Die kleine Andacht in der Landeszeitung vom 1. Oktober 2016

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Vor 25 Jahren
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Dienstag, 1. Oktober 1991
Nach Schätzungen des Bundesgrenzschutzes in Lüneburg
würde eine Auflösung des BGSStandortes, wie sie eine Arbeitsgruppe des Innenministers empfohlen hat, einen wirtschaftlichen Verlust von jährlich 30 Millionen Mark für die Stadt
bedeuten. Der BGS beschäftigt in
Lüneburg 560 Beamte und 90
Frauen und Männer in der Verwaltung.
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■ Die Wanderbewegung fährt
mit dem Heideradbus am Sonntag, 2. Oktober, nach Döhle. Von
dort geht es über Undeloh und
Sudermühlen nach Egestorf.
Treffen zur rund 17 Kilometer
langen Wanderung ist um 8.15
Uhr am ZOB Lüneburg.
■ Der Vortrag zum Thema Lüne-
burg unterm Hakenkreuz am
Sonntag, 2. Oktober, beginnt bereits um 18 Uhr im Gebäude der
Volkshochschule an der Haagestraße. Die Geschichtswerkstatt
als Veranstalter hatte zunächst
eine andere Uhrzeit genannt.
■ „Es braucht ein Dorf…“ ist ein
Treffpunkt für Alleinerziehende
und Eltern, die sich über ihre Herausforderungen bei der Erziehung ihrer Kinder austauschen
möchten. Bei Kaffee und Keksen
treffen sich Interessierte am
Mittwoch, 5. Oktober, von 10.30
Uhr an im Elterncafè des Familienzentrums Plus, Am Weißen
Turm 9 in Lüneburg. Informationen:
0 41 31/2 87 33 23
☎
■ Einen Kursus für acht bis zwölf
Jahre alte Kinder bietet das Museum Lüneburg am Mittwoch, 5.
Oktober, 14 Uhr an. Es geht um
Fossilien und was sie über die
Entstehung der Erde erzählen.
Interessenten melden sich unter
0 41 31/7 20 65 80 und [email protected].
☎
■ Einen Gesprächskreis für pfle-
gende Angehörige bietet die
Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen jeweils am ersten
Donnerstag des Monats an, das
nächste Mal also am 6. Oktober,
16.30 Uhr im „Roten Pavillon“ der
Wohnanlage Alte Stadtgärtnerei
an der Olof-Palme-Straße. Thema an diesem Nachmittag ist
eine Neuerung des Pflegestärkungsgesetzes.
■ Eine kostenlose Live-Mediati-
on mit Mediator Tilman Metzger bietet die Industrie- und
Handelskammer
LüneburgWolfsburg am Dienstag, 11. Oktober, 17 Uhr in der Hauptgeschäftsstelle, Am Sande 1, an. Im
Mittelpunkt steht dabei das Kennenlernen der Grundsätze und
Strukturen des Mediationsver0 41 31/
fahrens. Anmeldung:
74 24 05 und recht@lueneburg.
ihk.de.
☎
°Lokales°
Sonnabend, 1. Oktober 2016 · Nr. 231
„Fanatismus ist unser
größter Feind“
Diakonie in
neuen Räumen
Bilal Demir ist neuer Imam in Lüneburg – Am Montag ist Tag der offenen Moschee
VON CARLO EGGELING
Lüneburg. In Zimt gewälzte Äpfel
stehen auf dem Tisch, dazu kühles Wasser in einer Karaffe, die
Sonne lächelt. Gartenidyll vor
der Moschee am Lüner Weg. Bilal
Demir fühlt sich wohl, er bleibt
sitzen, als aus dem offenen Fenster des Gebetsraums ein Mann
nach dem geistlichen Lehrer
ruft: „Hodscha, was ist mit dem
Gebet?“ Sie mögen doch ohne
ihn beginnen, sagt der Imam, er
sei im Gespräch. Der 44-Jährige
stellt sich vor, er ist der neue
Geistliche der Gemeinde.
Seine Wurzeln hat er in Sanliurfa, einer kurdischen Stadt im
Osten der Türkei. Aktuell komme er mit seiner Familie aus Istanbul. Er hat bereits in Deutschland gelebt, von 2009 bis 2011 sei
er in München, Rosenheim und
Ingolstadt als Geistlicher gewesen. Er schwärmt vom technisch
starken Süden, Mercedes,
Audi, Bosch gefallen ihm.
Auch das deutsche Bildungssystem sei modern und
aufgeschlossen. Gleichzeitig gefällt ihm deut- sche
Pünktlichkeit: „Wenn man 16
Uhr sagt, ist jemand auch 16 Uhr
da.“ In der Türkei sei das anders.
Drei Wochen wohne er in Lüneburg: „Eine schöne Stadt mit vielen Radfahrern.“
Per Los an
die Ilmenau
Bilal Demir ist über die in
Deutschland umstrittene Organisation DITIB in der Bundesrepublik. Das heißt, der türkische
Staat zahlt sein Gehalt. „Ich habe
in Ankara eine Prüfung abgelegt“, erzählt er. „Danach wurde
gelost, wohin ich komme.“ Allerdings glaubt er, dass beim Zielort auch die vielen Flüchtlinge
eine Rolle spielen, die an der Ilmenau eine Heimat gefunden
haben. Darunter sind viele Mos-
Bilal Demir ist der neue Imam in der Moschee am Lüner Weg. Ein bisschen
Deutsch spricht er bereits, um es besser zu können, hat er einen Kursus an
der Volkshochschule belegt.
Foto:ca
lems. Demir kommt dabei zur
Hilfe, dass er neben Türkisch und
Kurdisch auch Arabisch spricht:
„Ich habe zwei Jahre in Ägypten
gelebt.“
Die Flüchtlinge sind auch ein
Thema für die türkische Gemeinde. Eigentlich zählt sie rund 150
Mitglieder. Doch beim Freitagsgebet, das besonders viele Gläu-
Untergang in
Artlenburg
Feuerwehr zieht Motorjacht aus Hafenbecken
Artlenburg. Eine acht Meter lange Motorjacht ist gestern Vormittag im Artlenbugrer Hafen gesunken. „Warum wissen wir noch
nicht“, erklärte Polizeisprecher
Kai Richter auf Anfrage. Möglicherweise hätten Arbeiten auf
dem Schiff zu dem Malheur geführt.
Für die Feuerwehr war es ein
schweißtreibender Einsatz, das
Boot zu bergen. Helfer aus
Artlenburg, Hohnstorf, Brietlingen und Scharnebeck rückten an.
Dazu kamen Taucher aus Lüneburg, die das Boot sicherten und
Gurte darunter schoben, damit
ein Autokran der Firma Anker
das Schiff aus dem Hafenbecken
heben konnte. Zuvor musste allerdings Wasser aus dem Havaristen abgepumpt werden, berichtet Feuerwehrsprecher Felix
Botenwerfer. ca
Kaffeeklatsch
für Senioren
Lüneburg. Mal richtig Zeit für
Klönschnack, fesselnde Gesellschaftsspiele und sehr leckere
Torten – am kommenden Mittwoch, 6. Oktober, decken Ehrenamtliche wieder einmal liebevoll
die Kaffeetafel im Lüneburger
Senioren- und Pflegestützpunkt.
Von 14.30 bis 17 Uhr sind Gäste
herzlich willkommen an der Heiligengeiststraße 29a in Lüneburg.
sp
Die Feuerwehr sichert das untergegangene Boot im Hafen. Es dauerte
Stunden, bis es mit einem Kran geborgen werden konnte.
F.: feuerwehr
bige anlockt, reicht der Saal im
Erdgeschoss nicht aus, da stehen
die Männer bis in den Garten.
Rund 300 zusätzliche Gäste suchen Halt und Perspektive in der
Moschee.
Neben den Gottesdiensten
sieht der Imam seine Aufgabe
auch darin, Orientierung zu geben. Integration bedeute, dass
sich beide Seiten annähern. Fanatismus und Radikalität lehnt
er ab: „Das schadet unserem
Glauben und ist unser größter
Feind. Wir wollen friedlich leben.“
Deshalb begrüßt er die traditionelle Offenheit der Gemeinde, die seit Jahren beispielsweise Konfirmandengruppen einlädt, damit sie einen Eindruck
vom muslimischen Leben erhalten. Demir sagt: „Wir freuen uns
Gäste zu begrüßen, ich komme
auch gern zu Besuch, wenn ich
eingeladen werde.“
Natürlich kennt der Hodscha
die Diskussion um das Kopftuch
und die Rolle der Frau im Islam.
Er lächelt und sagt: „Es gibt
Vorschriften, was eine Frau
tragen soll, aber keinen Zwang.
Der Prophet empfiehlt etwas.
Aber Allah, der Allmächtige,
achtet nicht auf das Aussehen,
sondern auf unsere Taten.
Von Unterdrückung ist nirgendwo die Rede.“ Es gelte, Werte und Normen der Menschlichkeit zu achten. Und im übrigen
sei der Koran auch Richtschnur
für den Mann: „Die sollte er erfüllen.“
Bilal Demir hat seine Frau
und vier Kinder mit an den Lüner Weg gebracht. Der Nachwuchs hat Plätze in Schulen
und Kita gefunden, und auch
der Papa geht lernen: Er hat einen Deutschkursus an der
Volkshochschule belegt.
Führungen
und Vorträge
Am Montag, 3. Oktober, dem Tag
der offenen Moschee, stellt sich
die Gemeinde vor. Um 14 und 17
Uhr werden Führungen angeboten, um 15.15 Uhr beginnt ein
Vortrag „Integration als Chance“
und eine Lesung aus dem Koran,
von 16 Uhr an stellt sich der Vorstand des Moscheevereins dem
Gespräch.
Lüneburg. Der Diakonieverband
hilft seit Monaten, doch nun haben die Sozialarbeiter, die Ansprechpartner für Flüchtlinge
sind, eine neue Anlaufstelle. Im
Haus der Kirche haben Handwerker für das Team Büros eingerichtet. Gestern weihten Superintendentin Christine Schmid
und Kirchenkreissozialarbeiter
Holger Hennig die Räume ein.
Gekommen waren Gäste aus Verwaltung und Kirche, auch die
muslimische Gemeinde war vertreten.
„Ich will dir
den Weg zeigen“
„Ich will dir den Weg zeigen, den
du gehen sollst. Ich will dich mit
meinen Augen leiten“, gab Christine Schmid Worte aus dem 32.
Psalm als Losung vor. Es gehe darum, Menschen zu helfen und ihnen Wege aufzuzeigen in ihrer
neuen Heimat. Dazu könnten
aber auch Enttäuschungen gehören, denn nicht jeder Wunsch lasse sich umsetzen. So könne auch
Abschied ein Thema sein.
Die Büros liegen im Keller des
Hauses An den Reeperbahnen.
Sie sind freigeworden, da die
Druckerei des Kirchenkreises
aufgelöst wurde. Relativ schnell
sei klar gewesen, wie man den
neuen Platz nutzen könne, berichtete Hennig. Allerdings sei es
kein einfacher Weg gewesen.
Es gehörte eine Menge Fantasie dazu, dem „schmutzigen
Raum“, an dessen Decke sich verschiedene Rohre entlangzogen,
ein neues Ambiente zu geben.
Nun strahlen die Wände und Möbel in Weiß und Grün und strahlen Freundlichkeit aus. Auch eine
kleine Küche hat Platz gefunden
– gemeinsames Kochen soll Verbindung schaffen. Schmidt zollte den Architekten Anerkennung, die hätten ein „Verwandlungswunder“ vollbracht.
Ansprechpartner
stehen bereit
Als Ansprechpartner für Beratung in Asylverfahren, die Koordination der Kulturmittler sowie
die Flüchtlingssozial- und -integrationsarbeit stehen bereit Katharina Picker, Katja Heidmeier,
Anja Schweiner und Agneta
Funk. ca
Die
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Dank für
Möglichkeiten
Der Bischof der hannoverschen
Landeskirche, Ralf Meister, hat
zum Erntedankfest in einem
Brief an die Gemeinden daran erinnert, dass es in diesem Jahr
nicht nur Grund zum Dank für
die Früchte und Gaben des Feldes gibt. Auch für Früchte der
Verantwortung und der Menschenfreundlichkeit könne gedankt werden. „Viele Christen haben sich in den vergangenen Monaten für die Menschen eingesetzt, die zu uns geflohen sind.
Sie haben vorgelesen, Essen ausgegeben, Betten aufgebaut, unsere Sprache unterrichtet und
für den Frieden gebetet.“
Der Landesbischof verbindet
seine Erinnerung und seinen
Dank mit dem Hinweis, dass Dialog und gegenseitiges Verständnis gerade am kommenden 3. Oktober auf gute Gelegenheiten
stoßen. An diesem Tag wird zum
„Tag der offenen Moschee“ eingeladen. Am Tag der Deutschen
Einheit wollen Muslime ihre Ver-
bundenheit zu dem Land, in dem
sie jetzt leben, betonen und Gespräch und Begegnung anbieten.
Wo wir als Christen diese Einladung annehmen, kann das
sonntägliche Erntedankfest sich
in den Montag hinein verlängern
und so zu einem gemeinsamen
Zukunfts- und Hoffnungstag
werden. Frieden, Begegnung und
besseres Verstehen brauchen solche entschiedene Initiative.
Christen und Muslime wollen
sich sich kennenlernen. So wird
etwas gesät, was Früchte verheißt. Früchte, die in unseren
Herzen und Köpfen gedeihen.
Moscheen sind Begegnungsstätten, wie unsere Kirchen auch.
Belebt werden sie durch Menschen, die sich von Ausgrenzung
und Furcht befreien lassen. Solche Begegnung muss nicht bedeuten, dass man sich in geistlichen Dingen naive Unterschiedslosigkeit attestiert. Der religiöse
Dialog muss ernsthaft und gewissenhaft bleiben. Aber in Zeiten,
Rolf Adler ist Umweltbeauftragter
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, zu erreichen
unter Tel. 04136/9136156. Foto: nh
in denen in Deutschland Brandsätze auf Moscheen geworfen
werden, braucht es Menschen
mit zündenden Alternativen zu
solchem Wahnsinn.
Erntedank 2016: Wir feiern
nicht nur einen dankbaren Blick
zurück auf das, was Gott schenkte und was uns gelang. Sondern
wir feiern mit einem Blick nach
vorne, der es mit der Möglichkeit
aufnimmt, Furcht, Hass und Ausgrenzung zu überwinden. Hier
werden wir reich ernten können,
wenn wir der Mitmenschlichkeit
das Feld bereiten. Auch in Lüneburg gibt es den Tag der offenen
Moschee. Rolf Adler