Jenaplan in Japan Japanischer Erziehungswissenschaftler erforscht

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM160928_Sakuma.pdf
Jenaplan in Japan
Japanischer Erziehungswissenschaftler erforscht Reformpädagogik an
der Universität Jena
Die Tamagawa University in Japan ist eine ganz besondere Hochschule. Sie hat sich einem
reformpädagogischen Ansatz verschrieben, lebt ein ganzheitliches Prinzip, bei dem immer der
Mensch im Mittelpunkt von Ausbildung und Forschung steht. Deshalb gehört zum Komplex im
Südwesten Tokios nicht nur eine Universität, sondern auch ein Kindergarten und eine Schule, in
der Kinder und Jugendliche von der ersten bis zur zwölften Klasse lernen. Kuniyoshi Obara, der
den Campus in den 1920er Jahren gründete, war es wichtig, für die Entwicklung seiner Ideen und
des Konzeptes für die Tamagawa University über den Tellerrand des ostasiatischen Inselstaates
hinauszuschauen und reformpädagogische Konzepte weltweit als Inspiration zu nutzen.
Im Uni-Archiv auf den Spuren Peter Petersens
Dieser Tradition folgt auch Prof. Hiroyuki Sakuma von eben dieser Tamagawa University, der seit
Jahren mit dem Institut für Bildung und Kultur der Friedrich-Schiller-Universität Jena kooperiert und
regelmäßig zu Forschungsaufenthalten in Jena ist - gerade ist er erneut an der Saale eingetroffen.
Besonders das reformpädagogische Konzept des Jenaplans hat es ihm angetan. Mehr als 20
Jenaplan-Schulen in Deutschland und den Niederlanden hat er bereits besucht. Nun will er im
Archiv der Universität Jena Originalhandschriften des Jenaplan-Gründers Peter Petersen und
Protokolle aus den Anfängen der alternativen Schule studieren. Dabei interessiert er sich
besonders für die Gruppenarbeit innerhalb des Unterrichts - eines der grundlegenden Elemente
des Jenaplan-Konzepts. Schüler lernen hier in altersübergreifenden Gruppen und entwickeln
selbstständig Projekte. "Auch in Japan ist diese Methode sehr beliebt, allerdings wird dabei
weniger auf eine Durchmischung der Altersgruppen gesetzt", sagt Hiroyuki Sakuma. "Im
japanischen Schulsystem wird eher Homogenität groß geschrieben." Vor- und Nachteile von
Gruppenarrangements praktisch und theoretisch zu erforschen, ist das aktuelle Ziel des
japanischen Pädagogen.
In den kommenden drei Jahren möchte er - gefördert von der Japan Society for the Promotion of
Science - mehr über die Effekte der heterogenen Gruppenarbeit erfahren. "In Japan gilt die Schule
immer als Vorbereitung auf die nächste Stufe. Es geht darum, die nächste Klasse und schließlich
die Befähigung für die Universität zu erreichen", sagt der japanische Gastwissenschaftler. "Doch
inzwischen gibt es vermehrt Bestrebungen, diese Struktur aufzubrechen, stärker auf
Individualisierung zu setzen und dem Einzelnen in der Gemeinschaft mehr Raum einzuräumen."
Deshalb existiere der Trend hin zu mehr Alternativschulen. Deren Konzepte jedoch bedürfen einer
reflektieren Grundlage. Und allgemein gebe es zwar reformpädagogische Schulen in Japan, doch
herrsche im gesamten Schulwesen in der Regel noch Frontalunterricht und nicht die freie Arbeit,
wie sie im Jenaplan vorgesehen ist. Sakuma sieht seine pädagogische Grundlagenforschung als
Beitrag zur praktischen Schulreform.
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Jena als wichtiger Ort der Reformpädagogik
Dabei ist der Besuch an der Universität Jena für ihn besonders bedeutsam - nicht nur, weil hier
wichtige Schriftstücke im Archiv zu finden sind. "Es ist eine große Ehre, gerade hier in Jena zu
sein", sagt Sakuma. "Viele große Vertreter unserer Disziplin, wie etwa Friedrich Fröbel, Hermann
Lietz oder eben Peter Petersen, die auch in Japan sehr bekannt sind, haben hier studiert oder
gewirkt. Und an unserer Universität muss sich jeder mit Beethovens 9. Sinfonie auf Deutsch
beschäftigen - also kennt auch jeder Schillers ,Ode an die Freude'."
In den kommenden drei Jahren wird Sakuma regelmäßig in Jena zu Gast sein. Sein Gastgeber
Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz begrüßt die intensive Zusammenarbeit mit seinem japanischen
Kollegen. "Wir hier am Lehrstuhl für Historische Pädagogik und Globale Bildung profitieren enorm
von einem solchen Erfahrungsaustausch", sagt der Jenaer Erziehungswissenschaftler, der im
vergangenen Jahr selbst eine Vortragsreihe an der Tamagawa University gehalten hat. "Die
gemeinsame Zeit mit Hiroyuki Sakuma nutzen wir außerdem dazu, neue Projekte anzustoßen, mit
denen wir die Zusammenarbeit weiter intensivieren können."
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz
Institut für Bildung und Kultur der Universität Jena
Am Planetarium 4, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945331
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 28.09.2016 09:46 Uhr
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