Saisonverlauf 2016 ‐ 100 Tage Reisen „Die Sicht eines U23 WM‐Teilnehmer auf die Dinge“ Text: Joachim Agne ( ein Lagebericht) Jeder von uns hat ein Zuhause in seiner Stadt, in der er arbeitet, vermutlich rudert und wohnt. So ist das eine Vielzahl der Tage im Jahr. Ein paar Urlaubstage und Wochenenden hat man, an denen man wegfahren kann, aber bestimmt in der Hälfte der Fälle das auch nicht macht. So war es für mich diese Saison sicher nicht! Grob überschlagen war ich gut 100 Tage von Februar bis einschließlich August weg aus Würzburg zum Training und zu Regatten. Viele sagen wahrscheinlich, es sei ein riesen Aufwand, vielleicht zu viel für ein Hobby, auch wenn Rudern nur ein solches sein kann. Aufwand ist es natürlich, aber ich freue mich darüber, soviel herumzukommen und viele Leuten von weiterweg wiederzusehen. Nebenher studiere ich zwar, das bedeutet dann auch Arbeit, selbst wenn man unterwegs ist. So war ich in Spanien, Italien, Belgien, den Niederlanden und vielen Städten Deutschlands, von Ratzeburg bis München und Krefeld bis Leipzig. Und gerade mit Leipzig begann auch der Weg zur U23 WM. Hier zeigt sich jährlich, wie man sich über den Winter verbessert hat und ich hatte meine ersten 1500km Wassertraining schon locker voll in diesem Jahr. Ich freute mich darauf, dass es endlich losging, man sich endlich wieder mit den anderen Messen konnte und das nicht nur auf dem Ergo und der Langstrecke in Leipzig, sondern auch auf der drei Wochen später folgenden Kleinbootmeisterschaft in Köln. Bis hierhin wurde selbstverständlich auch viel Einer geübt. Im Winter sind wir etwas öfter Großboot gefahren und immerhin Doppelzweier durften wir dann auch in Gent (Belgien)‐ resultierend auf den Ergebnissen aus Köln‐ fahren. Als zweitschnellster leichter U23 Einerfahrer ging ich in die Mannschaftsbildung, wenn man es so nennen will. Mit dem schnellsten zusammen, Jonathan Rommelmann, klappte der Zweier nicht. Er fuhr weiter mit dem dritten, Philipp Grebner, die amtierenden Weltmeister im leichten U23 Doppelzweier waren. Ich konnte somit mit Jonathan Schreiber aus Erlangen fahren, was mir sehr recht war, kannten wir uns schon ziemlich gut. Spätestens nach Gent war unser Ziel klar, den anderen gesetzten Doppelzweier zu ärgern und irgendwie an diesem vorbeizukommen, auch wenn es in Gent noch nicht klappte. Mit den guten Einerergebnissen im Rücken ging es zur zweiten Kleinbootüberprüfung nach Hamburg. Ein Doppelsieg aus bayerischer Sicht mit uns Beiden stärkte natürlich noch das Selbstbewusstsein. Auch den Doppelzweier und den Doppelvierer konnten wir für uns entscheiden, unter anderem deswegen, weil Jonathan Rommelmann nicht am Start war, der klar der überlegene Einerfahrer in unserer Klasse war. Inzwischen saßen Jonathan Schreiber und ich sicher im vom DRV gesetzten Doppelvierer, das Ziel war nun, diesen auf der Deutschen Jahrgangsmeisterschaft zu gewinnen, was als recht wahrscheinlich galt, aber außerdem noch immer, den Doppelzweier Rommelmann/Grebner umzubiegen, was eine kleine Sensation wäre. Denn auch auf der Regatta Ratzeburg waren sie vorne. Dann entschieden wir uns, einiges umzustellen, z.B. andere Skulls zu nehmen, ich kam nun auch unter der Woche oftmals nach Erlangen zum Training. Die DJM war also auch für mich ein sehr wichtiger Wettkampf, hier ging es um die Nominierung für die WM. Wer gewinnt, der fährt auch, so hieß es. Im Zweier hatten wir nichts zu verlieren, lagen bei 1000m erst gut 2 Längen hinten, doch wir konnten das aufholen und uns die Meisterschaft wie auch den Startplatz auf der WM ergattern. Das war der erste Teil der Saison, der Weg zur WM‐Nominierung und hier wussten wir schon, die Saison war richtig gut, denn niemand dachte, dass wir wirklich den Doppelzweier, in dem die Stärksten der Leichten fahren, wirklich vertreten dürfen. Jetzt konnten wir diesen ernsthaft üben, konnten Messboot und einige andere Tests in Leipzig fahren, trainierten dann in Krefeld und fuhren darauf für drei Wochen nach Ratzeburg in die unmittelbare Wettkampfvorbereitung für die WM. Auf der WM in Rotterdam erreichten wir leider um drei Hundertstel nicht das Finale und belegten den siebten Platz. Für uns war das dennoch ein riesen Erfolg und auch unser Trainer Ingo Euler, der uns soweit es beruflich ging immer unterstützte, war sehr zufrieden damit. So verlief meine Saison, ganz kurz zusammengefasst. Viele Sachen spielten hier mit rein, so hätten wir die Nominierung wohl nicht geschafft, hätten wir nicht vom RV Erlangen ein brandneues Top‐ Boot zur Verfügung gestellt bekommen und hätte Ingo Euler uns nicht so darin bestärkt, dass es möglich ist, den Weltmeisterzweier zu besiegen. Auch die vom BRV organisierten Lehrgänge und Stufentests haben uns hier weitergeholfen, sowie die Trainerin Sabine Tschäge, die für die leichten Skuller von DRV‐Seite aus zuständig war und uns übernahm, als Ingo arbeiten musste. Auch der ARC Würzburg half mir vor allem finanziell durch das Ermöglichen der Fahrten zum Training nach Erlangen, zu den Regatten, usw. Was mich besonders freut, dass diese Saison wirklich nach dem Leistungsprinzip ablief, wir waren der schnellste Zweier im entscheidenden Wettkampf und durften so den Doppelzweier auch fahren, in dem uns dann sogar die Trainerin des gegnerischen Zweiers sehr gut trainierte bis einschließlich zur WM. Jetzt im Nachhinein wird mir eigentlich auch erst wirklich klar, was ich alles gelernt habe in dieser Saison, individuell von der Technik bin ich ein ganzes Stück weitergekommen. Somit kann ich mit dem Gedanken schließen, dass es aufwendig war und ich jetzt für meinen Bachelor zwar ein Semester länger brauche als die Regelstudienzeit vorsieht. Ich habe aber durch das Rudern so viel mitbekomme, viele nette Leute kennengelernt und viele tolle Wochenenden verbracht, dass sich das auf jeden Fall lohnt. So etwas geht nur jetzt; studieren und arbeiten kann ich noch lang genug, deshalb gönne ich mir gerne diese 100 Tage reisen! Quelle Home Page RV Erlangen
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