Zusammenstellung 10.10.2016 - bei der AbL Niedersachsen/Bremen

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
Landesverband Niedersachsen/Bremen e.V. – Pressesprecher:
Eckehard Niemann, Varendorfer Str. 24, 29553 Bienenbüttel
0151-11201634 – [email protected]
Newsletter „Agrar-Hinweise“ – 10.10.2016
vorherige Ausgaben auf der Internetseite http://www.abl-niedersachsen.de/
„Chinesen bestimmen den EU-Schweinepreis“
TOP AGRAR Online zitiert Angaben des niederländischen Wageningen Economic
Research Centers (WER), wonach der Selbstversorgungsgrad (SVG) bei
Schweinefleisch in der EU im ersten Quartal 2016 bei 119 %. (im Vorjahreszeitraum
noch 114 %). Der hohe Selbstversorgungsgrad berge enorme Risiken, denn die
Exportabhängigkeit steige immer weiter an. „Die Chinesen bestimmen mittlerweile in
hohem Maße unseren Schweinepreis“, erklärt das WER. Ein Risiko seien auch die
Preise für Geflügel und Rindfleisch, die bei weiterem Nachgeben die Wettbewerbsfähigkeit von Schweinefleisch senken würde.
2017 seien aber – außer niedrigen Getreide- und damit Futterpreisen - stabile Preise
zu erwarten – wegen der Reduzierung der Bestände und Schweinehalter-Zahlen
Topagrar.com 8.10.2016 - Lesen Sie mehr
auf: http://www.topagrar.com/news/Schwein-News-Schwein-Chinesen-bestimmenden-EU-Schweinepreis-4786056.html
Schweine- und Geflügelhalter unterhalb der Armutsgrenze
Der Infodienst http://www.pigbusiness.nl/ vom 7.10.2016 zitiert
ING Economisch Bureau in haar themavisie agrarische sector , wonach in der
Spanne zwischen 2001 und 2015 durchschnittlich etwa 45 Prozent der
Schweinehalter, die Hälfte der Legehennen-Halter und ein Drittel der
Hähnchenmäster in den Niederlanden ein Jahreseinkommen unter 22.300 Euro und
damit unterhalb der Armutsgrenze erwirtschaften konnten…
Gedenkfeier in der Bretagne für Suizide von Bauern
Am Sonntag fand in der Basilika de Sainte-Anne-d´Auray (im französischen
Morbihan) eine Feier zum Gedenken an jene Bäuerinnen und Bauern statt, die
keinen anderen Ausweg mehr wussten als die Selbsttötung. Schon im letzten Jahr
waren vor Ort 600 weiße Kreuze aufgestellt worden.
Zeitschrift EURO AM SONNTAG: „REICHE ERNTE“
Konzerne wie Bayer setzen auf einen weltweiten Boom in der Agrarbranche.
Das schafft Chancen für Anleger.“ … „Auf dem Feld liegt das Geld“…
Weltgrößte Riesenfarm in Australien verkauft
Laut AGRARHEUTE und dem schwedischen Fachmagazin atl.nu soll der weltgrößte
Agrarbetrieb (Kidman & Co., Australien) mit 11 Millionen Hektar und 185.000 Rindern
verkauft worden – demnach an die australische Minen- und Agrar-Milliardärin Gina
Rinehart (mit bislang 2 Millionen Hektar), Rineharts Unternehmen Hancock
Propspecting und zu einem Drittel an die chinesische Firma Shanghai CRED. Ein
chinesisches Unternehmen als Besitzer des Traditionsbetriebes hatte die
australische Regierung zuvor abgelehnt. Dem Vernehmen nach haben sich Rinehart
und die chinesischen Unternehmer verbündet und unter dem Namen "Australian
outback beef" ein Joint Venture gegründet.
http://www.agrarheute.com/news/365-millionen-milliardaerin-kauft-weltgroesstenagrarbetrieb?utm_source=agrarheute&utm_medium=Newsletter&utm_campaign=ahnewsalarm&utm_content=2016-10-10
Bezeichnungen für „Kartoffeln“ in deutschen Regionen
hat die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 9.10.2016 aufgeführt:
„Kartüffel“ in Norddeutschland („Tüffel im Nordosten“)
„Erdappel“ oder „Eäppel“ im Westen
„Grumbeere“ oder „Herdäpfel“ im Südwesten
„Erdbirne“ oder „Erdäpfel“ in Bayern
„Kadoffel“ in Hessen
„Ärdäppel“ in Thüringen
„Erbern“ oder „Appern“in Sachsen
(ohne Gewähr, weitere Hinweise erwünscht)
TIERHALTUNG
Weiß nicht
„Ich weiß nicht, woran ich das Glück meiner Tiere messen soll.“…
Bauernverbands-Vizepräsident Werner Hilse in einem Interview
Veterinärprofessor Gauly im SPIEGEL41/2016:
Lernkurve in Rörings Betrieb „ziemlich flach“
SPIEGEL ONLINE - 07.10.2016:
Die Filmaufnahmen stammen von der Tierschutzorganisation Peta und sind meist
erst wenige Wochen alt. Sie zeigen Ställe dreier führender
Landwirtschaftsfunktionäre und Politiker. Zu sehen sind Schweine mit riesigen
Nabelbrüchen. Viele Tiere haben blutig gebissene Schwanzstummel. Etliche husten,
humpeln oder kommen kaum mehr hoch. In den Gängen liegen tote, verwesende
Tiere, bei einem treten die Innereien aus.
Laut Peta stammen die Aufnahmen aus Ställen von Franz-Josef Holzenkamp,
Aufsichtsratsvorsitzender beim Agrarmulti Agravis Raiffeisen und CDUBundestagsabgeordneter, Josef Rief, lange Jahre im Bauernverband aktiv und für
die CDU im Bundestag, sowie von Johannes Röring, dem Präsidenten des
Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, ebenfalls CDUBundestagsabgeordneter. Gegen alle drei stellte Peta Strafanzeige wegen Verstoßes
gegen das Tierschutzgesetz.
Die Zustände auf dem Betrieb, an dem Röring beteiligt ist, sorgten bereits
vorvergangene Woche für Aufsehen, als Aufnahmen der Tierschutzorganisation
Ariwa aus dem Jahr 2015 bekannt wurden. Es waren reihenweise kranke und
verletzte Tiere zu sehen, der Politiker dagegen bezeichnete die
Haltungsbedingungen als "einwandfrei". Die aktuellen Peta-Aufnahmen zeigen nicht
nur "klassische Systemprobleme", sagt Cornelie Jäger, "sondern auch
Rechtsverstöße". Die Veterinärin ist Landesbeauftragte für Tierschutz in BadenWürttemberg. Röring seinerseits lässt wissen, "keinen Verstoß gegen geltendes
Recht" erkennen zu können.
Ähnlich wie Röring bestreitet auch Josef Rief Haltungsprobleme in seinen Ställen.
Ein Amtsveterinär habe ihm die "Ordnungsmäßigkeit" vorige Woche bestätigt. FranzJosef Holzenkamp räumt dagegen Probleme ein. Gelenkentzündungen oder
Schwanzbeißen könne er nicht gänzlich verhindern, aber er versuche, das
Wohlbefinden der Tiere zu verbessern.
Einlassung des freigesprochenen Rechercheaktivisten
Erasmus Müller vor Gericht:
ARIWA - Animal Rights Watch e.V.·Dienstag, 27. September 2016
„Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren, ….
… ich würde mir gerne einfach ein schönes Leben machen, in welchem ich nicht
nachts durch an Horrorfilme erinnernde Hallen laufe. Ich würde gerne niemandem
auf die Füße treten, denn aufgrund meiner Erziehung bereitet mir das Unbehagen.
Es beschäftigt mich, dass es Menschen gibt, die mich wegen meiner Filmaufnahmen
hassen. Ich möchte gerne mit allen auskommen. Und mich einfach tagsüber meinem
durchaus erfüllenden Leben widmen. Wenn mein Gewissen das doch einfach
zuließe. Wenn ich bloß nachts wie alle anderen die Existenz der Tiere hinter den
Betonmauern verdrängen, die Augen der zahllosen Schweine, die in meine geblickt
haben, vergessen könnte. Bis mir das gelingt, arbeite ich halt an der Alternative:
Dass wir Menschen eines Tages den Kreis unserer Empathie so weit ausgeweitet
haben, dass wir selbstverständlich auch anderen fühlenden Tieren ihr Leben so
lassen, wie sie es eben selbst führen möchten. Vielleicht muss dann schon in der
Generation meiner Nichten und Neffen niemand mehr so einer unschönen
nächtlichen Beschäftigung nachgehen wie ich. … ”
Das Gericht entschied zugunsten der RechercheaktivistInnen und sprach alle drei,
nach §34 StGB „Rechtfertigender Notstand", frei. Hintergründe zum Prozess:
http://www.ariwa.org/aktivitaeten/a…
https://www.facebook.com/notes/ariwa-animal-rights-watch-ev/bewegendeeinlassung-des-freigesprochenen-rechercheaktivisten-erasmusm%C3%BCller/1101616023248153
Links zu Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt:
https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/investoren-fordern-pflanzlichesprotein#utm_source=nl16-41&utm_medium=email&utm_campaign=w-nl
https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/fleischkonsum-deutschland-2015gesunken#utm_source=nl16-41&utm_medium=email&utm_campaign=w-nl
Bauernbund Brandenburg – 23.9.2016:
Bauernbund wehrt sich gegen kriminell beschafftes
Filmmaterial
Mit Empörung hat der Bauernbund Brandenburg auf die gestrige Panorama-Sendung
reagiert, nach der in Ställen von Bauernverbands-Funktionären angeblich Tiere
gequält würden. „Wenn Journalisten kriminell beschafftes, aus dem Zusammenhang
gerissenes Filmmaterial verwenden, um einzelne Personen zu diskreditieren,
verspricht das zwar öffentliche Aufmerksamkeit, schadet aber der Sache“, sagte
Bauernbund-Präsident Karsten Jennerjahn. Dass der Bauernverband Politik für die
Agrarindustrie macht, sei kritikwürdig genug, so der 54jährige Landwirt, der in
Brandenburg die bäuerlichen Familienbetriebe vertritt: „Das ist offensichtlich, dafür
muss man nicht unter die Gürtellinie schlagen.“
Es sei zu einer medialen Unsitte geworden, mit der Zurschaustellung kranker Tiere
verallgemeinernd die landwirtschaftliche Tierhaltung zu verunglimpfen, meint
Jennerjahn. „Krankheiten und Verletzungen gibt es auch bei Menschen, das sind
auch keine schönen Bilder, trotzdem sind sie nicht repräsentativ für den Zustand
unserer Gesellschaft.“ Alle im Bauernbund organisierten Tierhalter würden gerne ihre
Ställe zeigen, aber nicht ohne vorherige Anmeldung.
AbL – aktualisierte PM:
„In allermeisten Familienbetrieben kaum denkbar“
Bäuerliche Tierhalter kritisieren PANORAMA-Schock-Bilder aus
Groß-Ställen von Agrarindustrie-Funktionären
Die schockierenden Bilder von verletzten Tieren in den Ställen hoher Funktionäre
von Bauernverband und Agrarindustrie beruhen laut Landesverband
Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
unter anderem auf fehlenden oder nachlässigen Kontrollen der Tiergesundheit. Das
legten viele der gezeigten Fotos nahe, auf denen zum Teil schwerste und schon seit
längerer Zeit bestehende Verletzungen gezeigt wurden.
Die Reaktion vieler dieser Funktionäre, man werde ggf. gegenüber
Arbeitnehmern arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen, spreche zudem dafür,
dass in diesen bzw. weiteren Großbetrieben längst Lohnarbeits-Strukturen (und
zum Teil prekäre Lohnarbeitsstrukturen) dominierten, bei denen die Betreiberbzw. Eigentümerfamilien solcher Tierhaltungs-Großanlagen sich selber kaum noch
um das Geschehen in ihren Ställen kümmerten.
Während die meisten Funktionäre die gezeigten Missstände in ihren Ställen
zumindest teilweise eingestehen mussten, werde die Behauptung des
Bauernverbands-Funktionärs Röring umso unglaubwürdiger, die filmenden ARIWATierschützer hätten einen gezeigten Schweinekadaver selber in den Stall Rödings
transportiert.
Die Reaktion bzw. Nicht-Reaktion Rörings zeigt nach Ansicht der AbL, wie hohl und
unglaubwürdig die Beschönigung agrarindustrieller Tierhaltungs-Strukturen durch
Spitzenfunktionäre des Bauernverbands in Wirklichkeit sei. Unzählige bäuerliche
Tierhalter, die ihre Tiere selber zweimal täglich auf deren Gesundheit hin
untersuchten, dürften durch die von Panorama gezeigten Ställe nicht
unschuldig in Misskredit gebracht werden. Das generell noch deutlich zu
verbessernde Tierwohl hänge von vielen Tierhaltungs-Faktoren ab – aber einer
davon sei die regelmäßige Tierbeobachtung durch bäuerliche Tierhalter, die ein
starkes Eigeninteresse an der Gesundheit ihrer Tiere hätten.
„Für eine gerechte Agrar-Sozialpolitik“
Agrar-Sozialwahlen 2017 mit Kandidaten von Freien Listen:
Link: http://agrarsozialwahl.de/
MILCH
BDM - 07. Okt 2016 – Bericht
Wieder Milchbauernaktion beim DMK in Edewecht
Im Rahmen des Molkereiaktionstages des BDM gab es auch wieder einen
Besuch beim Käsewerk des DMK in Edewecht. Daran beteiligten sich ca. 40
Bäuerinnen und Bauern mit 15 Treckern. Diesmal gab es allerdings keine
Blockade, sondern ein vorher angemeldetes Gespräch mit einem Mitglied des
DMK-Vorstandes und dem Werksleiter aus Edewecht.
Erstmals wurden alle Bäuerinnen und Bauern hereingebeten und konnten im
Eingangsbereich mit den beiden DMK-Vertretern ca. eine dreiviertel Stunde Klartext
reden. Etliche Kollegen haben sich zu Wort gemeldet und ihre persönliche
Situation dargestellt, für viele war es befreiend, mal so richtig Tacheles reden
zu können mit Leuten, die zumindest einen kleinen Teil Verantwortung tragen.
Ein Kollege hat zum Beispiel geschildert, wie er in den letzten 10 Jahren
dreimal die Molkerei gewechselt hat, um der Nordmilch bzw. dem DMK zu
entkommen, und jedesmal wieder "einfusioniert" wurde. Vorstandsmitglied
Reiner Lübben und der Werksleiter wirkten am Ende des Gesprächs durchaus
betroffen, vor allem als eine Kollegin ein Laken mit der Aufschrift "Hungertuch"
überreichte, das sich der Werksleiter in sein Büro hängen sollte. Natürlich
wurden auch die Forderungen nach Abkehr vom Billig-Export, Unterstützung
von Kriseninstrumenten und der Auszahlung von jedem Cent Mehrerlös an die
Milchlieferanten vorgebracht. Reiner Lübben, selbst Milcherzeuger, bestätigte die
Einschätzung der Landwirte, dass sich eine solche Krise nie wiederholen dürfte und
versprach vollständige Auszahlung aller erwirtschafteten Erlöse, dafür werde
DMK auch eine Nullrunde beim Gewinn hinnehmen. Er sprach sich ebenfalls zur
Vermeidung ähnlicher katastrophaler Einbrüche für eine koordinierte
Mengenreduzierung im Krisenfall aus, allerdings nicht in Verantwortung der
Molkereien, sondern der Politik.
BDM-Landesteamleiterin Johanna Böse-Hartje forderte daraufhin, dann solle das
DMK sein ganzes wirtschaftliches Gewicht in die Waagschale werfen und die
Milchbauern bei der Politik in der Forderung nach einem Kriseninstrument
unterstützen. Schließlich bekräftigte der Milchviehhalter Ottmar Ilchmann (BDMMitglied und AbL-Landesvorsitzender) die Forderung, gute Preise beim Handel
durchzusetzen und an die Bauern weiterzureichen und sie nicht zu zwingen, bald
schon wieder nach Edewecht zu fahren. Der Respekt, den sich die Milchbauern
mittlerweile dort verschafft haben, war abzulesen an der vergleichsweise sehr
geringen Anzahl von anliefernden Tankwagen. Anscheinend hatte die Werkleitung
trotz der angemeldeten Aktion doch eine Blockade befürchtet.
Evangelische Zeitung --- 07. Oktober 2016
Landwirte in Existenznot
Die Krise mit der Milch
Viele Milchbauern müssen ihre Höfe aufgeben, andere überbrücken die
Milchkrise mit Darlehen. Eine schnelle Lösung, um wieder kostendeckend zu
wirtschaften, ist nicht in Sicht.
von Thorge Rühmann
Kiel / Hohenwestedt. Früh um fünf Uhr beginnt die Arbeit für Christoph Lutze.
Der Landwirt aus Hohenwestedt hat 180 Kühe im Stall stehen. Er versorgt die
Tiere, melkt sie, kümmert sich darum, dass der Betrieb funktioniert. So normal wie
möglich. Dabei ist für Milchbauern wie ihn eigentlich seit Monaten nichts normal: „Die
Lage für uns Milchbauern ist katastrophal. Der Schuldenberg der Betriebe wird immer
größer. Wir können unsere Rechnungen nicht mehr bezahlen“, schildert der 57Jährige die Situation in der Branche.
Schuld daran ist der stark gesunkene Preis für einen Liter Milch. Seit 2015 gab es
einen Preisverfall bis weit unter die Grenze, ab der die Bauern wirtschaftlich
produzieren können. Die liegt bei 40 Cent pro Liter, mittlerweile zahlen die
Molkereien nur noch 24 Cent. Für den Landwirt, der den Hof mit seinen zwei Söhnen
gemeinsam betreibt, hat die Milchkrise einen Vermögensverlust von 180 000 bis 200
000 Euro pro Jahr zur Folge. „Wir verlieren mit jedem Liter Milch Geld“, so Christoph
Lutze. „Die meisten Betriebe halten sich über Darlehen aufrecht, versuchen, die Krise
so zu überbrücken. Jeder hofft, dass es mit der Zeit wieder besser wird.“
„Wir sind nur die Restgeldempfänger“
Als Ursachen nennt der Milchbauer schlicht die Überproduktion. Hinzu komme die zu
große Marktmacht des Lebensmittelhandels. „Wir Landwirte sind gegenüber den
Meiereien nur Restgeldempfänger. Und wir haben eine schlechte
Verhandlungsposition – der Lebensmittelhandel kann die Preise und Bedingungen,
zu den produziert werden soll, diktieren.“ Drei Krisen mussten die Bauern überstehen
– 2009, 2012 und die aktuelle, die seit 2015 andauert. Es bestehen zwei Ansätze, mit
denen der Krise begegnet werden soll.
Der Bauernverband seinerseits bemerkt in einem auf seiner Internetseite
veröffentlichten Positionspapier: „Für den wirtschaftlichen Erfolg der
Milchviehhalter ist in erster Linie der Markt verantwortlich, nicht mehr die
Politik.“ Das sei zynisch, findet Christoph Lutze. Nach dieser Lösung würden
ihm zufolge wohl nur mittlere und große Betriebe überleben, kleinere Höfe aber
untergehen. Der Bundesverband deutscher Milchviehhalter, dem der Landwirt
angehört, verfolgt einen anderen Ansatz: „Wir müssen die Milchmenge
reduzieren – zunächst auf freiwilliger Basis, und wenn das nicht funktioniert,
dann zwangsweise“, fordert Lutze.
Milchkrise ist längst ein globales Problem
Die Hauptursache der aktuellen Milchkrise sieht auch Ulrich Ketelhodt in der
Überproduktion. „Dahinter steckt das Ziel des Strukturwandels“, sagte der DiplomAgraringenieur und wissenschaftliche Referent beim Kirchlichen Dienst in der
Arbeitswelt. Ziel sei, dass nur wenige große Betriebe am Markt erhalten bleiben. Ihm
zufolge gaben 2015 rund sieben Prozent aller Landwirte in Schleswig-Holstein den
Betrieb auf. Im laufenden Jahr sind es bereits mehr als zehn Prozent. Die Preise für
Weideland sind niedrig, der Markt ist übersättigt. … Längst sei die Milchkrise aber
auch zu einem globalen Problem geworden, so der Experte. Durch
die Überproduktion in Deutschland und Europa werde viel Milchpulver
hergestellt, das zu sehr niedrigen Preisen in Afrika auf den Markt kommt – und
die Existenz vieler afrikanischer Bauern bedroht, die mit solchen Preisen nicht
konkurrieren können. In der Folge gehen einheimische Betriebe dort pleite.
Weg von der „Wegwerf-Kuh“
Ketelhodt hat sich Gedanken darüber gemacht, wie die Überproduktion von Milch
verringert werden könnte. Langfristig könne sich etwas ändern, indem man die
Tiere langsam daran gewöhnt, weniger Milch zu geben. Sie bekämen weniger
energiereiches Futter, so ließe sich die Milchleistung drosseln. So ergäben sich
Einsparungen beim Futtermittel, die wenigstens den Fehlbetrag, der durch die
geringere Milchleistung entstünde, etwas abmildern könnten. „Das geht aber nicht
von heute auf morgen“, erläuterte Ketelhodt: „Das System ist so angelegt, dass die
Tiere maximal Milch liefern – das kann man nicht einfach so herunterfahren.“ Denn
moderne Kühe gleichen heute hochgezüchteten Leistungssportlern. Pro Jahr geben
sie einen Ertrag von 10 000 Litern Milch.
Die Tiere werden im Durchschnitt sechs Jahre alt, bekommen drei Mal in ihrem
Leben Kälber. Dabei sei für die Tiere biologisch eigentlich ein Lebensalter von bis zu
20 Jahren möglich, so der Experte. Die Hochleistungskühe brauchen umso mehr
Pflege – und die ist teuer. „Wenn man drei bis vier Jahre Höchstleistung fordert,
hat das seinen Preis: Die Tiere werden häufiger unfruchtbar, die Euter
entzünden sich, die Klauen machen Probleme“, erläutert der Fachmann. Ein
Landwirt könnte sich ihm zufolge auch von Kühen trennen, den Betrieb verkleinern,
so Ketelhodt. Das Problem: Er würde bei den aktuellen Preisen einen Verlust
machen. Zudem sei es für einen Betrieb – gleichgültig ob ökologisch oder
konventionell – umso schwerer zu wirtschaften, je kleiner der Hof ist. Und das
Umstellen auf eine nachhaltige Bio-Produktion? „Bedeutet eine Durststrecke von
etwa zwei Jahren“, so Ketelhodt. „Den kostenlosen Umstieg gibt es nicht.“ …
Im Kuhstall in Hohenwestedt hofft Landwirt Lutze darauf, dass sich der Milchpreis
wieder erholt – vorhersagen lässt sich das nicht. „Wir Milchbauern sind viel zu
leidensfähig“, sagt er. Viele schämten sich, seien verzweifelt. Landwirtschaft – das
sei kein Job wie jeder andere, sondern eine Berufung. „Viele Landwirte lieben das,
was sie tun.“ Doch bevor die Vermögenswerte, die in seinem Betrieb liegen,
aufgebraucht sind, würde auch Lutze eher aufhören: „In die Armut gehen will ich
nicht.“
Unabhängige Bauernstimme - 29.09.2016 - cs
Nicht gerade gläsern
Die Gläserne Molkerei, eine der größeren Biomolkereien in
Deutschland, sorgt für Unmut bei den Lieferanten
Qualitätsproduktion ist gefragt, so könnte man die neuesten positiven Absatzzahlen
für Biomilch deuten. Im ganzen ersten Halbjahr 2016 wurde 7 % mehr Biomilch,
verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, verkauft. Ausgerechnet in den
Sommermonaten stieg der Verkauf, besonders von Milch und Joghurt, um bis zu 20
% gegenüber 2015, noch mehr sogar stieg aber der Umsatz. Laut bio-markt.info
spricht das wiederum dafür, dass die Kunden eher zu höherpreisiger Biomilch
gegriffen haben, schließlich hatten die Discounter im Frühjahr ja sogar ihre
Ladenpreise gesenkt. Trotzdem der Biomilchpreis seit rund zehn Jahren immer
stärker vom konventionellen Preis entkoppelt werden konnte, ließ sich die
desaströse Lage am konventionellen Milchmarkt aus Sicht der Discounter in
der ersten Jahreshälfte nicht mehr gänzlich ausblenden. Auch die Gläserne
Molkerei in Mecklenburg-Vorpommern, eine der originären Bioverarbeiter mit Zugang
zu höherpreisigen Absatzmärkten, begründete damit ihre gefallenen
Auszahlungspreise, während die anderen Biomolkereien das Niveau weitestgehend
konstant hielten.
Transparenz?
Die Gläserne Molkerei hatte noch nie den Ruf, in der Branche die höchsten
Auszahlungspreise an ihre Bauern und Bäuerinnen auszuzahlen, geschweige denn
im Handel beste Konditionen für Milchprodukte durchzusetzen. Aktuell allerdings gibt
es anderen Unmut unter den Lieferanten. Die Molkerei möchte mit ihren Bauern
und Bäuerinnen neue Milchlieferverträge abschließen. Eine Begründung dafür
ist, statt der Vielzahl individueller Vereinbarungen, die bislang existieren, nun zu
einheitlichen Bedingungen kommen zu wollen. In dem Begleitschreiben zum neuen
Vertrag schreibt die Molkerei von einem „einheitlichen und transparenten Preismodell
für alle Lieferanten“ sowie einer „Vereinfachung durch klare und verständliche
Spielregeln für beide Seiten“. Das klingt gut, zumal die Gläserne Molkerei bislang
durch mehr unterschiedliche Kriterien als andere Molkereien in der Preisgestaltung
eine Vergleichbarkeit unter Milchbauern und -bäuerinnen eher erschwert hat. Guckt
man dann in den neuen Vertrag, stellt man fest, dass es fast nur noch Aufschläge auf
einen Grundpreis gibt – davon aber mehr als genug: dreimal gestaffelt für Zellzahlen,
zweimal gestaffelt für Keimzahlen, viermal gestaffelt abhängig von der vereinbarten
Jahresmenge, unterschiedliche Verbandszuschläge, einen Regionalzuschlag, einen
Zuschlag für eine gleichmäßige Monats- und Jahreslieferung, Zuschläge für Heuoder NOP- (höherer US-Organic-Standard)-Milch.
Nicht akzeptabel
„Gläserner“, sagt einer der Lieferanten, „wird die Gläserne Molkerei damit
nicht.“ Der Unmut unter den Lieferanten, von denen viel weniger als bei
anderen Biomolkereien in Liefergemeinschaften organisiert sind, ist groß. Die
Bedenken, sich öffentlich zu beschweren, allerdings auch. Schließlich spielt
doch die Situation, in der momentan durch die erhöhte Umstellung von
konventionellen Betrieben eigentlich keine Biomolkerei Betriebe aufnimmt, der
Gläsernen Molkerei in die Hände. Wer nicht unterschreibt – als Stichtag ist der
1.10. genannt –, kann eben nicht so einfach gehen. In den vorhandenen
Liefergemeinschaften kann man sich mit den Kollegen darauf verständigen,
dass solche Bedingungen nicht akzeptabel sind. Schließlich habe man ja gültige
Verträge, so ein Bauer, aber man fühle sich nicht gut behandelt. Das sei keine
besonders vertrauensvolle Basis, wenn es heiße, der Vertrag sei nicht
nachverhandelbar. Auch ein Lieferant allein auf dem platten Land sagt, es sei nicht
schön, wie mit den Bauern umgegangen werde, auch in der letzten Zeit schon nicht,
ihm sei mehr oder weniger von jetzt auf gleich der auch jetzt schon vorhandene
Heumilchzuschlag gekündigt worden, er sei verunsichert.
Viele betonen, die Kommunikation und die Zusammenarbeit seien schwieriger
geworden, seit der Schweizer Molkereikonzern Emmi die Gläserne Molkerei
Anfang des Jahres übernommen habe, da gingen dann ja auch die Preise
runter. Dabei war bislang in den Milchlieferverträgen eine Orientierung am BiolandDurchschnittspreis festgeschrieben. In dem neuen Vertrag garantiert die Molkerei,
„dass der Grundpreis zuzüglich aller erreichbaren Zuschläge im Mittel eines
Kalenderjahres mindestens 95 % des von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft
mbH (AMI) veröffentlichten Durchschnittspreises für ökologisch erzeugte Kuhmilch in
Deutschland erreicht“. Damit rückt an die Stelle der Orientierung am BiolandDurchschnitt eine an einem Wert noch unterhalb des Bio-Durchschnitts. Auch das
wird von den Lieferanten nicht positiv kommentiert. „Das haben sie immer weniger
hingekriegt mit dem Bioland-Durchschnittspreis, deshalb wollen sie davon weg“, sagt
ein Bauer. Vor dem Hintergrund, dass nicht klar ist, wie sich die Mengenentwicklung
mittel- und längerfristig durch vermehrte Umstellung in Deutschland und eine etwas
unübersichtliche Produktions- und Exportsituation in Österreich gestaltet, mag das
aus Sicht der Molkerei erstrebenswert sein. Bauern und Bäuerinnen wollen
Transparenz und damit Vergleichbarkeit beziehungsweise Vertragsverhandlungen
auf Augenhöhe, wie sie im Zusammenhang mit dem konventionellen Milchmarkt
derzeit immer wieder eingefordert werden. Dies gilt es nun gemeinschaftlich zu
organisieren.
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TAZ - 10.10.2016 - Jost Maurin:
Gesundheit von Kühen
Bio ist kein Allheilmittel
Entzündete Euter, kaputte Beine – eine Studie zeigt, wie schlecht es auch ÖkoTieren geht. Forscher fordern konkrete Vorgaben für Krankheitsfälle.
… „Trotz der deutlich besseren Haltungsstandards unterscheiden sich die
Erkrankungsraten auf ökologischen Milchviehbetrieben nicht von den hohen
Erkrankungsraten in der konventionellen Milchviehhaltung“, teilte Professor Albert
Sundrum von der Universität Kassel zum Abschluss eines internationalen
Forschungsprojekts unter seiner Führung mit. So hätten in den untersuchten
deutschen Betrieben 23 bis 74 Prozent der Kühe kranke Euter gehabt.
Die Wissenschaftler prüften, wie häufig die Kühe auf mehr als 200 Ökobetrieben in
Deutschland, Frankreich, Schweden und Spanien in einem Jahr zum Beispiel an
Euterproblemen oder Lahmheiten litten. …
In der Studie variierten die Erkrankungsraten zwischen den Betrieben enorm. Die
Bandbreite „lasse sich weder durch regionale Gegebenheiten noch durch die
Betriebsgröße erklären“, so die Wissenschaftler. Wenn das Futter nicht die nötigen
Nährstoffdosen enthält, könne das das Immunsystem belasten und
Euterentzündungen begünstigen, sagt Forscherin Susanne Hoischen-Taubner, die
an der Studie beteiligt war. Schlechte Stallhygiene könne Lahmheiten verursachen.
Vielen Milchviehhaltern fehlt laut den Forschern aber der Anreiz, in die Gesundheit
ihrer Tiere zu investieren. …Also sind Bauern im Vorteil, die billiger produzieren,
indem sie ihre Kühe schlechter behandeln. …
Nicht viel halten die Wissenschaftler von homöopathischen und pflanzlichen
Medikamenten. … „Ganz ohne Antibiotika wird auch die ökologische Landwirtschaft
künftig nicht auskommen“, so Forschungsleiter Sundrum. Die Wissenschaftler
verlangen deshalb konkrete Vorgaben für die Landwirte, wie häufig die wichtigsten
Krankheiten vorkommen dürfen. …
Mehr dazu:
http://www.taz.de/Gesundheit-von-Kuehen/!5343397/
SCHLACHTHOF-KRISEN:
AbL verlangt von insolventem Fleischunternehmen Vogler
volle Transparenz
Der Landesband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL) hat das in Planinsolvenz befindliche Schlacht- und
Fleischunternehmen Vogler in Steine (Landkreis Lüchow-Dannenberg)
aufgefordert, den bäuerlichen Lieferanten und den Beschäftigten klare
Informationen über die Ursachen der Liquiditäts-Krise und über die geplanten
Sanierungs-Maßnahmen zu geben. Nur dann könne das Unternehmen ggf. wieder
Vertrauen aufbauen, das derzeit angesichts des Rückgangs auf 20% der üblichen
Schlachtvieh-Zahlen offenbar nicht mehr gegeben sei.
AbL-Vertreter Eckehard Niemann verwies in diesem Zusammenhang auf eine
Pressemitteilung des Landgerichts Lüneburg, wonach die beim Amtsgericht
Uelzen festgestellte „angespannte Liquiditätslage“ auf gestiegenen
Rohstoffpreisen beruhen sollten. Dies sei angesichts der langandauernden
Niedrigst-Erzeugerpreise für Schweine (weit unterhalb der Kostendeckung der
Schweinehalter) entweder zynisch oder von wenig Sachkenntnis geprägt.
Auch die 100 Mitarbeiter der Stammbelegschaft (in Vertrieb und Verkauf) und die in
Schlachtung und Zerlegung beschäftigten Mitarbeiter, die bei „Personalfirmen“
angestellt seien, bräuchten dringend Informationen über die Lage des Unternehmens
und die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.
Die AbL betonte, die meisten Landwirten seien am Erhalt von Vogler - als
bundesweit fünftgrößtem Fleischunternehmen – schon aus Gründen des
Wettbewerbs in der Branche interessiert. Dies könne und dürfe aber nicht zu
Lasten der ohnehin lange gebeutelten Lieferanten gehen – darauf sei beim
Insolvenzverfahren besonders zu achten. Die angestrebte „Marktfähigkeit“ müsse auf
der Zahlung fairer Erzeugerpreise beruhen und nicht weiter auf DumpingBilligpreisen.
Genauere Informationen, so die AbL, seien auch im Hinblick auf einen angeblich
„abgesprungenen“ möglichen Investor geboten. Die AbL hätten in den letzten
Wochen mehrere Informationen und Anfragen aus der Region erreicht, die erstaunt
auf eine bei Vogler gehisste chinesische Flagge hingewiesen hätten.
Die AbL forderte erneut ein Ende der ruinösen Überproduktion in der
Fleischbranche, die durch nicht kostendeckende Exporte in Drittländer noch
verschärft werde. Es seien in naher Zukunft ähnliche Nachrichten über Insolvenzen
oder Unternehmens-Krisen zu befürchten.
Die in Deutschland und anderen EU-Ländern längst überfällige Umsetzung der EUweit geltenden Schweinehaltungs-Richtlinie mit mehr Platz für die Tiere, einem
Kupier- bzw. Abtrennungs-Verbot der Ringelschwänze und mit Stroheinstreu
würde zu einem Marktgleichgewicht mit dauerhaft kostendeckenden
Schweinepreisen und deutlich höheren Fleischpreisen führen. Auch der aktuelle
Gesetzesentwurf von Bundesbauministerin Hendricks zur Begrenzung der
Genehmigung neuer Megaställe trage dazu bei, weitere Überschüsse und eine
Verdrängung bäuerlicher Strukturen zu verhindern.
Agrarminister Schmidt, so die AbL, müsse nun dringend die entsprechenden
Empfehlungen seines wissenschaftlichen Beirats für eine zukunftsfähige
Nutztierhaltung umsetzen. Dies sei in Abstimmung mit seinen Kollegen in den
Niederlanden und Dänemark gut möglich, weil die EU massiv darauf dränge, dass
ihre Tierwohl-Vorgaben nun endlich - nach dem Vorbild Schwedens, Finnlands,
Norwegens oder auch Englands – in allen Ländern der EU umgesetzt würden.
3.400 Zeichen – 08.10.2016
LINKS zur Lage von Fleischkonzernen:
http://www.ejz.de/ejz_50_111169743-28-_Fleischunternehmen-Vogler-in-Steinebeantragt-Planinsolvenz.html
http://www.schweine.net/news/vion-investoren-fuer-wachstum-gesucht.html
http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/westfleisch-verluste-muenster100.html
http://www.agrarheute.com/dlz/news/toennies-schlachtet-eigenen-liga
http://www.abl-niedersachsen.de/fileadmin/Dokumente/AbLNiedersachsen/Pressemeldungen/2016-08-08_AbL_fordert_BundesTierschutzplan_.pdf
Kritischer Agrarbericht 2013
Jahresrückblick auf den Schweinesektor
(strukturell immer noch zutreffend)
…. So liegt die wesentliche Ursache der seit fünf Jahren nicht mehr
kostendeckenden Erzeugerpreise für Ferkel und Mastschweine in der massiven
Überproduktion. … Eine solche Überschuss-Erzeugung nützt allenfalls den
Umsätzen der Fleischkonzerne und den daran gekoppelten Gehältern von
Managern, drückt aber angesichts einer stagnierenden und sogar leicht sinkenden
Binnen-Nachfrage dauerhaft die Erzeugerpreise der Landwirte. Entsprechend stark
waren Betriebsaufgaben und eine weitere Konzentration der Tierbestände.
Diese Weltmarkt-Orientierung der Fleischkonzerne führt auch angesichts der
wachsenden Konkurrenz der brasilianischen und US-Fleischkonzerne zu einer
Verschärfung der deutschen und europäischen Schweinemarktkrise. Zu hiesigen
Preisen produzieren und zu brasilianischen Billigpreisen auf dem Weltmarkt
verkaufen – diese Rechnung kann nicht aufgehen. Bei den in Brasilien und den
USA herrschenden Umwelt-, Sozial- und Klimabedingungen lässt sich
Schweinefleisch um ein Drittel billiger als in Europa erzeugen. Zudem baut
Russland mit Hilfe ausländischer Konzerne (u.a. auch Tönnies) seine eigene
Schweineproduktion rasch aus und wird in wenigen Jahren selbst
Schweinefleisch exportieren. Auch China strebt die Selbstversorgung an und
kauft in großem Umfang den Sojamarkt leer. …
Der holländische Agrarindustrielle Adrianus Straathof hält vor vor allem an
Standorten der ehemaligen DDR-Agrarindustrie bereits etwa 35.000 Sauen (Ldw.
Wochenblatt Westfalen-Lippe 48/2010). Jeweils viele tausende Sauenplätze haben
weitere niederländische Investoren wie van Gennip, van Asten, Johannes Maria
Straathof, van Nooren, Poels, van Dijck, van der Velde, van Genugten oder
Verschelde, daneben auch dänische Investoren (Kirketerp) oder westdeutsche
Unternehmen wie ZNVG eG, Einer Schweinezucht, RVV Twistringen eG, WULFA
Dinklage, Woestmann, Oberhoff, Kläne Menke, Görtz, Ahlers, Grundkötter sowie
direkte Nachfolgebetriebe der so genannten Landwirtschaftlichen
Produktionsgenossenschaften aus DDR-Zeiten. Bei den Schweinemast-Konzernen
mit Zigtausenden von Stallplätzen findet man viele der obigen Namen wieder,
außerdem Unternehmen wie Arts und Bolder, Schmidt/SAZA, Kronseder, Osterhuber
oder Thiermann.
In welchem Umfang Futtermittel- und Genetik-Konzerne (wie Hendrix, Fleming &
Wendeln oder GS agri) bei Agrarfabriken beteiligt oder dominant sind, ist schwer
abzuschätzen. Berater gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der deutschen
Schweinebestände bereits in verdeckter Lohnmast gehalten wird. Nach
Einschätzung des niedersächsischen Kammerberaters Arnold Krämer befindet sich
ein großer Teil der Sauenanlagen mit 800 und mehr Plätzen in Niedersachsen und
im Osten schon nicht mehr in der Hand der ursprünglichen Investoren, sondern
bereits in zweiter oder sogar dritter Hand. Bei Kaufpreisen von 50 bis 80 Prozent der
Baukosten könnten die Übernehmer solche Anlagen mit geringeren Kapitalkosten
weiter bewirtschaften. Betriebsleitern rät Krämer zu Vorsicht bei großen Investitionen.
Die niederländischen und belgischen Schweinehalter-Verbände setzen sich …
klar für die Interessen ihrer Mitglieder ein - auch gegenüber
genossenschaftlichen Schlachtunternehmen. … Im Gegensatz dazu verfolgt der
Deutsche Bauernverband weiter eine Partnerschafts-Strategie der
gemeinsamen „Wertschöpfungskette“ mit den Fleischkonzernen. Die vier
größten von ihnen (Tönnies, VION, Westfleisch, D&S-DanishCrown) haben bereits
60 Prozent Marktanteil. …
Kostendeckende und auskömmliche Erzeugerpreise sind nur möglich, wenn
die Überschussproduktion abgebaut wird. Aktuell bestehen hierfür wichtige
Möglichkeiten: Die anstehende Novellierung des Bundesbaugesetzes kann den
weiteren Bau großer gewerblicher Schweineanlagen mit mehr als 1.500 Mast- und
560 Sauenplätzen bremsen oder sogar verhindern und damit auch die damit
verbundene Überschuss-Ausweitung. Auch Umwelt- und Tierschutzforderungen
wirken in diese Richtung: Der Tierschutzplan der niedersächsischen
Landesregierung ist Ausdruck der Tatsache, dass die EU-Kommission nunmehr auf
die Einhaltung ihrer Schweinehaltungs-Richtlinien drängt und diese im Rahmen der
EU-Agrarreform zur Voraussetzung der Prämienzahlungen macht. Das Abschneiden
(Kupieren) der Schweineschwänze, um die haltungsbedingt gestressten Tiere am
Schwänzebeißen zu hindern, wäre zukünftig EU-weit nicht mehr möglich. Man wird
den Tieren deshalb nicht nur mehr Platz, sondern auch Stroh (wie von der EU
gefordert) und Auslauf geben müssen. Hierzu sind jetzt Umstellungs- und
Förderungsprogramme nötig.
Genau diese Forderungen nach einer artgerechten Tierhaltung auf
„Bauernhöfen statt in Agrarfabriken“ werden von einer starken
gesellschaftlichen Bewegung unterstützt. Diese sind nicht gegen Bauern
gerichtet, sondern könnten und müssten jetzt von Bauern genutzt werden: Eine
an Futterflächen gebundene, antibiotika-unabhängige Tierhaltung mit mehr
Platz, Stroh und Auslauf für die Tiere senkt nicht nur europaweit die
Überschüsse - diese Forderungen können nur Bauernhöfe und nicht
Agrarfabriken ausfüllen. …
Von Eckehard Niemann, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft – AbL
Süddeutsche Zeitung - 9. Oktober 2016 - Von Sabine Wejsada, Aschheim
Bürgerentscheid
Schlachthof in Aschheim ist gescheitert
Die Aschheimer wollen keinen Schlachthof. In einem Bürgerentscheid haben
sich die Wähler am Sonntag gegen das Vorhaben ausgesprochen. Nach einem
vorläufigen Endergebnis stimmten 87 Prozent mit Nein, nur 13 Prozent mit Ja.
Die Wahlbeteiligung lag mit 71 Prozent außerordentlich hoch.
Sehr zum Unmut von Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) und der Mehrheit im
Gemeinderat, die das Projekt befürwortet und ein Ratsbegehren zur Abstimmung
gebracht hatten. …
Seit Öffnung der Wahllokale standen Tierschützer von Animals United in Aschheim
und Dornach und verteilten Informationsmaterial gegen "den Megaschlachthof". …
Dieser Aufwand und vor allem der Einsatz von Sabine Maier, Renate Zapf und
Sabine Freser-Specht, die nach Bekanntwerden der Schlachthof-Pläne in einem
Aktionsbündnis gegen das Projekt kämpften, haben sich offenbar ausgezahlt: Das
Nein der Wähler zum Schlachthof, einem Vorhaben des nordrhein-westfälischen
Fleischhändlers Albert Oppenheim, das dieser mit Hilfe des britischen
Projektentwicklers John Pickstock plante, bindet die Gemeinde. Zumindest ein Jahr
lang dürfen die Lokalpolitiker die Ansiedlung nicht vorantreiben. Erst nach zwölf
Monaten endet die rechtliche Verpflichtung. Allerdings ist fraglich, ob sich der
Gemeinderat gegen das deutliche Bürgervotum stellen würde, um das Projekt doch
noch zu verwirklichen. Zweifelhaft auch, dass Oppenheim und Pickstock ihr Interesse
aufrecht erhalten, wenn sich der Bau verzögert.
Pressemitteilung AbL Niedersachsen/Bremen - 21.01.2014
Ahlhorner Schlachthof-Verhinderung ist Signal für weitere
Agrarwende
Der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gratuliert den Bürgerinnen und Bürgern von
Ahlhorn (Landkreis Oldenburg) und der Bürgerinitiative MUT – MenschUmwelt-Tier zur eindrucksvollen und endgültigen Verhinderung des geplanten
Masthühner-Großschlachthof der Firma Kreienkamp. Diese auch durch ein
Bürgervotum klar dokumentierte Ablehnung der Agrarindustrie im Zentrum
der Industrie-Geflügel-Lobby und im Wahlkreis der niedersächsischen „ExAgrarindustrieministerin“ Grotelüschen sei ein weiteres Zeichen für den
gesellschaftliche Widerstand gegen eine weitere agrarindustrielle Entwicklung
mit ihren fatalen Auswirkungen auf Anwohner, Regionen, Bauernhöfe, Umwelt
und Tiere. Der geplante Schlachthof in Ahlhorn sei zudem angesichts der
Überproduktions-„Hähnchenblase“ im Verdrängungskampf der
Geflügelkonzerne ebenso unsinnig wie der hochsubventionierte GeflügelSchlachthof in Wietze (bei Celle) oder die geplante Erweiterung des
Schlachthofs in Wietzen (bei Nienburg). Es sei richtig, dass die
niedersächsische Landesregierung keine Großschlachthöfe mehr fördere.
Der AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann nahm die Verhinderung des
Masthühner-Schlachthofs zum Anlass, vor einer weiteren Ausweitung der ruinösen
Vertragsmast und agrarindustriellen Qualmast von Millionen von Masthühnern zu
warnen. Die vom Investor Kreienborg direkt neben der Putenschlachterei des
Geflügel-Konzerns „Heidemark“ geplante Anlage für (zunächst) 120.000
Schlachtungen täglich hätte die strukturelle Überproduktions-Krise auf dem
Hähnchenmarkt nur noch weiter verschärft. Die bisherigen Marktführer
Wesjohann („Wiesenhof“), Sprehe und Stolle seien seit einigen Jahren unter
massivem Druck, weil der Rothkötter-Konzern mit seinem hochsubventionierten
Mega-Schlachthof in Wietze (bei Celle) und der von Finanzinvestoren dominierte
Plukon-Konzern („Friki“) mit zusätzlichen Kapazitäten und Überschuss-Mengen in
diesen Markt drängten.
Eine absehbar auf viele Jahre ruinöse „Hähnchenblase“ sei die Folge dieses
Verdrängungskampfs um die Marktherrschaft, wobei Stolle bereits mit Plukon
fusioniert habe und der global aktive Doux-Gefügel-Konzern sogar Konkurs
anmelden musste. Es sei offen, welcher Schlachtkonzern als nächster auf der
Strecke bleibe. Auch fragten sich viele, ob Rothkötter die Subventionen
zurückzahlen müsse, nachdem er bisher nur die Hälfte der Schlachthof-Kapazitäten
in Wietze realisiert habe.
Nachdem der Plukon-Konzern die bisherige Stolle-Schlachterei in Visbek
geschlossen habe, habe der Rothkötter-Konzern offenbar einen Teil der bisherigen
Stolle-Vertragsmäster aus dem Raum Oldenburg übernommen (anscheinend um
einen Teil der bisher transportaufwendig aus Dänemark bezogenen Masthühner zu
ersetzen). Deshalb sei es umso unverständlicher, dass sich BauernverbandsVertreter mit Verweis auf angeblich fehlende Schlachtkapazitäten für die
Agrarindustriellen des neuen Schlachthofs in Ahlhorn einspannen ließen. Dies gehe
auch zu Lasten bisheriger und eventuell neuer Vertragsmäster. …
AbL-Landesvorsitzender Ottmar Ilchmann verwies darauf, dass das bundesweite
Bürgerinitiativen- und Verbände-Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ in den
vier Jahren seit seiner Gründung nicht nur den Bau von Hunderten von Agrarfabriken
verhindert habe, sondern auch maßgeblich zur Veränderung der rechtlichen und
politischen Rahmenbedingungen beigetragen habe: Das Bundesbaugesetzbuch
gebe den Gemeinden nunmehr das Recht, gewerbliche Großställe mit mehr als
1.500 Schweinemast-, 560 Sauen-, 30.000 Masthühner-, 15.000 Legehennen- und
Puten- sowie 600 Rinder-Tierplätzen nicht mehr zu genehmigen. Diese Regelung
müsse nun rasch auch auf solche Großställe ausgeweitet werden, die bisher
noch als „landwirtschaftlich privilegiert“ gelten würden, weil sie irgendwo
irgendwelche Flächen zugepachtet hätten.
Der noch von der alten CDU-FDP-Landesregierung erarbeitete Niedersächsische
Tierschutzplan, der zum Teil längst überfällige EU-Vorschriften umsetze, werde nun
von der rotgrünen Landesregierung konsequent umgesetzt und auf die nationale
Ebene gehoben. Ein Umbauprogramm auf eine artgerechte und
flächenverbundene Tierhaltung in mittelständisch-bäuerlichen Strukturen sei
auch der entscheidende Hebel, den systematischen Antibiotika-Einsatz zu
beenden, die regionalen Gülleüberschüsse abzubauen und faire
Erzeugerpreise für „Klasse statt Masse“ durchzusetzen. Die AbL zeigte sich
überzeugt, dass die breite gesellschaftliche Bewegung für „Bauernhöfe statt
Agrarfabriken“ künftig den Druck auf alle Parteien für die Umsetzung einer „sanften
aber entschiedenen Agrarwende“ noch weiter erhöhen werde. Die Demonstration
„Wir haben es satt“ von 30.000 Bürgern und Bauern am letzten Samstag in Berlin sei
dafür ein überdeutliches Zeichen.
Mitteldeutsche Zeitung - 10.6.2014
Bürgerinitiative erfolgreich
Doch kein Schlachthof in Bernburg
Für Bernburgs Schlachthofgegner dürfte es die Nachricht des Jahres sein: Das
italienische Fleischwarenunternehmen Bresaole Pini ist am Dienstagnachmittag von
seinem Vorhaben zurückgetreten, in der Saalestadt einen Großschlachthof für rund
40 Millionen Euro errichten zu wollen. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, kam die
Absage per E-Mail. Als Grund für die Entscheidung nannte Firmenchef Pini den
fehlenden Rückhalt in der Bevölkerung in Bernburg.
Schon am 12.03.2014:
AbL fordert angesichts von zunehmenden FleischkonzernKrisen rasche Rück-, Umbau- und Schutz-Programme
Für Zusammenarbeit von Landwirten, Gewerkschaften, Kommunen,
Handwerk und Verbrauchern
Auf die wachsenden Krisen von Fleischkonzernen und die damit verbundene
Schließung von Schlachthöfen weist der Landesverband
Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
(AbL) hin und fordert ein rasches konzertiertes Umbau-Programm der
Fleischbranche sowie Schutzgramme für betroffene Landwirte und
Arbeitnehmer. Laut Einschätzung des AbL-Agrarindustrie-Experten Eckehard
Niemann sind die aktuellen Schlachthofschließungen und Firmenverkäufe im
Schweinebereich derzeit vor allem Ausdruck der Krise des VION-Fleischkonzerns
und möglicher Tierschutz- und Hygiene-Mängel. Im Geflügelbereich dauere parallel
dazu der ruinöse Verdrängungskampf der Geflügelkonzerne an: der Konkurs des
Geflügelkonzerns Doux sei ebenso ein Resultat der agrarindustriellen Überschuss„Hähnchenblase“ wie auch die Einfusionierung des früheren „Stolle“-Konzerns in die
Plukon-Gruppe oder der Konkurs der süddeutschen Puten-Großschlachterei Gut
Stetten GmbH & Co. KG (Kalvelage-Heidemark-Konzern). Man müsse auch die
Skandale anderer Unternehmen mit Gammel- oder Pferdefleisch-Zumischungen in
diesen Zusammenhang einordnen, ebenso die massive Akzeptanzkrise von Fleischund Agrarindustrie.
Bei Fortdauer der agrarindustriell bestimmten und sogar politisch geförderten
Expansions-Strategie der Fleischkonzerne, die zu Lasten von Landwirten hier
und weltweit, von Arbeitnehmern, Lebensmittelqualität, Umwelt und Tieren
gehe, seien weitere Schlachthof-Schließungen, Konkurse, KonzernÜbernahmen und fatale weitere Konzentrationsprozesse zu erwarten. Es
komme jetzt auf eine rasche, politisch gestaltete Wende auch in der Schlacht- und
Fleischindustrie an – mit einem gezielten Rückbau der einst staatlich
subventionierten Schlachthof-Konzentration und mit Förderung von regionalen und
handwerklichen Strukturen. Dies müsse in enger Verbindung mit der Agrarwende
zugunsten von Umwelt- und Tierschutz und von „Bauernhöfen statt Agrarfabriken“
geschehen - mit fairen und markttransparenten Erzeugerpreisen für „Klasse statt
Masse“ und mit Mindestlöhnen, von denen die Arbeitnehmer und ihre Familien leben
könnten.
Bislang, so die AbL, habe sich die deutsche Schlacht-Agrarindustrie durch
Billigst-Entlohnung der Werkvertragsarbeiter und auch von normal“
Beschäftigten, mit der Ausbeutung vieler abhängiger Vertragsmäster, durch
Nutzung regionaler Monopolstrukturen mit ruinösen Schweinepreisen und mit
der Ausnutzung der EEG-Vergünstigungen über Wasser gehalten - diese
perspektivlose Strategie erweise sich aber zunehmend als unzureichend und
gesellschaftlich inakzeptabel. Hinzu komme die Tatsache, dass die von
Schlachtkonzernen angeheizte, zu deutschen Kosten erzeugte FleischÜberschussproduktion zu nicht den kostendeckenden Billigpreisen der
brasilianischen und US-Konkurrenz nach Russland oder China exportiert
werde. Auch der Aufbau riesiger Schweine-Agrarfabriken des Tönnies-Konzerns in
Russland müsse in diesen Zusammenhang gestellt werden. Dieser unsinnigen
„Globalisierungs-Ideologie“ von der „Eroberung der Weltmärkte“ fielen Teile
der Schlachtindustrie nun selber zum Opfer – es dürfe aber nicht sein, dass sie
dabei Arbeitnehmer, Landwirte und ganze Regionen mit in diesen
agrarindustriellen Strudel mit hineinreiße.
Angesagt sei jetzt, so die AbL, ein enges gesellschaftliches Bündnis für einen
sozialverträglichen Rück- und Umbau der Fleischbranche, in dem Vertretungen von
Landwirten, Gewerkschaften, Kommunen, Handwerk, Verbrauchern und anderer
gesellschaftlicher Gruppen eng zusammen-arbeiten sollten 12.03.2014
BÜRGERINITIATIVEN
hib - heute im bundestag Nr. 501 – 7.9.2016
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen
Erweitertes Klagerecht für Umweltverbände
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SCR) Umweltverbände sollen künftig umfassender in
Umweltangelegenheiten klagen können. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung
(18/9526) sieht vor, unter anderem das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG)
und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) an europaund völkerrechtliche Vorgaben anzupassen. Handlungsbedarf besteht laut
Begründung, weil die deutsche Umsetzung der Aarhus-Konvention der UNWirtschaftskommission für Europa (UN ECE) von der 5. Vertragsstaatenkonferenz in
zwei Punkten als völkerrechtswidrig gerügt wurde. Änderungen seien auch durch
Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Europäischen
Gerichtshofes geboten, schreibt die Bundesregierung. Der Gesetzentwurf soll am
Donnerstag im vereinfachten Verfahren überwiesen werden.
Wesentliche Änderungen sind laut Entwurf im Anwendungsbereich des UmwRG
vorgesehen. Anerkannte Umweltverbände sollen demnach über die bisherigen
Möglichkeiten hinaus das Recht erhalten, "Entscheidungen über die Annahme
von Plänen und Programmen" gerichtlich überprüfen zu lassen. Voraussetzung
dafür soll sein, dass bei diesen Plänen und Programmen im Sinne des UVPG
eine Pflicht zur Strategischen Umweltprüfung bestehen kann und der
Umweltverband zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften
geltend macht.
Rechtlich überprüfbar sollen zudem Verwaltungsakte beziehungsweise öffentlichrechtliche Verträge sein, die sich auf Vorhaben beziehen, die nicht unter die
bisherigen Regelungen fallen. Voraussetzung für die Überprüfung ist laut
Entwurf, dass in dem Verwaltungsverfahren die Anwendung umweltbezogener
landes-, bundes- oder unmittelbar geltender europarechtlicher Regelungen
einschlägig war. Mittelbar überprüfbar soll zudem soll die Anwendung solcher
Regelungen durch Private sein. Der Gesetzentwurf sieht vor, Verbänden
Rechtsbehelf gegen auf Überwachungs- und Aufsichtmaßnahmen abzielende
Verwaltungsakte der Behörden zu ermöglichen.
In Umsetzung eines Urteils der EuGH (Rechtssache C-137/14) soll zudem die
sogenannte Präklusionsklausel im UmwRG fallen. Umweltverbände können
demnach künftig auch dann Einwendungen in gerichtlichen Verfahren
einbringen, wenn sie sich nicht im Ausgangsverfahren beteiligt hatten. Zudem
werden im UmwRG sowie in zwölf weiteren Gesetzen und zwei Verordnungen unter
anderem Regelungen zu Verfahrensfehlern, Klagebegründungsfristen,
Verfahrensvorgaben und Bekanntmachungspflichten ergänzt oder angepasst.
Unser Hinweis:
Die neue Rechtslage dürfte den Bürgerinitiativen bzw. den
Verbänden deutlich größere Rechte bei der Überprüfung der KeimAusbreitung oder der Tierhaltungsbedingungen bei MegaTierhaltungsanlagen bringen – auch bei Klagen gegen bestehende
Groß-Tierhaltungsanlagen…
SEK NEWS
„Nordhessen im Wandel“ – Gut besuchter Infoabend in
Fritzlar
Fritzlar. „Wenn die Verbraucher ein echtes Bild auf der Verpackung des
Tiefkühlhähnchens sehen würden und keine gemalte Bauernhofidylle, würden sie
das Fleisch liegen lassen“, sagte Martin Häusling in seinem Schlussstatement auf
dem Podium. „Nordhessen im Wandel – Wie die Massentierhaltung unsere
Umwelt, Landschaft und Gesundheit beeinträchtigt“ hieß die Veranstaltung, zu
der die Bürgerinitiative Chattengau gegen Massentierhaltung am Samstag nach
Fritzlar eingeladen hatte. „Tierschutz ist ein Hauptmotiv für die Aktivitäten der
Bürgerinitiative“, betonte ihr Sprecher Andreas Grede. Doch an diesem Abend ging
es ganz besonders um die Auswirkungen der sogenannten „Intensivtierhaltung“ für
den Menschen und seine Umwelt.
Die Gäste auf dem Podium konnten aus ihren Fachbereichen und Erfahrungen viele
interessante Details berichten. Dr. Markus Schimmelpfennig vom
Gesundheitsamt Kassel erklärte pointiert, wie sich multiresistente Keime verbreiten
von Tier zu Mensch. Zwar könnten mit entsprechender Küchenhygiene
gesundheitliche Gefahren reduziert werden. Doch letztlich sei der massenhafte
Einsatz von Antibiotika (durchschnittlich mehr als zwei Durchgänge im kurzen Leben
eines Masthähnchens) eine zunehmende Bedrohung in der Humanmedizin. Auch die
Weltgesundheitsorganisation würde warnen vor „vor-antibiotischen Zuständen“. Dann
könnten eher harmlose Krankheiten wie Wundinfektionen dramatische Folgen haben.
Er kritisierte einen Trick der Bauernverbandsfunktionäre: Prophylaktische
Antibiotikagaben würden offiziell abgelehnt. Doch wenn in einem Geflügelstall auch
nur ein Tier erkrankt sei, könne der ganze Stall mit entsprechenden Medikamenten
„versorgt“ werden.
Auch Prof. Dr. Lutz Katzschner, Umweltmeteorologe, kritisierte, dass
Schadstoffemissionen der Ställe und Schlachthöfe vor Ort mit Karten beurteilt
würden, die keine Aussagekraft hätten. Durch diese Tricksereien würden ernsthafte
Umweltauflagen umgangen. Fakt sei, dass Keime gebunden an Staubpartikel in die
Umgebung geraten würden. Da manche Keime sechs Monate überleben würden, sei
das eine durchaus ernste Gefahr.
Uwe Behrens von der Bürgerinitiative MUT und ein Sprecher das
Landesnetzwerks Niedersachsen „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“, konnte
drastisch von den Folgen der Massentierhaltung im Raum Cloppenburg/Vechta
berichten. Nitratverseuchtes Trinkwasser, das nur durch Verschnitt (also die Beigabe
von unbelastetem Wasser) überhaupt noch genießbar sei, war ein Thema. Dazu eine
Schlachthofdichte und Erweiterungen, die längst an die Grenzen des Machbaren
gingen. Verlierer seien die Landwirte, die für mittelmäßigen Boden horrende Kaufoder Pachtpreise zahlen müssten. Letztlich seien aber auch viele landwirtschaftliche
Mastbetriebe durch zu hohe Investitionen in Massentierställe finanziell ausgeblutet
und müssten Land verkaufen um zu Überleben. Wer jedoch sein Tafelsilber verkaufe,
hätte keine Zukunft. Ackerland sei zum Spekulationsgegenstand verkommen.
Dieses Thema griff auch Martin Häusling, der agrarpolitische Sprecher der Grünen
im Europaparlament auf. Vorschläge der ökologischen Fraktionen, EU-Gelder nicht
nach Hektar Land zu verteilen, würden regelmäßig von Deutschland abgeblockt. Der
Bauernverband, der sich ja auch für die Abschaffung der Milchquote stark gemacht
habe, würde seinen Einfluss u.a. auf den Bundeslandwirtschaftsminister nutzen. Auf
hoher Verbandsebene und auch in der Agrarindustrie sei das Bestreben
ungebrochen, auf dem Weltmarkt zu expandieren. Doch, so Häusling, es sei fatal,
wenn man den europäischen Markt mit 600 Millionen Verbrauchern vernachlässige,
um Milch zu Dumpingpreisen nach Neuseeland zu exportieren.
Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass es zu kurz greifen würde, dem
Verbraucher, der angeblich nach billigem Fleisch lechze, die gesamte
Verantwortung zu übertragen. Klare Kennzeichnungspflicht wäre ein wichtiger
Schritt zur Aufklärung, und Information und würde die Nachfrage ändern.
Zudem müsse die Politik regulierend eingreifen, um Landwirten ein
vernünftiges Wirtschaften zu ermöglichen. Diese müssten allerdings auch
umdenken und nicht versuchen, mit industriellen Methoden mitzuhalten, um
noch mehr noch billiger zu produzieren. 100.000 Betriebe hätten in den letzten
10 Jahren aufgeben müssen, auch dies sei eine Folge der
Wachstumsideologie.
In seinem Schlussplädoyer forderte Dr. Schimmelpfennig mehr Wertschätzung für
die Arbeit der Landwirte. Dies müsse sich auch in den Preisen für hochwertige
Lebensmittel wiederspiegeln.
Einige in der Zuhörerschaft anwesende Landwirte waren nicht mit allen
Ausführungen einverstanden, doch helfe ein Miteinanderreden immer, um
Verständnis für die eine Seite aber auch Ideen für Veränderungen zu gewinnen,
meinte der BI-Sprecher. Viele Besucher standen nach dem offiziellen Ende noch
sehr lange in kleinen Gruppen beieinander und diskutierten weiter.
Weitere Informationen unter www.bi-chattengau.de und
auf www.facebook.com/bi.chattengau.de. (red)
Mitteldeutsche Zeitung – 1.10.2016
Schweinemastanlage Gerbisbach
Bundesweite Auswirkungen nach Urteil in Leipzig?
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Schweinemastanlage
Gerbisbach habe Bedeutung über den konkreten Fall hinaus. Diese Ansicht
vertreten der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Ralf
Meyer, sowie Vorstandsmitglied Frank Jansky. „Es wird bundesweit viele
Verfahren geben, die aufgrund des Urteils nun neu aufgerollt werden müssen.“
Beide sprachen von einem guten Tag für den Umwelt-, Natur- und Tierschutz.
Die höchsten deutschen Verwaltungsrichter hatten am Mittwoch entschieden,
dass sich nun das Verwaltungsgericht Halle mit der Frage befassen muss, ob
die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Schweinemastanlage
Gerbisbach rechtmäßig erteilt worden ist. …
Nach dem Urteil in Leipzig stehe nun fest, dass die Klage des BUND gegen die
Schweinemast zulässig sei. Deshalb müsse nun geprüft werden, ob die
Genehmigung rechtmäßig erteilt wurde. Die Gegner machen insbesondere
Beeinträchtigungen eines europäischen Schutzgebiets sowie Verstöße gegen das
Tierschutzrecht geltend. Initiativkreis und BUND kämpfen seit zehn Jahren gegen die
Anlage.
Oliver Wendenkampf, Landesgeschäftsführer des BUND, freute sich über den
langen Atem: „Es ist wirklich außergewöhnlich, dass eine Bürgerinitiative in
einem so komplexen Verfahren derart lange am Ball bleibt. Hut ab vor den
Menschen in Gerbisbach.“
Mitteldeutsche Zeitung - 13.4.2015
Anlage bei Gerbisbach
Schweine-Mastkomplex geöffnet
… Beim ersten Tag der offenen Tür in der Schweinemastanlage Gerbisbach wurden
wohl etwa 500 Leute gezählt, meinte gestern Projektmanager Helmut Rehhahn. Die
Gäste kamen nicht allein aus der unmittelbaren Umgebung, sondern etliche aus den
Niederlanden. Dabei handelte es sich um Verwandte, Freunde und Geschäftspartner
von Susan und Barry van den Broek, den Investoren und Betreibern der
Schweinemastanlage Gerbisbach. …
Die Schweine, die anschließend in der Mastanlage in Gerbisbach aufgezogen und
gemästet werden, kommen aus dem Sauenbetrieb von Susan und Barry van den
Broek in den Niederlanden. Mit einem Gewicht von zwölf Kilogramm werden die
Ferkel nach Gerbisbach transportiert. …
Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD) weiß um die Sorgen der Anwohner.
Beschwerden zu Gestank und Lärm hatten die Stadtverwaltung nach der
Teilinbetriebnahme erreicht. In den vergangenen Monaten habe es hier keine neuen
Klagen gegeben. Die Verwaltung, so hob er hervor, habe ein offenes Ohr für Kritiken.
(…)
WOLF - WEIDEHALTUNG
MDR SACHSEN:
Wolfsregion Lausitz Wölfe reißen 32 Schafe
In der Oberlausitz haben Wölfe in drei aufeinanderfolgen Nächten Schafherden
attackiert. Wie das Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz am Donnerstag mitteilte, wurden
dabei südlich von Hoyerswerda insgesamt 32 Schafe getötet.
Wie hoch können Wölfe springen?
Zunächst hatten ein oder mehrere Wölfe, die vermutlich zum Rosenthaler Rudel
gehören, in der Nacht zum Dienstag eine Herde bei Ralbitz angegriffen. Sie
überwanden einen 1,40 Meter hohen, festen Weidezaun und rissen drei Schafe. In
den beiden Folgenächten gab es zwei Attacken auf eine Herde beim nahegelegenen
Ort Cunnewitz. Hier töteten die Raubtiere insgesamt 29 Schafe. Auch in diesem Fall
übersprangen die Wölfe offenbar den 1,40 Meter hohen Festzaun aus
Knotengeflechtdraht. Zumindest wurden keine Grabespuren gefunden.
Weitere Aufrüstung scheint nötig
Nach Aussage des Kontaktbüros bieten feste Zäune einen geringeren Schutz gegen
Wölfe als Elektrozäune, die über eine aktive abschreckende Wirkung verfügen. Aber
auch die Schutzfunktion von Festzäunen kann demnach verbessert werden.
Nachdem im vergangenen Jahr im Rosenthaler Territorium Wölfe mehrmals Zäune
übersprungen hatten, wurde über diese beispielsweise sogenanntes "Flatterband"
gespannt. Die Zäune wurden durch diese optische Barriere bis zu 30 Zentimeter
höher. Größeren Schäfereibetrieben empfehlen die Wolfsexperten, sich
Herdenschutzhunde anzuschaffen.
Zuwachs bei Wölfen in Sachsen
In Sachsen gibt es derzeit 19 bestätigte Wolfsterritorien, eines davon reicht nach
Brandenburg, ein weiteres nach Tschechien hinein. Drei weitere Territorien werden in
den Nachbarländern gezählt, weil sich nur ein kleiner Teil von ihnen auf sächsischem
Gebiet befindet. Im Vergleich zur vorherigen Zählung 2014 haben sich im Freistaat
fünf neue Rudel und drei neue Paare angesiedelt.
Wolfsangriffe auf Schafe
In der Oberlausitz haben in den vergangenen Tagen mehrfach Wölfe Schafe
gerissen. Für Schäfer wie Martin Just sind diese Angriffe mittlerweile traurige Routine
- trotz Schutzzaun.
MDR SACHSENSPIEGEL 08.10.2016
Nordkurier - 07.10.2016:
Todesbisse auf der Burg
Huskys fallen über Herde her
Zwei Huskys ohne Leine haben auf der Burg Stargard Angst und Schrecken
verbreitet: Sie übersprangen einen Stromzaun und rissen zwei Ziegen und ein
Lamm. …
Wie eine Nordkurier-Nachfrage bei der Polizei ergab, hatte ein 56-jähriger Mann aus
Waren seine beiden Huskys auf dem Gelände der Burg laufen lassen. Beide Hunde
waren laut Polizei ohne Leine unterwegs, obwohl auf der Burg Leinenzwang gilt. Der
Mann sei daraufhin in das ansässige Café gegangen, schilderte eine
Polizeisprecherin. Die zwei Huskys rannten der Polizei zufolge nun unbeaufsichtigt
zum Gehege der Ziegen, übersprangen den einen Meter hohen Stromzaun und
trieben die Herde zunächst. „Wenig später fingen die zwei Hunde an, einige Ziegen
zu reißen“, so die Sprecherin weiter. …
Eine Mitarbeiterin des Cafés habe auch erzählt, dass sich der 56-Jährige öfter mit
seinen Hunden auf der Burg aufhält. Er sei nie der Aufforderung gefolgt, die Hunde
anzuleinen, obwohl er mehrfach angesprochen wurde, hieß es.
Links zur Debatte Wolf kontra Weidehaltung:
https://www.nabu.de/tiere-undpflanzen/saeugetiere/wolf/index.html?gclid=CLCTnpOPtc8CFeUV0wodly0MzQ
http://www.wolfcenter.de/Links.html
http://www.wolfcenter.de/Vision-Standpunkte.html
http://www.wildundhund.de/wolf
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