Fast 2.700 Euro pro Jahr: Schulkosten belasten

Ihre Gesprächspartner/-in:
Dr. Johann Kalliauer
a
Präsident der AK Oberösterreich
Mag. Bernadette Hauer
Leiterin der Abteilung Bildung, Jugend,Kultur in
der AK Oberösterreich
Fast 2.700 Euro pro Jahr:
Schulkosten belasten Eltern massiv
Pressekonferenz
Montag, 3. Oktober 2016, 10 Uhr
Arbeiterkammer Linz
Für öffentliche Schulen ist in Österreich die Schulgeldfreiheit gesetzlich verankert.
Trotzdem kostet der Schulbesuch beträchtliche Summen. Das zeigt eine von der
Arbeiterkammer Oberösterreich beauftragte Studie des Instituts für Berufs- und
Erwachsenenbildungsforschung (IBE). Im Schuljahr 2015/2016 haben in vier Befragungswellen mehr als 2.000 Eltern an der Online-Befragung teilgenommen.
Oberösterreichische Eltern geben pro Schuljahr und Haushalt im Durchschnitt
rund 2.700 Euro, pro Schulkind durchschnittlich rund 1.600 Euro aus. Pro Kind
im Pflichtschulalter liegen die Schulkosten bei jährlich knapp 1.400 Euro, pro
Kind in einer weiterführenden höheren Schule bei fast 2.700 Euro. Im Vergleich
zur bislang letzten Erhebung 2010/2011 ist das jeweils eine Steigerung.
2.678
pro Familie
2.517
2015/2016
2010/2011
1.589
pro Schulkind
1.351
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
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
Schulveranstaltungen sind der Kostenfaktor schlechthin: Familien müssen für
ihre Schulkinder dafür durchschnittlich rund 800 Euro pro Schuljahr aufwenden.

Für die allgemeinen Schulkosten geben Eltern im Jahresschnitt rund 300 Euro
aus, am meisten zu Schulbeginn.

Größere Anschaffungen treten ebenso zu Schulbeginn gehäuft auf, wirken am
stärksten im ersten Halbjahr und machen im Laufe des Schuljahres mehr als
400 Euro pro Familie aus.

Private Nachhilfe kostet die betroffenen Eltern rund 700 Euro pro Jahr. Eine
umfassende bundesweite Elternbefragung des IFES vom Juni 2016 kam zu einem sehr ähnlichen Ergebnis. Deutlich wird auch, dass jeweils zu Semesterende die Kosten deutlich steigen.

Eine beachtliche Belastung stellen auch die Kosten für Nachmittagsbetreuung
dar. Eltern, die eine Nachmittagsbetreuung brauchen, müssen durchschnittlich rund 800 Euro Jahreskosten aufbringen.

Schulgeld für Privatschulen belastet betroffene Eltern durchschnittlich mit
knapp 780 Euro im Schuljahr.
Die Höhe der Schulkosten hängt von der Anzahl der Kinder, von der Schulstufe
und vom Schultyp ab. Haushalte mit geringem Einkommen, zum Beispiel Alleinerzieher/-innen, sind von hohen Schulkosten besonders betroffen.
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Rund drei Viertel der Befragten fühlen sich durch die anfallenden Kosten (sehr
oder eher) belastet oder müssen sich darüber (sehr oder eher) ärgern. Befragte mit
höheren Einkommen fühlen sich weniger belastet und ärgern sich weniger.

Einsparen in allen Lebensbereichen (weniger oder billigere Familienurlaube,
Sparen bei der Lebenshaltung)

Penible Einkommensplanung (zweckgerichtetes Ansparen/Anlegen von Finanzreserven)

Mehrarbeit (Überstunden, Zusatzverdienste) zur Deckung der Mehrausgaben

kostenbewusste Einkäufe von Schulmaterialien (Aktionen, Sammeleinkäufe
auf Vorrat)

Verzicht (z.B. auf Teilnahme an Schulveranstaltungen) und zum Teil auch
Verweigerung zu teurer Anschaffungswünsche der Schulen (z.B. durch Einkauf von billigeren Artikeln)

Staatliche Unterstützungen nutzen (wenngleich darauf oftmals auch – aus
Schamgründen – verzichtet wird)
Die Höhe der Schulkosten trägt zur sozialen Ungleichheit im Bildungszugang und
zur Vererbung von Bildung bei. Für viele Familien stellen Schulkosten eine gewaltige Belastung der Haushaltskasse dar. Der Übergang zu einer höheren Schule
und deren erfolgreicher Besuch scheitern möglicherweise von vornherein an den
finanziellen Möglichkeiten. Damit ist zugleich der direkte Zugang zur Universität
und zur Fachhochschule verbaut.
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Die den Familien aufgebürdeten Schulkosten beeinflussen somit die Schul- und
Berufswahl, beeinträchtigen Bildungs- und Berufskarrieren und machen sie von
der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern abhängig. Daten nationaler und
internationaler Studien zeigen, dass die soziale Auslese beim Bildungszugang in
Österreich besonders hoch ist.
Es ist daher höchste Zeit, die überbordenden Schulkosten einzudämmen. Das liegt
nicht nur im Interesse der betroffenen Eltern und Kinder, sondern entspricht auch
den Anforderungen einer fairen, an Bildung und Fähigkeiten orientierten Gesellschaft.
Bei den allgemeinen Schulkosten für Hefte, Stifte und sonstige Unterrichtsmaterialien braucht es mehr Kostenbewusstsein der Schulen und der einzelnen Lehrer/innen. Sie sind sich der Verantwortung für entstehende Kosten oft nicht bewusst
und brauchen daher ein besseres Verständnis für die ungleiche Finanzkraft der
Familien. Bescheidenere Anforderungen und gleichzeitig rationellere Vorgangsweisen bei der Beschaffung können die Kosten für die Eltern senken.
Wird eine Schulveranstaltung für wichtig erachtet, soll diese kostenlos für alle
Kinder zugängig sein. Es ist auch zu hinterfragen, ob der erwartete Nutzen nicht
auch mit alternativen Maßnahmen zu erreichen ist. Daher sollten Schulveranstaltungen vom Bildungsministerium regelmäßig evaluiert werden.
Die kostspielige Privatnachhilfe zementiert soziale Zugangshürden zu höherer
Bildung für Kinder aus mittleren und niedrigeren Einkommensschichten. Darum
muss künftig die Schule leisten, was bisher die Nachhilfe nicht geschafft hat: Eine
nachhaltige Lösung kann nur eine tiefgreifende Schulreform bieten, die Nachhilfe
überflüssig macht, weil Förderung und Ergebnissicherung in der Schule geschehen. Die flächendeckende, ganztägige, gemeinsame und beitragsfreie Schule bis
zum Ende der Sekundarstufe I mit individualisiertem Unterricht und individueller
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Förderung schafft ideale Bedingungen, um alle Begabungspotenziale bestmöglich
zu entwickeln und bezahlte außerschulische Nachhilfe zu vermeiden.
Derzeit erhalten nur etwa zwölf Prozent der bezugsberechtigten Oberstufenschüler/-innen in Oberösterreich eine staatliche Schulbeihilfe. Grund dafür ist unter
anderem die fehlende jährliche Valorisierung (= Wertsicherung) der Beihilfe. Laut
Preisindex hätte sie seit dem Jahr 2007 um fast 18 Prozent angehoben werden
müssen, ebenso die Grenzen der sozialen Bedürftigkeit. Viele Schüler/-innen fallen
so Jahr für Jahr aus dem Bezugskreis heraus.

Gebührenfreie Ganztagsschule
In einer flächendeckend gebührenfreien ganztägigen Schule bleibt mehr Zeit
zum Üben und Fördern – teure Privatnachhilfe wird eingedämmt, die Kosten
für die Nachmittagsbetreuung fallen weg.

Chancenindex
Mehr Ressourcen für Schulen mit mehr sozial benachteiligten Kindern und
schwierigen Rahmenbedingungen können zu einem gerechteren Schulsystem
beitragen.

Mehr Kostenbewusstsein
Die Schulen können durch bescheidenere und besser abgestimmte Materialanforderungen Geld sparen helfen. Die zentrale Beschaffung von Schulmaterialien bringt Kostenvorteile. Auch braucht es mehr Transparenz, klare Vorgaben
und mehr Mitbestimmung.

Günstigere Schulveranstaltungen
Schulveranstaltungen sind der „Schulkostentreiber“ schlechthin. Wenn Schulveranstaltungen einen nachweislichen Nutzen für die Kinder haben (mehr
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Lernerfolg, interkulturelle Erfahrungen etc.), sollten sie generell kostenlos angeboten werden.

Gerechtere Schulbeihilfe
Die Schulbeihilfe muss sozial gerechter gestaltet werden. Außerdem sollte
Schulbeihilfe bereits ab der 9. Schulstufe gewährt werden. Nach neun Jahren
ohne Erhöhung muss sie endlich an den Preisindex angepasst, somit um mindestens 18 Prozent erhöht und anschließend jährlich valorisiert werden.
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