Die kleine Andacht in der Landeszeitung vom 26. September 2016

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Sonnabend, 24. September 2016 · Nr. 225
Ausreißerin
ist wieder da
Vor 25 Jahren
h
Dienstag, 24. September 1991
Boitze. Sie hat es 400 Kilometer
weit geschafft, glücklicherweise
ohne, dass ihr etwas passiert ist.
Ausreißerin Nikola aus Boitze ist
wieder da. Die Polizei berichtet,
dass sie per Rad und Anhalter zu
ihrer Großmutter nach Polen gereist ist. Die Eltern wollen das
Mädchen nun abholen. Wie berichtet, hatte die Polizei nach
dem Mädchen gesucht und war
davon ausgegangen, dass die Jugendliche, die erst vor wenigen
Monaten in das Dorf im Osten
des Landkreises gezogen war,
wieder in ihre Heimat wollte.
Aus einem neuen Landesprogramm erhalten jetzt 37 Städte
und Gemeinden in Niedersachsen insgesamt 32,4 Millionen
Mark für die Stadtsanierung. Die
Stadt Lüneburg und Kommunen
aus dem Landkreis allerdings
fehlen auf der Liste.
LG in
i Kürze
ü
■ Eine Lesung mit dem ausgezeichneten Kinderbuchautoren
Oliver Scherz beginnt heute,
Sonnabend, 16 Uhr in der Kinderund Jugendbücherei im Klosterhof. Er liest aus seinem Buch
„Wir sind nachher wieder da, wir
müssen kurz nach Afrika“. Eintritt: 1 Euro.
■ Die Stadtteilbücherei Kalten-
moor lädt ein zum Bilderbuchkino. Am Dienstag, 27. September, gibt es um 15 Uhr die Geschichte „Ein Jahr mit den
Schwalben“.
■ Freiwillige gesucht für Treffen
und Veranstaltungen, das ist das
Anliegen von Diakonin Antje
Stoffregen. Sie hat kürzlich im
Familienzentrum Plus angefangen und will den Bewohnern im
Stadtteil Angebote machen. Am
Dienstag, 27. September, treffen
sich Interessierte um 17.30 Uhr
im Familienzentrum, Am Weißen
Turm 9.
■ Die nächste Seniorenrechts-
beratung im Senioren- und Pflegestützpunkt an der Heiligengeiststraße findet am Mittwoch,
12. Oktober, statt. Der ursprünglich mit vorgesehene Termin am
28. September fällt aus.
■ Zum Erntedankfest treffen
sich die Lüneburger Landfrauen
am Sonnabend, 1. Oktober, um 16
Uhr in der Katharinengemeinde
in Embsen. Im Anschluss geht es
weiter zu einem Ernteschmaus
im Gasthaus Stumpf.
■ Am Sonntag, 2. Oktober, 19.30
Uhr gibt Andreas Loh ein SoloPiano-Konzert in der Yoga Connection. Am Montag, 3. Oktober,
folgt eine Master Class mit Andreas Loh. Das Konzert findet an
der Gaußstraße 16 statt, dort gibt
es auch Vorverkaufskarten.
Alaa Hassun (22, l.) will Elektriker werden, holte sich dazu Tipps von Jonas Gerdes (r.) und Carsten Brammer (2.v.r.) am Stand der Firma Clage. Foto: be
Perspektive für Flüchtlinge
Hunderte informierten sich beim Aktionstag der Arbeitsagentur bei 25 Betrieben
VON RAINER SCHUBERT
Lüneburg. Die Premiere übertraf
alle Erwartungen: Die Agentur
für Arbeit und das Jobcenter hatten einen Aktionstag „Perspektive Jobsuche“ speziell für
Flüchtlinge organisiert, bei denen die Betroffenen an Ständen
von 25 Arbeitgebern aus der Region Lüneburg Kontakte knüpfen und sich über mögliche Praktika, Ausbildungsplätze und Jobs
informieren konnten. Mehrere
hundert Flüchtlinge drängten
sich durchs Agentur-Gebäude An
den Reeperbahnen, unterhielten
sich mit Vertretern der Betriebe.
Syrischer Schneider will
Elektriker werden
So wie der Syrer Alaa Hassun, der
seit zwei Jahren in Lüneburg lebt
und dank Sprach- und Integrationskursus bereits sehr gutes
Deutsch spricht: „In meiner Heimat machte ich eine Ausbildung
zum Damenschneider, arbeitete
drei Jahre lang als Verkäufer in
der Damenoberbekleidung.“ In
Lüneburg gibt sich der 22-Jährige alle Mühe, beruflich Fuß zu
fassen: „Ich hatte schon Praktika in einem Elektronikunternehmen, einer Bäckerei und einem
Supermarkt.“ Sein Traum für den
beruflichen Neustart in Deutschland: „Ich will eine Ausbildung im
Bereich Elektriker machen.“ Er
informierte sich über die Möglichkeiten dazu unter anderem
am Stand des Lüneburger Elektronikgeräte-Herstellers Clage,
Spezialist für Durchlauferhitzer.
Mohammad Aldoumani (31)
war in Syrien Mathematik-Lehrer, lebt seit einem knappen Jahr
in der Flüchtlingsunterkunft an
der Hasenburg. Er weiß, dass er
hier nicht in seinen alten Beruf
zurückkehren kann: „Ich suche
einen Computer-Job, das hat
auch mit Mathematik zu tun.“
Mitarbeiter der Gebäudereinigungs- und Sicherheitsfirma
Henning gaben ihm Tipps dazu
– und ihre Visitenkarte für ein
intensiveres Gespräch im Unternehmen selbst. So hielten es vie-
Rund 1000 Flüchtlinge sind aktuell in Lüneburg als Arbeitssuchende registriert. Die Arbeitsagentur selbst führt davon 312
Männer und Frauen, sie sind
noch im laufenden Asylverfahren. Bereits anerkannt sind 684
Flüchtlinge, um die sich das
Jobcenter kümmert. Eine neue
rechtliche Regelung macht ihre
Vermittlung nun laut dem
Agentur-Chef Bernd Passier
Nur wenige Arbeiter halten körperlich bis zur Rente durch
keine Lösung. „Der Gesetzentwurf konzentriert sich auf höhere Zuverdienst-Grenzen bei einer
Teilrente. Außerdem soll das Arbeiten über das Rentenalter hinaus einfacher werden. Davon
haben aber die Beschäftigten auf
dem Bau nichts“, sagt Maurer. Ab
55 oder 60 Jahren im alten Job
voll weiterzuarbeiten, sei für die
meisten von ihnen die „reinste
Utopie“.
Gewerkschaft für
Alters-Fexi-Rente
Stattdessen plädiert die IG
BAU für ein „Alters-Flexi“, das besonders Beschäftigten im Handwerk zugutekäme. Das Modell
sieht eine Art Kurzarbeitergeld
im Alter vor, wenn wegen Gesundheitsproblemen eine Kündigung droht. Matthias Maurer:
„Wer als Maurer oder Straßenbauer irgendwann nicht mehr
volle 40 Stunden schafft, der sollte die Möglichkeit bekommen,
zum Beispiel auch mit 15 Wo-
„Wichtigste Brücke für die
Integration“
Arbeitsagentur-Chef Bernd Passier erläutert den Zeitpunkt für
diesen Aktionstag: „Die ersten
Schutzsuchenden, die 2015 nach
Deutschland kamen, haben bereits Sprach- und Qualifizierungsmaßnahmen
absolviert
oder auch einen Integrationskursus beendet. Jetzt kommt es darauf an, einen Beitrag zur Integration dieser Menschen zu leisten – Ausbildung und Beruf bilden hierzu die wichtigste
Brücke.“
Die Agentur hatte sich stark
um Betriebe bemüht, die sich am
Aktionstag beteiligen, Passier:
„Die Bereitschaft war unterschiedlich geprägt, es machten
vor allem die mit, die über Fachkräftemangel klagen.“ Beispielsweise aus dem Bereich Gastronomie, Pflege und Kfz-Gewerbe.
Überrascht und erfreut zugleich
zeigte sich Passier, dass auch die
Sparkasse beispielsweise mit
Ausbildungsangeboten
zum
Bankkaufmann/-frau und die Gesundheitsholding Lüneburg dabei waren.
Nach der starken PremierenResonanz wird es eine Neuauflage des Aktionstags geben, aber
mit neuem Konzept, das intensivere Beratungen ermöglicht.
Bürokratie-Hürde entfällt
Flexible Lösungen auf dem Bau
Lüneburg. Wenn der Körper nicht
mehr mitspielt: Von den rund
1670 Bauarbeitern im Landkreis
Lüneburg sind nach aktuellen
Angaben der Arbeitsagentur gerade einmal 40 Beschäftigte zwischen 63 und 65 Jahre alt. Ähnlich sieht es bei den über 60-Jährigen aus: In dieser Altersgruppe
zählt die Baubranche nur 86 Beschäftigte, wie die IG Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt.
Für die IG BAU sprechen die
Zahlen eine klare Sprache: „Nur
die wenigsten Bauarbeiter halten
körperlich bis zum Rentenalter
durch. Für sie gibt es heute nur
ein Hop oder Top – entweder volles Arbeitsprogramm oder raus
aus dem Job. Das kann es aber
nicht sein“, kritisiert Bezirkschef
Matthias Maurer. Für Beschäftigte im Handwerk müsse es flexible Übergänge in die Rente geben – ohne frühzeitig aus dem
Betrieb auszuscheiden. Die derzeit von der Bundesregierung geplante „Flexi-Rente“ sei dabei
le der Betriebe, denn durch den
unerwartet starken Andrang waren eingehende Beratungen
kaum möglich.
chenstunden in der Firma zu
bleiben. Für die fehlenden 25
Stunden würde er von der Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld
bekommen.“ Der Staat müsse
hier die nötigen finanziellen Mittel bereitstellen. Angesichts der
guten Haushaltslage des Bundes
gebe es dafür genug Spielraum.
Das „Alters-Flexi“ soll nach Vorschlag der IG BAU bereits ab 58
Jahren greifen. Damit bliebe den
Beschäftigten der Gang zum Amt
kurz vor der Rente erspart. Denn
bei der derzeitigen Regelung seien viele Bauarbeiter auf „AltersHartz-IV“ angewiesen.
In den Handwerksberufen
heiße es, eine faire Regelung für
die zu finden, die körperlich
nicht mehr können. Dabei solle
sich die Politik ruhig am vielzitierten Dachdecker orientieren,
sagt Maurer. Von den rund 290
Dachdeckern im Landkreis Lüneburg verblieben zuletzt gerade einmal sechs über das 63. Lebensjahr hinaus im Job. lz
einfacher: „Die sogenannte
Vorrangprüfung bei der Beschäftigung von Asylbewerbern
und Geduldeten ist per Verordung im August von der Bundesregierung für drei Jahre ausgesetzt worden.“ Das bedeutet:
Flüchtlinge, über deren Antrag
auf humanitären Schutz noch
nicht entschieden wurde, haben nach drei Monaten Aufenthalt grundsätzlich Zugang
zum Arbeitsmarkt. Die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung setzte bislang voraus, dass die Agentur prüfte,
ob bevorrechtigte deutsche Arbeitnehmer für die Beschäftigung zur Verfügung stehen.
Die Beschäftigung von Flüchtlingen scheiterte zuvor oft an
der Vorrangprüfung. Passier:
„Nun ist eine bürokratische
Hürde weggefallen.“ rast
Polizeibericht
■ Lüneburg. Mehrere Anzeigen
wegen Schmierereien hat die Polizei in den vergangenen Tagen
aufgenommen. Die Tatorte lagen
zwischen Barckhausen- und Johannisstraße am Clamartpark.
■ Lüneburg. Der Mann schob sein
Rad, bei 2,2 Promille eine kluge
Entscheidung – die Polizei kontrollierte den 48-Jährigen in der
Nacht zu gestern zwischen Lüneburg und Barendorf trotzdem. Er
hatte ein Messer und einen
Schreckschussrevolver dabei, ein
Verstoß gegen das Waffengesetz.
■ Neetze. Eine sogenannte Wegweisung hat ein Mann aus Neetze erhalten. Wie berichtet, war
der Iraker in der vergangenen
Woche auf seine Frau losgegangen, das Opfer musste im Klinikum behandelt werden. Die Polizei konnte ihn damals nicht vor
die Tür setzen, da er sich um seine sieben Kinde kümmern musste. Nun ist nach LZ-Informationen eine Lösung mit der Samtgemeinde in Barendorf gefunden
worden: Mann und Familie können vorerst getrennt leben.
■ Winsen/Luhe. Die Autobahnpolizei Winsen hat an der Abfahrt
Winsen-Ost von der Autobahn
A 39 jetzt einen weißen Plastikbeutel mit diversem Schmuck gefunden: 15 Armbanduhren, 37
Ringe, Broschen, Anstecknadeln,
35 Ketten sowie Kettenzubehör
und Anhänger. Die Polizei vermutet, dass es sich um aussortiertes Diebesgut handelt und
sucht nun die Eigentümer. Hinweise an die Autobahnpolizei:
0 41 71 79 62 00. ca
☎
Die
i kleine
kl i Andacht
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Zum Erntedank
In diesen Tagen feiern wir Erntedank. Wie die Loewe-Stiftung
in Ochtmissen morgen, Sonntag.
Was bedeutet ein solches Fest
noch für uns, die wir es gewohnt
sind, die Gaben, die wir benötigen, durch Käufe und Bezahlen
für uns nutzen zu können?
Menschen, die sich nicht daran halten (können), werden
schnell ins Abseits gestellt, als
nicht gleichwertig angesehen.
Dabei übersehen wir leicht, dass
nicht nur das angeforderte, sondern auch das nebenher Erbrachte einen ganz eigenen Wert bildet, der uns oft sehr gut tut. Oder
sind Sie nicht auch froher, wenn
Ihnen die Verkäuferin, der
Schaffner in der Bahn oder der
Anbieter im Hofladen mit einem
Lächeln begegnet, ohne dass die
eigentliche Ware oder die Dienstleistung davon berührt ist? Die
„Nebenwirkungen“ sind es, die so
ihre eigene Rolle spielen.
Eine kleine chinesische Geschichte erzählt, dass eine Frau
zwei Schüsseln hatte, die sie auf
den Schultern trug und mit denen sie Wasser vom Fluss holte.
Eine der Schüsseln war makellos,
die andere hatte einen leichten
Sprung – und so kam es, dass die
eine Schüssel immer voll blieb,
die andere aber nur halb voll zu
Hause ankam. Die makellose
Schüssel war natürlich sehr stolz,
die andere schämte sich. Und das
sagte sie der Frau eines Tages.
Diese lächelte und sprach: „Ist dir
aufgefallen, dass auf deiner Seite des Weges Blumen blühen,
aber auf der Seite der anderen
Schüssel nicht? Ich habe auf deiner Seite Blumensamen gesät.
Nun gießt du sie jeden Tag, wenn
wir nach Hause gehen. So konnte ich mit diesen so entstandenen Blumen immer meinen Tisch
schmücken. Diese Schönheit
würde nicht existieren, wenn du
Peter Laschinski, Diakon in Adendorf, ist telefonisch erreichbar unter Ruf (04131) 180500.
Foto: nh
nicht so wärst wie du bist.“
Vielleicht macht das Ihnen,
den Gästen am Sonntag bei der
Loewe-Stiftung oder anderswo
beim Erntedank deutlich, dass
wir zu mehr berufen sind, als nur
an Leistung zu denken. Auch –
aber eben nicht nur. Beim Danken beziehen wir Christen Gott
ein, der uns zu vielem befähigt,
auch zum Lächeln, auch zum
Freuen. Auch wenn es um „Kleinigkeiten“ geht. Und dafür bin
ich dankbar – mein Erntedank.
Peter Laschinski