Junge Regisseure begannen in den 60er Jahren mit

Zum Tag der Einheit
Mit Dokumentarfilmen hielten einige junge Filmemacher, die sie umgebende DDR-Realität in den 60er und 70er Jahren fest.
Erstmals konnten DDR-Bürger vor der Kamera über ihre Erfahrungen, Ängste und Sorgen, über ihr Leben, ihren Alltag
sprechen. Die Regisseure ließen den Protagonisten das Wort und benutzten sie nicht für Propaganda oder eigene Meinung.
So ist es uns heute möglich viele Facetten der DDR kennen zu lernen und über Langzeitdokumentationen, die über die
Wende hinaus fortgesetzt wurden, den Wechsel der Lebensumstände, den die Zeit mit sich bringt, zu verfolgen.
Einer dieser Filmemacher ist Volker Koepp, der mit seiner feinen zurückhaltenden Art zu fragen, Raum für Unbeschwertheit
und Offenheit schaffte. So entstanden unter seiner Regie wunderbar poetische, intensive Dokumentarfilme.
Zum Tag der Einheit werfen wir mit seiner Langzeitdokumentation, die die Arbeiterinnen des VEB Obertrikotagenwerk "Ernst
Lück" in Wittstock an der Dosse über 22 Jahre begleitete, einen Blick zurück in die 70er Jahre der DDR und in die 90er Jahre
der Nach-Wende-Zeit. Zudem gratulieren wir der Defa, die sich in ihrem 70sten Jahr befindet, danken Volker Koepp für
seine schönen Filme, aber auch der Defa, die viele Filme ermöglichte.
Am 30. 9. + 2. 10. 2016 um 20.30 Uhr
Blick auf die 70er Jahre
Mädchen in Wittstock DDR 1975, 19 Min, 35mm, R: Volker Koepp
Wieder in Wittstock DDR 1976, 22 Min, 35mm, R: Volker Koepp
Wittstock III DDR 1978, 32 Min, 35mm, R: Volker Koepp
Leben und Weben DDR 1981, 28 Min, 35mm, R: Volker Koepp
In Wittstock wurde Ende der 60er, Anfang der 70er ein Textilkombinat errichtet, in dem nur Frauen arbeiten. Bei Volker
Koepp`s ersten Besuch arbeiten dort ca 1000 Arbeiterinnen, ein Jahr später sind es bereits 2000 und 3000 sollen es
werden. Der Altersdurchschnitt der Frauen liegt bei 21 Jahren, das sorgt natürlich für vorprogrammierte Konflikte. Denn wie
reagiert eine Kleinstadt auf eine Invasion junger Frauen und wie kommen diese in Wittstock, aber auch untereinander
zurecht? Die Arbeiterinnen sind jung, unerfahren, aber auch selbstbewusst. Sie sollen das Kombinat wuppen und alle
Positionen besetzen. Volker Koepp nimmt die jungen Frauen ernst und hört ihnen zu. Zu viele Chefs, „zu viele, die was zu
sagen haben“, Qualität und Planerfüllung muß „von oben“ kommen, nicht „von unten“. So wird oben und unten auf den
Kopf gestellt, weder die Partei-, noch die Fabrikführung haben die richtigen Erkenntnisse und Einsichten, sondern die jungen
Arbeiterinnen.
Der erste Film stellt die Jugendbrigade als ganzes vor und führt die Protagonistinnen Renate, Edith und Stupsi ein. Auf sie
konzentriert sich in allen weiteren Filmen der Focus und lässt uns an ihrem Leben in Wittstock, an ihren ersten Arbeitsjahren
teilnehmen. Selten ist die DDR so positiv dargestellt worden wie in diesen Wittstock-Filmen. Vielleicht wäre ein anderer Weg
möglich gewesen ...
Am 1. + 3.10.2016 um 20.30 Uhr
Blick auf die Zeit nach der Wende
WITTSTOCK, WITTSTOCK
D 1997, 119 Min, 35mm, R: Volker Koepp
„Nach der Wende 1989/90 wird die Textilfabrik abgewickelt. Sozialismus, Kapitalismus,
Pragmatismus: die drei sind zum ersten Mal arbeitlos und müssen sich neu orientieren. Elsbeth
gerät ins Karussell der ABM-Jobs und Umschulungsprogramme, Renate arbeitet bald als
Zimmermädchen in einem Hotel. Edith, die als junges Mädchen immer in Wittstock bleiben
wollte, nimmt einen Job in Süddeutschland an - das Leben verläuft eben nicht in geordneten
Bahnen.
Eine Langzeitbeobachtung über zwei Jahrzehnte: Brüche in Biographien, Szenen aus einer
Kleinstadt und die großen Umbrüche eines Landes. Deutsche Geschichte und drei starke Frauen
- ein schöner Film.“ DOK.fest München
„Ich habe die Auffassung, dass durch die Art von Arbeit, die wir machen, Dokumente im eigentlichen
Sinne des Wortes entstehen sollen. Dokumentarfilme als Dokumente.“ Volker Koepp