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30.09.2016 - Rechtsanwlte Mller | Schell
Die Mr von verdeckten Mngeln am Bau
Weder BGB- noch VOB-Werkvertragsrecht kennen den verdeckten Mangel, der zu einer verlängerten
Verjährungsfrist für Mängelansprüche führen soll. Grundsätzlich gilt: Mängelansprüche beim BGBWerkvertrag verjähren in 5 Jahren und beim VOB-Bauvertrag in 4 Jahren, jeweils gerechnet ab Abnahme
der Leistung. Ausnahmen gelten nur dann, wenn ein Mangel arglistig verschwiegen wurde oder die
Grundsätze des Organisationsverschuldens greifen.
Eine Chance hat der Bauherr grundsätzlich noch, wenn es an einer Abnahme fehlt oder diese zumindest
auftragnehmerseits nicht bewiesen werden kann. Jüngere Entscheidung des BGH und darauf beruhende
obergerichtliche Entscheidungen sprechen dafür, dass, solange das Werk nicht abgenommen ist, auch
diese 5- bzw. 4-jährige Verjährungsfrist – zumindest für die oftmals praxisrelevanten
Schadensersatzansprüche wegen Mängeln des Architektenwerks – nicht zu laufen beginnt (vgl. hierzu
auch Müller, Verjährung von Ansprüchen wegen Mängeln beim Werkvertrag ohne Abnahme, Neue
Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht, 2015, Seite 337 ff.). Das bedeutet, dass oftmals auch nach
Ablauf der 4 bzw. 5 Jahre noch Mängelansprüche erfolgreich durchgesetzt werden können. Denn nur sehr
enge Ausnahmefälle rechtfertigen es, die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des
Auftraggebers auch ohne Abnahme beginnen zu lassen. Ein solcher Ausnahmefall liegt – insbesondere
bei den regelmäßig von Versicherungen gedeckten Ansprüchen gegenüber dem Architekten – nicht schon
dann vor, wenn die Architekten die Leistungsphase 9 der HOAI (Objektbetreuung, also z. B.
Überwachung von Gewährleistungsmängeln) am Ende im Sand verlaufen lässt. Dann ist er nämlich nicht
schutzwürdig.
Für die Architekten bedeutet das umgekehrt: Das Damoklesschwert der Haftung schwebt so lange über
Ihnen, solange sie es nicht selbst abhängen. Das können Sie z. B., indem Sie die Abnahme ihrer Leistung
nachweislich herbeiführen bzw. den Bauherren zur Abnahme seiner Leistung am Ende der
Leistungsphase 9 auch noch einmal ausdrücklich auffordern. Das ist ohne weiteres möglich, zumutbar
und aus juristischer Sicht dringend zu empfehlen.
Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinzuweisen: Auch der Auftraggeber kann sich
nicht in Sicherheit wähnen, wenn der Architekt es unterlässt, seine Honoraransprüche mittels
Schlussrechnung abzurechnen. So hat das OLG München aktuell entschieden (Urteil vom 24.03.2015 – 9
U 3489/14), dass Honoraransprüche des Architekten erst mit Übergabe der Schlussrechnung fällig
werden. Der Auftraggeber kann laut diesem Urteil selbst nach Ablauf von 15 Jahren nicht mit Erfolg
geltend machen, der Architekt hätte seine Honoraransprüche allein durch schlichtes Schweigen verwirkt.
Das gilt sogar nach Kündigung des Architektenvertrags. Natürlich gibt es auch hier Möglichkeiten,
auftraggeberseits Rechtssicherheit zu schaffen. Eine davon wäre, den Architekten unter Fristsetzung zur
Schlussrechnungsstellung aufzufordern.
Dr. Thomas Müller, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Diplom-Bauingenieur
http://www.apraxa.de/recht/bau-und-architektenrecht/717/die-maer-von-verdeckten-maengeln-am-bau