Rudolphi -- Rudorff gezeichnet. Nachdem R. Rufe nach St. Petersburg u n d Uppsala abgelehnt hatte, folgte er 1810 der Berufung auf d e n Lehrstuhl für Anatomie u n d Physiologie a n der neugegründeten Berliner Universität u n d z u m Direktor des anatomisch-zootomischen Museums, das er zu einem angesehenen Forschungsinstitut machte. Seit 1816 a u c h Lehrer am medizinisch-chirurgischen FriedrichWilhelms-Institut u n d a n der Militärakademie, n a h m er die damit verbundenen Amter i n der wiss. Deputation für das Medizinalwesen wahr (1817 GR). R.s Anliegen war d i e Anwendung induktiver, naturwissenschaftlicher Methoden in der Medizin. Er lehnte naturphilosophische Konzepte, wie die „Stufenleiteridee" einer hierarchischen Ordnung der belebten Materie, ab, u n d folgte methodisch eher Georges Cuvier, den er i n Paris kennengelernt hatte. Er entwickelte jedoch ein eigenes Tiersystem nach der Struktur des Nervensystems u n d kritisierte das ,,Rekapitulationsgesetz" von Johann Friedrich Meckel. Als Gegner der Vivisektion arbeitete er nicht experimentell, unterstützte aber die neuartige ,,Tierchemiel' von Jöns Jacob Berzelius, mit d e m er befreundet war. Zu seinen bedeutenden Schülern zählen Karl Ernst V. Baer, Karl Friedrich Ledebour, William Sharpey u n d Johannes Müller, der sein Nachfolger wurde. R.s zoologische Arbeiten betreffen hauptsächlich die Helminthologie (Lehre V. d. parasit. Würmern), deren Artenkenntnis er mehr als verdoppelte. Auch w e n n er die alte Vorstellung von der Urzeugung der Würmer i n d e n Wirtstieren vertrat u n d mit seinem Einteilungssystem, das auf der morphologischen Beschreibung der adulten Tiere u n d deren Fundort i n d e n Organen der Wirtstiere beruhte, hinter die Bemühungen von Peter Simon Pallas zurückging, regten seine Werke (V. a. „Entozoorum Synopsis", 1819, mit 993 Arten aus 736 Wirtstieren) die weiteren Forschungen von Friedrich S. Leuckart, Felix Dujardin, Carl Vogt oder Karl Theodor V. Siebold entscheidend an. - Mitgl. d. Ak. d. Wiss. St. Petersburg, Stockholm, Neapel U. Berlin (1810); Mitgl. d. Leopoldina (1818); schwed. Polarstern Orden; Mitgl. d. Freimaurerloge „St. Johannes" i n Greifswald (1794) U. d. Loge „Zum Pilgrim" i n Berlin. Weitere W Observationes circa vermes intestinales, 2 T., 1793/ 95; Bemerkungen aus d. Gebiet d. Naturgesch., Med. U. Thierarzneykunde, 2 T., 1804 / 05; Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturales, 3 Bde., 1808-10; Btrr. z. Anthropol. U. allg. Naturgesch., 1812; Grundriß d. Physiol., 2 Bde., 1821-28; Index numismatum in viro- 203 rum de rebus medicis vel physicis meritorum memoriam percussorum, 1823, '1825, 31829. L ADB 29; J. Müller, in: Abhh. d. kgl. Ak. d. Wiss. Berlin 1835, 1837, C. XVIII-XXXVII (W-Verz.]; A. Waldeyer, C. A. R. U.Johannes Müller, in: Forschen U. Wirken, FS z. 150 J.-Feier d. Humboldt-Univ. Berlin 1960, S. 97-115; M. Dittrich, in: Forschung, Praxis, Fortbildung 18, 1967, S. 356-60 (P); K. Enigk, Gesch. d. Helminthol. im dt.sprachigen Raum. 1986, S. 40-42 (P); BLÄ;DSB XI; Lex. d. Natumiss. - ZU Johann Evangelista V. PurkynE ADB 26; Wurzbach; Pogg,II-111; Pagel; BLÄ;Schles. Lb. IV, S. 240-51; DSB; OBL; Biogr. Lex. Böhmen; Lex. d. Naturwiss.; V. Kruta, Biogr. P., 1969 (tschech.). Q u Archiv d. HU Berlin; Mus. f. Naturkde., Berlin (Schr.- U.Bildgut-Slg.;hier auch R.s helmintholog. Slg. U. sein Schr.wechse1dazu); Archive d. BerlinBrandenburg. Ak. d. Wiss. U. d. Leopoldina (Halle 1 Saale). P Lith. V. H. Löwenstein (Bildgut-Slg. d. Mus. f. Naturkunde d. HU Berlin). Ilse Jahn Rudorff, Adolf (bis i n die 1850er Jahre Adolph) August Friedrich, Rechtshistoriker, * 21. 3. 1803 Mehringen b. Hoya, t 14. 2. 1873 Berlin. (ev.) V Friedrich August (1768-1835), aus Zeven, S d. Friedrich Ludwig (1726-95), aus Springe, Advokat in Hannover, U. d. Melusine de Launay; M Christina Elisabeth (1778-1843), aus Bremen, T d. Christian Eduard Heldberg (1739-95), Arzt in M., U. d. Friederike Dorothea Elisabeth Wiering (1733-1815); -CO Elisabeth (Betty) (1808-87), T d. Carl Pistor (1778-1847), Instrumentenbauer U. Feinmechaniker, Postrat in B. (s. NDB 21*), U. d. Charlotte Hensler (1776-1850); 1 S Ernst (18401916, ~ ~ G e r t r u1853-1937, d, Td. Bildhauers Ernst Rietschel, 1804-61, s. NDB 21), Komp., Pianist, seit 1869 Prof. an d. Musikhochschule in Berlin, Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Künste, 1904 Mitgründer d. „Dt. Bund Heimatschutz", betrieb mit seiner TElisabeth U.a. die Ausweisung weiter Teile des Ith im Weserbergland als Naturschutzgebiet (heute Saubrinkl Oberberg),Dr. h. C.(s. L); Stief-V d. Ehefrau Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), Komp., Hofkapellmeister, Schriftst. (s. NDB 21); E Elisabeth (1879-1963), Heimat- U. Naturschützerin in Berlin, seit etwa 1943 vorwiegend auf d. Knabenburg b. Lauenstein, Ernst-Rudorff-Plakette d. Gauheimatwerkes Südhannover-Braunschweig 1943. R. studierte seit 1820 Rechtswissenschaften i n Göttingen bei Georg Julius Ribbentrop u n d Karl Friedrich Eichhorn sowie seit 1823 i n Berlin bei Friedrich Carl V. Savigny (17791861). Mit dessen Förderung habilitierte er sich 1825 i n Berlin u n d w u r d e hier 1829 ao., 1833 o. Professor (1857 Rektor). R. zeigte sich früh (Diss. d e lege Cincia, 1825) von Savigny beeinflußt. Dessen Methodenprogramm i m ,,Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung u n d Rechtswissenschaft" von 1814, das auf eine Reinigung des Rechtsstoffs d u r c h ein wis- 204 Rudorff - Rübelt senschaftliches Erkennen der systematischen und historischen Natur gerade des geltenden Rechts abzielte, bestimmte in der Folgezeit jedoch nur kurz R.s Forschungsschwerpunkte (Recht d. Vormundschaft, 1832-34). Die Neigung zu röm. Rechtsgeschichte und zeitgenössischer Philologie rückte stattdessen die Antike ins Zentrum seiner Forschungen. In den Schulstreitigkeiten der 1830er und 1840er Jahre wurde R. so zu einem Hauptvertreter des ,,antiquarischen" Flügels der Schüler Savignys. Vor allem in der Quellengeschichte erwarb sich R. durch seine Sorgfalt und seinen Fleiß die Bewunderung seiner Zeitgenossen. Seine „römische Rechtsgeschichte" (1857-59) blieb trotz ihrer, besonders von Rudolf V. Jhering kritisierten unübersichtlichen Systematik bis in die 1880er Jahre wegen ihrer Genauigkeit und Forschungstiefe hochgeachtet. Seine Bearbeitung der Schriften der röm. Agrimensoren beschäftigt bis heute die Forschung. Als Mitherausgeber und Autor der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft (U.ihrer Nachfolger) sowie als kritisch begleitender Herausgeber der Werke Georg F. Puchtas (1798-1846) und Savignys, die ihm ihren fachwissenschaftlichen Nachlaß anvertraut hatten, übte er bis zu seinem Tod entscheidenden Einfluß auf die weitere Ausbildung der ,,historischen Rechtsschule" aus. Seine begleitenden Kommentare zu Puchta und Savigny stellen bis heute eine unverzichtbare Materialsammlung für die Forschung dar. R. hatte, zumindest anfangs, großen Lehrerfolg (1832 Honorarmaximum d. Univ.). - Geh. JR (1852); Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1860). Weitere W Die gromat. Institutionen in d. Schrr. d. röm. Feldmesser, 2 Bde., 1852 (mit Mommsen, Blume U. Lachmann, Neudr. 1967; hierzu L. Capogrossi Colognesi U. L. Toneatto in: 0.Behrends U. L. Capogrossi Colognesi, Die röm. Feldmeßkunst, 1992); F. C. V. Savigny, in: Zs. f. Rechtsgesch. 2, 1863, S. 2-68; De jurisdictione Edictum, 1869; - Hg.: G. F. Puchta, Pandekten, 41847-"1871: ders., Cursus d. Institutionen, I, 31850,11, 21846,111, 1850-71871 bzw. "1871; ders., Vorlesungen üb. d . heutige röm. Recht, 1847, "18731 74; ders., K1. civilist. Schrr., 1851; F. C. V. Savigny, Das Recht d. Besitzes, 71865; - Mithg.: Zs. f. geschichtl. Rechtswiss., 1839-50; Zs. f. Rechtsgesch., 1861-73; - NachlaJ teilw. vernichtet, Reste privat.. L ADB 29; A. Brinz, in: Krit. Vj.schr. 15, 1873, S. 321-38 (W-Verz.); Ernst Rudorff, Aus d. Tagen d. Romantik, Bildnis e. dt. Farn., aus d. Nachlaß hg. V. Elisabeth Rudorff, 1938 (P); Stintzing-Landsberg; E. Heymann, in: DJZ 1910, Sp. 1136 f. (P); Allg. Hann. Biogr., Bd. 3; W. Hartkopf, Die Berliner Ak. d. Wiss., Ihre Mitgll. U. Preisträger 1700-1990, 1992; H.-P. Haferkamp, Georg Friedrich Puchta U. d. ,,Begriffsjurisprudenz", 2004, T. 1, Kap. 1; - z u Ernst: A. Knaut, Zurück zur Natur! Die Wurzeln d. Ökologiebewegung, 1993. bes. S. 27-39; DBJ 11,Tl.; MGG; Niedersächs. Lb. 111,1957;New Grove. Hans-Peter Haferkamp Rübelt, Lothar, Fotograf, + 8. 4. 1901 Wien, t 4. 8. 1990 VeldenIWörthersee (Kärnten). (kath.) V Heinrich V. Maurer, Rr. V. Cronegg zu Ungarshofen (1863-1935), Dr.; M Maria R. (1873-1959), aus d. Elsaß; B Ekkehard (1902-26), Fotograf, Bildberichterstatter; - CD 1) 1936 oho 1940 Friederike Weiß, 2) N. N.; 1 S a u s 1)Christian (* 1937),Dr. rer. nat., Dip1.-Chemiker am Hygiene-Inst. d. Univ. d. Saarlands. Kurz vor dem Ende des 1. Weltkrieges trat R. in die Leichtathletiksektion des Wiener Athletiksport-Clubs (WAC) ein. Dort entstanden auf Anregung des Sportidols Ulrich Lederer erste Aufnahmen, die R. an mehrere Sportblätter verkaufen konnte. 1919 begann er an der TH Wien Maschinenbau und Elektrotechnik zu studieren; daneben arbeitete er zusammen mit seinem Bruder als Bildberichterstatter. Neue, leichtere Sportkameras (im Gegensatz zu den umständlichen 13x18-Glasplattenkameras der meisten Kollegen) sowie sein Verständnis für Bewegungsabläufe ermöglichten R. eine neue, lebendigere Form der Sportfotografie, die in den illustrierten Zeitschriften der Zwischenkriegszeit ihr publizistisches Forum fand. Als passionierte Motorradfahrer drehten die Brüder 1926 einen erfolgreichen Dolomitenfilm mit dem Titel „Mit dem Motorrad über die Wolken". Nach dem Tod des Bruders bei einem Motorradunfall brach R. sein Studium (nach dem Absolutorium) ab und konzentrierte sich ganz auf die Bildberichterstattung. Seine beiont dynamischen Sportaufnahmen, häufig aus extremer Auf- oder Untersicht, machte er seit 1929 mit der seit 1925 auf dem Markt befindlichen, flexibleres Arbeiten gestattenden 35 mm-Leica. Daneben stand der Name R. auch für tagesaktuelle Bildberichte (Brand d. Justizpalastes in Wien, 1927), sozial interessierte Reportagen (Elendsquartier in Steyr, 1931 132) sowie Reiseessays (England U. Schottland, 1932; Norwegen, 1935).Er lieferte Bilder zu ,,Beckmanns Sport-Lexikon'' (ersch. 1933) und war als hochdotierter Sportkorrespondent 193545 für die ,,Berliner Illustrirte Zeitung" tätig. Als offizieller Bildberichterstatter fotografierte er 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin. 1938 wurde er als Bildreporter im Sudetenland eingesetzt und nahm, bei Be-
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