Al-Bakr-Selbstmord in JVA - Suizid-Skandal: Kritik - mm

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Al-Bakr-Selbstmord in JVA - Suizid-Skandal: Kritik an sächsischer
Staatsregierung
Einer der wichtigsten Gefangenen Deutschlands erhängt sich in seiner Zelle. Die sächsische Justiz erklärt, bei der Überwachung sei
alles nach Vorschrift gelaufen. Das dürfe nicht das letzte Wort zum Todesfall Al-Bakr bleiben, fordern Linke und Grüne.
Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis wirft Linken-Chefin Katja Kipping der
sächsischen Regierung völliges Versagen vor.
Der Leiter der Leipziger Justizvollzugsanstalt, Rolf Jacob, beteuert, man habe sich an alle Vorschriften gehalten. Foto: Jan Woitas
Es handele sich um ein totales Fiasko der Staatsregierung, sagte die Dresdner Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast, pochte auf einen Untersuchungsausschuss wegen zahlreicher
Ungereimtheiten bei dem Todesfall.
Der als hochgefährlich eingestufte 22-jährige Syrer hatte sich am Mittwoch in seiner Zelle mit seinem T-Shirt erhängt. Laut
Verfassungsschutz hatte der als Flüchtling eingereiste Islamist einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant.
Parteiübergreifend wurde Kritik daran laut, dass die Verantwortlichen nicht erkannt hatten, dass er sich das Leben nehmen könnte.
Er sei in Haft wie ein «Kleinkrimineller» behandelt worden, kritisierte selbst Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD).
Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) beteuerte hingegen, man habe alles unternommen, um einen Suizid zu verhindern.
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Nach dem Suizid werde allen Hinweisen auf mögliches Fremdverschulden nachgegangen, sagte Sachsens Generalstaatsanwalt
Klaus Fleischmann. Foto: Jan Woitas
Kipping verlangte, Gemkow müsse zurücktreten. «Der Justizminister wiegelt ab und flüchtet sich in absurdeste Erklärungsversuche,
anstatt einfach mal die Verantwortung zu übernehmen - und zu gehen», sagte Kipping der dpa. Sie sagte, der Selbstmord verhindere
die so wichtige Aufklärung über die möglichen Hintermänner des vermeintlichen Attentäters und seine Pläne und Ziele. «Die
CDU-Sachsen redet immer von Recht und Ordnung, ist aber in Wahrheit ein Sicherheitsrisiko für das ganze Land.»
Die Pannenserie im Fall des syrischen Terrorverdächtigen sollte in Sachsen nach Ansicht von Politikwissenschaftler Hajo Funke
auch politische Konsequenzen haben. «Da muss ein Besen her, der das alles aufräumt», sagte Funke der Deutschen Presse-Agentur.
Auf die Frage, wer dieser «Besen» sein könnte, antwortete er: «In erster Linie der Innenausschuss des sächsischen Landtags.» Es sei
aber auch Aufgabe der Bundes-CDU, Druck auf die sächsischen Parteikollegen auszuüben, damit sich die Zustände im Freistaat
änderten. Funke warf Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) vor, er habe sich in diesem «absoluten Skandal» bislang
weggeduckt.
Die Grünen-Politikerin Künast sagte, es müsse eine unabhängige Aufklärung geben. «Es geht nicht, dass das die Landesregierung
und die sächsische Justiz allein bestimmen», sagte sie der «Berliner Zeitung». Aus ihrer Sicht gebe es nur zwei Möglichkeiten, um
dies zu gewährleisten: «Entweder man setzt eine unabhängige Untersuchungskommission ein - oder gleich einen
Untersuchungsausschuss.»
Ein Fahrzeug fährt im Morgengrauen in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig. Hier hatte sich Al-Bakr das Leben genommen.
Foto: Sebastian Willnow
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach klagte ebenso über mangelnde Sorgfalt bei der Bewachung in der Leipziger JVA.
«Angesichts der Bedeutung des Tatvorwurfs und der gesamten Umstände wäre eine lückenlose Überwachung des Häftlings nicht
unverhältnismäßig gewesen», sagte er der «Passauer Neuen Presse».
Der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Niedersachsen äußerte sich «entsetzt» über die Zustände bei Polizei und Justiz in Sachsen.
Zu Al-Bakr sagte er der «Neuen Presse»: «Eigentlich wollte er einen Heldentod sterben. So einer ist hochgradig
selbstmordgefährdet.» Dies hätte klar erkannt werden müssen.
Der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, forderte eine permanente Überwachung mutmaßlicher
Selbstmordattentäter durch Videokameras oder Sitzwachen in Haftanstalten. «Nicht nur die Polizei, alle Sicherheitsbehörden müssen
sich stärker auf die Denkweise eines Selbstmordattentäters einstellen», sagte Radek der «Rheinischen Post». «Wir müssen
verinnerlichen, dass dieser Tätertypus sich selbst aufgegeben hat.»
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Al-Bakr wurde offenbar nach seiner Überstellung an die Justizvollzugsanstalt Leipzig nicht mehr von den Strafverfolgungsbehörden
vernommen. Das berichten die Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland unter Berufung auf Sicherheitskreise. Demnach
durften die sächsischen Strafverfolger den Syrer nicht mehr vernehmen, nachdem der Generalbundesanwalt das Verfahren an sich
gezogen hatte. Die Bundesanwaltschaft selbst gab demnach allerdings kein Verhör mehr in Auftrag.
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