Oktober 2016 - Bank Gutmann AG

Gutmann Investment Mail – Oktober 2016
Das Elend der Inflationssteuerung
Während das Federal Reserve System (kurz FED genannt) in Amerika sich im September
noch immer nicht dazu durchgerungen hat den Leitzinssatz zu erhöhen, aber in ihren
Aussagen eine Erhöhung im Dezember andeutet, hat sich am anderen Ende der Welt die
japanische Notenbank wieder einmal etwas Neues einfallen lassen.
Um in ihrem scheinbar ewigen Kampf die Inflation nach oben zu treiben, zielt die Bank of Japan
(BoJ) darauf ab, die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen nicht nur wie bislang durch Anleihekäufe
zu steuern, sondern kommunizierte nun ein Renditeziel von null Prozent. Dazu werden diese
Anleihekäufe so ausgeführt, dass die Rendite um dieses Renditeziel gehalten wird. Um dies zu
erreichen wird das japanische Quantitative Easing (QE) Programm dahingehend adaptiert, dass die
Käufe von Anleihen in Zukunft flexibler gestaltet werden können und je nach Rendite monatlich
variieren werden. Über das Jahr verteilt ist geplant, die Käufe mehr oder weniger in der
gegenwärtigen Höhe (80 Billionen Yen) zu tätigen.
Weiters kommt die explizite Verpflichtung hinzu, das definierte Inflationsziel von zwei Prozent
schnellstmöglich zu überschreiten. Bislang konnte die Notenbank dieses Inflationsziel in der
Vergangenheit trotz aller Anstrengungen nicht erreichen. Diese Verpflichtung, auf ein
Überschießen der Inflation hinzuarbeiten, bedeutet eine expansive Geldpolitik, bis dieses Ziel
erreicht wird: also eine nochmalige Forcierung der bereits vorhandenen quantitativen und
qualitativen Lockerung.
Der Ansatz der neuen Maßnahmen ist interessant, denn die BoJ versucht die Zinskurve direkt zu
kontrollieren. Auf diese Weise sollen die Nebenwirkungen der bisherigen Geldpolitik zumindest
gemildert werden. Banken, Pensionskassen und Versicherungen sind auf eine steilere
Zinsstrukturkurve angewiesen, als dies derzeit der Fall ist. Auch für Sparer ist es – sogar bei
langfristigen Investments – schwieriger, Vermögen aufzubauen. Früher, als es noch
lehrbuchmäßige, klassische Zinskurven gab, konnten sich insbesondere Banken Geld kurzfristig
leihen und dann höher verzinst langfristig an Firmen oder Häuslbauer weitergeben. Aus dieser
Spanne entstand ein Gewinn. Diese Zinserträge gibt es in einer Welt mit einer flachen Zinskurve
kaum mehr und für japanische Banken wird es zunehmend schwieriger.
Deshalb wird nun quasi per Erlass die Zinsstrukturkurve versteilert. Die BoJ startet mit diesem
neuen langfristigen Zinsziel eine weitere Stufe der Intervention. Einige Marktteilnehmer sprechen
gar vom Einstieg in eine monetäre Planwirtschaft. Erster Effekt nach Bekanntgabe der Maßnahme
war ein kräftiger Anstieg der Banktitel.
Für das Anleihemanagement bedeutet die neue Maßnahme zunächst eine gewisse Stabilität, denn
prinzipiell werden die Marktteilnehmer der Notenbank glauben. Andererseits werden alle
Handlungen und Aussagen der BoJ noch stärker in den Mittelpunkt rücken, da sie jetzt die gesamte
Zinskurve direkt beeinflusst und ihre Dominanz weiter stärkt. Diese Abhängigkeit wird im Vorfeld
bei jeder Zentralbanksitzung zu Spekulationen führen, ob und wie die Zentralbank ihr Renditeziel
verändert.
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Was bedeutet dieser neue Ansatz der sogenannten Yield Curve Control für
die Zukunft?
Tatsache ist, dass die BoJ immer schon ein kreativer Trendsetter der Notenbankpolitik war. Sie
waren die Ersten mit einem Leitzinssatz von null Prozent, sowie ausgedehnten
Anleihekaufprogrammen. Klar ist auch, dass flache Zinskurven kein rein japanisches Problem sind
und die Notenbanker dieser Welt genau hinschauen werden, was die neue Vorgabe bewirkt. Der
Präsident der EZB hat zwar die Anleger im September enttäuscht, da er keine Änderungen des
Kaufprogramms verkündet hatte, aber ebenso angekündigt, dass eine interne Arbeitsgruppe die
Parameter des Kaufprogramms überarbeiten wird. Es ist zu erwarten, dass im Dezember die
Erkenntnisse dieser Gruppe auf den EZB-Entscheid Einfluss nehmen. Eine Yield Curve Control
wie in Japan wird die EZB wohl in den nächsten Monaten nicht anstreben.
Die meisten Beobachter gehen dennoch davon aus, dass die Zentralbank das Kaufprogramm um
sechs Monate verlängern wird. Interessant wird die allgemeine Reaktion auf die kommenden
Inflationsraten sein. Wir haben uns schon sehr an Inflationsraten nahe bei Null gewöhnt, doch
aufgrund des Wiederanstiegs des Ölpreises (die Tiefs lagen im Jänner und Februar) ist in den
kommenden Monaten mit einer verhalten steigenden Rate zu rechnen. Wir gehen davon aus, dass
nicht alle mit einer Rückkehr moderater Inflation in der Eurozone rechnen.
Längerfristig höhere Inflationsraten können jedoch einzig durch die Umsetzung der notwendigen
Strukturreformen erreicht werden. Nur Reformen können die grundlegenden, strukturellen
Schwächen der Eurozone beseitigen, Wachstum generieren und höhere Zinsniveaus ermöglichen.
Geldpolitik als einziger Antrieb für eine Erholung der Wirtschaft kann nicht funktionieren, selbst
wenn die Notenbanken noch so kreativ werden und die Politik dazu verleitet wird, sich darauf
auszuruhen.
Autor
Mag. Clemens Hansmann
Tel.: +43-1-502 20-390
[email protected]
Mag. Clemens Hansmann ist seit September 2010 als
Rentenfondsmanager der Gutmann KAG tätig. Er hat
Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien studiert. Vor
seiner Tätigkeit in der Gutmann KAG war er im Investmentbanking
Midoffice bei einer russischen Bank tätig.
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