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Privatinvestitionen: Verkehrslenker für Infrastruktur gesucht
Keyfacts
- Deutschland ist weltweit das beliebteste Industrieland für private Investoren
- Die öffentlichen Investitionen in Deutschland liegen weit zurück
- Gegen den Sanierungsstau hilft ein Mix aus öffentlichen und privaten Investitionen
07. Oktober 2016
Die gute Nachricht zum Anfang: Kein anderes entwickeltes Industrieland ist weltweit so beliebt
bei internationalen Investoren wie Deutschland. Knapp 18 Prozent des Bruttosozialproduktes
hierzulande stammten im vergangenen Jahr aus ausländischen Investitionen, wie dieser Tage
zu lesen war – der Spitzenplatz auf der internationalen Rangliste. Ein schöner Erfolg, der zeigt,
dass Investitionen in Deutschland weltweit als sichere Anlage gelten. Das ist die positive
Lesart.
Nun die schlechte Nachricht: Bei den Investitionen der öffentlichen Hand fällt die
Bundesrepublik immer weiter zurück. Nur noch rund zehn Prozent der Investitionen sind in
Deutschland durch den Staat selbst verursacht, international steht das Land damit schlecht da.
Der Sanierungsbedarf hat sich längst schon zum Sanierungsstau ausgewachsen. Ein Stau, der
künftig durchaus wortwörtlich genommen werden könnte für diejenigen, die an einer der nach
offiziellen Angaben etwa 6.000 maroden Fernverkehrsbrücken nicht mehr vorankommen. Zum
Vergleich: Insgesamt führen rund 39.000 Brücken für den Fernverkehr durch das Land. Mit
1/5
anderen Worten: Fast jede siebte Brücke hierzulande müsste repariert werden, Betonung auf
„müsste“. Was für Brücken gilt, gilt für Schulen ebenso wie für Wasserstraßen,
Verwaltungsgebäude oder Großprojekte wie beispielsweise den dringend erforderlichen
Breitbandausbau.
EInnahmen höher als Ausgaben
Das Problem hierbei: Investitionen durch die öffentliche Hand finden längst nicht in dem
erforderlichen Ausmaß statt. Und das, obwohl die Kassen voll sind. Laut Angaben des
statistischen Bundesamtes übertrafen die Einnahmen die Ausgaben im ersten Halbjahr 2016
um satte 18,5 Milliarden Euro. Wenn aber trotz Billigzins und üppigen Überschüssen der Staat
dennoch keine Investitionen auslöst, dann ist es an der Zeit, über Alternativen nachzudenken.
18 %
des Bruttosozialproduktes stammten im letzten Jahr aus
internationalen Investitionen.
In der aktuellen Lage bedeutet das, den Blick noch stärker auf diejenigen zu richten, die
offenbar gerne investieren: die Privaten. Was es braucht, ist ein intelligenter Mix aus
öffentlichen und privaten Investitionen. Der Spielraum ist vorhanden, man muss ihn nur nutzen.
Dazu ein Beispiel:
Nehmen wir einmal an, Sie leben in einem kleinen Dorf irgendwo in einer strukturschwachen
Gegend. Ins Nachbardorf sind es zehn Kilometer, in das darauffolgende wieder zehn und so
weiter. Junge Menschen haben ihr Dorf längst verlassen, die Kita hat geschlossen, die nächste
Schule ist weit entfernt. Zum Einkaufen fahren Sie an den Rand der nächsten Kleinstadt.
Natürlich hätten auch Sie gerne einen Breitbandkabelanschluss fürs Internet. Wer verlegt das
Kabel? Die ehrliche Antwort: Mit hoher Wahrscheinlichkeit niemand. Der Grund ist einfach: Ein
privater Investor wird auf unabsehbar lange Zeit auf den Investitionen sitzen bleiben, es lohnt
sich nicht. Was sich nicht lohnt, wird in einer Marktwirtschaft nicht gemacht. Deshalb gibt es
Fördermittel für den Breitbandausbau, wie es in anderen Fällen Fördermittel beispielsweise für
den Wohnungsbau gibt.
Masterplan für Privatinvestitionen nötig
Kluge Infrastrukturpolitik bedeutet, die richtigen Schlüsse aus den Tatsachen zu ziehen. In
diesem Fall ist das insbesondere eine Frage der richtigen Rollenverteilung. Natürlich könnte
die öffentliche Hand als Investor an vielen Stellen einspringen – aber sie muss es nicht.
Wichtiger ist, an den richtigen Stellen einzuspringen. Das sind jene Stellen, an denen keine
entsprechende Nachfrage vorhanden ist, die durch private Investoren nicht besser bedient
werden könnte.
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Grundsätzlich gilt: Der Staat ist immer nur der zweitbeste Investor. Infrastrukturpolitik gelingt an
den Stellen am besten durch private Investoren, wo die Nachfrage nach infrastrukturellen
Leistungen wie beispielsweise Breitbandanschlüssen oder Stromtrassen ohnehin schon so
groß ist, dass kein staatliches Einwirken mehr erforderlich ist – oder aber der Staat durch
entsprechende Vergütungsansprüche für den Ersteller dafür sorgt, dass diese Nachfrage
überhaupt erst entstehen kann.
Für unser Beispiel aus dem strukturschwachen Dorf bedeutet das: Entweder die öffentliche
Hand macht es selber. Oder aber sie schafft einen Mix, der den privaten Investoren ihr
Investment nachhaltig erscheinen lässt. Investitionssicherheit wäre beispielsweise ein richtiger
Schritt auf dem Weg dahin. Dafür aber braucht es einen Masterplan der öffentlichen Hand. Was
wollen wir wann und wo und aus welchen Gründen? Und was davon können wir selber, was
aber sollten besser private Investoren leisten? Auf diesem Weg weiterzugehen könnte so am
Ende bedeuten, dass die Bundesrepublik auch in den kommenden Jahren bei internationalen
Investoren weiterhin das beliebteste Land ist. Und es könnte gleichzeitig dafür sorgen, den sich
weiter verschärfenden Sanierungsstau zumindest stückweise ein wenig aufzulösen.
Zusammengefasst
»Nach Angaben des statistischen Bundesamtes übertrafen die Einnahmen die Ausgaben
hierzulande im ersten Halbjahr 2016 um satte 18,5 Milliarden Euro. Wenn aber trotz Billigzins
und üppigen Überschüssen der Staat dennoch keine Investitionen auslöst, dann ist es an der
Zeit, über Alternativen nachzudenken.«
Die öffentliche Hand sollte ihren Blick stärker auf diejenigen richten, die momentan gerne investieren
wollen: die Privaten. Dafür braucht es einen Masterplan der öffentlichen Hand. Investitionssicherheit für
private Investoren wäre beispielsweise ein richtiger Schritt auf dem Weg dahin.
3/5
Mathias Oberndörfer
Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor
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