Die Sonne geht bald 20 Minuten eher unter

Mehrere Hundert Erwitter und Bad Westernkötter waren der Einladung der Bürgerinitiative gegen
die Ostumgehung gefolgt und hörten sich die Ausführungen an. ■ Fotos: Winkelmann
„Die Sonne geht bald
20 Minuten eher unter“
Bigo macht vor hunderten Bürgern gegen Ostumgehung mobil
Von Björn Winkelmann
ERWITTE / BAD WESTERNKOTTEN ■ Ein wenig wirkt es wie
das kleine Fest vor dem großen Bundesfest: Mehrere Hundert Einwohnerinnen und Einwohner aus Bad Westernkotten und Erwitte versammeln
sich an einem warmen Spätsommerabend an der Gärtnerei Merschmann an der Westernkötter Straße. Sie tauschen sich aus, diskutieren,
fachsimpeln. Der Inhalt der
Gespräche allerdings offenbart den wahren Grund ihrer
Zusammenkunft: Sie wollen
mobil machen gegen eine
mögliche Ostumgehung.
Auf Einladung der Bürgerinitiative gegen die Ostumgehung (Bigo 2016) hören die Versammelten die
Ausführungen von Friedrich
Merschmann
und
Christian Müller-Moneke –
beide liegen mit ihren Betrieben und Wohnhäusern
in unmittelbarer Nähe zu einer möglichen Bundesstra-
Besuch in Berlin
Gemeinsam suchen alle vier
Erwitter Fraktionsvorsitzenden und Bürgermeister Peter
Wessel am Donnerstag, 29.
September, in Berlin das Gespräch mit Entscheidungsträgern. So ist ein Austausch mit
dem CDU-Bundestagsabgeordneten Reinhold Sendker
geplant, der für die CDU Landesbeauftragter für NRW in
Sachen Bundesverkehrswegeplan ist. In der Ratssitzung ab
18 Uhr im Sitzungssaal wollen
die Politiker dann unmittelbar
über ihr Gespräch informieren.
terial und Überlegungen innerhalb der Bürgerinitiative, wie die Ostumgehung
künftig verlaufen könne –
in Breite, Höhe und Richtung. „Die Sonne wird in
Bad Westernkotten bald 20
Minuten eher untergehen“,
prognostiziert er vor diesem
Hintergrund bewusst plakativ.
Christian Müller-Moneke (l.) und Friedrich Merschmann informierten und riefen dazu auf, aktiv zu werden.
ßenverbindung
zwischen
B1 und B55. Wohl gemerkt:
Die genaue Trassenführung
steht noch aus, was auch ein
Hinweis auf den an diesem
Abend eigens ausgehängten
Karten zeigt, die eine mögliche Ostumgehung beinhalten. „In den nachfolgenden
Planungsstufen kann sich
der Verlauf der Linie verändern“, heißt es wortwörtlich auf den Karten.
„Ziel muss eine
sinnvolle Trasse sein“
Dennoch, so macht die
Bigo deutlich, sei es wichtig,
auf das Problem aufmerksam zu machen, bevor es zu
spät ist. „Es geht an diesem
Abend ganz klar um einen
Aufruf an die Politik, gemeinsam das Ziel zu verfolgen, sich für eine sinnvolle
Trasse stark zu machen.
Und das ist keinesfalls die
Ostumgehung“,
erklärt
Christian
Müller-Moneke
unter dem Beifall der Anwesenden. Es sei an der Zeit,
endlich die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst
zu nehmen.
Friedrich
Merschmann
schildert derweil ausgehend
vom derzeitigen Kartenma-
Gefährdet sei zudem das
Erwitter Bruch – „unser
letzter westlicher Grüngürtel, der von vielen jeden Tag
genutzt wird. Mit anderen
Worten: Die Ostumgehung
läuft bald durch ein europäisches Menschenschutzgebiet.“ Der damit verbundene massive Eingriff in die
Natur gehe mit einer Belastung für die Kernstadt und
Bad Westernkotten einher –
ganz zu schweigen von Stirpe. Dort, so Merschmann,
donnere auch künftig der
Schwerlastverkehr
hindurch, schon allein weil die
Verbindung kürzer sei.
„Wir wollen mit dieser
Veranstaltung einen Paukenschlag Richtung Erwitte
setzen“, lässt Christian Müller-Moneke wissen. „All die
Menschen, die heute hier
sind, sind inzwischen empört darüber, wie in Erwitte
Politik gemacht wird.“ So
lasse sich die heimische Politik seit Jahren von einer
Minderheit der BI Stirpe an
der Nase herum führen.
Und Müller-Moneke stellt
die Frage: „Kann eine handvoll Leute der BI Stirpe entscheiden, wie der Rest von
Stirpe, Erwitte und Bad
Westernkotten zu leben
hat? Das ist nicht fair.“
Planlos gehe die Stadt Erwitte in der Sache vor. So
biete sie Menschen, die neu
bauen möchten, im Baugebiet an der Schledde Grundstücke an – wissentlich,
dass dort quasi bald eine
B1n entlang laufe. Als falsch
bezeichnet Christian Müller-Moneke eine Aussage,
mit der Bürgermeister Peter
Wessel eine Veranstaltung
des Bürger- und Vereinsrings Erwitte vor wenigen
Wochen in der Festhalle eröffnet habe: „,Die Westtangente ist tot, lasst uns über
die Ostumgehung reden‘
hat Peter Wessel dort erklärt. Das stimmt so nicht.“
Entscheider an den Ort
des Geschehens holen
Es sei klarer Wille der
Einwohnerinnen und Einwohner, dass die Politik weiter für eine Westumgehung
kämpfe. Dazu gebe er zu bedenken, dass „man eine Ostumgehung nicht nach drei
Tagen wie eine Hose wieder
umtauschen kann. Genau
aus diesem Grund müssen
sich die Entscheider in Düsseldorf und Berlin hier am
Ort des Geschehens einen
Eindruck verschaffen, damit sie überhaupt entscheiden können. Sie müssen
wissen, dass wir eine Straße
wollen, die etwas bringt.“
Viel zu sehr sei es in den
letzten Wochen auf politischer Ebene der Fall gewesen, dass niemand sich klar
positioniert habe. Erst in
den letzten Tagen habe es
deutlichere Aussagen gegeben. Nun sei mehr denn je
Teamarbeit gefragt – dies
erwarte er und ebenso die
Bürger von der Politik.
Christian Müller-Moneke:
„Setzen Sie sich wieder für
die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein.“
Wessel steht Gespräch
offen gegenüber
Bereits im Vorfeld der
Veranstaltung hatte sich
Bürgermeister Peter Wessel
beim 40-jährigen Bestehen
des Kur- und Verkehrsvereins zum Thema geäußert
und der Bigo gegenüber Gesprächsbereitschaft signalisiert. In seiner Ansprache
am Sonntag auf der Kurpromenade hatte er deutlich
gemacht, dass es von Seiten
des Bundes zum Vorschlag
Ostumgehung keinerlei Anfragen bei der Stadt oder
umliegenden Behörden hinsichtlich möglicher Bedenken gegeben habe. Eine Verkehrsplanung nach Gutsherrenart sei für ihn persönlich völlig inakzeptabel.
Von der Bigo wünschte sich
der Bürgermeister, dass sie
das Gespräch mit ihm suche, „damit wir gut zusammenarbeiten“, so Wessel.