Zur Rolle von Religion in Integrationsprozessen

Theologische Fakultät
Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
EINLADUNG
Abschlussveranstaltung des universitären Forschungsschwerpunkts
«Religion und gesellschaftliche Integration in Europa (REGIE)»
Zur Rolle von Religion in Integrationsprozessen –
Erwartungen, Potenziale, Grenzen
Festvortrag von Prof. Dr. Christoph Bochinger
1. DEZEMBER 2016 18.15 UHR
UNIVERSITÄT LUZERN, FROHBURGSTRASSE 3, LUZERN, HÖRSAAL 4 IM EG
ÖFFENTLICHER ANLASS, EINTRITT FREI
In Zusammenarbeit mit
Zum Forschungsschwerpunkt
Religion galt Politikern, Journalisten und vielen Sozialwissenschaftler gegen Ende
des 20. Jahrhunderts als ein rückläufiges Phänomen. Das ist mittlerweile anders.
Das Pendel der Einschätzung der gesellschaftlichen Bedeutung von Religion scheint
heute stärker in Richtung einer großen Wirkmächtigkeit von Religion auszuschlagen. Medien und Politik weisen der Religion und den Religionsgemeinschaften einen
hohen Stellenwert zu. Einerseits soll sie als «Bindekitt» für den Zusammenhalt zunehmend unübersichtlicherer Gesellschaften dienen, andererseits wird ihre Gefahr
für die Destabilisierung und Desintegration freiheitlicher Gemeinwesen beschworen.
Angesichts dessen hat Christoph Bochinger Besonnenheit angemahnt und gefordert,
«möglichst zurückhaltend mit religiösen Begründungen für gesellschaftliche Problemlagen umzugehen».
Um einen sensiblen und in den Analysen und Interpretationen abwägenden Umgang
mit dem gesellschaftlichen Stellenwert von Religion und Religionsgemeinschaften
in der Schweiz und in ausgewählten Ländern Europas geht es dem universitären Forschungsschwerpunkt «Religion und gesellschaftliche Integration in Europa (REGIE)».
Der 2009 zunächst auf fünf, später auf sieben Jahre angelegte Forschungsschwerpunkt der Universität Luzern hat zum Ziel, im gesellschaftlichen Spannungsfeld von
individueller Religionsdistanziertheit und medial-politischer Religionsdramatisierung
das Leistungsvermögen von Religion zur gesellschaftlichen Integration oder Desintegration zu erforschen. Wie und unter welchen Bedingungen wirken sich Religion und
Religionen positiv oder negativ auf den Zusammenhalt und die Stabilität demokratischrechtsstaatlicher Gesellschaften aus?
Beteiligt sind fünf Teilprojekte aus der Fundamentaltheologie, Dogmatik, Kirchengeschichte, Politikwissenschaft und Religionswissenschaft. Die Mitglieder Edmund
Arens, Wolfgang W. Müller, Markus Ries, Antonius Liedhegener und Martin Baumann
haben in ihren Teilprojekten einander ergänzend je unterschiedliche theoretische, historische, empirische und/oder systematische Zugänge verfolgt, um einen Beitrag zur
Fragestellung zu leisten. Die geschieht in Kooperationen mit interdisziplinären Zentren
und Forschungsclustern, so mit dem Zentrum für Religion, Wirtschaft, Politik (ZRWP)
der Universitäten Luzern, Zürich, Basel, Lausanne und Fribourg, dem Exzellenzcluster
Religion und Politik der Universität Münster und der gemeinsam mit Religionsforschern
der Universität Leipzig getragenen Forschergruppe «New Dynamics in Religion, Politics
and Society in Europe».
Programm
Einführung
Festvortrag von Prof. Bochinger
Zur Rolle von Religion in Integrationsprozessen – Erwartungen, Potenziale, Grenzen
Abschluss: Apéro riche
Zum Referenten
Prof. Dr. Christoph Bochinger (1959), ist Professor für Religionswissenschaft an der
Universität Bayreuth mit besonderer Berücksichtigung der religiösen Gegenwartskultur an der Universität Bayreuth. Von 2007 bis 2011 war er Präsident des Nationalen
Forschungsschwerpunktes «Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft» des
Schweizerischen Nationalfonds.
Christoph Bochinger hat wichtige Monographien zum Verständnis von Religion in der Gegenwartsgesellschaft veröffentlicht: ‘New Age‘ und moderne Religion. Religionswissenschaftliche Perspektiven, Gütersloh (2. Aufl. 1995) analysiert die breite Aufnahme von
esoterischen und spirituellen Angeboten seit dem 18. Jh. bis zur Gegenwart. Die Studie
Die unsichtbare Religion in der sichtbaren Religion. Formen spiritueller Orientierung in
der religiösen Gegenwartskultur (in Ko-Autorenschaft), Stuttgart (2009) behandelt die
Vielfalt religiöser und spiritueller Orientierungen innerhalb christlicher Kirchen. Er ist
Herausgeber des für die Schweiz wichtigen Bandes Religionen, Staat und Gesellschaft.
Die Schweiz zwischen Säkularisierung und religiöser Vielfalt, Zürich (2012). Seine Forschungsschwerpunkte sind die Vergleichende Religionswissenschaft, die Empirische
Religionsforschung mit qualitativen Methoden, die europäische Religionsgeschichte,
alternative Spiritualitätsformen sowie religiöse Minderheiten, insbesondere muslimische Gemeinschaften im deutschsprachigen Raum.
Zum Thema
Einerseits gilt Religion und Religiosität von Migranten und Migrantinnen als notwendiger
Faktor für die Eigenunterstützung in Gemeinschaften, andererseits als schwerwiegender oder gar unüberbrückbarer Hinderungsgrund zur gesellschaftlichen Eingliederung
und Anpassung. Diese unterschiedlichen Bewertungen und Sichtweisen tragen dazu
bei, dass Religion eine grosse, womöglich zu grosse Bedeutung bei Integrationsprozessen und der Thematik gesellschaftlichen Zusammenhalts zugeschrieben wird. Im Vortrag wird dieser Zusammenhang kritisch reflektiert und in vier verschiedene Aspekte
differenziert: Zur Sprache kommen Religion und Religionskritik als Grund für Migration
sowie Religion als Faktor beim Leben im fremden Land. Ebenso gilt es, die religiösen
Prägungen in der Aufnahmegesellschaft und die religiösen Selbst- und Fremdbilder zu
analysieren und in die Gesamtschau zu integrieren.
Publikationen
Band 1: Integration durch Religion?
Ob Religion eine Gesellschaft zusammenschweisst oder auseinanderreisst, wird heiss diskutiert. Was Religion und konkrete
Religionen zur Integration beitragen, beleuchtet der erste Band
des universitären Forschungsschwerpunkts REGIE.
Die Publikation «Integration durch Religion?» ist das Ergebnis
eines internationalen Kongresses an der Universität Luzern.
Dieser wurde im Rahmen des Forschungsschwerpunkts «Religion und gesellschaftliche Integration in Europa» (REGIE) Mitte 2012 durchgeführt.
Der Band belegt die Brisanz der Integrationsdebatte und die Notwendigkeit differenzierter wissenschaftlicher Analysen von und Reflexion auf Integration. Das Buch
schärft den Blick für die Bedeutung von Religion bzw. den Beitrag von Religionsgemeinschaften zur gesellschaftlichen Integration. Zugleich stellen die Beiträge unter Beweis,
was universitäre Forschungsschwerpunkte an interdisziplinärer Forschung möglich
machen und tatsächlich leisten.
Band 2: Integrationspotenziale von Religion und Zivilgesellschaft
Auf der Grundlage der Resultate von Band 1 und neuerer Forschungsliteratur fragt
Band 2 spezifisch nach den Potenzialen von Religion, Prozesse gesellschaftlicher Teilhabe und Integration in historischen und gegenwärtigen Kontexten entweder zu hemmen, zu ermöglichen oder zu fördern.
Edmund Arens widmet sich aus einer systematisch-theoretischen Perspektive der
Bedeutung von Öffentlichkeit für Religion und Religionen und argumentiert ausgehend
von der jüngeren angelsächsischen Debatte, dass gerade öffentliche Religionen in der
Zivilgesellschaft Möglichkeiten zur Integration eröffnen.
Martin Baumann weist in seiner religionswissenschaftlichen Untersuchung religiöser
Gemeinschaftsorte von Immigranten auf, dass im Gegensatz zu «einfachen» Mitgliedern und Gläubigen gerade Funktionsträger wie Priester, Imame oder Vereinspräsidenten aufgrund ihrer Positionen und damit ermöglichter Kontakte zu Behörden, Politikern
und Vertretern anderer Religionen erhöhte Optionen zur gesellschaftlichen Teilhabe
und Mitsprache und damit Integration haben.
Antonius Liedhegener wendet sich in seinem Beitrag aus politikwissenschaftlicher Perspektive dem Stellenwert von Religionen in der Zivilgesellschaft und ihren Potenzialen
für die soziale und systematische Integration zu. Seine Analysen zeigen, dass selbst in
einem vergleichsweise säkularen Land wie der Schweiz von den verschiedenen Dimensionen von Religion und Religiosität positive Effekte auf das zivilgesellschaftliche Engagement und damit auf Ressourcen des gesellschaftlichen Zusammenhalts ausgehen.
Das REGIE-Team
– Prof. Dr. Edmund Arens, Fundamentaltheologie
Theologische Fakultät, Universität Luzern
– Prof. Dr. Martin Baumann, Religionswissenschaft
Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Universität Luzern
– Prof. Dr. Antonius Liedhegener, Politikwissenschaft
Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP)
Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Universität Luzern
– Prof. Dr. Wolfgang W. Müller, Dogmatik
Theologische Fakultät, Universität Luzern
– Prof. Dr. Markus Ries, Kirchengeschichte
Theologische Fakultät, Universität Luzern
– Daria Serra, MTh, Koordinatorin
Universität Luzern
Dank
Wir möchten uns bei all jenen bedanken, welche am FSP mitgewirkt haben:
Urs Altermatt, Fribourg;
Samuel Behloul, Fribourg;
Reinhold Bernhardt, Basel;
Heiner Bielefeldt, Erlangen-Nürnberg;
Prisca Birrer-Heimo, Rothenburg;
Christoph Bochinger, Bayreuth;
José Casanova, Washington;
Martina Caroni, Luzern;
Wilhelm Damberg, Bochum;
Grace Davie, Exeter;
Klaus Fitschen, Leipzig;
Karl Gabriel, Münster;
Daniel Gerson, Basel;
Hermann-Josef Große Kracht, Darmstadt;
Helen Keller, Zürich;
Alexander Kenneth Nagel, Göttingen;
Hans G. Kippenberg, Bremen;
Urs Köppel, Basel;
Verena Lenzen, Luzern;
Rochus Leonhardt, Leipzig;
Bernadette Müller Kmet, Innsbruck;
Giusep Nay, Valbella;
Paul Nolte, Berlin;
Anastas Odermatt, Luzern,
René Pahud de Mortanges, Fribourg;
Silvio Peritore, Heidelberg;
Daria Pezzoli-Olgiati, Zürich;
Gert Pickel, Leipzig;
Gerhard Robbers, Trier;
Reinhard Schulze, Bern;
Tine Stein, Kiel;
Jörg Stolz, Lausanne;
Andreas Tunger Zanetti, Luzern,
Wolfgang Vortkamp, Berlin;
Kenneth Wald, Florida;
Linda Woodhead, Lancaster
Informationen
Koordinatorin REGIE
Daria Serra
Frohburgstrasse 3
Postfach 4466
6002 Luzern
[email protected]
www.regie-unilu.ch
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Veranstaltungsort
Universität Luzern
HS4 – EG
Frohburgstrasse 3
Luzern
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