20 BASELLAND BASEL | BASELLANDSCHAFTLICHE MONTAG, 10. OKTOBER 2016 Eine Geschichtsstunde – 25 Meter im Berg Der spezielle Verein Die vom Bunkerverein Kleinlützel betreuten Anlagen sind nicht nur etwas für Militär-Freaks VON DIMITRI HOFER «Wer nicht schweigen kann, schadet der Heimat», mahnt noch immer ein Schild an der Wand im Innern der Panzersperre Kleinlützel. Während Jahrzehnten hielten sich die wenigen Eingeweihten an diesen Leitsatz und verrieten nicht, dass sich oberhalb der Schloss- und Beschlägefabrik im Wald ein weitläufiger Militärbunker befindet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Gebirges liegt das deutlich kleinere Infanteriewerk Nord, das zum Flankenschutz des südlichen Werks diente. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte die Schweizer Armee die Anlagen aus Furcht vor einem deutschen Angriff errichtet. Nur wenige Kilometer von der Grenze zu Frankreich entfernt, können sie heute von allen Interessierten begangen werden. Trotz der Verschwiegenheit der Armeeangehörigen haben in der Gemeinde im Schwarzbubenland viele gewusst, dass es die Bunker gibt. «Dass sie dort oben sind, war allgemein bekannt», sagt Beat Wyser. Man habe sie gesehen, wusste jedoch nicht, welchem Zweck sie dienen, sagt der «Man hätte mit der Kanone vier Kilometer weit schiessen können – das ist von hier bis ins Elsass.» Peter Höfler Bunkerwart Präsident des Bunkervereins Kleinlützel. Kurz nach der Aufhebung der Geheimhaltung im Jahr 2002 durch die Armee gründete der Sachbearbeiter bei der Zollverwaltung den Verein, um die Bunker der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In vielen Arbeitsstunden funktionierte man sie zu einem Museum um. «Vieles liessen wir jedoch auch einfach so spartanisch, wie es war», sagt er, «damit die Besucherinnen und Besucher sehen, wie es hier einst aussah.» Damit meint der 58-Jährige vor allem das Plumpsklo und die noch immer funktionierende Telefonzentrale. Um die Anlagen herum errichtete der Verein gemeinsam mit der Gemeinde Kleinlützel, die heute die Bunker besitzt, Zugangswege. Peter Höfler (links) und Beat Wyser vor der Panzerabwehrkanone, einem der Höhepunkte bei einem Besuch im Infanteriewerk Süd. FOTOS: ROLAND SCHMID 26 Soldaten waren in den Bunkern Momentan hat der Bunkerverein Kleinlützel gut 130 Mitglieder und organisiert Führungen, welche sich über das Thierstein und das Laufental hinaus grosser Beliebtheit erfreuen. Mit Genugtuung zeigt Wyser eine Liste mit den Gruppen, die in den vergangenen Monaten die Panzersperre Kleinlützel besuchten. Schulklassen aus der Region machten genauso einen Ausflug in die Bunker wie Wanderclubs und Unternehmen. Am Anfang habe er gedacht, dass sich nur Militär-Freaks für die Anlagen interessieren würden, erklärt der Vereinspräsident. Dass dem nicht so sei, freue ihn, und vor allem, dass sich viele Kinder im Geschichtsunterricht mit der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg beschäftigen würden. «Damals betrieben 26 Soldaten die beiden Bunker», erklärt er beim Gang durch das verwinkelte und enge Infanteriewerk Süd, in dem Temperaturen von wenigen Grad herrschen. 17 Mann seien hier stationiert gewesen, weitere 9 im Gegenwerk. Zu Ernstfällen ist es bekanntermassen trotz der grossen Besatzung niemals gekommen. Zum Glück habe man die installierte Infanterie-Kanone und die beiden Maschinengewehre niemals verwenden müssen. BZ-SERIE AUFRUF ✴ ▼ ▼ ▼ ▼ ● ● ● ● ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ● ● ● ● ● ● ● ● ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ✲ ● ● ● ● ● ● ❒ ● ❒ ● ❒ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ❒ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Melden Sie uns Ihren Verein! In einer losen Serie präsentiert die bz Vereine, die spezielle Anlässe organisieren oder einen originellen Zweck verfolgen; Jubiläen sind ausgenommen. Durch diesen engen Gang im Infanteriewerk Süd schritten während Jahrzehnten Soldaten der Schweizer Armee. Hier befand sich einst das Büro des Kommandanten. Die Dienstbücher, Stempel und das Telefon sind allesamt Originale. Beat Wyser trug in den vergangenen Jahren zahlreiche MilitärEmbleme zusammen. Zu Hause hat er weitere 528 Stück. Die Anlagen in Kleinlützel haben den schweizerischen und solothurnischen Museumsstatus. Bisher erschienen: Turnverein Ziefen (18.8.) Aufrüstung mit neuen Modellen Auch während des Kalten Kriegs befanden sich stets Soldaten in den beiden Bunkern. «Aufgrund des technischen Fortschritts wurde die Infanteriekanone sogar auf eine Panzerabwehrkanone aufgerüstet», sagt Bunkerwart Peter Höfler. Die Maschinengewehre habe die Armee ebenfalls durch neuere Modelle ersetzt. Schüsse wurden jedoch keine abgefeuert, auch wenn in Kleinlützel immer genug Munition vorhanden gewesen wäre. «Man hätte mit der Kanone vier Kilometer weit schiessen können – das ist von hier bis ins Elsass», erklärt er vor der einen Maschinengewehr-Station. Bei der sich daneben befindenden Panzerabwehrkanone zeigt Höfler oben auf ein Loch, das man zum Abwurf von Handgranaten hätte verwenden können. Heute dient das einstige Munitionsdepot, das gemäss Plan zuletzt 1983 gewartet worden ist, dem Bunkerverein als Getränkekammer. «Bei den Führungen können die Besucher immer angeben, was sie im grossen Militärzelt vor dem südlichen Bunker konsumieren möchten», so Vereinspräsident Beat Wyser. Die Einnah- men verwende man für den Unterhalt der Anlagen, erklärt er im grossen Aufenthaltsraum, der sich 25 Meter im Innern des Felsen befindet. Hier trafen sich die Infanteristen, um gemeinsam zu speisen. Auf dem Tisch liegen, fein säuberlich angeordnet, originale Teller, Gläser, Besteck und vakuumiertes Schweizer Atom- brot, das zehn Jahre lang haltbar ist. Wüsste man es nicht besser, könnte man meinen, die Soldaten würden sich gleich zum Mittagessen einfinden. Führungen werden ab fünf Personen vom 1. April bis 31. Oktober angeboten. www.kleinluetzelbunker.ch BASELLAND 21 BASEL | BASELLANDSCHAFTLICHE MONTAG, 10. OKTOBER 2016 Die SBB brechen ihr Service-public-Versprechen NACHRICHTEN ALLSCHWIL Männer verprügeln Polizisten am Oktoberfest In der Nacht auf Sonntag kam es am Oktoberfest im Restaurant Zic Zac in Allschwil zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Gemäss bisherigen Erkenntnissen wurde ein 44-jähriger Polizist, der in seiner Freizeit im Lokal war, von mehreren Männern angegriffen. Das Opfer erhielt Faust- und Ellenbogenschläge ins Gesicht und ging zu Boden, wo es mit Fusstritten traktiert wurde. Im Zuge einer Fahndung konnte die Kantonspolizei Basel-Stadt zwei verdächtige Männer anhalten und inhaftieren. Es handelt sich um Schweizer im Alter von 21 und 22 Jahren. Gegen die beiden Festgenommenen sowie weitere, unbekannte Personen wurde ein Strafverfahren eröffnet. (BZ) Protest Die Grauen Panther zeigen Zähne gegen die geplanten Schalterschliessungen VON YANNETTE MESHESHA Heftiger Protest in Muttenz: Die SBB wollen per 1. Januar 2018 die Verkaufsstelle für Bahnbillette am Bahnhof Muttenz schliessen. Dagegen wehren sich nicht nur der Gemeinderat und die SP Muttenz. Auch der Verein Graue Panther Nordwestschweiz übt scharfe Kritik an dieser Sparmassnahme. Er setzt sich hauptsächlich für die Interessen älterer Menschen ein. Der Medienbeauftragte Martin Matter kritisiert, dass die Politik der SBB zur Kostensenkung auf Diskriminierung von Menschen beruhe, die mit der fortschreitenden Digitalisierung nicht mithalten könnten. «De facto betrifft es ältere Leute ohne Smartphone und Internet.» Der Verein protestierte schon letzte Woche bei der Baselbieter Regierung. GRELLINGEN Auf Papieri-Gelände sollen Wohnungen entstehen Das Betriebsareal der stillgelegten Ziegler Papier AG soll umgenutzt werden, wie es in der Grellinger Dorfzeitung heisst. «Die künftige Nutzung wird primär auf das Wohnen ausgerichtet», schreibt Gemeinderat Stephan Pabst. In enger Abstimmung mit dem Kanton Baselland und der Gemeinde Grellingen suchen die Eigentümer, das Ehepaar Kuttler-Frey, eine städtebauliche Lösung. Dafür haben sie eine Studie in Auftrag gegeben. (BZ) Muttenz wird geschwächt Der Gemeinderat hat sich indessen in einem Schreiben an die SBB gewandt. Darin erwähnt er, Muttenz sei in der Region ein wichtiges Schulzentrum und ein attraktiver Gewerbestandort. Es sei nicht möglich, Gruppenreisen am Automaten zu lösen, also seien Schulen und Firmen auf persönlichen Kundendienst am Bahnhof angewiesen. «Mit dem Rangierbahnhof haben wir in Muttenz auch viele Lärmklagen. Diese Unannehmlichkeiten nehmen wir im Interesse der SBB auf uns. Da ist es nicht nachvollziehbar, warum man uns nicht mehr Entgegenkommen zeigt», kommentiert Gemeindeverwalter Aldo Grünblatt. SCHIESSEN Lukas Tschopp holt sich die Goldmedaille 52 Verkaufsstellen sind betroffen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● men. Die Leute seien «äusserst dankbar», dass der VCS sich für ihre Billettschalter einsetze. Wütende Stimmen trotzen: «Dann fahre ich halt ohne Billett bis zum nächsten Schalter!» Solch emotionale Reaktionen zeigen, wie wichtig der persönliche Kontakt für Bahnreisende ist. Die geplanten Schalterschliessungen werden als Bruch des Versprechens bei der Service-Public-Abstimmung vom Juni dieses Jahres empfunden. Das Stimmvolk habe «den SBB vertraut, dass der Kundenservice nicht auf dem Spiel steht», heisst es im Petitionstext. Dieses Vertrauen wankt nun. «Weniger Leistung für mehr Geld», schreibt die SP Muttenz. Dass sich der Widerstand im Kleinen ausgezahlt hat, wurde letzte Woche deutlich: Im Nationalrat ging eine Motion ein, die SBB per Gesetz an ihrem Abbau-Vorhaben zu hindern (siehe Text rechts). Die Vorgänge im Parlament sind zwar langsam, aber die breite Unterstützung lässt hoffen, dass die Sparmassnahmen der SBB nicht zulasten älterer Menschen gehen. ● INSERAT Die SBB-Verkaufsstelle im Bahnhof Muttenz soll in gut einem Jahr geschlossen werden. ROLAND SCHMID ●● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Die Zwischenlösung, in Bahnhofsgeschäften wie Avec, Migrolino oder Post-Shops gegen Provision Bahnbilletts zu verkaufen, ist nicht nur in Muttenz von der Aufhebung bedroht. Auch in Gelterkinden, das mit fünf PostautoLinien und Schnellzughalt ein wichtiges Verkehrzentrum im Oberbaselbiet ist, kämpft man gegen den Serviceabbau. Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) hat sich des Problems angenommen und eine gesamtschweizerische Petition lanciert. Mit bisher über 3500 Online-Unterschriften herrscht im VCS Optimismus. Stephanie Fuchs, Geschäftsleiterin des VCS Sektion beider Basel, ist beeindruckt von der Solidarität der Bevölkerung für die Bedürfnisse älterer Menschen. Madeleine Lechmann, VCS-Sektionskoordinatorin, ist selber in der Schweiz unterwegs, um Petitionsbögen an den Bahnhöfen zu verteilen und Unterschriften zu sammeln. Sie erlebt heftige Reaktionen auf die Pläne der SBB, 52 Verkaufsstellen dichtzumachen. Es gebe Ängste bei älteren Leuten, dass sie mit den Billettautomaten nicht zurechtkä- Der Ziefner Lukas Tschopp hat am Samstag am Jugendtag des Schweizerischen Schiesssportverbands eine Goldmedaille gewonnen. In der Kategorie Kleinkaliber Gewehr 50 Meter liegend liess der 16-Jährige alle Konkurrenten hinter sich. (BZ) VORSTOSS IM NATIONALRAT Politischer Druck auf die SBB nimmt zu D er St. Galler CVP-Nationalrat Jakob Büchler hat am 30. September eine Motion für ein fünfjähriges Moratorium eingereicht. Damit würde den SBB gesetzlich untersagt, in den kommenden fünf Jahren die Billettverkaufsstellen durch Dritte wie Avec, Migrolino oder Post-Shop aufzuheben. Der Vorstoss findet bisher breite Unterstützung. Insgesamt 38 Nationalräte der Parteien CVP, SVP, FDP, BDP und SP haben mitunterzeichnet. Gemäss einer Recherche des «Tages-Anzeigers» begründet Büchler seine Motion damit, dass man auch in fünf Jahren, wenn man technisch besser ausgereift sei, noch entscheiden könne, ob die Verkaufsstellen weiterhin nötig seien. Die SBB zeigen bisher keine Reaktion auf den politischen Widerstand. Madeleine Lechmann vom Verkehrs-Club der Schweiz kritisiert diese Haltung: «Die SBB haben keine Konkurrenz. Darum können sie machen, was sie wollen.» Sie schüttelt auch den Kopf über die Kommunikationsweise der SBB. Man könne nicht gleichzeitig Service-Abbau, Stellenstreichungen und Preisanstieg bekannt geben und erwarten, dass das gut ankomme. Die Service-Public-Debatte vom vergangenen Sommer wird so wieder angeheizt. Das ist im Nationalrat bereits spürbar. Mehrere Motionen zum Postbetrieb sind in der Herbstsession eingegangen. Auch diese stossen im Nationalrat von links bis rechts auf Zustimmung – aussergewöhnliches Einvernehmen im Parlament. Sozialhilfe Zwingen tritt aus Zweckverband aus Mit grossem Mehr haben die Zwingnerinnen und Zwingner an der letzten Gemeindeversammlung beschlossen, aus dem Sozialverband Laufental (SBL) auszusteigen. Der Gemeinderat hatte den Stimmberechtigten die Vorlage unterbreitet, da er zum Schluss gekommen war, dass die Organisation erhebliche Schwachstellen aufweist. Die Gemeinde wird eine eigene Sozialhilfebehörde gründen und dafür eine Stelle für eine Sozialberaterin und für eine Sachbearbeiterin schaffen. Die dafür notwendige Teilrevision der Gemeindeordnung muss noch an der Urne bestätigt werden. (BZ)
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