„Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14“ vom 4. Oktober 2016

Graz, den 3. Oktober 2016
OPFER WERDEN ZU TÄTERN GEMACHT!
Stellungnahme zur Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung der Gefährdung
der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren
Sicherheit
Sehr geehrte Damen und Herren,
die NGO „Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14“ schließt sich voll und ganz der
Argumentation und den Empfehlungen der Österreichischen Hochschüler_innenschaft und
Helping Hands an. Besser und ausführlicher kann aus unserer Sicht nicht dargestellt werden,
weshalb die sogenannte Asyl-Notverordnung, abgelehnt werden muss.
Als Organisation, die sich für Kinderrechte einsetzt und als Sprachrohr aller Kinder und
Jugendlicher versteht, möchten wir einige Punkte besonders hervorheben:
1.
In der Begründung zur geplanten Verordnung werden schutzsuchende Menschen,
darunter Familien, Kinder und Jugendliche, als Grund für das Versagen von
Einrichtungen des österreichischen Staates angeführt. Hier werden Opfer zu Tätern
gemacht! Tagtäglich leiden geflohene Menschen unter den jahrelangen Versäumnissen
der Bundesregierung, ein funktionsfähiges und ethisches Asylwesen aufzubauen.
Angefangen von der personellen Unterbesetzung des Bundesamtes für Fremdenwesen
und Asyl über unzureichende (Fort-) Bildungs- sowie Arbeitsmöglichkeiten bis hin zu
fehlenden Wohnmöglichkeiten ist es dem österreichischen Staat bislang nicht
gelungen, Menschen, die Schutz und Unterstützung benötigen so aufzunehmen wie es
sich für ein reiches und den christlichen Werten verschriebenes Land gehören würde.
2. Im gleichen Atemzug wird die Chance genutzt, die chronische und strukturelle
Unterfinanzierung des gesamten Sozial- und Bildungssystems einer Personengruppe
in die Schuhe zu schieben. Plötzlich sind die Flüchtlingskinder schuld daran, dass es an
öffentlichen Geldern für die Kinderbetreuung mandelt, die vielen syrischen
Schüler_innen erzeugen zu hohe Kosten für die Schülerfreifahrten und die
afghanischen Jugendlichen stellen aufgrund ihrer multiplen Traumatisierungen eine
zu große Belastung für die Finanzierung der Kinder- und Jugendpsychiatrie dar.
Anstatt sich an dieser Stelle zu fragen, ob es nicht grundlegende Reformen in den
genannten Bereichen, benötige, wird den Menschen selbst die Schuld an ihrer
Notsituation gegeben und ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen.
3. Wir vom Kinderbüro unterscheiden nicht zwischen Flüchtlingskindern und
einheimischen Kindern! Die UN-Kinderrechtskonvention kennt diese Differenzierung
ebenso wenig. Unser Anliegen ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen optimale
Bedingungen für ein gewaltfreies, harmonisches, friedliches und freundliches
Aufwachsen vorfinden. Der österreichische Staat ist dazu verpflichtet, diese
Bedingungen zu schaffen und sich nicht mithilfe einer Notverordnung aus der
Verantwortung zu stehlen.
Sehr geehrte Damen und Herren, bevor sie eine Entscheidung treffen, fragen Sie sich zuerst,
welche Bedingungen Sie sich für ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder zum Aufwachsen
wünschen. Denn dann haben Sie eine Vorstellung davon, wie jedes Kind aufwachsen sollte und
jedes Kind hat das Recht darauf!
Dipl. Päd. Bakk. phil. Wolfgang Pfeifer,
Geschäftsführer
MA Susanne Meier,
Projektleitung Innsbruck