Kundus, Kundus und kein Ende

Kundus, Kundus und kein Ende
Verbrecherkrieg in Afghanistan muss sein Nürnberg finden
Autor: U. Gellermann
Datum: 06. Oktober 2016
Die Kriegsberichterstatter in den deutschen Regionen sind von Obama echt
enttäuscht: Der müsste doch härter gegen die Russen auftreten! Da muss doch
militärisch was möglich sein, so lautet es in den verschwiemelten
Kommentaren. Bald, ganz bald wird der deutsche Journalismus aber das
Syrien-Problem selbst lösen! Immerhin gibt es im Strafgesetzbuch den § 80a,
der das Aufstacheln zum Angriffskrieg ahndet. Doch nie wird einer der
Schreitisch-Mörder angeklagt, noch findet der seit 15 Jahren andauernde
völkerrechts- und grundgesetzwidrige Krieg in Afghanistan seine Richter.
Formaljuristisch könnte sich das ändern: Seit langem schmort im
Rechtsausschuss des Parlamentes ein Gesetz, das die Führung eines
Angriffskriegs unter Strafe stellen soll.
Wie die öffentlichen Reaktionen auf die jüngsten Kämpfe in Kundus zeigen,
haben weder Medien noch Offizielle ein Unrechtsbewusstsein: Die Taliban, die
in diesem Land zu Hause sind, gelten als die Terroristen. Die NATO-Koalition
der ?Mission Resolute Support?, die fremden Truppen, deren Mandate so
fadenscheinig sind wie die Begründungsreden ihrer Politiker, gelten nur als
brave Helfer der afghanischen Regierung. Das ist eine Regierung, deren
Legitimität ebenso zweifelhaft ist wie ihre Haltung zur Scharia, die als Teil des
afghanischen Rechts fest verankert ist: Frauensteinigung ist gesetzestreu. Die
braven ausländischen Helfer sind die wahren Herren Afghanistans, und sie sind
selbstverständlich Aggressoren. Erst jüngst starben afghanische
Regierungs-Polizisten im Bombenhagel der US-Luftwaffe. Im September
erwischte eine US-Drohne afghanische Zivilisten. Und strahlend meldete
ZDF-heute: ?Luftangriffe auf Taliban-Stellungen haben sich als erfolgreich
erwiesen.?
Wer weiß, wer will schon etwas vom ?Bagram Airfield? wissen? Das ist der
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Name des US-Army-Hauptquartiers in Afghanistan. Nur 70 Kilometer von der
Hauptstadt Kabul entfernt sind all die glänzenden Mördermaschinen startbereit,
die den Himmel über Afghanistan in eine US-Todeszone verwandelt haben:
Erdkampfflugzeuge des Typs A-10 Thunderbolt II sind dort zu bewundern und
auch Kampfjets vom Typ F-15E Strike Eagle. Erstklassige Mörderdrohnen zur
gezielten Exekution von vermeintlichen Terroristen ergänzen das Ensemble.
Doch vom Höhepunkt der modernen US-Zwingburg ist noch weniger zu lesen
oder zu hören: Die USA unterhalten dort ein Foltergefängnis der
Guantanamo-Klasse, das inzwischen angeblich den afghanischen Behörden
unterstellt ist. Die allerdings sind letztlich den amerikanischen Besetzern
unterstellt.
War nicht mal vom Abzug die Rede? Noch immer haben die USA rund 10.000
Soldaten in Afghanistan stationiert, flankiert von mehr als 30.000 privaten
Dienstleistern mit dubiosen Aufgabenstellungen. Und von Abzug redet niemand
mehr. Rund 1.000 Bundeswehr-Soldaten sind als ?Berater? im Südosten von
Kundus stationiert. Über die berichtete jüngst die TAGESSCHAU anläßlich des
neuesten Taliban-Angriffs, als ginge es um einen Wandertag: ?Wie die
Bundeswehr den Angriff erlebt?. Da bleibt es nicht aus, dass der Kommandeur
der deutschen Einheiten in Nordafghanistan, Brigadegeneral Hartmut Renk, im
Plauderton zitiert wird: ?Die Zivilbevölkerung wird von den Terroristen
gnadenlos als menschliches Schutzschild genutzt?. Als was mögen ihm die
afghanischen Zivilisten gelten, die von den fremden Truppen im eigenen Land
beherrscht werden?
Nun hat das Bundeskabinett tatsächlich einen Gesetzentwurf zur Strafbarkeit
des Angriffskriegs beschlossen. Dass Politiker und Bundeswehrführung, die seit
Jahren in Afghanistan das Völkerrecht brechen, zur Verantwortung gezogen
werden, ist kaum zu hoffen. Und doch würde ein solches Gesetz, vom Parlament
beschlossen, die politische Diskussion um den Verbrecherkrieg in Afghanistan
neu beleben. Die Kriegsverbrechen am Hindukusch müssen ihr Nürnberger
Tribunal finden. Dann würden sich sicher auch jene Verantwortliche
verantworten müssen, die den deutschen Tornado-Einsatz über Syrien
befehlen. Ein Einsatz, der Tag für Tag Zielkoordinaten für einen Bombenkrieg in
einem fremden Land liefert, das dem Einsatz nicht zugestimmt hat. Ein Einsatz,
der also Teil eines Angriffskrieges ist. Da hätten die deutschen
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Kriegsberichterstater was zu berichten.
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