(Only in German)

Luzerner Tagung zur Behindertenrechtskonvention
Behindertenrechtskonvention konkret.
Neue Wege und innovative Ansätze zur Umsetzung der BRK
Freitag, 25. November 2016
Hochschule Luzern – Soziale Arbeit, Inseliquai 12B, Luzern
Detailinformationen zu den Workshops
Aus organisatorischen Gründen kann pro Workshop-Runde jeweils nur ein
Workshop besucht werden.
Programm Vormittag (11.30-12.45 Uhr):
Workshop 1: Lebensbereich Freizeit
Beitrag 1: Label "Kultur inklusiv  Culture inclusive" für inklusive Kulturinstitutionen
Referent: Silvan Rüssli, Pro Infirmis Bern
Das Label "Kultur inklusiv  Culture inclusive" für inklusive Kulturinstitutionen wurde im Auftrag
von Pro Infirmis Bern und der Fachstelle „Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen“ der
Stadt Bern von einer inklusiven Arbeitsgruppe entwickelt, in der Betroffene mit unterschiedlichen
Beeinträchtigungen und Kulturakteure verschiedener Kultursparten vertreten waren. In einem
Pilotprojekt im Kanton Bern wurde das Label Anfang 2016 erstmals an 14 Berner
Kulturinstitutionen unterschiedlichster Grössen, Sparten und Profile vergeben. Diese ersten
Labelträger begeben sich auf den Weg zur inklusiven Kulturinstitution: Sie verpflichten sich zu
einer ganzheitlichen inklusiven Haltung und zur nachhaltigen Umsetzung von verbindlich
festgelegten Massnahmen zur Gewährleistung ihrer möglichst hindernisfreien Zugänglichkeit und
der inklusiven kulturellen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen fünf
Handlungsfeldern des Labels: hindernisfreie Zugänglichkeit der kulturellen Inhalte, hindernisfreier
baulicher Zugang zur Kulturinstitution, Thematisierung im Kulturprogramm oder in der
Kulturvermittlung, Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderungen in der Kulturinstitution, und
barrierefreie Kommunikation der Kulturinstitution (www.kulturinklusiv.ch). Das Label wird nach
dem erfolgreichen Pilotprojekt im Kanton Bern von der Fachstelle Kultur inklusiv von Pro Infirmis
sukzessive auf die ganze Deutschschweiz ausgeweitet.
Beitrag 2: Stadtessen 2016
Referentin: Natalie Keinath, Verein Rührwerk
Das Projekt Stadtessen ist ein Projekt mit dem Ziel der Inklusion. Es bringt Menschen mit und
ohne Beeinträchtigungen zusammen. Im Verlauf des Projekts erarbeiten und organisieren die
Beteiligten eine Kunstperformance für den öffentlichen Raum. Auf einem ausgewählten Platz in
der Stadt Zürich wird ein mehrgängiges Essen für zufällig vorbeikommende Passanten serviert und
inszeniert. Die Performance will Aufsehen erregen, positiv irritieren sowie Kontakte zwischen
Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen ermöglichen. Wie die Performance im Detail aussehen
soll, wird in partizipativen Workshops, an denen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen
mitarbeiten, erarbeitet und festgelegt. Die Performance hat zum Ziel, einen innovativen Beitrag zur
Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Gleichstellung von Menschen mit kognitiven
Beeinträchtigungen zu leisten. Zudem soll die Inszenierung zeigen, dass Menschen mit
Beeinträchtigungen Fähigkeiten haben, die in vielen Projekten zum Tragen kommen können. Dank
eines professionell umgesetzten Films und durch Medienarbeit soll die Botschaft des neuartigen
und überraschenden, kulinarisch-kulturellen Beitrags über die Stadtgrenzen von Zürich
hinausgetragen werden.
Workshop 2: Lebensbereich Wohnen
Beitrag 1: Personenzentrierte Leistungen im Sozialraum
Referent: Eugen Uebel, WOhnenbern
WOhnenbern führt die „Personenzentrierte Leistung im Sozialraum“ (PLiS) ein. Dies soll zu einer
Stärkung der Selbstbestimmungsrechte der Betroffenen und zu ihrer sozialräumlichen Inklusion
führen. Als Grundlage dazu dienen die UNO-BRK und das Behindertenkonzept des Kanton Bern.
Personenzentrierte Leistungen basieren auf der Grundlage eines erprobten Hilfeplanungssystems.
Damit werden individuelle Hilfepläne für alle 150 Kunden erstellt. Sozialraumorientierung entsteht
durch die Eröffnung mehrerer Begegnungszentren. Die Teams arbeiten nicht mehr in den WGs, sie
agieren in und aus den Begegnungszentren heraus. Begleitend zu den Unterstützungsprozessen, die
den Kundinnen und Kunden ein Leben in der Gemeinschaft ermöglichen, sollen aber auch
Ressourcen im Sozialraum entdeckt werden, die inklusionsfördernd wirken.
Beitrag 2: LUniQ Leben mit Unterstützung im Quartier
Eine personenzentrierte Unterstützung für Menschen mit Behinderung
Referierende: Daniel Schaufelberger, Michael Ledergerber und Christian Vogt, LUniQ
Die Möglichkeit zur eigenständigen Lebensführung und zur gesellschaftlichen Teilhabe ist für
Menschen mit Behinderung von grosser Bedeutung. Selbstbestimmt zu wohnen ist unter den
gegebenen Voraussetzungen allerdings oft sehr schwierig. Der Verein LUniQ will hier
Wahlmöglichkeiten eröffnen und mit einer personenzentrierten Dienstleistung Alternativen zu
bestehenden Wohnformen schaffen. Eine Umsetzung von LUniQ als Pilotprojekt ist in
Planung. Ziel der personenzentrierten Arbeit ist die grösstmögliche Autonomie und
gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Die Dienstleistung orientiert sich
an den individuellen Bedürfnissen der Nutzenden. Die Unterstützung durch LUniQ erfolgt
unter grösstmöglichem Einbezug von sozialräumlichen Ressourcen. Anstelle von neuen
Angeboten werden bestehende Strukturen genutzt. Im Workshop berichten wir von der Idee,
den Hintergründen und der geplanten Umsetzung des Pilotprojekt.
Workshop 3: Lebensbereich Selbstbestimmung
Beitrag 1: Einsatz von Peermitarbeitenden am Beispiel des Bewohnerrates im Betula
Referent: Christian Brönimann, Betula Romanshorn
Im Betula finden psychiatrieerfahrene Männer und Frauen in verschiedenen Wohn- und
Tagesstrukturangeboten Unterstützung und Perspektive. Seit 2014 arbeitet eine krankheitserfahrene
Frau in der Rolle einer Peer Mitarbeiterin im Betula.
Neben anderen Aufgaben leitet sie den Bewohnerrat, welchen sie mit aufgebaut hat.
Wie war die Implementierung der Peer Mitarbeiterin im Betrieb möglich? Wie ist der Bewohnerrat
aufgebaut? Was hat dieser für Aufgaben und Kompetenzen und wie sind die Erfahrungen?
Beitrag 2: Recovery Wege entdecken - Ein Inklusionsprojekt, um psychisch erschütterte
Menschen für Gesundungswege und damit zu mehr Selbstverantwortung und
Selbstbestimmung zu ermutigen.
Referent: Uwe Bening, Stiftung Pro Mente Sana
Psychisch erkrankte Menschen sind nach wie vor sehr stark von Fremdbestimmung, Stigmatisierung und Ausgrenzung betroffen. Dies führt vielfach zu Resignation und Selbststigmatisierung.
Wie kann es gelingen, diese Menschen zu mehr Selbstbestimmung und selbstbewusster Teilhabe zu
motivieren? In einem Pilotprojekt in der Region Winterthur bietet die Stiftung Pro Mente Sana in
Kooperation mit fünf regionalen sozialpsychiatrischen Anbietern eine modular aufgebaute
Recovery-Weiterbildung für Nutzerinnen und Nutzer der verschiedenen Institutionen an. Ziel ist
es, den teilnehmenden Menschen neues Selbstvertrauen, ein grösseres Gefühl von
Selbstwirksamkeit, emotionale – und Beziehungskompetenzen und nicht zuletzt Vertrauen in die
eigene Lebendigkeit zu vermitteln. Die erlebte Gemeinschaft stellt dabei eine wichtige Ressource
dar. Mit diesem Angebot wollen wir die Menschen befähigen, wieder in selbstbewusstere, aktive
und selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gelangen.
Workshop 4: Lebensbereich Kommunikation
Beitrag 1: Leichte Sprache im Alltag
Referierende: Bettina Quaderer und Uwe Armbruster, WohnWerk, Büro Leichte Sprache Basel
Die UNO-BRK bekräftigt das Recht, dass Menschen mit Beeinträchtigung auf Informationen in
einer für sie geeigneten Form zugreifen können. Im Büro Leichte Sprache Basel arbeiten seit 2014
Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammen. Sie übersetzen und prüfen Texte in Leichte
Sprache, damit sie für Menschen mit Beeinträchtigung gut verständlich sind. Wenn Texte leicht
lesbar und gut verständlich sind, kann sich der Mensch selbstbestimmt mit anderen auszutauschen
und am öffentlichen Leben teilnehmen. Praktische Beispiele, wie der Flyer einer Ombudsstelle, die
Wegleitung zu einem Hilfeplan, eine Patientenverfügung, Museumsflyer und Gesetzestexte zeigen
den Nutzen und das Angebot, was Leichte Sprache für Menschen mit Beeinträchtigung bedeuten
kann. Somit handelt es sich bei Leichter Sprache um ein wichtiges Instrument der Inklusion.
Deshalb setzt sich das Büro Leichte Sprache Basel ein für die Verbreitung der Leichten Sprache
und ist Mitglied im Internationalen Netzwerk Leichte Sprache.
Beitrag 2: Büro für Leichte Sprache
Referentin: Bettina Ledergerber, Pro Infirmis Zürich
Inklusion durch Leichte Sprache geschieht in zwei Schritten.
Erstens: Leichte Sprache hilft Menschen mit Leseschwierigkeiten, Texte zu verstehen.
Zweitens: Wenn mehr Menschen Texte verstehen, können sie eher am gesellschaftlichen Leben
teilnehmen.
Seit die UNO-BRK auch in der Schweiz in Kraft ist, nimmt das Interesse an der Leichten
Sprache zu. Pro Infirmis Zürich vereinfacht deshalb seit Anfang 2015 kompliziert geschriebene
Texte. Die Inklusion wiederspiegelt sich aber auch in der Organisation des Pro-InfirmisProjekts „Büro für Leichte Sprache“: Menschen mit und ohne Lesebeeinträchtigung arbeiten
Hand in Hand - professionelle Texterinnen schreiben, Menschen mit Leseschwierigkeiten
lektorieren.
Hält die Leichte Sprache in der Praxis, was sie verspricht? Im Workshop erzählen die
Projektmitarbeitenden von ihren Erfahrungen und diskutieren, ob und wie Leichte Sprache zur
Inklusion beitragen kann.
Workshop 5: Lebensbereich Bildung / Medien
Beitrag 1: Radio- und Audioarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung
Referentin: Liselotte Tännler und Talin Canova, Radioschule klipp+klang
Die Radioschule klipp+klang führt Empowerment-Projekte durch, in denen sich Menschen mit
Beeinträchtigung befähigen, via Radiosendung an die Öffentlichkeit zu treten. Diese innovativen
Projekte stärken die angesprochenen Zielgruppen durch die gemeinsame Radioarbeit in
verschiedenen Kompetenzen. Zudem werden Integrations- und Inklusionsprozesse gefördert.
Hier werden wichtige Forderungen der UNO-BRK umgesetzt: Teilhabe, Mitbestimmung, Diversität
nicht nur bei Themenwahl und Berichterstattung, sondern auch in der Zusammensetzung der
Redaktions-Teams.
Die bekanntesten Redaktionen:
 Radio loco-motivo – Menschen mit und ohne Psychiatrie-Erfahrung machen Radio. Die
Redaktionen in Bern, Solothurn und Winterthur senden monatlich auf lokalen
Gemeinschaftsradios.
 Happy Radio – Menschen mit und ohne kognitiver Beeinträchtigung machen Radio. In
Radiokursen und in der ersten Redaktion Happy Radio mit monatlicher Sendung in Aarau,
machen Menschen mit und ohne kognitiver Beeinträchtigung gemeinsam Radio.
Beitrag 2: Bildung in sexueller Gesundheit im schulischen heilpädagogischen Bereich
Referierende: Cornelia Maissen, Lust und Frust, Fachstelle für Sexualpädagogik und Beratung und
Beat Schaub, Heilpädagogische Schule Zürich
Sexualpädagogik ist ein fester Bestandteil der Gesundheitsförderung und somit auch Teil des
kantonalen Lehrplans. Trotzdem werden auch heute noch Jugendliche mit Beeinträchtigung zu
wenig über Sexualität und ihre sexuellen Rechte aufgeklärt, so dass oft nur rudimentäres Wissen
vorhanden ist. Die Fachstelle Lust und Frust in Zusammenarbeit mit der heilpädagogischen Schule
Zürich hat deshalb aus dem Gedanken der Gleichstellung d.h. auf der Basis der Menschenrechte
und UNO-BRK (wie z.B. Art. 23 oder Art. 24) entschieden, sich dem Thema Sexualität und
Beeinträchtigung im schulischen Kontext anzunehmen. Das Projekt wird durch die finanzielle
Unterstützung des EBGB ermöglicht. Das Ziel des Projekts ist es, die Schülerinnen und Schüler für
einen selbstbestimmten Umgang mit ihrem Körper und die Wahrnehmung ihrer sexuellen
Bedürfnisse zu befähigen, indem sie eine alters- und entwicklungsangepasste sexuelle Aufklärung
erhalten. Zudem sollen ihre Bezugspersonen, wie pädagogische Fachpersonen und Eltern in ihrer
Rolle Unterstützung bei der Umsetzung der Sexualerziehung erhalten.
Programm Nachmittag (13.45-15.00 Uhr):
Workshop 6: Lebensbereich Leben
Beitrag 1: UNO-BRK konkret: was kann eine Institution dazu beitragen?
Referierende: Rolf Maegli (Direktor), Rahel Huber (Leiterin Fachbereich Begleiten und Betreuen)
Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL
Die SSBL betreut erwachsene Menschen mit schweren geistigen und mehrfachen
Behinderungen in 300 Wohnplätzen und 100 Tagesplätzen. Die Standorte sind im Kanton
Luzern verteilt, in Rathausen werden ab 2017 über die Hälfte der Plätze betrieben. Diese
Konzentration hat ihre Gründe, kann aber auch als Verletzung des Inklusionsprinzips
interpretiert werden. Wie geht die SSBL mit diesem Paradoxon um? Lässt sich das mit den
Zielsetzungen der UNO-BRKvereinbaren, können in einer stationären Einrichtung Ziele der
UNO-BRK umgesetzt werden?
Obwohl sich die UNO-BRK rechtlich an Behörden von Bund, Kanton und Gemeinden richtet,
versteht die SSBL diese Grundrechte als Auftrag zur ständigen Entwicklung und
Verbesserung. Die SSBL will die Menschen mit Behinderung auch unter schwierigsten
Bedingungen befähigen, Entscheide zu treffen. Das setzt entsprechende Konzepte und reale
Wahlmöglichkeiten voraus.
Im Workshop wird aufgezeigt
 welche Aspekte der UNO-BRK konkrete Auswirkungen haben
 wie mit der Bewohnerbefragung konkrete Anliegen und Bedürfnisse aufgenommen
werden
 welche Bedeutung die UN-Behindertenrechtskonventionfür Strategie und Planung hat.
Beitrag 2: Leben wie du und ich im Kulturpark, Zürich West
Referentinnen: Jennifer Zuber und Adelheid Arndt, Projektleitung „Verein leben wie du und ich“
zusammen mit Projektteilnehmenden
Seit 2012 ist das Leben mit persönlicher Assistenz als Alternative zum Leben im Heim auch in der
Schweiz gesetzlich verankert. Menschen mit einer komplexen Behinderung, die sich für diese
Lebensform interessieren, benötigen allerdings umfassende Hilfe, um ihren Alltag und ihre Arbeit
selbstbestimmt und eigenständig mit persönlicher Assistenz zu gestalten. Das stellt sie vor eine
schier unlösbare Aufgabe: Sie sollen einen Kleinbetrieb mit bis zu sieben Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern selbstständig leiten, ohne dafür personelle oder finanzielle Unterstützung zu
bekommen. Aus diesem Grund hat der Verein LEBEN WIE DU UND ICH ein Pilotprojekt
aufgegleist, das im Kulturpark in Zürich umgesetzt wird. Am 1. Oktober 2015 haben mit unserer
Unterstützung fünf Menschen mit einer Behinderung ihre ersten eigenen Wohnungen im
Kulturpark bezogen. Sie leben zusammen mit nichtbehinderten Menschen in vier Wohnungen.
Davor konnte am Beispiel einer 30 jährigen Frau mit komplexer Behinderung über neun Jahre
gezeigt und entwickelt werden, wie auch ein Mensch mit einer schweren Beeinträchtigung mit
Assistenz mitten in der Gesellschaft leben kann.
Workshop 7: Lebensbereich Arbeit
Beitrag 1: Supported Employment / Supported Education
Referenten: Michael Frey, Markus Leuenberger und Markus Elsener, SE Bern (Supported
Employment Bern)
SE Bern (Supported Employment Bern) hat das Ziel, alle Menschen mit erschwertem Zugang zum
Arbeitsmarkt einzugliedern und Barrieren abzubauen.
SE Bern bezweckt sowohl den direkten Zugang zum ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit erschwertem Zugang zu schaffen als auch die Begleitung nach den Grundsätzen von Supported
Employment bzw. Supported Education durchzuführen und die unbefristete Nachbegleitung des
betroffenen Menschen zu garantieren. Der Inklusionsgedanke steht über den herkömmlichen
Massnahmen und Ausrichtungen und wird unsererseits gewahrt. Dazu gehört der aktive Einbezug
der Wirtschaft.
Unser Angebot bietet den Klientinnen und Klienten alle Elemente der Eingliederung an. Wir
gestalten einen ganzheitlichen Prozess, leiten die Klientinnen und Klienten professionell, effizient
und zielgerichtet an, um eine Lösung zu erreichen, welche auf Nachhaltigkeit angelegt ist. Hierbei
setzen wir unter anderem auf Empowerment und Recovery, um die Klientinnen und Klienten in
ihrer Eigenverantwortung zu stärken.
Beitrag 2: PassParTous – Dezentrale Ausbildungsstandorte
Referierende: Bea Brülhart und Raphael Knecht, Stiftung Bühl
Das Programm PassParTous ist ein Ausbildungskonzept, welches in enger Zusammenarbeit mit
grösseren Betrieben des ersten Arbeitsmarktes umgesetzt wird. Jugendliche mit besonderem
Förderbedarf, welche die Selbst- und Sozialkompetenzompetenzen mitbringen, um sich in einem
Team und Betrieb des ersten Arbeitsmarktes zu bewegen, können auf den Stufen PrA INSOS, EBA
oder EFZ eine Ausbildung direkt im Betrieb des ersten Arbeitsmarktes absolvieren. Um dem
erhöhten Förderbedarf gerecht zu werden, erhalten Jugendliche einerseits durch betriebseigene
Ausbildnerinnen und Ausbildner fachliche Unterstützung und Anleitung, und andererseits werden
sie für psychosoziale und übergeordnete Themen durch einen Integrationscoach der Stiftung Bühl
unterstützt. Dieser arbeitet direkt im Betrieb, damit die Nähe zum Ausbildungssetting gewährleistet
ist. Die Ausbildung wird in einer heterogenen Gruppe von Lernenden mit und ohne
Beeinträchtigung absolviert.
Workshop 8: Lebensbereich Bildung
Beitrag 1: Lehrgang in Selbstvertretung
Referentin: Elfi Schläpfer Schmücker, Pro Infirmis TG/SG
Das Projekt „Lehrgang in Selbstvertretung“ (LG) befähigt Erwachsene mit leichten kognitiven
Beeinträchtigungen eigenmächtig die Rechte, die ihnen die UNO-BRK gewährt, als für ihr Leben
bedeutsam zu erkennen, zu nutzen und einzufordern. Der LG fördert die Teilnehmenden (TN) in
der Formulierung eigener Bedürfnisse, dem Erkennen der eigenen Stärken und Schwächen und der
darauf aufbauenden Erarbeitung neuer Kompetenzen, der Fähigkeit eigene Entscheidungen zu
treffen und Verantwortung zu übernehmen, der Fähigkeit, sich gegenseitig zuhören und beraten zu
können. Die TN lernen ihre Rechte und Pflichten kennen. Sie wissen, wo sie ihre Rechte einfordern
können. Sie lernen das politische System der Schweiz und die UNO-BRK kennen. Sie können
Inhalte publikumsgerecht vertreten. Sie bauen sich ein Netz von Verbündeten auf und können
fremde Ressourcen aktivieren. Der Workshop bietet Einblick in die Arbeit und wird gemeinsam mit
den TN des Lehrgangs vorbereitet und durchgeführt.
Beitrag 2: Modulausbildung nach Bologna-System
Referentin: Regina Brechbühl, Pro Infirmis AG (Wohnschule Aargau)
Menschen mit einer Beeinträchtigung lernen ihre Lebensform selbstbestimmt und autonom zu
gestalten. Der Lehrplan umfasst
 Selbst- und Sozialkompetenz
 Wohnkompetenz
 Freizeitkompetenz
 Gesellschaftskompetenz
Der flexible Aufbau der Modulausbildung erlaubt eine auf die individuellen Ressourcen
abgestimmte Teilnahme:
 Alle Module am Stück der jeweils ein Jahr dauernden Grund- und Aufbauausbildung.
 Bologna-System: die Module werden einzeln besucht und schliessen mit einem
Zertifikat ab. Werden innerhalb von max. je 3 Jahren der Grund- oder
Aufbauausbildung alle Module besucht, wird das entsprechende Diplom erteilt.
 Nachdiplom-Module dienen zum Schliessen von Lücken sowie der Teilhabe an
gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen.
Ziel: selbständige Lebens- und Wohnform von mindestens 50% der Teilnehmenden (aktuell
über 60%)
Der Workshop zeigt Aufbau und Praxis der Modulausbildung unter Mitwirkung von
Teilnehmenden.
Workshop 9: Lebensbereich Bedarfserfassung
Beitrag 1: Die selbstbestimmte Bestimmung des eigenen Hilfebedarfs und Planung des
eigenen Bedarfsausgleichs für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen
Referent/in: Matthias Widmer, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Mit der UNO-BRK stellt Selbstbestimmung (neben anderen Setzungen) eine verbindliche Vorgabe
für die Behindertenhilfe dar. Selbstbestimmung findet zwar bei alltäglichen Verrichtungen der
Leistungsnutzenden (beispielsweise bei der Kleiderwahl) allmählich Verbreitung. Beim Prozess der
Hilfebedarfs-Bemessung und -Planung ist sie aber praktisch inexistent. Meist wird der Hilfebedarf
von Begleitpersonen als (entmündigendes) Expertenurteil vorgenommen. Als Gründe dafür können
die sich nur langsam auflösende Versorgungskultur der Behindertenhilfe, aber auch die fehlenden
Instrumente und Verfahren für eine selbstbestimmte Bestimmung und Planung des Hilfebedarfs
vermutet werden. Im Beitrag wird der Stand eines neuen teilhabeorientierten Instruments zur
Hilfebedarfs-Bemessung vorgestellt. Dieses wurde im Rahmen eines Nationalfondsprojekts (20112014) durch die FHNW entwickelt. Derzeit wird es zu Gunsten einer konsequenten Beteiligung
aller Leistungsnutzer weiterentwickelt und getestet.
Beitrag 2: Umsetzung neues Behindertenkonzept
Referentin: Magdalena Meyer-Wiesmann, Alters- und Behindertenamt Kanton Bern
Erwachsene Menschen mit einer Behinderung sollen selbst wählen können, wie sie betreut und
gepflegt werden. Die Eigenverantwortung und die Selbstbestimmung sollen ebenso gestärkt werden
wie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dies ist der Grundsatz der neuen Behindertenpolitik
im Kanton Bern.
Menschen mit Behinderungen können künftig beispielsweise wählen, ob sie in einer Institution
oder in einer eigenen Wohnung mit Assistenz leben wollen. Und auch bei einer Tätigkeit im ersten
Arbeitsmarkt wird die behinderungsbedingte Unterstützung mitfinanziert. Zudem wird die
Möglichkeit geschaffen, institutionelle Angebote differenzierter anzubieten und zu nutzen –
beispielsweise durch den Besuch des Freizeitangebots eines anderen Wohnheims.
Zur Umsetzung dieser Politik hat der Kanton Bern ein Pilotprojekt zu einer subjektfinanzierten
Versorgung gestartet. Die Pilotteilnehmenden können aufgrund ihres individuell eruierten und
anerkannten Budgets entscheiden, wo und wie sie in den beiden Lebensbereichen Wohnen/Freizeit
und Arbeit ihre Unterstützungsleistungen einkaufen möchten.
Workshop 10: Lebensbereich Ausbildung/Kultur
Beitrag 1: Die HORA-Ausbildung: Ein innovativer Berufsweg für Menschen mit
Beeinträchtigung
Referent/in: Urs Beeler, Ausbildungsleiter, Theater HORA – Stiftung Züriwerk, Zürich
Die Schauspielausbildung des Theater HORA nimmt künstlerisches Potential von Menschen mit
Beeinträchtigungen ernst und unterstützt sie in der Weiterentwicklung ihres Berufswunsches zum
Schauspieler / zur Schauspielerin. Der Workshop bietet die Möglichkeit, in der direkten Begegnung
mit den jungen Menschen deren Herangehensweise, Expressivität, Emotionalität, Direktheit aber
auch Verrücktheit zu erleben und über das gemeinsame Spiel eigene Grenzen auszuloten und
Ungewöhnliches zu entdecken. Wer sich auf das Spiel einlässt hat die Chance zu erkennen, dass
„normal auch anders sein kann“. Ein Perspektivwechsel, der durchaus zur Hinterfragung
gesellschaftlicher Normen oder normierter Gesellschaftlichkeit führen kann.