AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG Gruppe Landesamtsdirektion Abteilung Landesamtsdirektion/Verfassungsdienst 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1 Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, 3109 Bundesministerium für Inneres Herrengasse 7 1010 Wien Beilagen LAD1-VD-14104/055-2016 Kennzeichen (bei Antwort bitte angeben) - E-Mail: [email protected] Fax 02742/9005-13610 Internet: http://www.noe.gv.at Bürgerservice-Telefon 02742/9005-9005 DVR: 0059986 Bezug BearbeiterIn (0 27 42) 9005 Durchwahl Datum BMI-LR1330/0013III/1/c/2016 Dr. Wolfgang Koizar 12197 03. Oktober 2016 Betrifft Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung der Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit; Begutachtung; Stellungnahme Die NÖ Landesregierung nimmt zum Entwurf einer Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung der Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit wie folgt Stellung: Ergänzend zur Begründung gemäß § 36 Abs. 2 Asylgesetz 2005 wird in Bezug auf Niederösterreich ausgeführt: 1. Zur Schaffung von zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten: Die letzten Informationsveranstaltungen im Zusammenhang mit der Planung bzw. Öffnung neuer Flüchtlingsquartiere hat gezeigt, dass sich infolge der Flüchtlingswelle 2015/2016 die Stimmung in vielen Gemeinden derart verschlechtert hat, dass es nahezu nicht mehr möglich ist, friktionslos und ohne Widerstand der Bevölkerung neue Quartiere zu eröffnen. Niederösterreich versorgt derzeit ca. 15.000 hilfsbedürftige Fremde in der Grundversorgung. Schon die Schaffung von mehr als 1.000 neuen Quartierplätzen muss als nicht möglich bewertet werden, ohne hier in den Gemeinden -2auf massivsten Widerstand zu stoßen. Das heißt, jede kleinere Flüchtlingswelle, die die Schaffung von mehr als 1.000 neuen Quartierplätzen erfordern würde, brächte das Land Niederösterreich unterbringungstechnisch in enorme Schwierigkeiten. Würde eine neue Welle wie im Herbst 2015 kommen, müsste Niederösterreich 10.000 neue Unterbringungsplätze schaffen. 2. Entwicklung der Zahlen – Sicherheitslage: Im Jahr 2013 wurden in Niederösterreich 2.600 Asylwerber versorgt. Derzeit sind es schwankend zwischen 14.000 – 15.000 Asylwerber. Zur Bewältigung des Versorgungsund Verwaltungsaufwandes mussten bei der Koordinationsstelle für Ausländerfragen und bei den Bezirksverwaltungsbehörden die personellen Strukturen verdreifacht werden. Insofern sind die zuständigen Behörden in diesem Zusammenhang auch verwaltungstechnisch an die Grenze gestoßen. Während der Spitze der Flüchtlingswelle konnten Flüchtlinge teilweise nicht mehr untergebracht werden und waren obdachlos bzw. konnten Anträge nicht mehr bearbeitet werden. Sollte abermals eine neue Welle an unterzubringenden Flüchtlingen auf Niederösterreich zukommen, ist jedenfalls wieder mit obdachlosen Flüchtlingen zu rechnen. Es ist zu beachten, dass obdachlose mittellose Flüchtlinge eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Die Steigerung von 2.600 auf 15.000 versorgten Flüchtlingen birgt an sich schon eine angespannte Situation im Sicherheitsbereich. 3. Öffentliche Gesundheit: Sollte es abermals zu einer größeren Anzahl an obdachlosen Asylwerbern kommen, dann wird in diesem Zusammenhang auch wieder die Situation eintreten, dass diese Personen im Zuge der Erstasylantragstellung keinerlei Gesundheitschecks unterzogen werden. Daher wäre damit zu rechnen, dass, wie im Zuge der ersten Flüchtlingswelle, wieder tausende erwachsene aber auch schulpflichtige Asylwerber nicht auf ansteckende Krankheiten untersucht werden. -34. Budget – Prognosen: Im Jahr 2013 betrugen die Kosten für die Grundversorgung in Niederösterreich ca. 30 Mio. €. Für das Jahr 2016 wurden 54 Mio. € prognostiziert. Tatsächlich werden in Niederösterreich dafür Kosten in Höhe von 115 – 120 Mio. € anfallen. Für das Jahr 2017 wurden 115 Mio. € budgetiert. Sollte auf Österreich und somit auch auf Niederösterreich nochmals eine kleinere Flüchtlingswelle zukommen, ist mit einer Steigerung der Grundversorgungskosten auf bis zu 150 Mio. € zu rechnen. Es wird in diesem Zusammenhang gefordert, dass die Aufwendungen des Landes durch den Bund abgegolten werden. 5. Minderjährige Fremde: Niederösterreich hat im Jahr 2013 ca. 200 unbegleitete minderjährige Fremde (umF) versorgt. Im Laufe des Jahres 2015 wurden die Betreuungsplätze für diese Personengruppe von ca. 250 auf 1.000 vervierfacht – zur Schwierigkeit der Schaffung weiterer Plätze im Falle einer neuen Flüchtlingswelle siehe oben. Derzeit (Stand: Ende September 2016) werden rund 1.000 umF, welche zum Asylverfahren zugelassen sind, versorgt. Neben den enormen Kosten ist auch die Versorgungslage um die umF besonders schwierig. Die laufenden Berichte über Vorfälle bei und um die umF sind evident. Hinzu kommt die Entwicklung, dass immer mehr Fälle von umF auftreten, bei denen die Betreuung besonders schwierig ist (schwersttraumatisierte umF). Darüber hinaus sind in Niederösterreich rund 4.000 begleitete Minderjährige (Stand: Ende September 2016) aufhältig, für welche auch entsprechende Kindergarten- und Schulplätze vorgesehen werden müssen. Im Jahr 2015 wurden rund 350 Flüchtlingskinder in NÖ Landeskindergärten betreut, was zu zusätzlichen Gesamtkosten in der Höhe von ca. 1 Mio. € für das Land Niederösterreich geführt hat. Für das Jahr 2016 ist festzuhalten, dass derzeit (Stand Ende September 2016) bereits 1.000 Flüchtlingskinder in den NÖ Landeskindergärten betreut und gebildet werden. Ebenso ist mit einer erheblichen Kostensteigerung im Bereich der Schulen zu rechnen. -4- 6. Kosten in der Mindestsicherung: Die Ausgabensteigerung bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird wie folgt dargestellt: Jänner - Juli 2016 Jänner - Juli 2015 Ausgaben BMS für Asylberechtigte 10.633.564,15 4.836.313,80 Juli 2016 Juli 2015 Anzahl BedarfsAnzahl Personen gemeinschaften 1.789 5.096 839 2.557 Das heisst, dass die auf die Flüchtlingswelle zurückzuführenden Ausgaben für die bedarfsorientierte Mindestsicherung für Asylberechtigte im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem selben Zeitraum 2015 um ca. 5,8 Mio. € angestiegen sind. In diesem Zeitraum erhöhte sich auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften um 950 und der Mindestsicherung beziehenden Personen um 2.539 Personen. 7. Kosten in der Wohnungsförderung: Im Jahr 2015 wurden rund 26.000 Anträge auf Wohnbeihilfe und Wohnzuschuss gestellt mit einem Fördervolumen von 51 Mio. €. Es wird bis Ende 2016 mit rund 7.000 Asylberechtigten gerechnet, die bedarfsorientierte Mindestsicherung erhalten. Sofern 2000 Asylberechtigte in geförderten Wohnungen leben werden und aufgrund der bedarfsorientierten Mindestsicherung das höchste Ausmaß an Wohnbeihilfe bzw. Wohnzuschuss zuerkannt wird, ergibt sich ein Mehrbedarf von ca. 10%, somit eine Mehrbelastung von ca. 5 Mio. €. Zu den durch den Entwurf entstehenden Kosten wird darauf hingewiesen, dass – je nach Umsetzung der Verordnung in der Praxis (ob Ungarn bereit ist, zurückgeschobene Fremde -5aus Österreich zu übernehmen) – es zu einer erheblichen zusätzlichen Anzahl von Verfahren vor dem Verwaltungsgericht – u.a. Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Anhaltung gemäß § 39 FPG 2005 (§ 82 Abs. 2 FPG 2005) mit einer kurzen Entscheidungsfrist von einer Woche – kommen wird. Dies führt dann auch zu einem erheblichen Mehraufwand für das Land Niederösterreich. Es wird daher die Abgeltung der Kosten durch den Bund gefordert. NÖ Landesregierung Im Auftrag Dr. S e i f Landesamtsdirektor Dieses Schriftstück wurde amtssigniert. Hinweise finden Sie unter: www.noe.gv.at/amtssignatur
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