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Presseinformation
04.10.2016
Perfekte Ordnung am absoluten Nullpunkt
Forscherteam beobachtet erstmals Anzeichen von
Ferroelektrizität in Eis
Einem
Wissenschaftsteam
der
Universität
Stuttgart
sowie
aus
Russland und Tschechien ist es gelungen, Wassermoleküle so in einen
Edelstein zu packen, dass erstmals Anzeichen von ferroelektrischer
Ordnung beobachtet werden konnte. Dies liefert einen wichtigen
Beitrag zum Verständnis der Physik des Wassers und eröffnet die
Perspektive, auch das Funktionieren von Proteinen und Zellen besser
zu verstehen. Das Fachmagazin Nature Communications berichtete
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darüber in seiner jüngsten Ausgabe.
Smaragde und Aquamarine sind Beryll-Edelsteine, die ihre faszinierenden Farben durch
unterschiedliche Verunreinigungen erhalten. Sie formen Nanometer große Röhren, die mit
Wassermoleküle gefüllt sind, welche bei tiefen Temperaturen Quantenphänomene zeigen und
Hinweise auf ferroelektrische Ordnung.
Wasser ist bei weitem nicht so klar, wie es erscheint. Obwohl Wasser im
täglichen Leben als Eis, Flüssigkeit und Dampf allgegenwärtig ist,
obwohl es wissenschaftlich in jedem Detail so intensiv untersucht wird
wie kein anderer Stoff auf der Erde, ist seine Physik bisher keineswegs
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verstanden. Warum Wasser zum Beispiel erst bei 100 Grad Celsius
kocht, kann man nur mit Hilfe der Quantenmechanik erklären: Der Grund
dafür
sind
die
starken
elektrischen
Felder
durch
die
beiden
Wasserstoffatome am Sauerstoff in H2O.
Selbst im kristallinen Eis bilden die elektrischen Dipole keine Ordnung.
Das bedeutet, dass Eis entgegen aller einfachen Modelle nicht
ferroelektrisch ist. Und dies gilt nicht nur für normales Eis, welches als
hexagonales Eis Ih bezeichnet wird, sondern auch für 15 weitere
Formen, die meist nur unter extremen Bedingungen im Labor oder auf
den Planeten und Monden unseres Sonnensystems beobachtet werden.
Brücken, die durch Wasserstoffbindungen zwischen benachbarten
Wassermolekülen gebildet werden, verhindern dies.
Dem Team aus Russland, Tschechien und Deutschland gelang es nun,
Wassermoleküle so in einen Edelstein zu packen, dass erstmals
Anzeichen von ferroelektrischer Ordnung beobachtet wurde. Hierzu
verwenden
sie
Beryll-Kristalle:
eine
Familie
von
natürlich
vorkommenden Mineralen, von denen der Smaragd mit seiner
faszinierenden grünen Farbe der bekannteste ist.
Isoliert, aber zu spüren
In den Nanoröhren der Kristalle sind einzelne Wassermoleküle
eingelagert, die so weit voneinander isoliert sind, dass sie keine
Wasserstoffbrücken mehr bilden können, aber doch nah genug, um sich
elektrisch zu spüren. Mittels optischer Untersuchungen in einem weiten
Spektralbereich vom infraroten, über THz-Frequenzen bis hin zu
Radiowellen, konnten die H2O Moleküle direkt beobachtet werden. Man
erkannte, dass die elektrischen Dipole sich alle ausrichten, wenn die
Temperatur bis nahe dem absoluten Nullpunkt von -273 Grad Celsius
abgesenkt wird. Lediglich Quantenfluktuationen verhindern die perfekte
ferroelektrische Ordnung der Wassermoleküle.
Von Biologie bis Speichermedien
Die Physiker vermuten, dass die Ferroelektrizität dieser isolierten
Wassermoleküle auch in biologischen Systemen eine wichtige Rolle
spielt. „Vielleicht gelingt es uns jetzt besser, das Funktionieren von
Proteinen und Zellen zu verstehen, die elektrische Impulsübertragung
mittels der Protonen in Nerven“, hofft Prof. Martin Dressel vom
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1. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart. Möglicherweise
könne man diese Prinzipien nun in Brennstoffzellen und Datenspeichern
anwenden, in Lichtquellen und anderen elektronischen Bauteiler auf der
Nanometer-Skala.
*Originalpublikation: Boris Gorshunov et al., Martin Dressel: Incipient
ferroelectricity of water molecules confined to nano-channels of beryl,
Nature Communications 7, 12842 (2016)
http://www.nature.com/ncomms/2016/160930/ncomms12842/full/ncomms1
2842.html
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Martin Dressel, Universität Stuttgart, 1. Physikalisches Institut
Tel.: 0711-685 64946, Email: [email protected]
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