Agenda Rüstung – Für einen leistungsfähigen Rüstungsbereich I Rüstungsboard am 16. September 2016 in Berlin Kurs halten – Wir rollen die Methodik immer weiter aus Am 16.09.2016 hat bereits zum fünften 1 Mal unter Vorsitz der Bundesministerin der Verteidigung das halbjährliche Rüstungsboard getagt. Im Mittelpunkt der Diskussion standen Maßnahmen zur Risikominimierung bei ausgewählten Rüstungsprojekten. Hierzu haben die Projektleiter unmittelbar der Leitung sowie fachlich betroffenen Abteilungsleitern des BMVg zum Projektsachstand vorgetragen und diesen bewertet. Die projektbezogenen Inhalte des Rüstungsboards sind in den halbjährlichen Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten eingefloßen. Behandelt wurden 13 Rüstungsprojekte mit besonderer Relevanz für die Bundeswehr. Die vorgestellten Projekte sind Teil der noch in diesem Jahr bis auf 48 anwachsenden Projekte, die im neuen Risikomanagement behandelt werden und ein Finanzvolumen von rd. 70 Mrd. € abdecken (damit über zwei Drittel des Finanzvolumens aller Rüstungsprojekte der Bundeswehr). Seit April 2016 wurden 20 neue Projekte in das Risikomanagement übernommen. Darin sind mit dem Kampfflugzeug TORNADO sowie der Fregatte F124 erstmals auch Waffensysteme enthalten, bei denen der Schwerpunkt der Betrachtungen auf den Risiken und Problemen in der Nutzung liegt. Darüber hinaus wurde mit dem Bundeswehrfuhrparkservice erstmals eine der „Komplexen Dienstleistungen“ behandelt. 0F Abb.: Anzahl der im Risikomanagement berücksichtigten Projekte 1 Vorstellung des KPMG-Gutachtens als 1. RüBoard gezählt; 2.-5. RüBoard nach aktueller Methodik II Entwicklungen in den Rüstungsprojekten Dank der laufenden Modernisierungsmaßnahmen im Rüstungswesen (Agenda Rüstung) konnten wichtige positive Entwicklungen in einzelnen Projekten erreicht werden. Beispiele sind: • Ausgehend von den Erkenntnissen aus dem Risikomanagement aber auch der Task Force Drehflügler konnte die Verfügbarkeit des UH TIGER weiter deutlich verbessert werden. Vor allem zahlreiche Maßnahmen für eine kurzfristige Verbesserung der Ersatzteilsituation haben dazu beigetragen, dass die monatlichen Flugstunden um fast 75% gesteigert werden konnten (von ca. 170 monatlichen Flugstunden zum Beginn des Jahres 2015 auf heute rd. 300). • Im Projekt F125 wurde die Werftprobefahrt des ersten Schiffes dieser Klasse erfolgreich absolviert. Damit wurde ein wichtiger und fordernder Meilenstein erreicht. Die militärische Fahrmannschaft konnte am 18.07.2016 das Schiff für die weiterführende Erprobung und Abnahmen übernehmen. Durch enge Begleitung des früh als Risiko identifizierten Schiffsautomationssystems (ILASST) konnte der wesentliche Projektmeilenstein Werksprüfung erfolgreich absolviert und das entsprechende Risiko im Projekt abgebaut werden. • In den Projekten Rewinging, Erhalt der Instrument Flight Rules (IFR) - Fähigkeit und Obsoleszenzbeseitigung an der Missionsavionik der P 3C-Orion wurde durch das Projektteam frühzeitig das Risiko von Verzögerungen durch unzureichende Ingenieurkapazitäten auf Auftragnehmerseite identifiziert. Eine schnelle Kommunikation zwischen BMVg und Auftragnehmer führte bereits nach kurzer Zeit zu einer personellen Verstärkung der kritischen Bereiche. Damit können Projektverzögerungen durch Kapazitätsengpässe reduziert bzw. vermieden werden. Ein aktives Risikomanagement ganz am Anfang (Analysephase) spart auf den gesamten Projektverlauf gesehen am meisten Zeit und Geld. Je konkreter die Systemspezifikationen, die Unterlagen zur Angebotsaufforderung und –auswertung, desto effizienter die darauf aufsetzenden Vertragsverhandlungen im Vorfeld der parlamentarischen Befassung. Damit werden in einer Phase, die maßgeblich den gesamten, teils Jahrzehnte währenden Projektverlauf (Zeitlinien, Kosten, Leistung) prägt, Risiken erkannt und diesen beispielsweise durch entsprechende vertragliche Regelungen (z.B. Abbruchkriterien, schrittweises Vorgehen) begegnet. Robuste und faire Verträge brauchen Zeit Der deutliche gestiegene Anspruch an möglichst wasserdichte Verträge im Rüstungswesen mit fairer Verteilung der Risiken erfordert entsprechend mehr zeitlichen Vorlauf und intensivere Prüfprozesse vor der endgültigen vertraglichen Bindung. Der erhöhte Zeitbedarf insbesondere bei großen Neuprojekten, die bereits den anspruchsvolleren Vorgaben der Agenda Rüstung folgen, ist jedoch mit Blick auf den zu erwartenden stabileren Projektverlauf über viele Jahre sowohl für den Steuerzahler (z. B. klare Haftungsregeln) als auch für die Industrie (z. B. Planungssicherheit) gut investiert. • So musste die Zeit für die Erstellung des TLVS-Angebots, welches am 28.09.2016 beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung einging, durch die Industrie unter anderem aufgrund erforderlich gewordener intensiver Abstimmungsprozesse um rund 5 Monate verlängert werden. Da in einem solchen Projekt komplexe Industriestrukturen mit Unterauftragnehmern geschaffen werden müssen, übertragen sich die nun geforderten Qualitätsansprüche auch auf die industrieinternen Verhandlungen. • Im laufenden Vergabeverfahren MKS 180 zeichnet sich ebenfalls ab, dass der höhere Anspruch an die Qualität der Angebote die Industrie mehr Zeit kosten wird, als es früher der Fall war. So werden beispielsweise heute bereits vor Vertragsschluss ein detailliert ausgearbeitetes Schiffsdesign und der Nachweis erforderlicher Prozesse z.B. zum Risikomanagement und zur Qualitätssicherung eingefordert. Darüber hinaus werden einzelne Systeme durch zusätzliche Fähigkeiten verbessert. Hierzu zwei Beispiele: • Erfahrungen in Einsätzen (u.a. mit Schützenpanzer (SPz) MARDER) haben gezeigt, wie wichtig eine gute Sicht für die Kampffähigkeit und den Schutz der gesamten Besatzung ist. Das macht auch für den SPz Puma Sichtmittelverbesserungen 2 notwendig, die bei der Konzeption noch nicht dem damaligen Erfahrungsstand, bzw den heutigen Möglichkeiten der Technik entsprachen (Farbsicht und Nachtsicht auch für den Schützentrupp im hinteren Kampfraum). Insbesondere der Fähigkeit zum „Führen unter Luke“ wird heute eine besondere Bedeutung beigemessen. Eine erste monetäre Abschätzung war schon im Rüstungsbericht von März 2015 enthalten („mittlerer dreistelliger Millionenbetrag“). Jetzt konnte der Aufwand zur vollständigen Nachrüstung der Gesamtflotte mit der Sichtmittelverbesserung Wanne im Schätzrahmen auf ca. 410 Mio € konkretisiert werden. Die parlamentarische Befassung ist für das Jahr 2018 vorgesehen. • Für den NH 90 gibt es ein neues Einsatzkonzept, das bestimmte Einsatzerfahrungen (zum Beispiel ISAF) erstmals berücksichtigt. Hinzu kommen geänderte gesetzliche Vorgaben, die das System NH 90 erfüllen muss. Insgesamt werden für die notwendigen Anpassungen und Investitionen in eine gesteigerte Einsatztauglichkeit des Systems NH 90 zusätzliche Finanzmittel in Höhe von ca. 800 Mio € veranschlagt (z.B. „Electronic Warfare System“ und „Ballisitic Protection“ für einen höheren Schutz der Soldaten, verbesserte Instrumentenflugfähigkeit gemäß Vorgaben EASA und ICAO). 1F Verbesserungen konnten jedoch nicht in jedem Bereich erzielt werden. Ursächlich hierfür sind in weiten Teilen Defizite im ursprünglichen Projektaufsatz (alte Verträge), die nachträglich kaum mehr ausgeglichen werden können, oder auch auftragnehmerseitige Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Vertragsinhalte. Beispiele: • SPz PUMA: nicht stabiler Serienzulauf. Auftragnehmer liegt weiterhin deutlich hinter der für diesen Zeitpunkt vertraglich vereinbarten Stückzahl von 151 zurück. Grund: Qualitätsmängel (Hersteller). Auslieferung der letzten SPz verschiebt sich um voraussichtlich 7 Monate auf 2020. • AESA Radargerät: zusätzlicher Zeitverzug um weitere 5 Monate wegen technischer Probleme sowie mangelhafter Zulassungsdokumentation (Hersteller). Beschleunigung des Zulassungsprozesses wird geprüft. 2 Bereits dargestellt im Rahmen des jährlichen Berichts an den Haushaltsausschuss im Herbst 2014. III Hintergrund: Agenda Rüstung Für das Erreichen einer aufgabenorientierten Ausstattung der Streitkräfte im Rahmen der Trendwende Material bedarf es nicht nur der Deckung des finanziellen Bedarfes. Wesentliche Voraussetzung ist auch die zeitgemäße Befähigung des Rüstungsbereiches. Die hierfür notwendige Modernisierung und Optimierung des gesamten Rüstungswesens ist das Ziel der Agenda Rüstung. Die Agenda umfasst mehrere Bereiche: 1. Eine neue strategische Ausrichtung des Rüstungswesens (strikte Orientierung am Bedarf; klare rüstungspolitische Ziele, also nationale Schlüsseltechnologien und internationale Kooperationen) 2. Konkrete operative Ziele (z.B. besseres Vertrags- und Risikomanagement oder das zügige Herbeiführen notwendiger Entscheidungen wie z.B. MKS 180, MALE HERON TP, TLVS). 3. Ein neues Selbstverständnis („Zielbild Rüstungsmanagement“), in dem Lösungsorientierung, Transparenz und Risikobewusstsein handlungsleitend sind. Die Optimierung des Rüstungswesens berücksichtigt auch den Bereich Personal. Im Rahmen der Trendwende Personal werden im Bereich BAAINBw in den Jahren 2016 bis 2018 rd. 670 zusätzliche Dienstposten eingerichtet, die z.B. das Management von Großprojekten oder den Güteprüfdienst unterstützen sollen, bzw. der querschnittlichen Projektunterstützung dienen. Davon wurden im Jahr 2016 rd. 150 Dienstposten als Sofortmaßnahmen umgesetzt. Zur besseren Aufstellung des Vertragswesens im BAAINBw gehört auch die kontinuierliche Deckung des Bedarfs an Juristinnen und Juristen. Nachdem 29 Juristinnen und Juristen im Jahr 2015 ihren Dienst im BAAINBw antreten konnten, wurden im ersten Halbjahr 2016 bereits zehn Neueinstellungen verzeichnet. Weitere Neueinstellungen sind beabsichtigt Generell gilt: Grundlegende Änderungen brauchen Zeit. In einem Bereich dieser Größe und Komplexität sowie unter den vorgegebenen starren rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sind deutlich sichtbare Fortschritte kurzfristig nicht zu erreichen. Das neue aktive Risikomanagement führt jedoch heute schon zu einer deutlich spürbaren Professionalisierung im Projektmanagement. IV Rüstung 2017 in Zahlen 3 2F Im Regierungsentwurf (RegEntw) für den Haushalt 2017/50. Finanzplan sind folgende Ausgaben für das Jahr 2017 vorgesehen: • 5 Mrd € für militärische Beschaffungen (Haushalt 2016/49. Finanzplan für das Jahr 2016: 4,7 Mrd €) • 3,1 Mrd € für Materialerhaltung (Haushalt 2016/49. Finanzplan für das Jahr 2016: 2,9 Mrd €). • 1,8 Mrd € für Betreiberlösungen (Haushalt 2016/49. Finanzplan für das Jahr 2016: 1,8 Mrd €). • 1,1 Mrd € für Forschung, Entwicklung und Erprobung. (Haushalt 2016/49. Finanzplan für das Jahr 2016: 747 Mio €) • 6.694 Beschaffungsverträge wurden bisher 4 in 2016 durch das BAAINBw geschlossen (davon 6 Verträge>25 Mio. €). • Zum 31.08.2016 wurden durch das BAAINBw 1.288 Rüstungsprojekte betreut. • Zum 31.08.2016 wurden durch das BAAINBw 750 F&T 5 - Vorhaben betreut. 3F 4F V Beispiele Rüstungsentscheidungen 2016 • • • 3 Entscheidung zur Verlängerung der Nutzungsdauer TORNADO mindestens bis zum Jahr 2030 Entscheidung zur Beschaffung und Einrüstung von 110 AESA-Radargeräten in die Tranche 2 und die Tranche 3A für den EUROFIGHTER Auswahlentscheidung für HERON TP als System für die abbildende Aufklärung in mittleren Höhen mit großer Reichweite. (Die im Bieterverfahren unterlegene Firma GENERAL ATOMICS hat gegen die Entscheidung für den HERON TP ein Nachprüfverfahren initiiert, und mittlerweile, nachdem die Vergabekammer eine entsprechende Eingabe zurückgewiesen hatte, Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. Damit kann sich die endgültige Klärung der Vergabefrage bis ins II. Quartal 2017 ziehen.) gerundet Stichtag 31.08.2016 5 Forschung & Technologie 4
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