Österreich sucht das Super-Pils

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Bier
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Bier
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Pils-Cup
Alexander Grübling
Pils-Cup
Die Braumeister-Jury des ÖGZ-Pilscup: 1. Reihe (v. l.): Heinz Wasner
(Zwettler), Matthias Schnaitl (Schnaitl), Christian Mayer (Zipfer), Juryvorsitzender Günther Seeleitner (Kaltenhausen). 2. Reihe: Raimund Linzer (Hirter), Michael Moritz (Baumgartner), Ludwig Mühlhofer (Stiegl),
Johannes Bauer (Eggenberger), Christoph Scheriau (Raschhofer), Andreas Urban (Schwechater). 3. Reihe: Markus Führer (Gablitzer), Reinhard Bayer (Schlägl), Gerhard Hörandtner (Rieder), Tobias Frank (Ottakringer), Ewald Pöschko (Freistädter).
Würdiger Rahmen im Brauereiverband: der große Besprechungsraum. Hochkonzentriert gingen die Schülerinnen und Schüler der Hertha-Firnberg-Schule für
Wirtschaft und Tourismus ans Werk. Konzentration war auch das Stichwort für die Jury: Ein gutes Pils offenbart seine Schönheit nicht immer auf Anhieb.
Österreich sucht das Super-Pils
Info
Worauf es bei
klarerweise an Nuancen Unterschiede
zwischen den verschiedenen Proben
– und bewerten dies natürlich auch
subjektiv. Beispiel: Wenn ein Pils laut
Sortenbeschreibung eine mittlere bis
hohe Karbonisierung aufweisen sollte,
dann gibt es freilich einen Spielraum
für jedes Jurymitglied. Dem einen gefällt eine deutliche Rezenz („Kohlensäure“) beim Pils, den anderen stört
Geruch: Blumig oder
würzig ausgeprägte, feine
Hopfenaromen.
Aussehen: Strohgelb bis leicht
golden, klar, cremige und lang
anhaltende weiße Schaumkrone.
Geschmack: Spritzig rezent,
bitter, mit einem trockenen bis
halbtrockenem Abgang.
Hopfenbittere dominiert den
Geschmack.
Mundgefühl: Schlanker
Körper, mittlere bis hohe
Karbonisierung.
Gesamteindruck:
Spritziges, erfrischendes Bier.
Stammwürze: 11,0 – 12,4°P
Alkohol: 4,4 – 5,2 %Vol.
Freistädter
Schwechater Brauerei
einem Pils ankommt
Hirter
Andreas Urban,
Zipfer
Baumgartner
Die Detailergebnisse aus der Blindverkostung offenbaren spannende
Einblicke in die Welt der Pils-Biere
nach deutscher Brauart aus Österreich: „Mehrheitlich waren die Pilsbiere qualitativ okay, beziehungsweise
drei Biere für mich im oberen Bereich
angesiedelt“, analysiert Andreas Urban, Braumeister der Brauerei Schwechat. Wenn ein Braumeister „qualitativ okay“ sagt, dann handelt es sich in
der Regel um ein fehlerfreies Bier, das
man Gästen getrost servieren kann –
und das trifft in jedem Fall auf alle teilnehmenden Biere zu. Profis erkennen
sie vielleicht sogar. Das ist klarerweise
Geschmackssache. In einzelnen Kategorien, wie etwa Bittere oder Aussehen
gibt es bei den Bewertungen keine großen Unterschiede. Größere Schwankungen in den Resultaten treten etwa
bei Aroma und Geschmack zutage.
Für die beteiligten Braumeister war
der Bier-Cup eine interessante Erfahrung. Deshalb hat die ÖGZ bereits mit
der Planung eines Bier-Cups 2017 (mit
einem anderen Bierstil) begonnen.
Mitmachen würden alle gerne wieder,
allerdings ist ein Punkt von besonderer Bedeutung: die Besetzung der Jury.
Günther Seeleitner: „Wichtig wäre mir,
dass wieder qualifizierte Verkoster teilnehmen – das erscheint mir wegen der
Beurteilung im Hinblick auf eine Typgerechtigkeit eines Bieres sehr wichtig
zu sein.“ Das sieht auch Andreas Urban
so: „Ich komme gerne wieder!”
Raschhofer
Ergebnisse
„Mehrheitlich waren die
Biere qualitativ okay.
Drei Biere waren für mich
im oberen Bereich
angesiedelt.“
Eggenberg
anschließend zeitnah serviert werden
mussten (15 Verkoster mit je fünf Proben). Denn es müssen klarerweise aus
Fairnessgründen für alle Biere dieselben Voraussetzungen herrschen.
Rieder
Reininghaus
Stattgefunden hat der Biercup im Verband der Brauereien Österreichs. Die
Hausherren waren perfekte Gastgeber, stellten den großen Besprechungsraum zur Verfügung und unterstützten
die ÖGZ bei Vorbereitung und Ablauf
sowie den Juryvorsitz bei der Auswertung der Bewertungsbögen nach der
Verkostung. Großer Dank gebührt auch
der Hertha-Firnberg-Schule für Wirtschaft und Tourismus. Sie unterstützte
den Pilscup, indem sie elf Schülerinnen und Schüler samt Lehrer ins Rennen schickte. Die Gruppe agierte hochprofessionell und fehlerfrei: Die Biere
wurden von der Jury blind verkostet, es
galt also, mehrere Proben weitgehend
gleichzeitig zu servieren – ohne dass es
zu Temperaturschwankungen kommt.
Was beispielsweise bei einem Durchgang mit fünf Proben bedeutet, dass 75
Gläser gleichzeitig ausgeschenkt und
Ottakringer
Punkte (perfekte Qualität für den Typ)
waren zu vergeben, die einzelnen Kategorien waren unterschiedlich gewichtet.
Das größte Gewicht hatte dabei
das Aroma mit einem Faktor von 2,5.
Das bedeutet, dass ein Bier maximal
25 Punkte in der Kategorie Aroma erreichen konnte. Aussehen (max. 10
Punkte), Geschmack (max. 20), Bit-
Braumeister scheinen strenge Juroren
zu sein, denn keines der eingereichten Biere hat die maximal erreichbare
Punktezahl geschafft. Das rührt auch
daher, dass es sich bei den Ergebnissen um errechnete Mittelwerte aus allen Jurybewertungen handelt. Einzelne
Juroren werden dem einen oder anderen Bier also schon die maximale
Punktezahl in der einen oder anderen
Kategorie zugebilligt haben, aber eben
nicht alle.
Was der Bierstil „Pils“ für einen
Braumeister bedeutet, bringt Juryvorsitzender Günther Seeleitner (Hofbräu
Kaltenhausen) auf den Punkt: „Es ist
wohl das Ziel jedes Braumeisters, seinem Pils ein schönes Hopfenaroma
mitzugeben. Und – wenn es gelingt –
ist es der Stolz eines jeden. Aber wir
alle wissen, dass es zu erreichen verdammt schwer ist und deshalb leider
so selten verwirklicht wird.“
Wären andere Ergebnisse herausgekommen, wenn in der Jury Biersommeliers gesessen wären? „Ich glaube
das nicht. Biersommeliers, die nicht
einen brautechnischen Ausbildungshintergrund haben, können zwar vielleicht nicht abschätzen, wie schwierig
es ist, ein schönes Hopfenaroma, deutliche aber trotzdem feine Bittere und
schlanken Körper in einem Bier zu vereinen. Aber ich denke sie können das
Besondere an einem Pilsbier erkennen.
Und auch schätzen. Insbesondere weil
es nicht allzu oft anzutreffen ist“, fügt
Seeleitner an.
Schnaitl
Hofbräu Kaltenhausen
Strenge, gerechte Jury
Mohren
Villacher
Grieskirchner
Dass Hopfen grundsätzlich nicht nur
zur Bitterung und zur Aromatisierung eingesetzt werden kann, sondern
auch die Vollmundigkeit, den Körper
Günther Seeleitner,
tere (max. 15), Mundgefühl (max.10)
waren entsprechend weniger gewichtet, beim Gesamteindruck waren maximal 20 Punkte zu vergeben.
Zwettler
Hopfen macht Körper
„Ein Pils mit einem
schönen Hopfenaroma
ist der Stolz eines jeden
Braumeisters.“
Stiegl
Die Kunst eines hervorragenden PilsBieres liegt unter anderem darin, dass
es – vereinfacht gesagt – nach etwas
schmeckt, nicht wässrig wirkt. Aber
mit dem relativ geringen Alkoholgehalt von 4,4 bis 5,2 % (Stammwürze
11,0 bis 12,4°P) kann das durchaus passieren – weniger Malz bedeutet in der
Regel auch weniger Vollmundigkeit.
Ein Pils ist laut Definition ein helles, untergäriges Bitterbier mit guter
Schaumhaltbarkeit. Zum Vergleich:
Untergärig ist ein Helles oder ein
Märzen auch, aber es fällt meist nicht
durch ein feines Hopfenaroma auf.
bei (leichteren) Bieren unterstützen
kann, ist den meisten Konsumenten
vermutlich gar nicht bewusst. Apropos
Hopfung: Sie ist eines der wesentlichen Merkmale bei Pils nach deutscher
Brauart und spielt eine ganz entscheidende Rolle. Und deshalb gab es auch
bei unserem Pilscup für den Faktor
„Aroma“ die meisten Punkte zu holen.
Welche Leistung die Braumeister
und vor allem Juryvorsitzender Günther Seeleitner (Hofbräu Kaltenhausen) bei der Auswertung erbracht haben, ist beachtlich: 16 Biere wurden
blind verkostet, die Proben waren codiert, also nicht nummeriert. 15 Jurymitglieder bewerteten die Proben in
fünf Kategorien (Aussehen, Aroma,
Geschmack, Bittere, Mundgefühl), und
sie gaben zusätzlich eine Note für den
Gesamteindruck (siehe Tabelle unten).
0 Punkte (gar nicht getroffen) bis 10
Schlägl
Fortsetzung von Seite 1
Aussehen 8 76 8 98 9
8 84 98 9
Aroma
1517
10
19
17
16
2117 17
15 131319181817
Geschmack14
Bittere
11 10
9
9
9
16151414
1213
8
15
13
14
1614 13
10 88 12111111
910
8
11
11
10
1210 10
Mundgefühl7
5
5
8777
67
4
8 7 7 77 7
Gesamteindruck13
10
11
16151515
1314
8
15
14
14
1614 14
Alle Proben wurden blind verkostet. Die Proben wurden in fünf Kategorien (Aussehen, Aroma, Geschmack, Bittere, Mundgefühl) bewertet. Zusätzlich gab es eine Note für den Gesamteindruck. Die Gewichtung der Kategorien:
Aussehen 1 / Aroma 2,5 / Geschmack 2 / Bittere 1,5 / Mundgefühl 1 / Gesamteindruck 2; gefettet die Höchstwerte. Bei den Punkten in der Tabelle handelt es sich um errechnete, gerundete Mittelwerte aus allen Bewertungen.