planung AGILE FM-KONZEPTE FÜR BETRIEBSLIEGENSCHAFTEN Die Empfehlung SIA-113 «FM-gerechte Bauplanung und Realisierung» und die EN 15221 eignen sich bestens als Grundlage für die Implementierung von agilen FM-Konzepten. Unter gewissen Voraussetzungen. Text: Felix Graf* triebsliegenschaften oder sogenannten nutzungsorientierten Liegenschaften. Bei Büro- und Verwaltungsbauten, Einkaufszentren, Spitälern, Schulen, Industriebauten und ähnlichen ist es Aufgabe des FM, Eigentümer und Nutzer so zu unterstützen, dass die bauliche Infrastruktur und die Bewirtschaftungsprozesse dazu beitragen, die Effizienz des Kerngeschäfts zu optimieren. Dabei werden je nach Objekt und Nutzung zirka 20 bis 40 Prozent der anfallenden Betriebskosten durch das FM bewirtschaftet. Qualitäts- und Kostentransparenz sowie eine verursachergerechte Kostenverteilung sind Voraussetzungen für eine laufende Optimierung der Prozesse und Minimierung der Betriebskosten. FM positionieren Bild: Michael/Fotalia Wer die Sprache des Betriebes spricht, wird die richtigen Fragen stellen und erfolgsorientierte Prozesse einleiten können. B ald täglich erreichen uns Meldungen zur Digitalisierung im Bau. Neue Apps und Systeme werden vorgestellt, welche die Planungs-, Bau- und Bewirtschaftungsprozesse effizienter machen. Neben weitergehend automatisierten Arbeitshilfen kommen neue Materialien und energetische Konzepte zum Einsatz, welche die Bewirtschaftung sowie den Energie- und Medienverbrauch in Bauten nachhaltig beeinflussen. Neue Produktionsmethoden, Arbeitswelten und damit verbundene Arbeitszeitmodelle, aber auch der Wertewandel und das Bevölkerungswachstum verändern den Flächenbedarf. Und wir sehen uns einer zunehmend komplexeren Regulierung ausgesetzt, welche es aus Sicht des Betreibers laufend zu verfolgen und zu 14 fmpro service 2| 2016 berücksichtigen gilt, beispielsweise in der Energie- und Hygienegesetzgebung und vielen anderen. All diese Entwicklungen – die Liste könnte beliebig verlängert werden – und der damit verbundene Wandel und sich rasch ändernde Marktbedingungen sind grosse Herausforderungen für Unternehmen und Betriebe und damit auch für das Facility Management (FM). Um diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können braucht es organisatorische Voraussetzungen um flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative auf die Zukunft ausgerichtet zu agieren. Öffentliche Verwaltungseinheiten und Betriebe, aber auch private Unternehmen, erarbeiten ihre Betriebsleistungen in Be- Aufgrund eines zunehmenden Kostendrucks durch den globalisierten Wettbewerb und fehlender Finanzen bei der öffentlichen Hand wird das Kerngeschäft und die Bewirtschaftung von Betriebsliegenschaften einer laufenden Optimierung unterzogen, was unter anderem auch zur Anstossung von Neu-, Umbau- und Sanierungsprojekten führt. Der Anstoss für Neubauprojekte erfolgt üblicherweise aus dem Kerngeschäft heraus, während Umbauprojekte sich über die Optimierung der Prozesse, den Werterhalt der baulichen Infrastruktur oder der Substitution von einzelnen Anlagen und Bauteilen ergeben. Planungs- und baubegleitendes FM (pbFM) Oft ist es nun so, dass beim Anstoss von Neubauprojekten ein Bauplaner beauftragt wird, der mit dem Nutzer, allenfalls unter Beiziehen eines auf das Kerngeschäft spezialisierten Beraters, die Anforderungen klärt und die Bedürfnisse an den Neubau aus Sicht der Nutzer definiert (Besucherströme, Flächenbedarf und Funktionsbeziehungen). Da das FM meistens noch nicht entsprechend der zu tragenden Verantwortung in der Geschäftsleitung (GL) des Nutzers vertreten ist, wird die Definition der bewirtschaftungsrelevanten Anforderungen in einer ersten Phase dem Bauplaner überlassen, zum Beispiel Layout-bezogen, in Sachen Zugänglichkeit zu instand zu haltenden Anlagen und Bauteilen, Putzräumen oder ähnlichem. Allenfalls werden der für den Unterhalt der Objekte Zuständige beigezogen und Vorgaben aus der Sicht der aktuellen Betriebsorganisation festgehalten. Dies führt dazu, dass in der Bauplanung und Realisierung die FM-Aspekte zu wenig oder nicht rechtzeitig berücksichtigt und dadurch fehlerhafte Entscheide gefällt werden, welche die Lebenszykluskosten (80 Prozent fallen nach der Erstellung an) nachhaltig beeinflussen und nur noch mit grossem Aufwand korrigiert werden können. Die Empfehlung SIA 113 FM-gerechte Bauplanung und Realisierung des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA sowie der Praxisleitfaden für die Empfehlung sind wertvolle Hilfsmittel für eine adäquate Implementierung des FM im Bauprozess, gemäss dem Leistungsmodell SIA 112. • Automatisierungsgrad, Systeme, BIM • Layout, Betriebliche Räume • Aufbau der Betreiberorganisation • FM-gerechte Daten und Dokumente • Begleitung Bauplanung und Realisierung • Betriebs- und Lebenszykluskosten Die definierten Vorgaben sind wichtige Grundlagen für die Evaluation der richtigen Bauplaner, aber auch für die Planung der Bewirtschaftung und für den Aufbau des Betriebs. Projektorganisation mit FM-Koordinator vorsehen Mit der Evaluation der Bauplaner und dem Aufbau einer Projektorganisation stellt sich die Frage, wie das FM in die Organisation eingebettet werden soll. Aufgrund von objektbezogenen Vorgaben für die Bewirtschaftung lässt sich ein FM-Planer in das Bauplanungsteam integrieren, was zu einem geringeren Koordinationsaufwand auf Seiten Eigentümer führt und durch die Nähe des FM-Planers zum Planungs- und Realisierungsteam eine ideale Voraussetzung tion der Bauplanung mit den Nutzern und dem FM (Bewirtschaftung) die Anforderungen und Vorgaben rechtzeitig in die Bauplanung und Realisierung einfliessen – und die Betriebsaufnahme mit den Nutzern (Betriebskommission) termingerecht geplant und umgesetzt werden kann. Im Rahmen der Planung der Bewirtschaftung koordiniert er mit den künftigen Betreibern (Nutzern) die Umsetzung der Vorgaben hinsichtlich den finanziellen Mitteln und Ressourcen, den Prozessen und Aufgaben, der Organisation sowie der Struktur und dem Management von Daten und Informationen – um schliesslich das abgenommene Objekt im Auftrag des Eigentümers in das Facility Management zu übergeben, welches einen nutzungskonformen und sicheren Regelbetrieb gewährleistet. Durch den Einsatz eines unabhängigen, dem Eigentümer und Nutzer verpflichteten FM-Koordinators wird die Voraussetzung für eine agile Betriebsorganisation geschaffen: FM-Vorgaben vor der Evaluation der Bauplaner definieren Das rechtzeitige Beiziehen eines externen, erfahrenen FM-Spezialisten bietet den Vorteil, dass bei der Definition der Nutzerbedürfnisse (Sicht Kernprozess) bereits die betrieblichen Aspekte hinsichtlich dem FM mit Aussensicht optimiert werden und zu einem effizienten, betriebskostenminimierten späteren Betrieb beitragen. Speziell sollten folgende Aspekte verifiziert werden und Vorgaben an die Planer definiert werden: • Grundsätzliche Prämissen • Auf Kerngeschäft ausgerichtete Anforderungen • Künftiges Betreibermodell • Leistungsplanung und -beschaffung • Ausschreibungsmodell • Relevante Prozesse • Kostenverrechnung • Logistik, Materialisierung • Safety und Security Bild: PSS Projects AG Betriebsliegenschaften: Nutzungs- und Betriebsführungskonzept gleichzeitig bearbeiten. für die Optimierung des Bauobjektes bietet. Die Integration des FM-Planers ins Planungs- und Realisierungsteam kann in der Praxis zu Zielkonflikten innerhalb des Teams führen. Diese werden erfahrungsgemäss oft zum Nachteil des FM bereinigt. Zu stark sind normalerweise die auf den kurzfristig erfolgreichen Projektabschluss fokussierten Interessen. Um solchen Zielkonflikten vorzubeugen empfiehlt es sich, den für die Definition der Vorgaben beigezogenen FM-Spezialisten mit der Koordination der FM-Belange zu beauftragen. Dieser überprüft die Ergebnisse der FM-Planung, identifiziert mögliche Zielkonflikte, unterstützt den Bauherrn und die Nutzer im Entscheidungsprozess und sorgt dafür, dass durch die Koordina- • Unabhängig von Besitzstandsüberlegungen kann zukunftsorientiert gehandelt und zur Überarbeitung von Bestehendem und damit zu mehr Effizienz beigetragen werden. • Aufgrund der gemachten Vorgaben kann im Rahmen von Planer-, Architektur-, und Gesamtleistungswettbewerben in der Jurierung mitgeholfen werden, die betrieblichen Aspekte zu beurteilen und die richtigen Entscheide zu treffen. • Bei Bedarf können periodisch FM-Audits durchgeführt werden und die Qualität der Umsetzung der Planung der Bewirtschaftung verifiziert werden. • Das mit der Reorganisation und Umsetzung von modernen FM-Betriebsführungskonzepten verbundene Change-Manage- fmpro service 2| 2016 15 ment, mit der nötigen Distanz begleitet, bietet eine gute Möglichkeit zur Entwicklung der Stamm-Betriebsorganisation (nicht der Stärkere innerhalb der Organisation gewinnt). Das Team wird einbezogen und geht motiviert an die neuen Herausforderungen heran. Gerade für die öffentliche Hand, wo Personalabbau und Auslagerung oft keine Themen sind, ergibt sich so die Gelegenheit, unabhängig von den aktuellen Möglichkeiten des vorhandenen Personals, innovative Entwicklungen in Gang zu bringen und damit die vorhandenen Ressourcen so wirkungsorientiert wie möglich eizusetzen. respektive einer Auftragserteilung vorangestellt werden. Nur wer die Anforderungen richtig und frühzeitig definiert, erhält auch das gewünschte Produkt und kann den Planungsprozess, im speziellen auch die ganz zentrale Layoutplanung, auf einen erfolgreichen Kurs bringen. Um auf und sollte. Dabei spielen die Kommunikation aber auch die Koordination des angereicherten Wissens wichtige Rollen. Wer frühzeitig die Sprache des Betriebs verstehen lernt, wird die richtigen Fragen stellen und erfolgsorientierten Prozesse einleiten können.» Bewährter Ansatz Der Expertenansatz im FM bewährt sich. Mauro Pausa, dipl. Architekt ETH und Projekt Manager beim Hochbauamt des Bauund Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt, sagt: «Erst die Kenntnisse über Betriebsabläufe ermöglichen die Konzeption von optimierten, prozessorientierten Layouts, die dem Kerngeschäft auch gerecht werden. Dabei gilt es, die zukünftigen Logistik- sowie Personenströme und ihre Anforderungen abzubilden. Mit einem phasengerecht erstellten Funktionsdiagramm sowie Nutzungs- und Betriebskonzept legt der Besteller die Basis für den Projekterfolg. Diese Anforderungen sollten zwingend einem Architekturwettbewerb, Bild: PSS Projects AG Aufbau einer agilen FM-Organisation. künftige Entwicklungen reagieren zu können, ist die Flexibilität nicht nur räumlich, sondern auch betrieblich im Voraus auszuloten. Damit sind primär nicht fertige Lösungen gefragt, sondern Strategien, die Potenziale und Spielfelder eröffnen, innerhalb denen sich die Planung bewegen darf * Felix Graf dipl. Ing. FH, Geschäftsführer PSS Projects AG, Immobilien- & Facility Management Consulting, Basel. Anzeige Kompetent dank Weiterbildung Für die bevorstehende Prüfung wünschen wir den Absolventen des Kurses «BP Instandhaltungsfachleute» viel Erfolg! Hintere Reihe v.l.n.r.: Grimm Andreas, Loosli Brian, Kunz Viktor, Glauser Matthias, Kölliker Daniel, Friedli Alain, Scheidegger Lukas, Bolliger Daniel, Lörtscher Beat, Kiener André, Abgottspon Daniel, Fischer Marc Vordere Reihe v.l.n.r.: Röthlisberger Ivan, Bieri Mathias, Schneider Patrik, Burri Peter, Bachmann Reto, Garcia Gerson, Hess Daniel, Fischbach Fabian, Roth Oliver, Wyss Thomas Wir bringen auch Ihre Karriere in Schwung; unter <http://www.gibb.ch> www.gibb.ch <http://www.gibb.ch> <http://www.gibb.ch> finden Sie weitere Informationen zu unseren Kursangeboten. 16 fmpro service 2| 2016 GEWERBLICH-INSDUSTRIELLE BERUFSSCHULE BERN
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