ist zum Beispiel für Stadtwerke-Kooperationen interessant.
Über die Plattform können auch Konkurrenten
zu Partnern werden. Wir wollen bewusst Wissen
und IT-Infrastruktur teilen und glauben, dass wir
auf diese Weise einen Markt entwickeln und gestalten können.
ener|gate Gasmarkt: An welche Konkurrenten
denken Sie?
ener|gate Gasmarkt
Thema des Monats: GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
Kusterer: Warten Sie es ab!
Oehler: Sie sehen es ja auch in anderen Märkten,
wo sich keine 20 Plattformen halten können. Die
Plattform, die sich am schnellsten verbreitet wird
die Standards setzen. Und am schnellsten verbreiten sich offene Plattformen, bei denen Partner mitgestalten können.
Den größten Unterschied zum Commodity-Geschäft habe ich aber noch gar nicht erwähnt.
Im Commodity-Geschäft haben Sie eine Marge
auf das Produkt, auf der Plattform eine Transaktionsgebühr.
ener|gate Gasmarkt: Aber die Kunden zahlen
zusätzlich auch noch einen Grundpreis?
Kusterer: Ja, aber dafür bekommen Sie auch viele Markpreisinformationen.
ener|gate Gasmarkt: Und die erwarteten Erlöse
sind so auskömmlich, dass es Ihre aktuellen Erlöse ersetzt?
Oehler: Im klassischen Commodity-Geschäft
wird die Marge weiter schrumpfen, das fangen
wir durch Dienstleistungserlöse zumindest teilweise auf. Das heißt aber nicht, dass wir unser
klassisches Vertriebsgeschäft aufgeben. Wir werden drei Säulen haben: Commodity-Vertrieb, Beratung und Click&Trade.
ener|gate Gasmarkt: Was ist dann die Aufgabe
des klassischen Vertriebsgeschäftes?
Oehler: Wir werden weiter Key-Account-Manager beschäftigen, aber die werden kein 30-GWhBand mehr an Stadtwerke verkaufen. Der KeyAccounter bespricht komplexe Produkte mit
seinen Kunden und verkauft den Plattform-Zugang. Er soll aber auch so viel Vertrauen zum
Kunden aufbauen, beziehungsweise der Kunde
zu uns, dass er die Online-Plattform nutzt und
nicht Standardprodukte am Telefon ordert. Die
Transaktionskosten einer Telefon-Order sind bei
beiden Partnern zu hoch. In dieser Änderung der
gelebten Praxis bei den Kunden, liegt auch ein
Stück weit die vertriebliche Herausforderung.
ener|gate Gasmarkt: Nur am Rande: Wie viele
Key-Account-Manager haben Sie?
Oehler: Sieben, die alle in Stuttgart sitzen. Wir
glauben, es ist sinnvoller die Mitarbeiter vor Ort
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zu haben, um sie laufend über Produkte zu informieren, als in den Regionen verteilt. Unsere
Produkte sind sehr komplex und sehr handelsnah, da brauchen wir den schnellen Austausch.
ener|gate Gasmarkt: Was heißt für Sie komplexe
Produkte?
Oehler: Es sind vielfältige Variationen von Flexibilität und Preisgestaltung. Das lässt sich sehr
individuell gestalten und schafft auch einen gewissen Wettbewerbsvorteil.
ener|gate Gasmarkt: Aber auch im Dienstleistungsgeschäft sinken die Margen. Was bringt
dann der Ansatz?
Oehler: Wir sind in der Tat nicht die Einzigen, die
auf die Idee gekommen sind, mit Dienstleistungen
gegen die schrumpfenden Margen anzugehen.
Umso wichtiger ist es, dass wir mit die Ersten sind,
die die Transformation in die Online-Welt schaffen.
ener|gate Gasmarkt: Noch mal grundsätzlich zu
Ihrer These, dass es nur eine begrenzte Anzahl
von Plattformen geben wird. Steckt nicht so viel
individuelles Know-how in den Produkten, dass
Sie immer eine größere Zahl von Anbietern haben
werden? In das Erstellen einer Price Forward Curve (PFC) zum Beispiel geht doch Ihr Handels- und
Analyse-Wissen ein. Jede PFC ist anders! Auch
bei Preisen, die Sie bieten, kann der Kunde nicht
sicher sein, dass es wirklich die besten Preise
sind. Warum soll der Kunde sicher sein, dass Sie
die besten Daten und Informationen bieten?
Oehler: Da bin ich bei Ihnen. Auch deshalb haben
wir den White-Label-Ansatz gewählt. So kann
jemand, der die Plattform nutzt, beispielsweise
seine eigene PFC hinterlegen. Die Entwicklungskosten für die Plattform sind so hoch, da wird es
Kooperationen geben. Die sehen wir heute schon.
Kusterer: Auf der Plattform, die am schnellsten
und mit Nachdruck im Markt durchgesetzt wird,
bündelt sich die Liquidität.
ener|gate Gasmarkt: Ein anderer Punkt, der
mich skeptisch macht: Ich könnte eine solche
Entwicklung nachvollziehen, wenn ein neutraler Dienstleister eine solche Plattform anbietet.
Aber Sie sind Gashändler, jeder Kunde muss doch
Sorge haben, dass sie eigene Handelsinteressen
haben. Dies macht doch schon den Aufbau des
klassischen Portfoliomanagements schwierig.
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Thema des Monats: GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
Oehler: Sie haben recht, vor fünf Jahren, als wir
mit dem Dienstleistungsgeschäft begonnen haben, war dies eher ein Thema. Es ist ganz stark
eine Frage des Vertrauens. Unsere Wahrnehmung
ist, dass uns mittlerweile die Kunden sehr vertrauen und nicht mehr denken, die Dienstleistungen dienen unserem eigenen Gasabsatz.
ener|gate Gasmarkt: Noch mal: Vertrauen
scheint mir ein ganz zentraler Aspekt zu sein.
Sind Sie da wirklich glaubwürdig?
Oehler: Es hat sich doch herumgesprochen, dass
man mit Mengen allein kein Geld verdient. Damit wird es doch strategisch unwichtiger! Wir
haben keine großen Positionen, die wir loswerden müssen. Die Zahl derjenigen, die an dem
Punkt Misstrauen haben, nimmt deutlich ab.
Kusterer: Wir erleben es doch bei der Dienstleistung für REMIT-Meldungen, die wir anbieten. Da liefern Kunden auch Daten und vertrauen uns, dass wir sie nicht sehen. Vertrauen
muss man sich in einem langen Prozess erarbeiten und verdienen!
ener|gate Gasmarkt: Was ist eigentlich an Ihrem
Ansatz anders als an dem, was auch Ihre Konkurrenten machen?
Oehler: Es ist der ganzheitliche Ansatz. Wir nehmen alle Bausteine und integrieren sie zu dem
virtuellen „Energie-Marktplatz“ der GVS auf einer Plattform – wir suchen noch den endgültigen
Namen dafür. Der Kunde kann sogar Beratungsleistungen über die Plattform abrufen. Sie haben
recht, Dinge wie „Markt Direkt“ machen auch
andere. Aber ich bin der festen Überzeugung,
es wird bei den Plattformen eine Konsolidierung
geben, weniger als eine Handvoll wird übrig bleiben. Auch deshalb ist für uns das Thema White
Label wichtig, weil wir damit die Plattform weiter vertreiben können.
Kusterer: Aus unserer Sicht gibt es bei Stadtwerken zahlreiche vielversprechende Ansätze bei
der Umsetzung von Marktinformationen in eine
Marktposition. Über die Plattform können die
Teilprodukte interaktiv eingesetzt werden, um
Beschaffungsentscheidungen zu objektivieren
und sie mit Hilfe von Algorithmen operativ umzusetzen. Dann geht es aber weiter. Die Plattform
ermöglicht dann auch die Bewirtschaftung der Position. Das minimiert Prozesskosten. Wir sehen es
ja bei uns, welche Rolle diese Kosten spielen.
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Oehler: Ein Hinweis dazu: 2011 bei Einführung
unseres Handelssystems haben wir abgeschätzt,
wie viele Deals wir pro Jahr machen werden.
2016 machen wir fünf Mal so viele Abschlüsse,
wie wir als Maximum erwartet hatten. Und wir
waren schon progressiv! Das zeigt wohin die
Reise geht. Das Volumen der Deals wird immer
kleiner, die Zeiträume werden kürzer. Derzeit
löst dies noch jede Menge Aktivitäten aus, bei
denen Mitarbeiter telefonieren und nachfragen.
Das ist völlig untauglich für Massengeschäfte.
Die Prozesse müssen in Richtung Kunde automatisiert werden. Dann kann ich sie auch online zur Verfügung stellen. Wenn ein Kunde auf
„Markt Direkt“ per Klick einen Deal abschließt,
darf bei uns im Haus niemand mehr Hand anlegen. Dies gilt bis zur Rechnungsstellung und
zur Nominierung. Damit noch mal zu der Frage von Ihnen, was wir besser machen. Bei der
Automatisierung von Prozessen sind wir schon
gut unterwegs.
Kusterer: Ganz wesentlich ist für uns noch, dass
die Plattform auch für neue Anwendungen mit
neuen Partnern offen ist. Wir können uns auch
eine Tauschplattform vorstellen, wo Stadtwerke untereinander Gas tauschen und dabei die
Blockchain-Technologie nutzen, die derzeit in
aller Munde ist.
Oehler: Das ist aber noch Zukunftsmusik!
ener|gate Gasmarkt: Sie haben eingangs gesagt,
Sie haben diese Strategie mit dem Aufsichtsrat
vereinbart. Der Aufsichtsrat besteht aus vier Vertretern der EnBW. Was heißt denn die Strategie
für Ihr Verhältnis zur EnBW, vor allem nachdem
die EnBW ihren eigenen Großkundenvertrieb gerade eingestellt hat. Sagen die EnBW-Vertreter:
Super ihr zeigt uns, wie man den Vertrieb wieder
neu und schlank entwickeln kann?
Oehler: So weit würde ich nicht gehen. Die sagen nicht: GVS mach mal, wir machen das dann
nach. Aber sie trauen uns zu, das Konzept umzusetzen.
ener|gate Gasmarkt: Als Zwischenfrage: Wer
sind denn die Zielkunden für ihren Marktplatz?
Oehler: Stadtwerke und Industriekunden in allen deutschsprachigen Ländern. Wobei natürlich nur Industriekunden, die eine echte eigene
Beschaffung mit einer eigenen Portfoliobewirtschaftung haben.
ener|gate Gasmarkt
Thema des Monats: GasVersorgung Süddeutschland (GVS)
Kusterer: Aber die Plattform wird so offen sein,
dass auch kleinere Kunden online Energie beschaffen können.
ener|gate Gasmarkt: Noch mal zu Beschaffungsstrategien: Verzichten nicht auch immer mehr
Stadtwerke auf eine eigene Portfoliobewirtschaftung und kaufen Vollversorgungsverträge?
Oehler: Wir nehmen zwei gegenläufige Entwicklungen wahr. Es werden sehr günstige, vor allem
für den Kunden risikofreie Vollversorgungsverträge angeboten, dies ist für viele Stadtwerke
attraktiv. Viele sind aber hin- und hergerissen,
ob sie die eigenständige Beschaffung aufgeben
sollen. Stadtwerke, die so beschaffen, wollen das
Know-how zu einem Minimum der Kosten behalten, die Zeiten sehr attraktiver Vollversorgungen könnten irgendwann vorbei sein.
ener|gate Gasmarkt: Ehe ich es vergesse, Sie haben
vorhin Strom als zusätzliches Angebot erwähnt.
Gehört Strom ab sofort mit zum Kerngeschäft?
Kusterer: Nicht im Vertrieb, aber in dem Bereich
„Click&Trade“ für Standardhandelsprodukte.
ener|gate Gasmarkt: Was bedeutet denn Ihr
neues Konzept im Verhältnis zur VNG, ihrer
neuen Schwester. Muss der VNG-Vertrieb dann
auch die Plattform vertreiben? Der neue VNGVorstandsvorsitzende Ulf Heitmüller sitzt in Ihrem Aufsichtsrat!
Kusterer: Es ist ein White-Label-Ansatz, den
auch die VNG nutzen kann.
Oehler: Noch einmal: Wir wollen, dass sich die
Plattform möglichst schnell verbreitet. VNG ist
natürlich die erste Adresse bei der Suche nach
möglichen Kooperationspartnern.
ener|gate Gasmarkt: Zurück zum EnBW-Verhältnis: Das Angebot ist in die Koordination der Prozesse mit EnBW eingebunden?
Oehler: Teile des Projekts und damit einige
Dienstleistungen haben noch Werkstattcharakter. Im vierten Quartal werden wir, wie gesagt,
mit einigen Tools online gehen.
Kusterer: Wir werden bei der Fahrplanbepreisung mit einer Beta-Version starten, da wir glauben, wir müssen schnell am Markt sein. Im ersten Quartal 2017 sollte die Vollautomatisierung
fertig sein.
Oehler: Ein Punkt, der für uns übrigens ganz
wichtig ist. Wir wollen, dass alle Mitarbeiter von
der Pforte bis zur Abrechnung wissen was wir
wollen und die Strategien erklären können. Wir
haben übrigens auch ganz bewusst auf Agenturen zur Unterstützung bei der Umsetzung verzichtet. Die kreativen Ideen kommen von den
Mitarbeitern, Kunden und studentischen Unternehmensberatungen.
ener|gate Gasmarkt: Eine Frage noch zum Abschluss: Sind das Handelsthema und die handelsnahen Dienstleistungen der zentrale Fokus
der GVS? Oder spielen Themen, wie neue Absatzmärkte für Erdgas, Lobbyismus für Erdgas auch
eine strategische Rolle? Oder sagen Sie, Erdgas
spielt eh noch lange eine Rolle, deshalb macht
die Konzentration auf die Handelsthemen für
uns Sinn?
Oehler: Für die GVS im engeren Sinne ist das
so. Das Unternehmen ist ein Großhändler und
wird dies weiter sein. Wir sind sehr handelsnah. Deshalb ist für uns die Verzahnung mit
dem EnBW-Handel wichtig. Dazu noch ein
Wort, weil Sie ja vorhin schon nach der Kooperation mit EnBW gefragt haben: Die Schnittstelle zwischen Handel und Vertrieb funktioniert
sehr gut.
ener|gate Gasmarkt: Dann doch noch mal: Warum ist das so?
Oehler: EnBW ist in das Projekt mit eingebunden, weil auch dort Prozesse angepasst werden
müssen. Eine völlige Automatisierung bedeutet
auch bei der EnBW eine sehr weitgehende Automatisierung aller beteiligten Prozesse, zum
Beispiel der Kreditprüfung.
Oehler: Weil wir ein gemeinsames Interesse
haben. Das ist ja auch ein Branchentrend, die
Grenzen zwischen Handel und Vertrieb verschwimmen an vielen Stellen. So sind zum Beispiel die Transferpreise transparent und nachvollziehbar. Auch der Handel hat Interesse, dass
der Vertrieb sich entwickeln kann. Die Kommunikationskultur ist gut.
ener|gate Gasmarkt: Wann wird die Vollautomatisierung implementiert sein?
ener|gate Gasmarkt: Herr Oehler, Herr Kusterer,
vielen Dank für das Gespräch.
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Der ener|gate Gasmarkt ist der monatliche Hintergrundbericht für den deutschen Gasmarkt. Er enthält die wichtigsten Entwicklungen zu Rahmenbedingungen, Unternehmen, Netzen, Geschäften,
Märkten und Preisen. Abgerundet wird jede Ausgabe
durch ein ausführliches Thema des Monats und die
Rubriken Gerüchte und Personalia. ener|gate Gasmarkt erscheint in deutscher und englischer Sprache.
Der Autor, Dr. Heiko Lohmann, ist ein anerkannter
Experte und befasst sich seit Jahren intensiv mit Fragestellungen und aktuellen Themen der Gasbranche.
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