Das Magazin für Ärzte, Praxis-Partnerinnen und Interessierte . Ausgabe 61 . September 2016 Pilotprojekt zur Neu- und Wieder„Chronic Care Ap- wahlen des Vorplication (CCA)“ stands Seite 05 Seite 15 Der Praxistipp: Impfen Seite 30 Inhalt 03 . . . . . . . Editorial 04 . . . . . . . Gelungene Premiere des 1. Gesundheitstages „Gemeinsam gegen Krebs” 05 . . . . . . . Pilotprojekt zur „Chronic Care Application (CCA)“ 07 . . . . . . . Hilfsmittel - Ausschreibungen der Krankenkassen 10 . . . . . . . Rubrik: Medizinisch-Soziale Einrichtungen stellen sich vor Klinikclowns 04 13 . . . . . . . BSG erschwert die Übergabe von Arztpraxen an MVZ 14 . . . . . . . Europäische Datenschutz-Grundverordnung tritt in Kraft 15 . . . . . . . Neu- und Wiederwahlen des Vorstands Motivierte Ärztinnen und Ärzte gesucht 16 . . . . . . . Rubrik: Selbsthilfegruppen stellen sich vor Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein: Selbsthilfe neu gedacht 18 . . . . . . . 1. Haus- und Fachärztetag am 17.09.2016 10 20 . . . . . . . Der Dachverband der Praxisnetze S-H stellt sich vor 21 . . . . . . . Rubrik: Medizinische Fragen Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen 26 . . . . . . . Rubrik: Praxen stellen sich vor Das MVZ Chirurgie Kiel 27 . . . . . . . Rubrik: Aktuelles von den Praxis-Partnerinnen 13 28 . . . . . . . Rubrik: Das geförderte Netz Erstes Treffen des geförderten Praxisnetzes 30 . . . . . . . Rubrik: Der Praxistipp Impfen 35 . . . . . . . Diabetes aufgefrischt Folge 26: Diabetische Ketoazidose bei Erwachsenen 38 . . . . . . . Cooking Doc Spargel-Wok mit Garnelen und Duftreis 26 39 . . . . . . . Neue Arzneimittelinformationen 39 . . . . . . . Das Allerletzte 39 . . . . . . . Impressum 38 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, „Versorgung gemeinsam gestalten“, dieser Satz ist nicht neu und mit diesem Slogan wirbt nicht nur unser Praxisnetz für die Qualität seiner ambulanten Versorgung. „Versorgung gemeinsam gestalten“ steht für einen tragenden Pfeiler der Ideen in der Kampagne KBV 2020, deren Positionspapier ein Puzzleteil in dem Programm KBV 2020 darstellt, das von KBV und KVn gemeinsam entwickelt werden soll. Statements und Ausblicke in die gesundheitspolitische Landschaft dieser Kampagne sind bekannt und oft wiederholt. „Wir haben in Deutschland eine hochwertige und flächendeckende Gesundheitsversorgung, die im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung innehat.“ Stimmt das und wenn ja, wie lange noch? „Dabei stehen wir vor großen Herausforderungen: Auch Dank des medizinischen Fortschritts werden die Menschen im Land älter und leben länger gesund. Allerdings nehmen insbesondere in den letzten Lebensjahren komplexe Krankheitsbilder und chronische Erkrankungen zu.“ Die demographische Entwicklung in unserem Land ist kein Geheimnis. Kunst wäre es, wenn Kostenträger und Leistungserbringer prospektiv gemeinsam die notwendigen Änderungen in der medizinischen Versorgung analysieren und umsetzen würden. Nicht alles ist mit Einsparungen zu leisten. Warum sollen Männer und Frauen nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze Anspruch auf Krebsfrüherkennung haben? „Dies alles geschieht vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller Ressourcen.“ Aber Vertragsärzte fordern auch eine Aktualisierung der Leistungskataloge der verschiedenen Fachgruppen. Neues Geld für neue Leistungen. Dafür nehmen wir Vertragsärzte diese Herausforderung zum Sicherstellungsauftrag auch zusammen mit unserem ärztlichen Nachwuchs an und sind wie im Beispiel unseres Praxisnetzes bereit, eine intensivierte Kooperation untereinander, mit Krankenhäusern und den Vertretern anderer Heilberufe einzugehen. Wenn wirklich der Patient laut Kampagne 2020 in seiner Autonomie und in seiner Verantwortung gestärkt werden soll, gäbe es die Aussicht, dass gesundheitsbewusstes Verhalten nicht nur als ärztliche Empfehlung verhallt, sondern z. B. Voraussetzung für eine Beitragsreduktion beim Kostenträger wird. „Die Möglichkeiten moderner Datenübertragung und -vernetzung werden genutzt und ausgebaut.“ Es wäre wirklich ein großer Meilenstein in unserer gesundheitspolitischen Landschaft, wenn ein autorisierter Klick zur Öffnung der gesamten digitalen Patientenakte führt mit allen wichtigen anamnestischen Daten und Befunden und einem aktuellen Medikamentenplan. Diese organisatorische Erleichterung könnte viele zeitliche Ressourcen sparen und die gesetzlich umgesetzte Terminservicestelle, die zu unseren Kosten betrieben wird, weiterhin ad absurdum führen. Der bundeseinheitliche Medikamentenplan lässt die ambulant tätigen Ärzte erschauern, die sich zunehmend um multimorbide Patienten mit Multimedikation kümmern müssen. à www.kbv.de/html/medikationsplan.php Unser Praxisnetz Kiel verfolgt seine gesundheitspolitischen Ziele in der regionalen Versorgung weiter mit der Idee „KBV 2020 nach dem Vorbild des PRAXISNETZES Kiel e. V.“ à www.kbv.de/media/sp/2016_05_20_Konzept_KBV_2020.pdf In diesem Sinne Doris Scharrel Fachärztliche Vorstandsvorsitzende Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 3 Gelungene Premiere des 1. Gesundheitstages „Gemeinsam gegen Krebs“ Schwerpunkten, aber wieder in gemeinsamer Kooperation der Kieler Ärzte und Universitätsmedizin zu wiederholen. Kieler Ärzte und Universitätsmedizin Hand in Hand Mehr als 30 Experten verschiedenster Fachrichtungen und Schwerpunkte aus dem PRAXISNETZ Kiel e. V. und UKSH informierten am 23.04.2016 von 10 bis 20 Uhr auf dem ersten Kieler Gesundheitstag im Sophienhof über die häufigsten Krebserkrankungen sowie den aktuellen Stand von Medizin und Wissenschaft. Es war eine der größten Informationsveranstaltungen zum Thema Krebs und Medizin und insbesondere die Kooperation zwischen ambulanter und klinischer Versorgung für Patienten ein Novum im Raum Kiel. Schätzungsweise konnten mehr als 35.000 Besucher erreicht werden. Die Themen umfassten allgemeine Informationen rund um das Thema Onkologie sowie die häufigsten organbezogenen Tumorerkrankungen wie Brustkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs, Lungenkrebs und Tumoren im Hals-Kopf-Bereich bis zu internistischen Krebserkrankungen. Neben fortlaufenden Impulsvorträgen standen die Kieler Ärzte aus Praxis und Klinik für persönliche Beratungsgespräche und vertiefende Fragestellungen zur Verfügung. Darüber wurden weiterführende Informationen durch die zahlreichen Ausstellungsstände der Selbsthilfegruppen, der Supportiv- und Palliativangebote, der Schleswig-Holsteinischen Krebsgesellschaft, dem Fundraising des UKSH sowie dem Onkologischen Zentrum und PRAXISNETZ Kiel e. V. angeboten. Die Veranstalter, der Freunde- und Förderverein des UKSH in Kooperation mit dem PRAXISNETZ Kiel e. V. und dem UKSH Krebszentrum Nord sowie der Sophienhof Kiel zogen gemeinsam ein positives Fazit - möglicherweise der Auftakt, um in 2017 einen Gesundheitstag mit anderen Themen und 4 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Das PRAXISNETZ Kiel e. V. bedankt sich insbesondere bei den vielen engagierten Ärzten und Praxis-Partnerinnen aus dem Netz, die im Rahmen des Gesundheitstages vor Ort mit Vorträgen und Beratungsgesprächen die Veranstaltung begleitet und somit den ersten Gesundheitstag in Kiel ermöglicht haben: Dr. Arne Bautz, Dr. Human Bolouri, Dr. Berthold von Breska, Dr. Kai Ehrhardt, PD Dr. Horst Grimm, Dr. Bernd Hinz, Dr. Matthias von Hofen, Dr. Steffen Höft, Jan M. Kaitschick, Dr. Stephan Lischner, Dr. Knut Löck, Sarah Marth, Prof. Dr. Jacobus Pfisterer, Dr. Christiane Schwerk, Prof. Dr. Christoph Seif, Nicole Schütz, Matthias Seusing und Dr. Peter Sühring. Darüber dankt das PRAXISNETZ Kiel e. V. namentlich den folgenden Firmen und Partnern, ohne die die Veranstaltung nicht durchführbar gewesen wäre: Aesculap Braun AG, AOK Nordwest, AstraZeneca GmbH, Celgene GmbH, Covidien Deutschland GmbH, Ethicon Johnson & Johnson Medical GmbH, medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, Roche Pharma AG, Sanitätshaus Kurda GmbH LP Pilotprojekt zur „Chronic Care Application (CCA)“ Mit den Partnern AOK Nordwest, Ärztegenossenschaft Nord eG, AstraZeneca, sgh consulting und PRAXISNETZ Kiel e. V. Das PRAXISNETZ Kiel e. V. ist zurzeit in der Abstimmung mit den oben benannten Partnern, um ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Versorgung bei chronischen Erkrankungen auf den Weg zu bringen. Es besteht für Interessierte die Möglichkeit, sich nach Terminabsprache per Teamviewer die „Chronic Care Application (CCA)“ von Susanne Guthoff-Hagen demonstrieren zu lassen (Tel.: 040 / 25 49 37 21, E-Mail: [email protected]). Im Folgenden erhalten Sie zunächst ein paar Informationen, was sich hinter dem Kürzel CCA = „Chronic Care Application“ verbirgt. Das CCA-Projekt - elektronische Entscheidungsunterstützung bei Multimorbidität Alle Praxen kennen und erleben täglich die besondere Herausforderung der älter werdenden Gesellschaft: der Anteil an Patienten mit mehreren chronischen Erkrankungen steigt stetig an und nimmt bereits jetzt großen Raum im täglichen Behandlungsgeschehen ein. Diese Situation bringt neue und ganz spezielle Herausforderungen mit sich, auf die das Projekt „CCA - Chronic Care Application“ antworten möchte. liche Ansätze plötzlich nicht mehr in Frage kommen. Es ist sowohl für die Patienten als auch für die behandelnden Ärzte wichtig, dass die individuelle Behandlung in Übereinstimmung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und den darauf aufbauenden medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien ausgewählt wird. Im Falle einer Multimorbidität müssen jedoch mehrere, oft viele Leitlinien und Empfehlungen miteinander abgeglichen werden, ineinandergreifen und sich ergänzen. Auch die Ansprechpartner werden im Laufe der Zeit immer mehr: Krankenhaus, diverse Fachärzte und vor allem die betreuenden Hausärzte. Fundierte, aufeinander abgestimmte Vorgehensweisen werden notwendig und alle Beteiligten müssen über den ganzen Prozess informiert sein und zwar genau dann, wenn der Patient vor ihnen sitzt. Ganz im Sinne des Patienten und des gemeinsamen Therapieerfolges. Hierbei kann die Chronic Care Application (CCA) unterstützen. Den Überblick behalten - sicher entscheiden Die CCA ist eine webbasierte Softwarelösung, die über ein modernes Schnittstellenkonzept tief im Praxissystem verankert ist und problemlos darüber direkt aus der Karteikarte des Patienten aufgerufen wird. Damit alle Beteiligten denselben aktuellen Sachstand sehen und ergänzen können, handelt es sich um eine Applikation, die die Daten verschlüsselt auf einem zentralen Server bereitstellt, der für jeden autorisierten Arzt zugänglich ist. So ist eine einfache, intuitiv bedienbare IT-gestützte integrierte Entscheidungshilfe zur Dokumentation und Steuerung der Patienten entstanden. Der Server verbindet ein umfangreiches Regelwerk mit den individuellen Informationen über den Patienten und stellt jeweils die relevanten Informationen und die Entscheidungs- Multimorbide Patienten brauchen übergreifend abgestimmte Therapien Ältere, chronisch kranke Patienten haben oft mehrere Krankheiten und Beschwerden, die sich gegenseitig beeinflussen. Schweregrade verändern sich in unterschiedlicher Ausprägung oder es entwickeln sich neue zusätzliche Krankheitsbilder, wodurch die Gesamttherapie komplexer wird und ursprüng- Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 5 Pilotprojekt zur „Chronic Care Application (CCA)“ basis zur Verfügung. Die Chronic Care Application berücksichtigt derzeit zwölf häufige Krankheitsbilder, die in verschiedenen Kombinationen miteinander vergesellschaftet sein können. Dabei sind derzeit folgende Krankheitsbilder enthalten und miteinander verknüpft: • Diabetes mellitus Typ 2 • KHK • Herzinsuffizienz • Hypertonie • PAVK • COPD • Alle Organmanifestationen des Diabetes Mellitus Typ 2 • Akutes Koronarsyndrom • Niereninsuffizienz • Depression • Demenz • Osteoporose Für das Regelwerk wurde zu Beginn der Leitlinienstatus für jedes einzelne Krankheitsbild dokumentiert sowie die abgesicherten Kernempfehlungen und Konflikte ausgewertet und zusammengefasst. Der entscheidende Arbeitsschritt jedoch ist das Zusammenführen der einzelnen krankheitsbezogenen Empfehlungen und deren Anwendungsmöglichkeiten und Anpassungsbedarf bei den verschiedensten Krankheitskombinationen. Dies ist etwas, das ohne elektronische Unterstützung und im laufenden Arbeitsalltag so nicht geleistet werden kann. Dies ist einer der Hauptvorteile der CCA. Dabei beschränkt sie sich konsequent auf die wesentlichen Kernprozesse und relevanten Entscheidungspunkte, damit der Prozess nicht zu kleinteilig wird. Sicherheit steht im Vordergrund Neben der einfachen Anwendung sind 6 für das Entwicklerteam der CCA vor allem die Sicherheit für Arzt und Patienten oberstes Gebot. Die Integration in die Praxisverwaltungssysteme erfolgt in direkter, enger Zusammenarbeit mit den Systemanbietern um spätere Konflikte und Funktionsausfälle zu vermeiden. Für die sichere Datenhaltung und -übertragung sorgt ein komplexes, ausgereiftes Datenschutzkonzept. Im April 2015 wurde der CCA das begehrte Datenschutzgütesiegel vom „Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein“ verliehen. Damit wurde der CCA der hohe Anspruch an den Datenschutz von besonders schutzwürdigen Gesundheitsdaten attestiert. Eine Zertifizierung für SafeNet wurde angestoßen. Außerdem wurde die CCA als Medizinprodukt der Klasse 1 zertifiziert und hat einen Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 entsprechenden Auditierungsprozess beim TÜV durchlaufen. Das bedeutet hohe Sicherheit durch qualitätsgesicherte medizinische Inhalte, Entwicklungs- und Freigabeprozesse. Selbstverständlich wird die CCA technisch und inhaltlich laufend gewartet und aktualisiert. Wer bietet die CCA an? Die CCA ist ein gemeinschaftlich entwickeltes Produkt mehrerer spezialisierter Dienstleistungsunternehmen aus dem Gesundheitsbereich. Initiator ist das forschende Arzneimittelunternehmen AstraZeneca. AstraZeneca hat sich 2012 entschlossen, Angebote für Versorgungsprojekte zu entwickeln und sich mit diesen aktiv bei Krankenkassen und Ärzten zu positionieren. In diesem Kontext ist die CCA entstanden. Pilotprojekt zur „Chronic Care Application (CCA)“ Hilfsmittel Ausschreibungen der Krankenkassen Anliegen von AstraZeneca ist es, mit der CCA Vertragsärzte bei der leitliniengerechten Behandlung von multimorbiden Patienten zu unterstützen und zu vernetzen. Verantwortlich für die Entwicklung der medizinischen Inhalte ist sgh consulting und zwar komplett ohne Vorgaben durch AstraZeneca. Bei sgh consulting arbeiten Ärzte und Gesundheitswissenschaftler zusammen mit erfahrenen Prozessdesignern gemeinsam an den Inhalten der CCA unter Hinzuziehung von erfahrenen Praktikern unterschiedlicher Fachgebiete. Auch die Erfahrungen und Ideen der Nutzer fließen in die Weiterentwicklung ein - sgh consulting stellt dafür auch einen umfassenden Support zur Verfügung. Die IT-technische Umsetzung erfolgt durch die dr.heydenreich GmbH, ebenfalls ohne Vorgaben durch AstraZeneca. Die Medikationsempfehlungen der CCA sind leitlinienbasierte Wirkstoffempfehlungen, die erst im PVS des Arztes ohne Einflussnahme der CCA zu konkreten Produktempfehlungen umgewandelt werden. Die CCA arbeitet streng nach dem Prinzip der Produktneutralität. Wie kann die CCA durch Ärzte genutzt werden? Die CCA wurde insbesondere dafür entwickelt, moderne qualitätsorientierte Versorgungsverträge zwischen Praxisnetzen und Krankenkassen zu unterstützen. Die AOK Nordwest und der Vorstand des PRAXISNETZES Kiel e. V. führen seit einiger Zeit erfolgversprechende Gespräche, um gemeinsam ein Pilotvorhaben hierzu zu starten. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung wird die CCA den interessierten Ärzten im Rahmen einer Lizenzregelung zur Verfügung gestellt. Die Pilotphase, von der sich beide Seiten viel versprechen, wird engmaschig beobachtet und ausgewertet werden mit dem Ziel, das Projekt später möglichst breit auszurollen. Der Vorstand und die Geschäftsführung des Ärztenetzes stehen gerne für weitere Informationen für Sie zur Verfügung und freuen sich über weitere Netzmitglieder, die sich für eine Teilnahme an der Pilotphase interessieren. Susanne Guthoff-Hagen (sgh consulting) Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbes in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ wurden verschiedene Möglichkeiten zur Herbeiführung von Vertragsabschlüssen geschaffen. Verträge zur Versorgung mit Hilfsmitteln können nach § 127 Abs. 1 SGB V durch Kostenträger öffentlich ausgeschrieben werden, oder, wenn das Ausschreibungsverfahren nicht zweckmäßig ist, auf „herkömmlichem Wege“ abgeschlossen werden. Es gibt seitens des GKV-Spitzenverbandes ein nach Produkt, Produktgruppe oder Anwendungsorte sortiertes Hilfsmittelverzeichnis (https://hilfsmittel. gkv-spitzenverband.de/hmvAnzeigen_ input.action#). Darüber hinaus existiert ein Verzeichnis, der aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossenen Hilfsmittel. Grundsätzlich gilt dabei, dass die Aufnahme sämtlicher Produkte mit geringem oder zweifelhaftem therapeutischen Nutzen beziehungsweise für Hilfsmittel mit geringem Abgabepreis ausgeschlossen ist. Verordnung von Hilfsmitteln Ärzte können Hilfsmittel verordnen, wenn sie medizinisch notwendig sind und im Hilfsmittel-Verzeichnis des GKVSpitzenverbandes gelistet sind. Eine weitere Voraussetzung ist, dass dafür die Nutzung bestimmter Vordrucke vertraglich vereinbart ist. Für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Hilfsmitteln ist das Muster 16 - Arzneiverordnungsblatt - vorgesehen. Auf dem Arzneiverordnungsblatt können Ärzte bis zu drei verschiedene Produkte verschreiben. Das Rezept ist in der Regel zuzahlungs- Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 7 Hilfsmittel - Ausschreibungen der Krankenkassen pflichtig, in den meisten Fällen ist auch eine Genehmigung durch die Krankenkasse notwendig. Für die Verschreibung von Seh- und Hörhilfen gelten eigene Formblätter (Muster 8 beziehungsweise 8A und Muster 15). Das PRAXISNETZ Kiel e. V. hat unter seinen Mitgliedern eine Umfrage zur Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln durchgeführt. Die Ergebnisse der internen Befragung des PRAXISNETZES Kiel e. V. wurden mit Vertretern der Regionaldirektion Neumünster der AOK Nordwest diskutiert - Schwerpunkt dieses Gespräches bildeten die laut Umfrage genannten häufigsten und relevantesten Hilfsmittel gemäß Umfrage des PRAXISNETZES Kiel e. V. (s. Abb.): Stützstrümpfe, rundgestrickte Venenstrümpfe, flachgestrickte Lymphstrümpfe, Rollstühle, Inkontinenzhilfen, Protrusionsschienen, Spezial-BHs, Pflegebetten, Inhaliergeräte, Milchpumpen, E-Fahrstühle und Reparaturen, Motorschienen, Rampen, außerhalb des Regelfalles, TENS-Geräte, Hilfsmittel im Pflegebereich, CPAP-Geräte. Versorgung von Hilfsmitteln nach Verordnung Krankenkassen schreiben Verträge zur Hilfsmittelversorgung aus oder schließen direkt Verträge mit Anbietern zur Hilfsmittelversorgung ab, die dann nach Verordnung durch den Arzt, die jeweiligen Hilfsmittel gemäß vertraglicher Vereinbarung bereitstellen. Dies bedeutet, dass nach Verordnung die Versorgung, die Bereitstellung und Abrechnung von Hilfsmitteln zwischen Krankenkasse und dem jeweiligen Vertragspartner geregelt wird. Erfolgt beispiels- 8 weise die Verordnung (und Genehmigung) eines Pauschalrollstuhls sind keine weiteren Folgeverordnungen für Wartungen und/oder Reparaturen notwendig, da dieses zwischen Krankenkasse und dem jeweiligen Vertragspartner geregelt ist. Ebenso ist auch die häufig halbjährlich „gewünschte“ Verordnung neuer Kompressionsstrümpfe nur dann notwendig und gegeben, wenn die bisher genutzten Kompressionsstrümpfe defekt oder aus anderweitigen Gründen nicht mehr zu verwenden sind. Eine routinemäßige halbjährliche Verordnung von Kompressionsstrümpfen gibt es nicht. Vielmehr ist die kritische Fragestellung von Ihnen als „Verordner“ berechtigt, ob die bisher genutzten Strümpfe noch tauglich sind, bevor eine neue Verordnung erfolgt. Bedeutung für den Praxisalltag Der Arzt verordnet gemäß Muster 16 die erkrankungsbedingten notwendigen Hilfsmittel - und hat dann „eigentlich“ nichts mehr zu tun mit der anschließenden Bereitstellung von Hilfsmitteln, da die jeweilige Krankenkasse die Versorgung über eigene Verträge mit Hilfsmittelanbietern sicherstellt und gewährleistet. Es ist jedoch Aufgabe des behandelnden Arztes, den Nutzen und die Zweckmäßigkeit des verordneten Hilfsmittels zu prüfen und bei Auffälligkeiten kritisch zu hinterfragen. Wenn beispielsweise aufgrund einer diabetischen Erkrankung auf Verordnung Spezialschuhe angefertigt werden und der behandelnde Arzt feststellt, dass trotz speziell angepassten Schuhwerks Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 vermeidbare Druckstellen weiterhin auftreten, so kann ggf. die Krankenkasse nach vertraglicher Vereinbarung eine Nachbesserung beim entsprechenden Hilfsmittelanbieter verlangen, ohne dass eine neue Verordnung notwendig ist. Es kann hilfreich sein, in solchen Fällen mit der jeweiligen Krankenkasse in Kontakt zu treten (oder man bittet den Patienten dieses zu klären), bevor eine neue Verordnung von Spezialschuhen erfolgt. Fazit Die Versorgung von Hilfsmitteln wird durch Verträge der Krankenkassen mit verschiedensten Herstellern und/oder Zwischenhändlern geregelt. Über Leistungsverzeichnisse, Kataloge, Hilfsmittelrichtlinien und Gesetze sind die Versorgungsansprüche geregelt. Medizinische Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Nutzen des jeweiligen Hilfsmittels sollten aber nach Verordnung überprüft werden und insbesondere dann, wenn die verordnete und gewünschte Zweckmäßigkeit durch den Hersteller, Sanitätshaus, etc. nicht bereitgestellt oder gewährleistet werden kann, ist ein Austausch mit der Krankenkasse hilfreich. Die medizinische Versorgung ist und bleibt individuell - so wird es immer wieder Ausnahmen und Härtefälle durch besondere Erkrankungen oder Krankheitsschweregrade geben, die nicht durch das gesetzliche Raster sowie kalkulierte Durchschnittswerte und -verbräuche abgebildet werden. Die Versorgung und Bereitstellung von Hilfsmitteln in solchen spezifischen Fällen bleibt im Praxisalltag, in den Geschäftsstellen der Krankenkassen und den Hilfsmittelanbietern eine besondere Herausforderung. LP Hilfsmittel - Ausschreibungen der Krankenkassen Steekberg 7 | 24107 Kiel Telefon: 0431 - 9719900 Fax: 0431 - 9719911 [email protected] www.praxisnetz-kiel.de !"#$ %& - . 5 ' ( )* + 4 , / 0 1 * , , 1 #* 7 3 , 3 0 . 1 8* 7 3 , 3 0 3 - . '* 7 3 , 3 23 6 * 6 3 4 9 + 0 3 5 1 5 1 : 5 4 3 3; 5 < 3 - 23 - . 5 ! "#$ % &'(( )( *+"#),! *' '#-, . ' ) ($ /! ' ) ! # 0 ! '$$ 1!' !0 ' 2) 3 ! ," ! ( 4 ($ " ( " 1$( ! 2) # ( 54 1$( . ) ( ! !% (2)#0"# % 0 (( 6) ! # !0 , !2 3 ! "#$ $( 2) ! 2 *+"#) ! 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STATT THERMOMETER, SPRITZE UND BITTERER MEDIZIN BEFINDEN SICH IN IHREN „ARZTKOFFERN“ LUFTBALLONS, RASSELN, UKULELEN, HANDPUPPEN UND JONGLIERTELLER. MIT ZAUBERTRICKS UND MUSIK LASSEN HARALD ROOS („DR. MED. WURST“), DANIELE TREPANIER („DR. BAGUETTE“) UND GERHARD FLASSAK („DR. BALLABALLA“) FÜR EINEN MOMENT DIE ZEIT IN DEN KRANKENHAUSZIMMERN STILLSTEHEN UND ZAUBERN EIN LACHEN AUF DIE GESICHTER DER JUNGEN PATIENTEN. DIE CLOWNSVISITE FINANZIERT SICH AUSSCHLIEßLICH AUS SPENDENGELDERN. Harald Roos gründete die Klinikclowns im Jahr 2003 nach 20 Jahren als Straßenkünstler und Einrad fahrender Jonglierzauberclown. „Damals habe ich den Film Patch Adams gesehen, der mich stark beeindruckt hat. Ich dachte, Klinikclown, das wär‘ doch was.“ Also sammelte Roos erste Erfahrungen bei dem Lübecker Klinikclown „Dr. Max-i“ und recherchierte in Büchern und dem Internet, bevor er ein Konzept für die Clownsvisite am UKSH Kiel erstellte. In Marten Freund fand Harald Roos seinen ersten und bis heute beständigsten Sponsor. Denn der geschäftsführende Gesellschafter des Schlemmer-Marktes Freund zeigte sich sofort begeistert von der Idee und unterstützte sie mit 5.000 Euro. „Mit dem Geld „Wenn ich Leuten erzählt habe, dass ich Klinikclown bin, haben 70 Prozent geantwortet: ‚Oh, das muss aber schlimm sein‘ und 30 Prozent sagten: ‚Das muss aber toll sein‘“, erzählt Harald Roos. „Ich 10 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 in der einen und meinem Konzept auf einem Zettel in der anderen Hand bin ich dann zum Leiter der Kinderklinik. Er war zum Glück sehr interessiert.“ Was mit Harald Roos alias Dr. med. Wurst anfing, wuchs in den folgenden Jahren zur Clownsvisite mit den „Klinikcläunen“ heran. So erhielt der Saarländer etwa Verstärkung von dem Lübecker Kollegen und ausgebildeten Schauspieler Gerhard Flassak sowie Daniele Trepanier, einer ausgebildeten Clownin. „Wir sind alle Quereinsteiger, haben aber 20 Jahre vorher als Clowns gearbeitet und durch die Erfahrung als Klinikclowns und regelmäßige Fortbildungen ein Bewusstsein für das sensible Umfeld entwickelt“, erläutert Harald Roos. Waren es zu Beginn der Clownsvisite nur ein paar wenige Stationen am UKSH, hat sich das Revier der rotnasigen Weißkittel in den vergangenen Jahren um die Neurochirurgie, die HNO-Klinik, Ambulanzen und - nach Bedarf - Inten- Klinikclowns Dr. med. Wurst (Harald Roos), Dr. Baguette (Daniele Trepanier), Dr. Metty (Anne Kelz) und Dr. Ballaballa (Gerhard Flassak) sivstationen ausgebreitet: „Wir gehen auf alle Stationen, die in Frage kommen, abgesehen von der Säuglings- und der Frühgeborenenstation.“ Neben den zwei Tagen am UKSH statten die Klinikcläune auch den Patienten des Fritz-Ebert-Krankenhauses in Neumünster einmal wöchentlich einen Besuch ab. „Die meisten Kinder sehen wir nur einmal, die wenigsten liegen länger im Krankenhaus.“ Einige Kinder, berichtet Harald Roos, kennen die Clowns aber auch schon seit 14 Jahren: „Das sind dann Kinder mit Behinderungen oder mit neurologischen Krankheiten, die immer mal wieder ins Krankenhaus müssen, wenn beispielsweise die Medikamente neu eingestellt werden.“ Kinder auf der Krebsstation besuchen die Klinikcläune manchmal bis zu einem Jahr im Krankenhaus, „so lange, bis sie im Idealfall als geheilt entlassen werden.“ Die Clownsvisite ist individuell auf die kleinen und jugendlichen Patienten abgestimmt. Ohne Zwangsbespaßung, betont Harald Roos. „Wir gehen nur zu den Kindern, die darauf Lust haben. Von Zimmer zu Zimmer besuchen wir jedes einzeln.“ Manchmal werden auch schon mal Eltern, Schwestern oder Ärzte miteinbezogen. „Wir hatten schon sehr schöne Situationen, wenn dann das ganze Zimmer gemeinsam gesungen und mit Rasseln und Trommeln musiziert hat“, erinnert sich der 53-Jährige. „Es ist toll, was da entsteht.“ Mit Liedern, Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 kleinen Zaubertricks und Spaßuntersuchungen am jungen Patienten oder auch dem Kuscheltier soll die Clownsvisite die Angst vor dem Arztkittel nehmen und zeigen, dass nicht jede medizinische Untersuchung schlimm sein muss. „Unser Vorteil ist, bei aller Bescheidenheit, dass wir keine blöden Clowns sind“, erklärt Harald Roos. „Ich würde auch gern Besuch von mir bekommen.“ Entscheidend, um das Eis zu brechen und die Kinder zu erreichen, so Roos, seien nicht die Witze, sondern der Kontakt. Doch die Arbeit mit erkrankten Kindern sei nicht immer leicht, sagt der Vater einer Tochter und eines Sohnes: „Vor einigen Jahren sind sechs der Kinder innerhalb eines Jahres gestorben, die 11 Klinikclowns Eltern. Und umgekehrt: Wenn die Kinder ihre Eltern mal wieder lachen sehen, überträgt sich das sofort.“ wir regelmäßig besucht haben. Das hat uns an unsere Grenzen gebracht.“ Therapeutische Aufarbeitung des Geschehenen und regelmäßige Supervisionen erleichterten die Arbeit und verhinderten darüber hinaus, dass sich Fehler im Umgang miteinander einschlichen, erklärt Roos. „Außerdem gehen wir immer zu zweit in ein Zimmer und können uns so anschließend über besonders belastende Ereignisse austauschen. Das hilft auch schon.“ Dass er seine Arbeit liebt und weit über das Rentenalter hinaus weiterführen will, steht für Harald Roos außer Frage: „Was mir besonders gefällt, ist die Leichtigkeit, die wir in ein Krankenzimmer und in das Krankenhaus hineinbringen und die auch noch bleibt, wenn wir wieder weg sind.“ Diese übertrage sich nicht nur auf die Patienten, sondern auch auf die Eltern, die Krankenschwestern und die Ärzte. „Wenn die Kinder wieder lachen, dann lachen auch die Bei regelmäßigen Clownstreffen tauschen Harald Roos, Daniele Trepanier und Gerhard Flassak ihre Erfahrungen mit Kollegen aus Schleswig-Holstein und Deutschland aus. Im Juni dieses Jahres bekamen die Kieler Klinikcläune außerdem Besuch von zwei ClownsKolleginnen aus dem französischen Brest. Möglich gemacht hatte diesen Austausch der diesjährige Förderpreis der Familie Mehdorn Stiftung. „In Brest begleiten die Klinikclowns die Kinder zu einigen, zum Teil schmerzhaften, Untersuchungen“, berichtet Harald Roos. Dabei habe sich herausgestellt, dass den Kindern in diesen Fällen deutlich weniger Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht werden mussten. „Das wäre eine tolle Sache, wenn so etwas bei uns auch noch möglich wäre“, blickt Harald Roos hoffnungsvoll in die Zukunft. Andrea Lange Weitere Informationen unter: www.klinikclowns-kiel.de Unsere Spendenkonten: Einsatz am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel - Spendenkonto des UKSH - Förde Sparkasse Empfänger: UKSH WsG e.V. IBAN: DE75 2105 0170 1400 1352 22 | BIC: NOLADE21KIE Kontonummer: 1400 135 222 | BLZ: 210 501 70 Verwendungszweck: FW20005, Klinikcläune Kiel, UKSH Einsatz am Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster GmbH (FEK) - Spendenkonto des FEK - Sparkasse Südholstein IBAN: DE12 230 510 30 0026 001 501 | BIC: NOLADE21SHO Verwendungszweck: Klinikcläune 12 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 BSG erschwert die Übergabe von Arztpraxen an MVZ Der 6. Senat des Bundessozialgerichtes hat für erhebliche Unruhe bei den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Vertragsärzten sowie bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und Zulassungsgremien gesorgt. Bislang war es zumeist problemlos möglich, eine Vertragsarztpraxis in ein MVZ zu überführen, sofern alle entsprechenden Bedingungen erfüllt wurden. Eine der Bedingungen ist, dass der Vertragsarzt, der seinen Sitz einbringt, auch tatsächlich die Absicht haben muss, künftig als angestellter Arzt auf diesem Sitz weiterzuarbeiten. Absichten zu überprüfen ist jedoch eine schwierige Angelegenheit. Daher galt es bislang als ausreichend, wenn die Fortdauer der Beschäftigung bei drei bis sechs Monaten lag. Entsprechend wurden viele Übergaben nach diesem Modell geplant und durchgeführt. Anschließend konnten die MVZ die Stelle durch einen angestellten Arzt wieder besetzen. Diese Praxis galt seit zwölf Jahren und wurde nie beanstandet. Doch im Mai wurde der Grundsatz vom Bundessozialgericht infrage gestellt. Der Vertragsarztsenat entschied, dass unter „ernsthaften Absichten” künftig eine Weiterbeschäftigung von mindestens drei Jahren anzusehen sei. Damit ist es de facto kaum noch möglich, auf einen Sitz zugunsten des MVZ zu verzichten. Die Entscheidung hat ganz erhebliche Auswirkungen auf künftige Planungen und deren Vorläufe. Betroffen sind dabei besonders Kollegen, die kurz vor ihrem Ruhestand ihren Sitz an ein MVZ abgeben wollen und noch kurzzeitig oder nur in Teilzeit weiterarbeiten möchten. Das ist künftig kaum noch realisierbar. Wer also beispielsweise mit 65 aus dem Berufsleben ausscheiden möchte, müsste seinen Sitz spätestens bis zum 62. Lebensjahr ans MVZ übergeben. Allerdings ist fraglich, ob sich ein Arzt, der viele Jahrzehnte als Selbständiger gearbeitet hat, noch sinnvoll in ein MVZ integrieren lässt. Besonders für Ärzte in Landarztpraxen, die in einigen Regionen kaum noch verkäuflich sind, ist das ein schwerer Schlag mit erheblichen finanziellen Auswirkungen. Wer geplant hatte, seine Praxis vor der Rente in Ermangelung eines Nachfolgers in ein MVZ einzubringen, steht damit vor einem erheblichen Problem. Entweder er (oder sie) findet doch noch einen Nachfolger oder macht so lange weiter, wie es geht - oder bringt die Praxis doch noch ins MVZ ein, muss aber drei Jahre weiter arbeiten. Auf jeden Fall gilt das Wirtschaftsprinzip, dass bei geringerer Nachfrage auch der Preis sinkt. Folglich wird auch der Kaufpreis der Praxen sinken. Keine traumhaften Aussichten für die Betroffenen, die den Verkauf ihrer Praxis als Altersvorsorge betrachtet haben! Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Auch für die Medizinischen Versorgungszentren wir die Lage nicht eben leichter. Beispiel: Wenn ein Arzt seinen Sitz eingebracht hat und künftig nur noch drei Viertel arbeiten möchte, kann die Stelle nach seinem Ausscheiden auch nur wieder zu drei Vierteln besetzt werden. Indessen ist die schrittweise Absenkung der Arbeitszeit um ein Viertel pro Jahr durchaus möglich und nicht schädlich für eine Nachbesetzung. Außerdem dürfte es schwer werden, noch geeignete Praxen zu finden, die von den MVZ übernommen werden könnten. Das Übernahmeprocedere ist durch das Urteil deutlich schwieriger geworden, so dass das Modell an Attraktivität verlieren dürfte. Insofern ist dem Wachstum der vorhandenen MVZ Grenzen gesetzt, obwohl die Rolle der Versorgungszentren durch die jüngsten Gesetze gestärkt worden war. Für alle geschlossenen Verträge und bestandskräftig erteilte Anstellungsgenehmigungen gilt jedoch das alte Recht. Diese Ärzte und MVZ sind davon nicht betroffen. Aber wer jetzt daran denkt, seinen Sitz an ein MVZ abzugeben, muss dies langfristig planen. Mindestens drei Jahre vor dem Ausstieg aus dem Berufsleben muss der Sitz übergeben worden sein. Dann kann er seine Arbeitszeit um jeweils ein Viertel pro Jahr nach und nach reduzieren. Quelle: Bundessozialgericht, (Az.: B 6 KA 21/15 R; Terminbericht vom 04. Mai 2016) DK 13 Europäische Datenschutz-Grundverordnung tritt in Kraft Sie wird mit 99 Artikeln die Datenschutzfragen in allen europäischen Mitgliedstaaten regeln und einen Großteil des deutschen Datenschutzrechts ablösen. Nach einer Übergangszeit wird nach dem 25. Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung in der gesamten EU (EU-DSGVO) gelten. Dabei wird den Mitgliedstaaten die selbstständige Regelung in vielen Bereichen erlaubt, z. B. bei Verarbeitungen von Daten, Beschränkung von Betroffenenrechte oder im Beschäftigtendatenschutz. Auch sind Konkretisierungen dort nötig, wo die Regelungen zu abstrakt geblieben sind. Gesetzgeber auf Bundes- und Länderebene haben die Aufgabe, Regelungen zu konkretisieren und in Ausführungsgesetzen die Ausgestaltung zu gestalten. Dabei müssen Lösungen gefunden werden, wie neu eingeführte Prinzipien im Bereich der Technikgestaltung durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen sowie für die Instrumente der Datenschutz-Folgenabschätzung und der Zertifizierung am besten umgesetzt werden können. Für die Übergangszeit sind alle Institutionen und Personen, die mit personenbezogenen Daten arbeiten, aufgefordert die Frist zu nutzen und die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu überprüfen. Die betrieblichen Datenschutzbeauftragten werden dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Auch das PRAXISNETZ Kiel e. V. unterliegt als eingetragener Verein den datenschutzrechtlichen Vorgaben. 14 Welche Datenschutzgesetze spielen eine Rolle? • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) • Telemediengesetz (TMG) gilt für Nutzungsdaten bei Internetdiensten • Telekommunikationsgesetz (TKG) gilt für Zugangsdienste • Spezialregelungen: MeldeG SH, Sozialgesetzbücher (SGB) • Gesetze zum Verbraucherschutz, AGB, BGB Welche konkreten Rechtsgrundlagen gibt es? • § 28 Abs. 1 BDSG: Datenverarbeitung ist zulässig, „1. wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist, 2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen … überwiegt, Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 3. wenn die Daten allgemein zugänglich sind …, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen … gegenüber dem berechtigten Interesse … offensichtlich überwiegt.“ Wie werden die Daten der Mitglieder geschützt? • durch Unversehrtheit • durch Vertraulichkeit • durch Verfügbarkeit • durch Transparenz • durch Zweckbindung und Zwecktrennung Welche Aufgabe hat der Verein? • Im Zweck des Vereins liegt der Zweck der Datenverarbeitung. • Klärung der Verantwortlichkeiten • Beitragserhebung und demokratische Willensbildung gehören zum Vereinszweck. • konkrete Benennung von Unterzwecken • konkrete Nennung von Daten und Verarbeitungsformen (evtl. Info + Widerspruch) • Erhebung nicht erforderlicher Daten Neu- und Wiederwahlen des Vorstands Motivierte Ärztinnen und Ärzte gesucht per Einwilligung (§ 4a BDSG): informiert, bestimmt, schriftlich, freiwillig, widerruflich • Festlegung der speziellen Formen der Datenverarbeitung bei z. B. Veröffentlichungen, Mitgliederzeitung, Pressemitteilungen, Fotos Welche Rechte haben Mitglieder? • Auskunftsanspruch (§ 34 BDSG) • Evtl. weitergehende Transparenzansprüche über Satzung • Benachrichtigung bei spez. Datenübermittlungen (§ 33 BDSG) • Berichtigung, Sperrung, Löschung, Widerspruch (§ 35 BDSG) • Anrufung der Datenschutzaufsichtsbehörde (§ 38 BDSG) • Schadenersatz (§ 7 BDSG) • Strafantrag (§ 44 Abs. 2 BDSG) Wie wird der Datenschutz im Verein organisiert? • durch Integration in vereinsinterne Meinungsbildung • Trennung von privater und Vereinsdatenschutzverordnung • Bestimmung eines Datenschutzbeauftragten (§§ 4f, 4g BDSG) • Benennung eines Öffentlichkeitsverantwortlichen • Benennung eines IT-Verantwortlichen (Webseite) • Auftragsdatenverarbeitung (§ 11 BDSG) • IT-Geräte- und Programmverzeichnis • Regelung des Umgangs mit Kommunikation und mit Datenträgern • Datensparsamkeit (Anonymisierung, Pseudonymisierung, Löschung nach Zweckwegfall) DSch Das PRAXISNETZ Kiel e. V. ist seit dem 01.10.2015 ein nach § 87b SGB V durch die KVSH gefördertes Netz und damit eines der wenigen regionalen geförderten Netze im Bundesgebiet. Mit in Kraft setzen der neuen Satzung und Überführung des alten Netzes in das PRAXISNETZ Kiel e. V. in 2014 wurden im ersten Schritt für die operative Netzarbeit neue Strukturen geschaffen. Auf der nächsten Mitgliederversammlung am Mittwoch, den 14.12.2016, wird der Vorstand des PRAXISNETZES Kiel e. V. neu gewählt. Voraussichtlich werden sich nicht alle bisherigen Vorstandsmitglieder zur Wiederwahl stellen, so dass der Vorstand neue Kolleginnen und Kollegen für die Mitarbeit im Vorstand sucht. Mitarbeit im Vorstand des PRAXISNETZES Kiel e. V. Neben einem spannenden Aufgabengebiet mit viel Eigenverantwortung und Raum für eigene Ideen, erwartet Sie ein kleines Team von Kolleginnen und Kollegen mit ausgeprägtem Teamgeist, flachen Hierarchien und jeder Menge Spaß. Schnuppern Sie rein in die Vorstandsarbeit des PRAXISNETZES Kiel e. V. es können bis maximal 2 interessierte Personen an einer der nächsten Vorstandssitzungen teilnehmen. Die nächsten Vorstandssitzungen sind um jeweils 20 Uhr in der Geschäftsstelle des PRAXISNETZES Kiel e. V. am: • Dienstag, den 13.09.2016 • Dienstag, den 01.11.2016 • Dienstag, den 06.12.2016 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Wir bitten Sie, bis spätestens ca. 7 Tage vor der jeweiligen Sitzung um Anmeldung, wenn Sie im Rahmen der Vorstandssitzung „hospitieren“ möchten. Ihr Profil: • Ordentliches Mitglied im PRAXISNETZ Kiel e. V. • Interesse an regionalen Versorgungsprojekten in Kiel und Umgebung • Sie arbeiten gern ergebnisorientiert mit Kolleginnen und Kollegen im Team • Interesse an berufspolitischen Themen • U. a. - Kommen Sie vorbei und besuchen Sie das PRAXISNETZ Kiel e. V. im Rahmen einer Vorstandssitzung. Unser Angebot: • Ein kollegiales und aufgeschlossenes Arbeitsklima • Flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege • Regelmäßige Vorstandssitzungen (ca. 10 Termine pro Jahr) • Strategische Entwicklung des PRAXISNETZES Kiel e. V. (u. a. Fortführung der Netzförderung nach § 87b) Das klingt spannend für Sie? Dann freuen wir uns auf den Kontakt mit Ihnen. LP PRAXISNETZ Kiel e. V. Steekberg 7 24107 Kiel ( 0431 / 97 19 900 * [email protected] ü www.praxisnetz-kiel.de 15 RUBRIK Selbsthilfegruppen stellen sich vor Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein: Selbsthilfe neu gedacht Nach einem Schlaganfall ist nichts mehr wie es war. Das weiß niemand so gut wie die Betroffenen selbst. Wer die Zeit nach der Erkrankung mit all ihren Herausforderungen überstanden hat, ist um viele wertvolle Erfahrungen reicher. Genau diese persönliche Erfahrung machen sich die Mitglieder des Schlaganfall-Rings Schleswig-Holstein in ihrer Arbeit zunutze. Hier engagieren sich Patienten und Angehörige gemeinsam für andere Schlaganfall-Betroffene und arbeiten zusammen an unterschiedlichen Projekten. Beratung und Information für Schlaganfall-Betroffene Dazu gehören vor allem viele unterschiedliche Beratungsangebote, die sich direkt an Patienten und Angehörige richten. Die Schlaganfall-Mentoren des Schlaganfall-Rings SchleswigHolstein bieten zweimal monatlich eine Schlaganfall-Beratung in Kiel und weitere Termine an anderen Standorten in Schleswig-Holstein und Hamburg an. Sie sind selbst „Experten aus eigener Erfahrung“. Wie wichtig es ist, Verantwortung für die eigene Genesung zu übernehmen, ist ihnen daher besonders bewusst. Nicht zuletzt deshalb steht die Aktivierung persönlicher Ressourcen im Zentrum vieler Beratungsgespräche. Oftmals genügt schon ein offenes Gespräch mit anderen Betroffenen, um die eigene Motivation im Kampf gegen die Schlaganfall-Folgen wiederzufinden 16 und sich nicht ausbremsen zu lassen, auch wenn sichtbare Erfolge mal eine Zeitlang ausbleiben. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet daher das Motto aller Beratungsangebote, von denen nicht nur Patienten, sondern häufig auch Angehörige profitieren. Zudem sind alle Angebote für Betroffene kostenfrei und nicht an Bedingungen wie eine Vereinsmitgliedschaft o. ä. geknüpft. Neben persönlichen Gesprächen innerhalb der festen Beratungszeiten bietet auch das Servicetelefon eine wichtige Unterstützung. Der Beratungsbedarf entsteht bei den Betroffenen mit dem Eintreten der Erkrankung von einem Moment auf den anderen und ebenso plötzlich häufen sich die Fragen. Eine erste Hilfe und Orientierung bietet in diesem Fall eine Telefonberatung unter der Servicenummer 0431 / 53 65 95 45. Mehre Anrufe gehen täglich unter dieser Nummer ein, zunehmend auch von außerhalb Schleswig-Holsteins und Hamburgs. Wer sich selbst auf die Suche nach Informationen begeben möchte, kann sich im Online-Wegweiser (www.schlaganfall-ring.de) über wichtige Anlaufstellen im Bereich der Schlaganfall-Nachsorge informieren. Hier sind die Angebote und Kontaktdaten vieler Institutionen, Beratungsstellen, Therapiezentren, Pflegestützpunkte, Behindertenfahrschulen, Selbsthilfegruppen u. v. m. zusammengetragen und stets auffindbar. Dabei erwarten den Nutzer keine bloßen Telefonbucheinträge, sondern handverlesene Informationen, die permanent aktualisiert und gepflegt werden. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Zur Qualitätssicherung der gelisteten Daten gehört z. B. eine Selbstverpflichtungserklärung, die von Heilmittelerbringern ausgefüllt und unterzeichnet werden muss, wenn sie in die Datensammlung des OnlineWegweisers aufgenommen werden möchten. Eine regelmäßige Bestätigung dieser Erklärung garantiert dem Nutzer die Aktualität der Daten. Und das Vertrauen in die verfügbaren Informationen wächst zunehmend, wie ein Blick auf die Statistik der Website zeigt: Mehr als 10.000 Mal wurde die Seite www.schlaganfall-ring.de allein im Juni 2016 besucht; die meisten Klicks entfielen dabei auf den OnlineWegweiser. Besucher, die Informationen aus erster Hand möchten, sind hingegen am 29. Oktober 2016 im Kieler Wissenschaftszentrum gut aufgehoben. Hier veranstaltet der Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein zusammen mit dem PRAXISNETZ Kiel e. V., herzintakt, dem Schlaganfallnetzwerk Schleswig-Holstein und der Kieler Schlaganfall-Allianz den „Kieler Herz- und Schlaganfalltag“. Die Gäste erwartet ein umfangreiches Vortragsprogramm. Zudem werden nach den einzelnen Themenblöcken die Referenten im Expertentalk wichtige Fragen erörtern und Betroffenen Rede und Antwort stehen. Für die Moderation konnte die TV-Moderatorin und Medizinjournalistin Susanne Kluge-Paustian gewonnen werden. Das Rahmenprogramm bilden die vielen Aussteller, die den Besuchern mit Infoständen, Vorführungen und Messungen vor Ort zur Verfügung stehen. Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein: Selbsthilfe neu gedacht haben so jederzeit den Überblick über bestehende Funktionsdefizite und gemeinsam erarbeitete Erfolge. Schlaganfall-Ring-Box: Innovatives Tool für Patienten Wie sehr die persönlichen Erfahrungen der Mitglieder des Schlaganfall-Rings Schleswig-Holstein ihre Arbeit beeinflussen, wird neben den Beratungs- und Informationsangeboten vor allem am Beispiel der Schlaganfall-Ring-Box deutlich. Hier trifft medizinisches Expertenwissen auf den Einfallsreichtum von Betroffenen - und genau für diese ist die Schlaganfall-Ring-Box gedacht: Die Innovation steckt in den 84 Karten, die sämtliche Schlaganfall-Folgen beschreiben, die nach der Erkrankung auftreten können. Der Patient kann mittels eines Kartenregisters bestimmen, ob er von den beschriebenen Folgen betroffen ist oder nicht und wie schnell eine Lösung für ein bestehendes Problem herbeigeführt werden soll. Diese Informationen können Ärzte und Therapeuten nutzen, um einen individuellen Behandlungsplan zu erstellen, der sich an den Bedürfnissen des Patienten orientiert. Alle Beteiligten Die Schlaganfall-Ring-Box ist in ihrer Anwendung dynamisch - der Patient kann jederzeit die Zuordnungen anpassen und Ziele neu definieren. Einzelne Karten können zu Arztgesprächen oder Zielgesprächen mit Therapeuten mitgenommen und in die weitere Behandlungsplanung einbezogen werden. Die Kommunikation mit Ärzten und Therapeuten gewinnt an Effizienz und mit dem permanenten Überblick über seinen Zustand bleibt der Patient auch über lange Zeit motiviert, weiter an seiner Genesung zu arbeiten. Auch wenn die Schlaganfall-Ring-Box nicht für jeden Betroffenen geeignet ist, profitieren immer mehr Patienten von ihrem Einsatz. Voraussetzung für die Nutzung der Schlaganfall-Ring-Box ist einerseits die kognitive Leistungsfähigkeit, mit den Karten und deren Inhalten umzugehen. Andererseits sollte der Patient den Willen mitbringen, aktiv an seiner Genesung zu arbeiten. Dann wird die Schlaganfall-Ring-Box zu einem nützlichen Tool, das den Patienten während seines gesamten Genesungsprozesses unterstützen kann. Das Besondere: Patienten erhalten die Schlaganfall-Ring-Box kostenfrei. Ausbildung von MFAs zu Schlaganfall-Helferinnen: Profis in den Praxen Nach einem Schlaganfall werden Hausärzte oftmals zur ersten Anlaufstelle für ihre Patienten. Das verwundert nicht, schließlich sind (gerade ältere) Betroffene nach der Erkrankung häufig dauerhaft auf medizinische Weiterversorgung Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 angewiesen. Den behandelnden Arzt, der mit der individuellen Situation des Patienten vertraut ist, um Rat zu fragen ist für die meisten Menschen daher naheliegend. Doch umfangreiche Beratungen erfordern Zeit, die die Mediziner häufig nicht haben. Ist eine Mitarbeiterin der Praxis zu Fragen rund um den Schlaganfall, zu Sozialrecht und anderen wichtigen Themen geschult, kann das für den Arzt eine große Entlastung bedeuten. Daher bietet der Schlaganfall-Ring S-H zusammen mit der Ärztekammer S-H und der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe eine kostenfreie Schulung zum Schlaganfall-Helfer an, die sich an Mitarbeiter medizinischer Hilfsberufe, speziell an die MFAs in den Arztpraxen richtet. Damit sind die Ärzte in der Lage, den Beratungsaufwand an eine kompetente Mitarbeiterin der eigenen Praxis abzugeben und können dennoch sicher sein, dem Patienten eine fachkundige und umfassende Beratung zukommen zu lassen. In zwei Schulungstagen werden den Teilnehmern sowohl die medizinischen Grundlagen eines Schlaganfalls vermittelt, neben allgemeinen Informationen zur Therapie und Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Zusätzlich werden Grundlagen zur Kommunikation in Beratungssituationen geschult und die Teilnehmer erfahren das Wichtigste zum Sozialrecht. Die Schulung erfolgt durch Mitglieder des Schlaganfall-Rings Schleswig-Holstein e. V. und Sozialversicherungsexperten. Nach Abschluss der Schulung erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat vom Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein, der Ärztekammer S-H und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. 17 Schlaganfall-Ring Schleswig-Holstein: Selbsthilfe neu gedacht Der erste Schulungszyklus findet an zwei Samstagen statt und ist bereits ausgebucht. Aktuell wird nach weiteren Terminen für Anfang 2017 gesucht. Näheres geben der Schlaganfall-Ring und die Ärztekammer rechtzeitig bekannt. Interessierte für die kommenden Termine können sich unter www.schlaganfall-ring.de in eine Warteliste eintragen. Wer mehr über die etwas andere Selbsthilfearbeit des Schlaganfall-Rings Schleswig-Holstein erfahren möchte, ist eingeladen, am 12. Oktober 2016 im Atlantic Hotel Kiel dabei zu sein. Unter dem Titel „Schlaganfall 2017 - Vom Open Space in die Versorgungsrealität“ finden sich Akteure aus sämtlichen Bereichen der Versorgungslandschaft zusammen, um gemeinsam spannende Projekte in der Schlaganfall-Versorgung voranzubringen. Anmeldungen können über die Website www.schlaganfallring.de vorgenommen werden. Stefanie Otte Schlaganfall-Ring SchleswigHolstein e. V. (SRSH) Dahlmannstraße 1 24103 Kiel ( 0431 / 53 65 95 45 * [email protected] ü www.schlaganfall-ring.de 1. Haus- und Fachärztetag am 17.09.2016 Das PRAXISNETZ Kiel e. V. lädt Sie herzlich zum ersten Haus- und Fachärztetag ein. Dieser findet am Samstag, den 17. September 2016, 9:00 - 14:30 Uhr, im Bürgerhaus Kronshagen (Kopperpahler Allee 69, 24119 Kronshagen) statt. In acht Kurzvorträgen (ca. 30 Minuten) werden diverse Referenten die neuesten Informationen zu verschiedenen medizinischen Themen (inkl. der DMP-Programme) sowie einem rechtlichen Thema darstellen. Eine Zertifizierung bei der ÄKSH mit Fortbildungspunkten DMP wurde bereits beantragt. Das ausführliche Programm finden auf der nächsten Seite. 18 In den Pausen haben Sie die Möglichkeit sich mit den Referenten und den Ausstellern auszutauschen. Während der gesamten Veranstaltung ist für Ihr leibliches Wohl gesorgt. Bei Interesse melden Sie sich bitte spätestens bis zum 09.09.2016 bei der Geschäftsstelle des PRAXISNETZES Kiel e. V. (Tel.: 0431 / 97 19 900, E-Mail: [email protected]) an. Um den Code zu entschlüsseln, brauchen Sie Ihr Smartphone und eine „QR Code Scanner”-App. Mit der Kamera wird das Muster gescannt, das Programm führt direkt auf die angegebene Webseite (www.praxisnetz-kiel.de à Praxisnetzinterne Termine). Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 1. Haus- und Fachärztetag am 17.09.2016 Programm des Haus- und Fachärztetages 17.09.2016 Uhrzeit Themen Referenten 09:00 - 09:10 Uhr Begrüßung Herr M. Seusing 09:10 - 09:40 Uhr Aktuelle Aspekte der Schrittmacher- und Defibrillator-Therapie Dr. K. Mortensen 09:40 - 10:10 Uhr Diabetes-Update Dr. N. Demandt 10:10 - 10:40 Uhr Lokale Resistenzen bei Antibiotikatherapie Dr. Th. Lorentz 10:40 - 11:00 Uhr Kaffeepause und Industrieausstellung 11:00 - 11:30 Uhr Mamma-Carzinom Prof. Dr. J. Pfisterer 11:30 - 12:00 Uhr Was ist das PRAXISNETZ Kiel e. V.? - Projekte, Veranstaltungen etc. Frau D. Scharrel 12:00 - 12:30 Uhr Mittagspause und Industrieausstellung 12:30 - 13:15 Uhr Rechtliches Thema Herr F. Schramm 13:15 - 13:45 Uhr Demenz - Diagnostik und Therapieverfahren in der Praxis Dr. D. Bendfeldt 13:45 - 14:15 Uhr Update Asthma und COPD - Was gibt es Neues? Dr. M. Wischmann 14:15 - 14:30 Uhr Ende der Veranstaltung Programm- und Themenänderungen sind vorbehalten. Mit freundlicher Unterstützung von: 1.000 € 500 € 500 € 500 € 1.000 € 500 € 500 € 1.000 € Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 19 Der Dachverband der Praxisnetze S-H stellt sich vor Was ist der Dachverband der Praxisnetze Schleswig-Holstein (DPN-SH)? Die Mitglieder des PRAXISNETZES Kiel e. V. sind der Dachverband der Praxisnetze! In Schleswig-Holstein haben sich zahlreiche Regionale Praxisnetze etabliert, die untereinander durch verbesserte Kommunikation, neue Organisationsformen und erweiterte medizinische Angebote mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erreichen wollen. Weitere Praxisnetze streben ähnliche Vertragsbeziehungen an oder befinden sich in Gründung. Mittlerweile haben viele Praxisnetze in Schleswig-Holstein die Zertifizierung nach § 87b SGB V angestrebt und erreicht, um ihren Professionalisierungsprozess weiterzuentwickeln. Um den Erhalt und die Weiterentwicklung der Praxisnetze zu unterstützen, schließen sich Praxisnetze und vernetzte Gemeinschaften in Schleswig-Holstein zu einem Dachverband zusammen. Das PRAXISNETZ Kiel e. V. ist ein Dachverbandsmitglied der ersten Stunde. Über diese verbindliche Mitgliedschaft ist jedes Netzmitglied letztlich ein Mitglied des Dachverbandes. Der Dachverband hat sich in den letzten Jahren immer stärker zu einem festen Bestandteil im Austausch der Netzte über ihre Projekte entwickelt. und gleichberechtigt. Gemeinsames politisches Ziel ist es, dass die regional organisierten Praxisnetze den Status von eigenständigen Leistungserbringern erhalten. Professionell strukturierte und organisierte Ärztenetze müssen im Sinne einer regionalen effizienzorientierten Versorgung Vertragspartner mit allen Rechten und Pflichten sein können, insbesondere beim Abschluss von Struktur- und Selektivverträgen. Darüber hinaus müssen Netze, die qualitative und organisatorische Voraussetzungen erfüllen, die Möglichkeit erhalten, einen regionalen Versorgungsauftrag oder ein eigenes Honorarbudget zu erhalten. Wie ist der Dachverband der Praxisnetze organisiert? Verbindlichkeit ist die Voraussetzung eines erfolgreichen Entwicklungsprozesses! Die im DPN-SH organisierten Praxisnetze entsenden grundsätzlich einen Netzvertreter oder dessen namentlich benannten Stellvertreter zu den viermal im Jahr stattfindenden Dachverband-Sitzungen, um sich über Netzentwicklungen, konkrete Projekte oder netzrelevante Rahmenbedingungen auszutauschen, aber auch, um gesundheitspolitische Themen zu diskutieren. Diese Vertreter können Aktuell vertritt der Dachverband der Praxisnetze die Interessen von rund 21 Arztnetzen in Schleswig-Holstein. Er fördert den Informationsaustausch und unterstützt seine Mitglieder auf dem Weg der Professionalisierung. Dabei bleiben alle Netze eigenständig 20 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 verbindlich im Dachverband abstimmen und Entscheidungsprozesse befördern. Zu den Dachverband-Sitzungen werden regelmäßig Gast-Referenten zu den unterschiedlichsten Themenbereichen geladen, die für Netzentwicklungen Denkanstöße liefern können, um immer auch den Blick über den eigenen regionalen oder ggf. auch landesweiten Tellerrand zu ermöglichen. Neuestes Projekt innerhalb des DPN-SH ist eine Arbeitsgemeinschaft, die Qualitätsindikatoren für Praxisnetze entwickeln will. Ziel ist es, in eigener Regie, ohne Zwang oder Beeinflussung durch externe Instanzen, eigene Standards für Praxisnetze zu entwickeln, die die regionale Versorgung verbessern. Diese Indikatoren sollen so praxisnah wie möglich, leicht umsetzbar und evaluierbar sein. Diese Entwicklung soll von dem neu gegründeten Institut für Ärztliche Qualität in Schleswig-Holstein IAEQSH gGmbH (ÄKSH, KVSH, DKG) unterstützt und professionell begleitet werden. Was sind die Zielsetzungen des DPN-SH? Konsequente Professionalisierung der Netzabläufe durch Austausch im Sinne eines Best-Practice! Ziele des DPN-SH sind die Bündelung von Interessen der Praxisnetze oder Zusammenschlüssen mit netzähnlichen Strukturen in Schleswig-Holstein sowie deren koordinierte Zusammenarbeit durch gemeinsam abgestimmte regionale politische Interessenvertretung nach außen, Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung. Weitere Ziele sind der Aufbau einer gemeinsamen Informationsplattform, Der Dachverband der Praxisnetze S-H stellt sich vor Entwicklung abgestimmter Netzangebote zur Förderung und Verbesserung ambulanter und sektorenübergreifender regionaler Versorgungsstrukturen, Förderung von Transparenz in der schleswig-holsteinischen Versorgungslandschaft unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten und Sicherung der Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen. Anregung und Motivation als Übersicht zur Verfügung gestellt werden (Projekt NetzWerkschau). Die Idee ist es über die Vorstands- und Geschäftsführungsebenen hinaus Denkanstöße für eigene Projekte zu fördern und so über ganz Schleswig-Holstein eine Ideenschmiede, eine Art „Think-Tank“ durch netzinteressierte und netzaktive Ärzte entstehen zu lassen. Zukünftig sollen alle in Schleswig-Holstein vorhandenen, in Umsetzung befindlichen oder geplanten Netzprojekte allen einzelnen Netzmitgliedern zur Mit aktuell neun nach § 87b SGB V zertifizierten und geförderten Praxisnetzen, einem aktiven Dachverband in dem ein engagierter Austausch mit konkreten Zielsetzungen erfolgt, einer Ärztegenossenschaft, die aktiv die Netzbewegung unterstützt und einer Kassenärztlichen Vereinigung, die konsequent die Rahmenbedingungen für Netzentwicklung umsetzt, stellt sich Schleswig-Holstein, wie in den Zeiten der Gründung der ersten Ärztenetze, wieder an die Spitze der gesundheitspolitischen Entwicklung in Deutschland. Stefan Homann RUBRIK Medizinische Fragen Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen Zusammenfassung Wir berichten über einen 67-jährigen Patienten, der mit dem Bild eines akuten Vorderwandmyokardinfarktes im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms in die Klinik eingeliefert wurde. Die sofort durchgeführte Herzkatheteruntersuchung zeigte einen frischen Thrombus im proximalen Ramus interventricularis anterior (RIVA) bei sonst unauffälligen Koronararterien. Nach PTCA mit StentImplantation in den proximalen RIVA war der Patient vollkommen beschwerdefrei. Die CK, CKMB sowie das Troponin T blieben im Normbereich. Im Verlauf entwickelte der Patient ein Podagra des rechten Großzehengrundgelenkes, welches mit Colchicin, Diclofenac und lokaler Kühlung behandelt wurde. Fünf Stunden nach Gabe von Colchicin sowie Diclofenac klagte der Patient über heftige Angina pectoris-Symptomatik mit elektrokardiographischen Zeichen eines akuten Hinterwand- und Vorderwandmyokardinfarktes. Eine erneute durchgeführte Herzkatheteruntersuchung zeigte ausgeprägte Vasospasmen der rechten Koronararterie. Nach intrakoronarer Verapamil- und Nitroglycerin-Gabe waren die Koronarspasmen deutlich rückläufig und der Patient war beschwerdefrei. Anamnestisch berichtete der Patient, dass er am Abend circa 6 Stunden vor dem akuten Koronarsyndrom ebenfalls Diclofenac eingenommen hätte. Bei zweimaliger in unmittelbarem Zusammenhang mit der Diclofenac-Einnahme stehenden akuten Koronarsymptomatik Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 ist von einem Diclofenac induziertem Vasospasmus auszugehen. Einleitung Koronarspasmen, die durch die Einnahme von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) induziert werden, wurden am Menschen im klinischen Alltag bisher nur von einer Arbeitsgruppe in der Literatur beschrieben (1). Es ist allerdings aus Tierexperimenten (1, 5, 14) bekannt, dass nach Applikation von unselektiven Cyclooxygenasehemmern Vasospasmen entstehen können. Die Pathogenese der NSAR induzierten Vasospasmen mit konsekutiven akuten Koronarsyndrom (wie in unserem Fallbericht) ist nicht abschließend geklärt und soll in der Diskussion erörtert werden. 21 Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen Fallbericht Ein 67-jähriger, 1,76 m großer und 78 kg schwerer Patient wurde in der Nacht mit typischer Angina pectoris-Symptomatik sowie elektrokardiographischen Zeichen eines akuten Vorderwandmyokardinfarktes (s. Abb. 1) in unsere Klinik eingeliefert. Der Troponin T-Schnelltest sowie die CK und CKMB waren unauffällig. Abb. 1: 12-Kanal-Elektrokardiogramm des Patienten bei akutem Koronarsyndrom mit ST-Hebungen über der Vorderwand. 22 Daraufhin wurde in einem Zeitfenster von unter 2 Stunden eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Hier zeigte sich ein Thrombus im proximalen Ramus interventricularis anterior bei unauffälliger rechter Koronararterie (s. Abb. 2). In gleicher Sitzung wurde eine perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) mit primärer Stentimplantation durchgeführt. Postinterventionell bestand koronarangiographisch keine Restlumeneinengung bei sonst unauffälligen Koronararterien (s. Abb. 3). Die EKG-Veränderungen waren rasch rückläufig. Im Verlauf kam es weder zu einem Troponin T-Anstieg, noch zu einer CK-Erhöhung. Der Patient wurde am Morgen des Folgetages beschwerdefrei auf die Normalstation verlegt. Zwei Tage später entwickelte der Patient ein Podagra des rechten Großzehengrundgelenkes. Nach Gabe von 50 mg Diclofenac und 1 mg Colchicin sowie lokaler Kühlung trat eine rasche Besserung der Schmerzsymptomatik ein. Circa 5 Stunden nach Einnahme des Colchicins und des Diclofenacs klagte der Patient über erneute Angina pectoris-Symptomatik. Die weitere Medikation bestand zu Abb. 3: Koronarangiographische Darstellung der linken Koronararterie nach perkutaner transluminaler Koronarangioplastie mit Stent-Implantation in den proximalen Ranus interventrikularis anterior. diesem Zeitpunkt aus 100 mg Acetylsalicylsäure, 75 mg Clopidogrel, 10 mg Atorvastatin, 40 mg Pantoprazol sowie 2,5 mg Ramipril. Ein am Bett abgeleitetes 12-Kanal-EKG zeigte Veränderungen im Sinne eines akuten Hinterwand- und Vorderwandmyokardinfarktes (s. Abb. 4). Weiterhin trat eine Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern auf. Während dieser Phase war der Patient hypoton. Es erfolgte die sofortige Herzkatheteruntersuchung. Abb. 2 (a + b): Koronarangiographische Darstellung der linken und rechten Koronararterie mit frischem Thrombus im proximalen RIVA im Rahmen des akuten Vorderwandmyokardinfarktes. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen Es zeigten sich ausgeprägte Vasospasmen der rechten Koronararterie (s. Abb. 5). Die linke Koronararterie zeigte ebenfalls ubiquitäre Spasmen, jedoch in geringerer Ausprägung gegenüber der rechten Koronararterie. Nach intrakoronarer Gabe von 0,2 mg Verapamil sowie 0,2 mg Nitroglycerin trat eine prompte Besserung der Beschwerdesymptomatik des Patienten ein. Nach Zuwarten sistierten auch die Koronarspasmen (s. Abb. 6) ohne Entwicklung von intrakoronaren Thromben. Durch die Verapamil-Gabe erreichten wir zunächst eine normofrequente Arrhythmia absoluta, unter der der Patient hämodynamisch stabil war. 24 Stunden später erfolgte die elektrische Kardioversion in den normofrequenten Sinusrhythmus. Da es einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Colchicin- und DiclofenacGabe und den koronarangiographisch gesicherten Vasospasmen gab, wurden zunächst beide Medikamente kausal in Betracht gezogen. Nach genauerem Nachfragen berichtete der Patient, dass er am Abend vor dem akuten Koronarsyndrom ebenfalls 100 mg Diclofenac eingenommen hätte. Somit gehen wir davon aus, dass die Diclofenac-Einnahme sowohl für das akute Koronarsyndrom mit elektrokardiographischen Zeichen des Vorderwandinfarktes, als auch für die Vasospasmen ursächlich ist. Diskussion Koronarspasmen können durch viele Mechanismen ausgelöst werden (1, 6 - 11, 20 - 24). Es ist mittlerweile 57 Jahre her, dass Prinzmetal und Mitarbeiter (17) dieses Phänomen beschrieben haben. Bertrand und Mitarbeiter V1 I V2 II III V3 aVR V4 aVL V5 aVF V6 Abb. 4: 12-Kanal-Elektrokardiogramm des Patienten mit Zeichen des akuten Hinterwandmyokardinfarktes sowie ST-Hebungen über der Vorderwand. (19) veröffentlichten 1982 eine Arbeit, die Aufschluss über die Pathomechanismen von Vasospasmen an Koronararterien ergab. 1.089 Patienten erhielten eine Koronarangiographie, wobei 134 Patienten nach intracoronarer Ergono- vin-Gabe Koronarspasmen entwickelten. 59 % der Koronarspasmen traten in atherosklerotisch veränderten Segmenten auf gegenüber 41 % in den angiographisch unveränderten Koronararterien. In vielen Studien wurde doku- Abb. 5: Koronarangiographische Darstellung der rechten Koronararterie während der ausgeprägten Vasospasmen. Abb. 6: Koronarangiographische Darstellung der rechten Koronararterie nach intrakoronarer Gabe von 0,2 mg Verapamil und 0,2 mg Nitroglycerin. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 23 Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen mentiert, dass die Gabe von wie Acetylcholin (1, 4), Prostaglandinen (7), Gemeprost (8), Triptan (9), Metacholininhalation (10), Insulin im Rahmen eines Suizidversuches (23) oder die Einnahme von anabolen Steroiden und Clenbuterol (11) Vasospasmen hervorrufen kann. Selbst ein erhöhter Vagotonus im Rahmen eines Saunaganges mit anschließender schneller Abkühlung kann solch ausgeprägte Vasospasmen auslösen (6). Alle oben genannten Faktoren haben gemeinsam, dass sie direkt oder indirekt Einfluss auf den Tonus der glatten Muskulatur haben. Betrachtet man die Resorptionseigenschaften des Diclofenacs, so erlangt das Medikament nach vollständiger Resorption aus dem Darmtrakt nach 1 - 2 Stunden seine maximale Konzentration im Plasma (26). Die Halbwertszeit beträgt 2 Stunden (26). Ein zeitlicher Zusammenhang von der Einnahme des Diclofenacs bis zum Auftreten der Koronarspasmen ist somit gegeben (in unserem Fall circa 5 Stunden). Weiterhin ist die Ursache von Koronarspasmen durch die Gabe von NSAR nicht geklärt. Das normale, nicht atherosklerotisch veränderte Endothel produziert NO sowie Prostacyclin (PGI2) zur Relaxation der glatten Muskulatur. Der Gefäßtonus ist abhängig von einer Balanz zwischen vasokonstriktorischen und vasodilatierenden Faktoren, bzw. Mediatoren. Prinzipiell kommen zwei Wirkungsmechanismen für die Vasokonstriktion nach Diclofenacgabe in Frage: 1. Diclofenac ist ein Arylsäurederivat, dass wie viele andere Derivate aus der Gruppe der organischen Säuren 24 die Biosynthese von Prostaglandinen durch Hemmung der Cyclooxygenase hemmen. Aus der Biosynthese von Cyclooxygenaseprodukten des Arachidonsäurestoffwechsels entsteht eine Vielzahl von Metaboliten, wobei das Prostaglandin E1 und das Prostaglandin E2 die vasoaktiven Metaboliten sind. Prostaglandin E2 und vor allem Prostaglandin E1 bewirken eine Vasodilatation. Hemmt man nun die Biosynthese dieser Metaboliten durch Diclofenac, könnte es konsekutiv zu einer überschießenden Vasokonstriktion der Koronararterien in Form von Spasmen kommen. 2. Verschiedene Prostaglandine haben auch antiphlogistische Effekte. So hemmen Prostaglandine E die Freisetzung von Mediatoren wie Histamin aus Mastzellen bei anaphylaktischen Reaktionen. Wird nun durch Diclofenac die Synthese von Prostaglandinen E gehemmt, wird Arachidonsäure vermehrt zu Leukotrienen metabolisiert. Es ist bekannt, dass das Leukotrien C4 sowie das Leukotrien D4 an menschlichen Koronararterien stark vasokonstriktorisch wirkt (25). Dieser Mechanismus könnte ebenfalls Koronarspasmen bewirken. Betrachtet man diese beiden Wirkungsmechanismen, so könnten beide bei unserem Patienten synergistisch gewirkt haben. Eine abschließende Klärung der Ursache ist zwar nicht möglich, die Wirkungsmechanismen erscheinen aber plausibel. In unserem Fallbeispiel erlitt der Patient ein akutes Koronarsyndrom mit elektrokardiographischen Zeichen eines akuten Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Vorderwandinfarktes ohne Nachweis einer signifikanten Stenosierung. Warum es durch Vasospasmen der Koronararterien zu myokardialen Infarzierungen kommen kann, ist letztlich nicht geklärt. Verschiedene Untersucher haben über Patienten berichtet, die trotz nicht signifikanter koronarer Stenosen einen Myokardinfarkt erlitten (14 - 16). Diese postulierten, dass es durch die Vasospasmen zur Ruptur von atherosklerotischen Plaques gekommen sein könnte. In unserem Fallbeispiel gehen wir ebenfalls davon aus, dass die Ruptur einer atherosklerotischen Plaque die Thrombusbildung im proximalen Ramus interventrikularis anterior ausgelöst hat. Das Zweitereignis bei unserem Patienten ging zwar mit den elektrokardiographischen Zeichen eines akuten Hinterwandmyokardinfarktes einher, es zeigten sich allerdings nach Durchbrechen des Vasospasmus der RCA durch Gabe von Isoptin sowie Nitroglycerin keine signifikanten Stenosierungen oder frische Thromben auf einer rupturierten Plaque. Es scheint also nicht bei jedem Koronarspasmus unabhängig von dessen Ursache zu einer Rupturierung einer atherosklerotischen Plaque zu kommen. Eine wissenschaftliche Evidenz basierte Erklärung dieses Phänomens gibt es bisher in der Literatur nicht. Eine generelle Kontraindikation von Diclofenac bei Patienten mit Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung kann aufgrund dieses seltenen Krankheitsbildes nicht gegeben werden. Man sollte jedoch an diese potentielle Nebenwirkung bei Gabe nicht steroidaler Antirheumatika denken. Dr. Arne Wieckhorst (Kardiologische Gemeinschaftspraxis Lutz / Mortensen / Wieckhorst) Akutes Koronarsyndrom durch Diclofenac induzierte Koronarspasmen Literatur 01. Mori E, Ikeda H, Ueno T, Kai H, Haramaki N, Hashino T, Ichiki K, Katoh A, Eguchi H,Ueyama T, Imaizumi T (1997) Vasospastic angina induced by non steroidal anti-inflammatory drugs. Clin Cardiol. 20(7):656-8. 02. Lanza GA, Maseri A (2000) Coronary artery spasm. Curr Treat Cardiovasc Med. 2(1): 83-90. 03. Yamaguchi H, Homma Y, Handa S (2003) Biochemical markers of vasospastic coronary artery disease. Nutr Metab Cardiovasc Dis. 13(6):365-71. 04. Osborn LA, Reynolds B (1998) Vagally mediated multivessel coronaryartery spasm during coronary angiography. Cathet Cardiovasc Diagn. 44(4):423-26. 05. Cheng TO. (1999) Provocative tests for coronary artery spasm. Am J Cardiol. 84(4):497-8. 06. Imai Y, Nobuoka S, Nagashima J, Awaya T, Aono J, Miyake F, Murayma M. (1998) Acute myocardial infarction induced by alternating exposure to heat in a sauna and rapid cooling in cold water. Cardiology. 90(4):299-301. 07. Cracowski JL, Stanke-Labesque F, Devillier P, Chavanon O, Hunt M, Souvignet C, Bessard G. (2000) Human internal mammary contraction by isoprostaglandin F 2α type –III (8-iso-prostaglandin F 2α) Eur J Pharmacol. 397:161-168. 08. Lauer M, Berentelg J. (2000) Severe cardiovascular complications in coherence with Gemeprost treatment. Zentralbl Gynäkol. 122: 324-27. 09. Welch KM, Saiers J, Salonen R. (2000) Triptans and coronary spasm. Clin Pharmacol Ther. 68 (3): 337-8. 10. Parameswaran K, Cox G, Kitching A, Hargreave F. (2001) Coronary and laryngeal spasm provoked by metacholin inhalation. Allergy Clin Im munol. 107(2):392-3. 11. Goldstein DR, Dobbs T, Krull B, Plumb VJ. (1998) Clenbuterol and anabolic steroids: a previously unreported cause of myocardial infarction with normal coronary arteriograms. South Med J. 91(8):780-4. 12. Meune C, Spaulding C, Mahe I, Lebon P, Bergmann JF. (2003) Risks versus benefits of NSAIDs including aspirin in myocarditis: a review of the evidence from animal stories. Drug Saf. 26(13):975-81. 13. Fukai T, Koyanagi S, Takeshita A. (1993) Role of coronary artery vasospasm in the pathogenesis of myocardial infarction: Study in patients with no significant coronary stenosis. Am Heart J. 126: 1305-1311. 14. Yasue H, Omote S, Takizawa A, Nagao M. (1983) Coronary arterial spasm in ischemic heart disease and its pathogenesis. A review. Circ Res. 52 (suppl. I): 147-152. 15. Benacerraf A, Scholl JM, Achard F, Tonnelier M, Lavergne G. (1983) Coronary spasm and thrombosis associated with myocardial infarction in a patient with nearly normal coronary arteries. Circulation 67:1147-1150. 16. Yasue H, Touyama M, Shimamoto M, Kato H, Tanaka S, Akiyama F. (1974) Role of autonomic nervous system in pathogenesis of Prinzmetal`s variant form of angina. Circulation 50: 534-539. 17. Prinzmetal M, Kennamer R, Merliss R et al. (1959) Angina pectoris: Variant form of angina pectoris. Am J Med. 27:375. 18. Olivas PB, Potts DE, Pluss RG. (1973) Coronary artery spasm in Prinzmetal angina: Documentation by coronary arteriography. N Engl J Med. 288:745. 19. Bertrand ME, LaBlanche JM, Tilmant PY et al. (1982) Frequency of provoked coronary arterial spasm in 1089 consecutive patients undergoing coronary arteriography. Circulation 65:1299. 20. Stöllberger C, Finsterer J. (2002) Nonsteroidal anti-inflammatory drugs in patients with cardio or cerebrovascular disorders. Z Kardiol 92: 721 – 729. 21. Koller ML, Maier SKG, BauerWR et al. (2003) Postcardiac injury syndrome following radiofrequency ablation of atrial flutter. Z Kardiol 93: 560. 22. Mach MA, Brinkmann X, Weilemann LS. (2003) Epidemiology of cardiac dysrhythmias in acute intoxication. Z Kardiol 93: Supplement 4 iv9. 23. Meier M. (2001) Akuter Myokardinfarkt im Rahmen eines Suizidversuches mit Insulin. Z Kardol 91: 178 – 181. 24. Maeder M, Ammann P, Angehrn W. (2002) Diagnose und Stent – Therapie eines symptomatischen Koronarspasmus. Z Kardiol 92: 182 – 187. 25. Wiesenberg – Boettcher I, Pfeilschifter J, Schweizer A, Wenk P. (1991) Pharmacological properties offive diclophenac metabolites identified in human plasma. Agent Actions 34 (1 – 2): 135 - 37. 26. Scholer DW, Ku EC, Boettcher I, Schweizer A (1986) Pharmacology of diclophenac sodium. Am J Med. 80 (4B): 34 - 38. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 25 Praxen stellen sich vor Das MVZ Chirurgie Kiel Medizinische Kompetenz unter einem Dach die Darmchirurgie. Ganztags ist eine Wundsprechstunde unter der Leitung einer Allgemeinärztin eingerichtet. Auch das Wundnetz Kiel hat hier seine Heimat. Darüber hinaus ist die Einrichtung die kooperierende Praxis der Klinik für Unfallchirurgie des UKSH Campus Kiel im Trauma Netzwerk SchleswigHolstein. h. R. v. l.: Dr. J. Reusch, Dr. S. Böhm, Dr. T. Lewko, Dr. R. W. Schmitz v. R. v. l.: Dr. M. Locher, Dr. S. Haverkamp, Dr. F. Timm, Dr. C. Ostermann, Dr. O. Wieczorek In der Schönberger Straße 7 - 11 in Kiel-Wellingdorf gibt es schon seit vielen Jahren eine chirurgischorthopädische Großpraxis. Aus einer 1994 gegründeten chirurgischen Einzelpraxis wurde in der Folge ab 1998 zunächst eine Gemeinschaftspraxis und dann ab 2006 ein MVZ. Das MVZ Chirurgie in Kiel wird ausschließlich vertragsärztlich geführt; es besteht keine Beteiligung durch eine Klinik oder eine sonstige Institution. Dieses ist auch für die Zukunft nicht vorgesehen, da alle Partner der Praxis für die Selbstständigkeit und Freiberuflichkeit stehen. Die Praxis ist heute die größte von niedergelassenen Chirurgen betriebene Einrichtung dieser Art in Schleswig-Holstein. Aktuell sind hier 10 Fachärzte für Chirurgie und Orthopädie tätig. Fachgebiete, wie Gefäßchirurgie, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Hand- 26 chirurgie, Sportmedizin und Phlebologie werden umfassend abgedeckt. Operatives Behandlungsspektrum Dies schlägt sich auch im operativen Behandlungsspektrum nieder, das die gesamten ambulant und kurzstationär möglichen Eingriffe in den zuvor aufgeführten Fachgebieten abdeckt. Schwerpunkte sind die Bauch- und Schilddrüsenchirurgie, die Hernienchirurgie, die gesamte Hand- und Fußchirurgie, die operative Sanierung von Krampfadern und arthroskopische Operationen an allen großen Gelenken des Körpers. Aber auch größere Operationen werden von den Chirurgen des MVZ als Belegärzte in der HELIOS Klinik und in der Park-Klinik Kiel durchgeführt. Dazu zählen beispielsweise komplexe fußchirurgische Eingriffe, große arthroskopische oder offene Gelenkoperationen, Umstellungsosteotomien und Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Weiterbildung Ein wichtiges Thema ist für die Fachärzte auch die Aus- und Weiterbildung. So besteht zusammen mit dem UKSH am Campus Kiel eine Verbundweiterbildungsermächtigung zur Ausbildung von Chirurgen und Unfallchirurgen / Orthopäden. Das MVZ beinhaltet die Chirurgische Notfallambulanz am Ostufer, die auch am Samstag und Wochenfeiertagen bis 18:00 Uhr geöffnet hat. Die Unfallchirurgen des MVZ sind D-Ärzte und haben über die Berufsgenossenschaften die volle Zulassung zur Behandlung von Arbeits- und Schulunfällen. Darüber hinaus werden Gutachten für Versicherungen, Berufsgenossenschaften und Gerichte erstellt. MVZ Chirurgie Kiel Schönberger Straße 11 24146 Kiel Tel.: 0431 / 720 64 40 * [email protected] ü www.chirurgie-kiel.de RUBRIK Aktuelles von den Praxis-Partnerinnen Im Februar dieses Jahres hat uns auf Wunsch der Praxis-Partnerinnen zum zweiten Mal Petra Micheels vom Landesamt für soziale Dienste S-H besucht. Thema war erneut die Umsetzung der „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen - In Kraft getreten 01.04.08, aktualisiert am 11.04.14 und 20.06.14“. Dabei wurden Praxis-Beispiele aus dem Alltag demonstriert und diskutiert. Im März fand eine Schulung der Fa. Walter CMP zum Thema „MRSA“ statt. Ursula Pürschel von der Firma B. Braun informierte die Praxis-Partnerinnen über die notwendigen Maßnahmen und das Risiko der Übertragung. Zu berücksichtigen sind folgende gesetzliche Regelungen / Vorschriften / Richtlinien: • RKI-Richtlinien • KRINKO Empfehlungen • Kategorien in der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention • Infektionsschutzgesetz • TRBA 250 Weitere Informationen und Schulungsunterlagen zum Thema MRSA sind auf der Webseite www.mrsa.bbraun.de zu finden. Im April war das Wunschthema der Praxis-Partnerinnen „Quartalsübergreifende Behandlungsscheine“. Dazu zählen: • Überweisungen zum Radiologen (Auftragsleistungen, Kreuz richtig setzen!) • Krankenhauseinweisungen In diesem Zusammenhang haben wir auch die Gültigkeit von Verordnungen in Erinnerung gerufen: • Kassen-Rezepte - 4 Wochen • Privat-Rezepte - 3 Monate, sofern der Arzt keine andere Gültigkeit auf dem Rezept angibt • BTM-Rezepte - 1 Woche • Heilmittelverordnungen / physikalische Therapie - 2 Wochen Besonders interessant und bewegend war das Praxis-Partnerinnen-Treffen am 11.05.16. Teresa Nogueira, eine Mitarbeiterin der Brücke Rendsburg, hat uns für den Umgang mit demenziell erkrankten Menschen sensibilisiert und über die ineinander übergehenden Stadien der Demenzerkrankung informiert. Durch Bewegung kann das Fortschreiten von Demenz verzögert werden und für Demenzerkrankte im Anfangs- und mittlerem Stadium ist der Einsatz von Licht besonders wichtig. Hingegen sollten im letzten Stadium so wenig wie möglich Reize von außen vorhanden sein, da dies die Patienten überfordert. Häufig wirken Demenzerkrankte auf Ihre Mitmenschen aggressiv, aber eigentlich sind Sie nur nicht in der Lage, Ihre Gefühle zu kontrollieren. Sie werden einfach ungefiltert geäußert - das kann Wut und Trauer, aber auch Freude und Glück sein. Hilfesuchende betroffene Angehörige können sich an die Alzheimergesellschaft in Kiel wenden. Am 15.06.16 war das Highlight 2016: Mark Buckley, Referent von der Ärztekammer S-H, war mit dem Thema „Communicating with english speaking patients“ bei den Praxis-Partnerinnen. Auf eine sehr verständliche Art hat er den Teilnehmerinnen geholfen, die Sprachbarriere zu überwinden und den Vokabelschatz für den Praxisalltag zu erweitern. Ein Handout soll das Erlernte festigen. NSch Verbesserte Konditionen Zeitschrift „Medizinische Fachangestellte” Alle Ordentlichen Mitglieder des PRAXISNETZES Kiel e. V. haben die Möglichkeit bei dem Bezug von der Zeitschrift „Die Medizinische Fachangestellte“, über den Verlag Kiehl - Partner für Aus- und Weiterbildung, ein Sonderangebot zu nutzen. Der vergünstigte Bezugspreis beträgt 5,00 € zzgl. 0,75 € Versandkosten gegenüber dem normalen Preis von insgesamt 7,15 €. Das ist eine Ersparnis pro Ausgabe von ca. 22 %. Die regelmäßigen Rubriken der Zeitschrift: • • • • • • Medizinische Fachkunde Abrechnungswesen Praxismanagement Patientenbetreuung Kommunikation EDV • • • • • • Recht Wirtschaft und Verwaltung Ausbildung und Beruf Der Praxisfall Prüfungstraining Aktuelle Kurzmeldungen Weitere Informationen erhalten Sie unter der Webseite: go.kiehl.de/mfa Möchten Sie dieses Angebot nutzen? Dann können Sie in der Geschäftsstelle des PRAXISNETZES Kiel e. V. eine Mitgliedsschaftsbescheinigung anfordern. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 27 RUBRIK Das geförderte Netz Erstes Treffen des geförderten Praxisnetzes Zur Entwicklung des PRAXISNETZES Kiel e. V. erläuterte dessen fachärztliche Vorsitzende, Doris Scharrel, den § 87b SGB V, der als gesetzliche Grundlage zur Anerkennung von Ärztenetzen dient, sowie die Entwicklungsschritte des PRAXISNETZES Kiel e. V. in den vergangenen zwei Jahren von der neuen Rechtsform bis zur Anerkennung als nach § 87b SGB V anerkanntes Praxisnetz und den damit verbundenen Aufgaben und finanziellen Unterstützungen. Die von der KVSH zugewiesene Förderungssumme von 100.000 € dient der Unterstützung der Netzstrukturen, die die Grundlagen für den Netzbetrieb darstellen, wie Miete, Gehälter etc. In dieser Netzförderung werden auch Leistungen wie zum Beispiel Fortbildungs- maßnahmen an die Mitgliedsärzte des anerkannten Netzes weitergegeben. Doris Scharrel präsentierte zudem die Strukturen des PRAXISNETZES Kiel e. V., die Mitgliederentwicklung sowie die bereits umgesetzten und die noch zu erfüllenden Strukturvorgaben aus den Richtlinien der KVSH zur Anerkennung von Praxisnetzen. Eine 50 %-Quote von KV-SafeNet-Nutzung war bei Anerkennung Voraussetzung; im dritten Jahr der Anerkennung müssen 100 % erreicht werden. KV-SafeNet ist damit nicht nur die Grundvoraussetzung für die Förderung, sondern auch ein Instrument für den datenschutzkonformen Informationsaustausch von Patientendaten. Für die organisatorischen Leistungen, die die Mitglieder des anerkannten Netzes erhalten, wird Engagement im Netz und die Mitarbeit an netzinternen Qualitätsindikatoren erwartet. Diese Qualitätsindikatoren erarbeitet jedes Praxisnetz individuell nach demographischen und regionalen Gegebenheiten. Das Praxisnetz ist in der Pflicht, einen Jahresbericht zu erstellen, wobei auf eigene erhobene Daten und auf Versorgungsdaten aus dem Netzmonitor der KVSH zurückgegriffen wird. Das PRAXISNETZ Kiel e. V. unterstützt die Mitgliedspraxen bei netzinternen Abfragen organisatorisch durch die Praxis-Partnerinnen und bei einem höheren Aufwand in der Praxis mit entsprechendem finanziellen Ausgleich. Zur Geschichte des früheren Regionalen Praxisnetzes berichtete der Hausärzt- Werden Sie Mitglied im geför geförderten Praxisnetz! Mit Ihrer Mitgliedschaft als Ordentliches Mitglied im PRAXISNETZ Kiel e. V. mit Zusatzmitgliedschaft nach § 87b SGB V haben Sie die Möglichkeit, die Leistungsangebote und Dienstleistungen des PRAXISNETZES Kiel e. V. für sich selbst und Ihre Praxis zu nutzen. Voraussetzung für die Aufnahme im nach § 87 b SGB V durch die KVSH geförderten Praxisnetz ist diese Form der Mitgliedschaft und die Anschaffung und Nutzung von KV-SafeNet bzw. SafeMail. Das Praxisnetz unterstützt Sie finanziell dabei und die Geschäftsstelle bei den organisatorischen Aufgaben. Als Mitgliedspraxis im geförderten Praxisnetz profitieren Sie von einer verbesserten Honorierung. Nähere Informationen zur Mitgliedschaft im Praxisnetz finden Sie unter www.praxisnetz-kiel.de/mitgliedschaft2.html 28 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Das gefördertes Netz: Erstes Treffen des geförderten Praxisnetzes liche Vorstandsvorsitzende Matthias Seusing über die früheren Aktivitäten, deren Finanzierung durch den AOKStrukturvertrag mittels Einsparmaßnahmen im Arzneimittelbereich garantiert waren. Hier sind als Maßnahme die Arzneimittelbrandbriefe der ehemaligen AG Arzneimittelinfo zu nennen. Die Ziele der neuen AG Arzneimitteltherapiesicherheit im PRAXISNETZ Kiel e. V. sind Qualitätsverbesserung sowie die Wahrnehmung möglicher Interaktionen bei Multimedikation. Dafür wurde zum Beispiel ein praxisnetzinterner Medikamentenplan entwickelt. Die alten Arzneimittelbrandbriefe werden dahingehend in der Arbeitsgruppe überarbeitet. Diese aktualisierten Arzneimittelinformationen werden an die Ordentlichen Mitglieder versendet und später im Login-Bereich der Webseite hinterlegt. Vorstandsmitglied Dr. Peter Sühring stellte die AG Schlaganfall vor, die mit engagierten Kollegen aus den betroffenen Fachgruppen und aus dem UKSH an der verbesserten Gestaltung und Koordination der poststationären Versorgung von Schlaganfallpatienten arbeitet. Ein Überleitungsbogen soll die Aufgaben und Ergebnisse der verschiedenen Versorgungsebenen sowie Therapievorschläge koordinieren. Kooperationen wie mit dem Schlaganfall-Ring Schleswig- Holstein e. V. und die Erstellung eines Behandlungspfades sind in der Planung. Die Evaluation des Projektes wird durch Prof. Dr. Hanna Kaduszkiewicz vom Institut für Allgemeinmedizin am UKSH unterstützt. Der Geschäftsführer des Praxisnetzes berichtete über die Fortschritte im Relaunch der Webseite des PRAXISNETZES Kiel e. V., die seit dem 08.03.2016 online ist. Sie dient als elementares Kommunikationsmedium und ist ein wichtiger Bestandteil der Vorgaben für die Netzförderung. Eine verbesserte Grundstruktur, ein neues Design, neue Inhalte sowie ein Mehrwertrechner für die zusätzliche Honorierung der geförderten Mitglieder sind die neuen Vorteile, ebenso das responsive Design, das den hohen Prozentsatz der mobilen Nutzung berücksichtigt. Eine große Herausforderung war die Überarbeitung der ca. 800 Fachbegriffe in eine für Patienten verständliche Version. Weitere notwendige Änderungen der Webseite sind für den passwortgeschützten Mitgliederbereich erforderlich, ebenso die individuelle Darstellung der Arztpraxen in der Rubrik „Welcher Arzt macht was?“ mit Fotos, Lageplan und Leistungsangebot. Die Webseite hat einen hohen Informationswert für Patienten. Mit einer Präsentation der Rubrik „Welcher Arzt macht was?“ für das Wartezimmer-TV der Mitgliedspraxen könnte der Nutzen noch erhöht werden. DSch KV-SafeNet und SafeMail Ihre Vorteile • Sicherer Datenaustausch zwischen Praxissystemen verschiedener Hersteller in Arztpraxen, Laboren und Krankenhäusern • Prüfung und Zertifizierung der Sicherheit des Betriebs sowie die Vertraulichkeit der Patientendaten vom Landesdatenschutz • Kein zeitaufwändiges Einscannen und Ausdrucken von Dokumenten • Kein langsamer Versand mit der Post • Honorierung des Versands und des Empfangs von Befunden via SafeMail • Sicherheit von Praxis- und Patientendaten auf den Praxis-PCs vor Angriffen aus dem Internet Voraussetzungen • Praxis oder ein Krankenhaus mit Sitz in Schleswig-Holstein • Ein KV-SafeNet-Anschluss ist Voraussetzung für die Teilnahme am SafeMail-Dienst • Antragsstellung (für Netzmitglieder mit Unterstützung durch das PRAXISNETZ Kiel e. V.) Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 29 RUBRIK Der Praxistipp: Impfen hütende Krankheit, den Nutzen der Impfung, die Kontraindikationen, die Durchführung der Impfung und Dauer und Beginn des Impfschutzes sowie typische (spezifische) Nebenwirkungen und Komplikationen beinhalten. Die alleinige Aufklärung durch ein Merkblatt ist unzulässig. Eine wichtige Aufgabe des Arztes ist, für einen ausreichenden Impfschutz bei den von ihm betreuten Personen zu sorgen - von der frühzeitigen Grundimmunisierung bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum zeitgerechten Abschluss der Grundimmunisierung und durch Erhalt des notwendigen Impfschutzes mit regelmäßigen Auffrischimpfungen. Jeder Arztbesuch von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sollte dazu genutzt werden, die Impfdokumentation zu überprüfen und gegebenenfalls den Impfschutz zu vervollständigen. Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich und unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen treten nur selten auf. Direktes Ziel der Impfung ist es, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen. Eine hohe Impfquote kann einzelne Krankheitserreger regional eliminieren oder sogar weltweit ausrotten. 30 Fragen aus der Praxis: Dürfen meine Mitarbeiterinnen impfen? (1) Impfstoffe sind Arzneimittel, die nur der Arzt verordnen darf. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die die Durchführung einer Impfung ausschließlich dem Arzt vorbehält. MFAs mit entsprechender Ausbildung dürfen auch Arzneimittel verabreichen. Injektionstechniken werden in der Ausbildung gelehrt. Der Arzt muss sich von der fachlichen Voraussetzung und der selbstständigen praktischen Umsetzung vergewissern. Die Überprüfung der Indikation und Kontraindikationen sind Aufgabe des Arztes. Die Haftung für die Impfung, für eine korrekte Aufklärung, Anamneseerhebung trägt der Arzt, unabhängig davon, ob er selbst oder das Personal impft. Muss eine Impfaufklärung durch ein Merkblatt erfolgen? (1) Eine Impfaufklärung kann in schriftlicher oder mündlicher Form erfolgen. Eine schriftliche Zustimmung des Impflings (Unterschrift) muss nicht vorliegen. Der Umfang der Impfaufklärung sollte Informationen über die zu ver- Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Ist zur Dokumentation der wirksamen Einwilligung eines Patienten seine Unterschrift erforderlich? (1) Schutzimpfungen gehören nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur medizinischen Routine. Die Verwendung von Aufklärungsmerkblättern ist in der Medizin heutzutage üblich (BGHNJW 2000: 1784 - 1788). Merkblätter erleichtern Ärzten nachträglich den Beweis, worüber tatsächlich aufgeklärt wurde. Erfolgt eine Aufklärung mittels eines Gesprächs, wird in der Regel keine Unterschrift verlangt. Es gibt lt. RKI keine rechtliche Regel aus Gesetz, Mitteilung einer ärztlichen Körperschaft oder einer sonst verbindlichen Mitteilung, wonach eine Unterschrift zu fordern wäre. Schutzimpfungen sind medizinische Routine ebenso wie Blutentnahmen, EKG-Aufzeichnungen und Lungenfunktionsprüfungen. Ist die Unterschrift des impfenden Arztes im Impfausweis zwingend erforderlich? - Ja, bei jeder Impfung! (1) Rechtlicher Hintergrund: § 22 IfSG: Impfausweis Der impfende Arzt hat jede Schutzimpfung unverzüglich in einen Impfausweis nach Absatz 2 einzutragen oder, falls der Impfausweis nicht vorgelegt wird, eine Impfbescheinigung auszustellen. Der impfende Arzt hat den Inhalt der Impfbescheinigung auf Ver- Der Praxistipp: Impfen langen in den Impfausweis einzutragen. Im Falle seiner Verhinderung hat das Gesundheitsamt die Eintragung nach Satz 2 vorzunehmen. nahmefällen angezeigt (z. B. anti-HBs bei Risikopersonen); zum Nachweis vorausgegangener Impfungen sind serologische Kontrollen ungeeignet. Der Impfausweis oder die Impfbescheinigung muss über jede Schutzimpfung enthalten: 1. Datum der Schutzimpfung (TTMMJJJJ) 2. Bezeichnung und Chargen-Bezeichnung des Impfstoffes (Vignette einkleben!) 3. Name der Krankheit, gegen die geimpft wird 4. Name und Anschrift des impfenden Arztes (Impfpassstempel anschaffen!) 5. Unterschrift des impfenden Arztes Welche Impfreaktionen gibt es? (1) Typisch nach einer Impfung sind Rötung, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein sind möglich. Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab. Warum darf man Eintragungen in alten Impfausweisen nicht in einen aktuellen Ausweis übertragen? (1) Der impfende Arzt allein ist für die Dokumentation einer Impfung verantwortlich. Ist dies nicht möglich, hat das Gesundheitsamt die Pflicht, durchgeführte Impfungen zu beglaubigen. Das Verfahren unter Einschaltung des Gesundheitsamtes ist sinnvoll, weil es Ärzte zeitlich, fachlich und auch rechtlich entlastet. Was tun bei fehlender Impfdokumentation? (1) Bei fehlenden oder lückenhaften Impfdokumenten sowie bei Impfungen, die nicht im Impfausweis dokumentiert wurden, empfiehlt die STIKO für indizierte Impfungen diese durchzuführen zu lassen. Grundsätzlich gilt: Nur dokumentierte Impfungen gelten als durchgeführt. Serologische Kontrollen sind nur in Aus- Was tun bei Impfkomplikationen? (1) Nach § 6 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung namentlich meldepflichtig. Die Meldung erfolgt vom Arzt an das Gesundheitsamt. Die Gesundheitsämter sind nach § 11 Abs. 3 IfSG verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle der zuständigen Landesbehörde und der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, im Einklang mit den Bestimmungen des Datenschutzes in pseudonymisierter Form (personenbezogene Angaben sind unkenntlich zu machen) zu melden. Die Meldepflicht nach IfSG gilt in jedem Fall. Für Impfschäden gelten die Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts (Bundesversorgungsgesetz). Die Beurteilung, ob eine im zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung eingetretene gesundheitliche Schädigung durch die Impfung verursacht wurde, ist Aufgabe des Versorgungsamtes im Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 jeweiligen Bundesland. Wer durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz. Dies ist in § 60 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ausdrücklich geregelt. An welcher Körperstelle soll geimpft werden? (1) Die STIKO empfiehlt grundsätzlich die Injektion in den M. deltoideus. Nur wenn dieser bei Säuglingen noch nicht genügend ausgeprägt ist, wird eine Injektion in den M. vastus lateralis empfohlen. Eine intraglutäale Impfstoffapplikation wird generell wegen der erhöhten Komplikationsraten und unsicheren Resorption und damit unsicheren Effektivität nicht mehr empfohlen. Was tun bei Nachholimpfungen? (1) Es gibt keine unzulässig großen Abstände zwischen Impfungen. Es muss auch bei einer für viele Jahre unterbrochenen Grundimmunisierung die Impfserie nicht neu begonnen werden. Eine nicht rechtzeitig gegebene Auffrischimpfung kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Bei teilimmunisierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zählen bisher dokumentierte Impfungen, wenn der Mindestabstand zwischen den einzelnen Impfstoffdosen nicht unterschritten wurde. Von besonderer Bedeutung für den Aufbau eines lang anhaltenden Impfschutzes ist dabei, den empfohlenen Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Impfung 31 Der Praxistipp: Impfen 32 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Der Praxistipp: Impfen der Grundimmunisierung (meist 6 Monate) nicht zu unterschreiten. Jede Impfung zählt! Vorgehen bei Frauen im gebärfähigen Alter zur Vermeidung von Röteln und Varizellen in der Schwangerschaft (1) Von den in den Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Untersuchungen des Immunstatus haben die Immunprophylaxe bei Röteln und Varizellen eine besondere Bedeutung. Beide Infektionen können in der Schwangerschaft zu schwersten Schädigungen des Embryos oder Feten führen. Die STIKO empfiehlt die zweifache Rötelnimpfung für ungeimpfte Frauen im gebärfähigen Alter oder Frauen mit unklarem Impfstatus. Bei einmaliger Impfung gegen Röteln wird seit 2012 die Impfung nur noch mit einem Masern-Mumps-Röteln (MMR)-Kombinationsimpfstoff empfohlen. Liegt der Nachweis über zwei erfolgte Rötelnimpfungen vor, ist von einer Immunität auszugehen, weitere Maßnahmen wie Titerkontrollen sind nicht erforderlich. Der serologische Nachweis von Antikörpern ist nur bei Schwangeren ohne entsprechende Nachweise einer bestehenden Immunität (Ungeimpfte oder einmalig Geimpfte oder Impfanamnese unbekannt) sinnvoll. Zur Verhinderung eines kongenitalen Varizellensyndroms und einer neonatalen Varizelleninfektion sollen seronegative Frauen im gebärfähigen Alter zweimal gegen Varizellen geimpft werden. Im Falle einer ungeklärten Immunitätslage ist eine Antikörperbestimmung bei Frauen im gebärfähigen Alter notwendig. Lebendimpfstoffe wie MMR-Impfstoff sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Ein zeitlicher Abstand von 1 Monat zur Konzeption wird empfohlen. Eine versehentlich durchgeführte Impfung in der Frühschwangerschaft stellt keinen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar. Influenza (Mutterschafts-Richtlinien) (2) A. Untersuchungen und Beratungen sowie sonstige Maßnahmen während der Schwangerschaft 1. ... Zudem soll die Schwangere über die Impfung gegen saisonale Influenza beraten werden. Gesunden Schwangeren soll diese Impfung ab dem zweiten Trimenon empfohlen werden, Schwangeren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens bereits im ersten Trimenon. ... Impfbeispiel Pertussis bei Erwachsenen (6) Standardimpfung (einmalig): Erwachsene sollen einmalig die nächste Td-Impfung als Tdap-Impfung erhalten Indikationsimpfung: Sofern in den letzten zehn Jahren keine Pertussis-Impfung stattgefunden hat, sollen • Frauen im gebärfähigen Alter, • enge Haushaltskontaktpersonen (Eltern, Geschwister) und Betreuer (z. B. Tagesmütter, Babysitter, ggf. Großeltern) möglichst vier Wochen vor Geburt des Kindes eine Dosis Pertussis-Impfstoff erhalten. Erfolgte die Impfung nicht vor der Konzeption, sollte die Mutter bevorzugt in den ersten Tagen nach der Geburt des Kindes geimpft werden. Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Berufliche Indikationen: Sofern in den letzten zehn Jahren keine Pertussis-Impfung stattgefunden hat, sollte Personal in der direkten Betreuung Schwangerer und in Gemeinschaftseinrichtungen eine Dosis Pertussis-Impfstoff erhalten. Was sind falsche Kontraindikationen? Häufig unterbleiben indizierte Impfungen, weil bestimmte Umstände irrtümlicherweise als Kontraindikationen angesehen werden. Dazu gehören z. B.: • Banale Infekte, auch wenn sie mit subfebrilen Temperaturen (< 38,5 °C) einhergehen • Ein möglicher Kontakt des Impflings zu Personen mit ansteckenden Krankheiten • Krampfanfälle in der Familie • Fieberkrämpfe in der Anamnese des Impflings: Da fieberhafte Impfreaktionen einen Krampfanfall provozieren können, ist zu erwägen, Kindern mit Krampfneigung Antipyretika zu verabreichen: z. B. bei Totimpfstoffen zum Zeitpunkt der Impfung und jeweils 4 und 8 Stunden nach der Impfung sowie bei der MMR-Impfung zwischen dem 7. und 12. Tag im Fall einer Temperaturerhöhung. • Ekzem u. a. Dermatosen, lokalisierte Hautinfektionen • Behandlung mit Antibiotika oder mit niedrigen Dosen von Kortikosteroiden oder lokal angewendeten steroidhaltigen Präparaten • Schwangerschaft der Mutter des Impflings (Varizellen-Impfung nach Risikoabwägung) • Angeborene oder erworbene Immundefekte bei Impfung mit Totimpfstoffen 33 Der Praxistipp: Impfen • Neugeborenenikterus • Frühgeburtlichkeit: Frühgeborene sollten unabhängig von ihrem Reifealter und aktuellen Gewicht entsprechend dem empfohlenen Impfalter geimpft werden. • Stillende Frauen: Sie können alle notwendigen Impfungen erhalten außer einer Impfung gegen Gelbfieber. • Gestillte Säuglinge: Diese können unabhängig von der Art ihrer Ernährung (Muttermilch, Muttermilchersatzprodukte oder andere Babynahrung) nach den Angaben im Impfkalender der STIKO geimpft werden. Wie dokumentiert man Impfungen im Arzt-Informationssystem? (5) Jeder Arzt kann natürlich sein eigenes Dokumentationssystem zu Impfstatus, erfolgten Impfungen, Lagerhaltung der Impfstoffe, Impfempfehlungen etc. entwickeln. Komfortabel ist Impf-doc als elektronisches Programmmodul. Mit diesem Impfassistenten spart man Zeit, vermeidet Fehler und behält den Überblick. Impf-doc im Überblick: • Volle Integration in die Arztsoftware • Überprüfung des Impfstatus nach STIKO-Indikationen • Automatische Erstellung von Impfplänen und Terminierung von Auffrischimpfungen • Integriertes Patienteninformationssystem (Merkblätter, Atteste, Aufklärung) • Integration aller marktgängigen Impfstoffe • Integration aller „impfrelevanten” Gefährdungsgrößen • Komplexes Warn- und Informationssystem für den Arzt 34 • Reiseimpfungen und Länderinformationen • Automatisches Recallsystem • Lagerhaltung und Rezeptschreibung • Abrechnungsvorschläge • Regelmäßiger Updateservice und die Erstattung der entstandenen Kosten würde über die Honorarabrechnung erfolgen. Nach der Gesetzesbegründung ist auch eine Bereitstellung des Impfausweises über elektronische Medien denkbar. (4) Wer trägt die Kosten für die Impfausweise? Die Kosten für Impfausweise müssen für gesetzlich Krankenversicherte ab 1. Januar 2016 die Krankenkassen übernehmen. Diesen Leistungsanspruch sieht das Präventionsgesetz vor, das am 1. August in Kraft treten soll. Die Umsetzung in der Praxis regeln die Krankenkassen. Denn der Gesetzgeber gibt nicht vor, in welcher Form die Krankenkassen künftig die Impfausweise bereitstellen müssen. Eine Möglichkeit ist, dass die Versicherten sie direkt von ihrer Krankenkasse erhalten. Gegebenenfalls könnte auch eine Regelung in den regionalen Impfvereinbarungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen getroffen werden. In diesem Fall würde der Arzt den Impfausweis an seine Patienten abgeben Grippeschutzimpfung Winterzeit ist Grippezeit. Den besten Schutz vor einer Erkrankung bietet die Grippeschutzimpfung. Noch immer nehmen zu wenige Menschen diese Schutzmaßnahme in Anspruch. Vor allem bei älteren, chronisch kranken und immungeschwächten Patienten, also großen Teilen der Risikogruppen, sind die Impfquoten zu niedrig. Dabei besteht gerade bei dieser Bevölkerungsgruppe eine erhöhte Gefahr einer Erkrankung. Es ist wichtig, diese Patienten gezielt anzusprechen und sie über den Nutzen der Grippeschutzimpfung aufzuklären, um die Impfmotivation und Impfquote zu erhöhen. Bereiten Sie sich in Ihren Praxen auf die Grippeschutzimpfungen vor, berücksichtigen Sie die gesetzlichen Vorgaben und dokumentieren Sie die Impfung korrekt im Impfausweis (s. o.). Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Der Praxistipp: Impfen Impfempfehlungen für Beschäftigte im Gesundheitsdienst, in Gemeinschaftseinrichtungen und weiteren Bereichen (3) Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind (z. B. Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern, Sanitäter, Pfleger, Hebammen, Arzthelfer/innen, MFA, MTA, Laboranten/innen) oder in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten (z. B. Erzieher/innen, Kinderpfleger/ innen, Lehrer/innen, Sozialpädagogen) benötigen einen besonders umfangreichen Impfschutz. Zum einen, um sich selbst vor gefährlichen Infektionskrankheiten zu schützen, zum anderen, um Patienten sowie zu betreuende Kinder und Jugendliche zu schützen. Über diese eigene und soziale Verantwortung hinaus übernimmt auch gerade medizinisches Personal im Bereich der Gesundheitsvorsorge, zu der auch das Impfen gehört, eine Vorbildfunktion. DSch Literatur: (1) RKI (2) GBA-Mutterschaftsrichtlinie (3) Landesportal Impfen S-H (4) KBV-Nachrichten vom 23.07.2015 (5) www.impfdoc.de (6) GBA Richtlinie Impfen Fazit • Nutzen Sie jeden Arzt-Patientenkontakt zur Impfausweiskontrolle. • Aktualisieren Sie den Impfschutz Ihrer Patienten. • Dokumentieren Sie jede Impfung korrekt im Impfausweis. • Berücksichtigen Sie die gesetzlichen Vorgaben. • Benutzen Sie im Impfausweis einen kleinen Impfpassstempel. • Etablieren Sie Impfen in Ihrem Praxis-Qualitätsmanagement. • Denken Sie an Ihren Impfschutz und den Ihrer Mitarbeiter. • Verbessern Sie den Impfschutz unserer Patienten im PRAXISNETZ Kiel e. V. Wichtige Links www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Impfen/impfen_node.html www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/I/Impfen/Downloads/OeffentlicheEmpfehlungSchutzimpfungenSH.html www.g-ba.de/informationen/richtlinien/60/ www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/impfen_node.html www.g-ba.de/informationen/richtlinien/19/ www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Impfen/Impfempfehlungen/_documents/Impfempfehlungen_ Gesundheitsdienst_Gemeinschaftseinrichtungen.html Diabetes aufgefrischt Folge 26: Diabetische Ketoazidose bei Erwachsenen Die diabetische Ketoazidose, synonym etwas unglücklich „Coma diabeticum“ genannt, zählt zu den potentiell lebensbedrohlichen Akutkomplikationen des Diabetes mellitus. Die Ketoazidose kommt vorwiegend bei Typ-1-Diabetes vor, kann aber auch bei Typ-2-Diabetes auftreten. Das klinische Spektrum reicht von nahezu asymptomatischen Patienten, deren potentielle Gefährdung nur anhand von Labordaten ablesbar ist, über somnolente oder komatöse Patienten mit oder ohne Kreislaufschock in akuter Lebensgefahr bis hin zu Patienten, die sekundär durch falsche präklinische Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 oder klinische Therapie gefährdet sind. Die Mortalität beträgt 3 - 5 %. Besonders gefährdet sind ältere Patienten und solche, deren Ketoazidose im Rahmen einer akuten Zweiterkrankung aufgetreten ist. Die diabetische Ketoazidose ist 35 Diabetes aufgefrischt Folge 26: Diabetische Ketoazidose bei Erwachsenen durch die Trias Hyperglykämie (BZ >250 mg/dl), Azidämie (pH <7,30) und Ketonämie (β-OH-Butyrat >3,0 mmol/l) definiert. Eine international einheitliche Definition gibt es allerdings nicht. Im Jahr 2006 haben A. Kitabchi und Kollegen einen Vorschlag gemacht, die Ketoazidose in Schweregrade einzuteilen (s. Tabelle), was eine grobe Orientierung erlaubt. Ursächlich besteht ein relativer oder absoluter Insulinmangel mit ungehemmtem Abbau der Fettsäuren (Lipolyse) und nachfolgender säurebildender Ketogenese, wodurch der Blut-pH durch Pufferverbrauch sinkt. Die Azidose entsteht, wenn die Pufferkapazität des Blutes erschöpft ist. Symptome der diabetischen Ketoazidose sind: • Polyurie, Nykturie, Polydipsie • Gewichtsabnahme • Übelkeit und Erbrechen • Brettharte Bauchdecken (Pseudoperitonitis diabetica) • Körperliche Schwäche und Müdigkeit • Verlangsamte mentale Funktionen mit kognitiven Defiziten • Sehstörungen • Kussmaul-Atmung (tiefe, gleichmäßige Hyperventilation) • Acetongeruch in der Ausatemluft Die diabetische Ketoazidose kommt nach internationaler Literatur in 0,5 - 5 Episoden pro 100 Patientenjahre vor, in 4 % der Patienten mit Typ-1-Diabetes pro Jahr, in 6 % aller Patienten bei Erstmanifestation und in 8 % bei stationären Patienten, die nicht wegen einer Ketoazidose aufgenommen wurden. Neben der Erstmanifestation des Diabetes zählen zu den wichtigsten 36 Ketoazidose-Ursachen bei bekanntem Diabetes: • Weglassen von Insulin bei krankheitsbedingter Unfähigkeit, Nahrung aufzunehmen (z. B. Magen-Darminfekt) oder chronifiziertem Überstress (Insulin „vergessen“) • Weglassen von Insulin bei Essstörung zur Manipulation des Körpergewichtes (Purging) • Eigenmächtige Reduktion der Insulindosis (Hypoglykämieangst, Angst vor Gewichtszunahme, Nadelphobie) • Zweiterkrankung, besonders mit Fieber (z. B. akute Pankreatitis, Pyelonephritis, Sepsis) • Bei Insulinpumpenträgern: Pumpendefekt, Katheter-Diskonnektion (Hyperglykämie-Korrekturen über Pumpe, nicht mit Pen), zu langes Ablegen der Pumpe bei Sport • Herzinfarkt, Schlaganfall • Pharmakotherapie: SGLT-2-Inhibitoren, Glukokortikosteroide, Thiaziddiuretika Die Diagnose in der Arztpraxis ist schwierig, da die Blutzuckerhöhe nicht mit dem Grad der Azidose korreliert. Auch durch eine mit Urinstix gemessene Ketonurie (++ oder +++) oder durch eine mit Handmessgerät bestätigte kapilläre Ketonämie kann nur indirekt auf eine Ketoazidose geschlossen werden. Der Nachweis ist nur mit einer BGA möglich, die den erniedrigten BlutpH und die metabolische Azidose dokumentiert (niedriges Bikarbonat, niedriger Base Exzess, große Anionenlücke). Die Therapie wird in präklinische und klinische Maßnahmen unterschieden. Sie besteht aus symptomatischer Therapie des Flüssigkeits- und Elektrolytdefizits und ursächlicher Ketoazidose-Therapie durch Insulinzufuhr. Zu den Erstmaßnahmen in der Praxis zählen: • Keinerlei orale Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr mehr (Gefahr des Erbrechens) • Messung von Blutglukose und Urinketon (ggf. kapilläres Blutketon) • Legen eines großvolumigen Venenweges in der Ellenbeuge und schnelle Infusion von 500 ml NaCl 0,9 %, ggf. wiederholen • Bei stabilem Kreislauf subkutane Injektion eines kurzwirksamen Insulins / Insulinanalogons, und zwar 20 % der gesamten Tagesdosis vom Vortag oder die doppelte, patientenspezifische Korrekturdosis Schweregrad Ketoazidose Befund gering mäßig schwer Blutglukose (mg/dl) >250 >250 >250 Arterieller pH 7,25 - 7,30 7,00 - 7,24 <7,0 Bikarbonat (mmol/L) 15 - 18 10 - <15 < 10 Ketonkörper Urin + ++ +++ β-OH-Butyrat (mmol/L) <0,5 0,6 - 3,0 ≥ 3,0 Anionenlücke (mmonl/L) >10 >10 >12 Vigilanz wach wach somnolent stuporös komatös Mod. nach Kitabchi, A. et al. Diabetes Care 2006; 29: 2739 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Diabetes aufgefrischt Folge 26: Diabetische Ketoazidose bei Erwachsenen • Bei Kreislaufschock Sauerstoffgabe, kein Insulin s.c. • Stationäre Einweisung bei bewusstseinsklaren Patienten und stabilem Kreislauf mit RTW, bei Somnolenz, Koma oder Kreislaufschock immer mit notärztlicher Begleitung Die klinische Therapie stützt sich auf niedrigdosierte i.v.-Insulingabe, Flüssigkeitsersatz, Elektrolytgabe, intensivmedizinisches Monitoring und überlappenden Erst-Start oder erneuten Start der s.c. Insulintherapie bei Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme. Wegen erhöhtem Thromboembolie-Risiko ist eine Antikoagulation notwendig. Im Allgemeinen dauert es 6 Stunden bis die Blutglukose auf <250 mg/dl fällt und 12 Stunden, bis die Ketoazidose korrigiert ist sowie mindestens 24 - 48 Stunden bis Flüssigkeit und Elektrolyte ausgeglichen sind. Da die Flüssigkeitssubstitution ausschließlich mit NaCl 0,9 % zur hyperchlorämischen metabolischen Azidose führen kann, wird alternativ neuerdings auch isotonische Elektrolytlösung eingesetzt. Ein schwerwiegender Fehler ist die präklinische Gabe von Na-Bikarbonat und klinisch die Steuerung der Flüssigkeitszufuhr ohne ZVD-Messung sowie die unzureichende Zufuhr von Kalium. Lungenödem (bei Älteren), Hirnödem (selten) und maligne Herzrhythmusstörungen sind Komplikationen der Ketoazidose-Therapie. Die Kriterien der Rekompensation sind erfüllt bei folgenden Befunden: BZ <200 mg/dl, pH>7,30, Bikarbonat >15 mmol/l, Anionenlücke <11 mmol/l, Blutketon <0,6 mmol/l. Auch nach Rekompensation besteht das Risiko des Ketoazidose-Rebounds. Daher sollten Patienten weder direkt von der Intensivstation noch am Wochenende nach Hause entlassen werden. Sie sollten vollmobilisiert sein, fähig zur vollständigen oralen Nahrungsaufnahme und ihre Insulintherapie selbst steuern können. Zu empfehlen ist, dass der Patient so aus der Klinik entlassen wird, dass er zunächst seinen Hausarzt oder Diabetologen aufsuchen kann, bevor er nach Hause fährt. Eine Besonderheit ist die euglykämische Ketoazidose mit BZ-Werten <250 mg/dl. Diese kommt vor bei • Erstmanifestation (wenn keine Kalorienzufuhr mehr stattfindet), • Schwangeren, • Frauen mit Typ-1-Diabetes und Essstörung (Purging), bei ca. 30 % dieser Zielgruppe, • Therapie mit SGLT2-Inhibitoren (z. B. Dapagliflozin, Empagliflozin). Zur Prävention der diabetischen Ketoazidose zählen insbesondere die genaue Instruktion von Patienten mit Typ-1-Diabetes über Risikofaktoren und wann sie bei welchen BZ-Werten Urinketon messen sollen. In strukturierten Diabetes-Schulungsprogrammen lernen die Patienten Regeln für die Insulindosis-Anpassung bei Krankheitstagen, für operative Eingriffe, beim Sport und bei Hyperglykämie mit Ketonurie. Die Verordnung eines Selbstmessgerätes für kapilläres Blutketon bringt keine Vorteile gegenüber Urinketon. Wir erleben regelmäßig, dass Urin-Ketonstreifen entweder nicht vorhanden oder seit Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Jahren verfallen sind. Patienten, die regelmäßig Ketoazidosen haben, benötigen meist auch psychologische Unterstützung. Fazit • Bei jedem Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes mellitus und akutem Unwohlsein sollte an eine Ketoazidose gedacht werden. • Diabetes Patienten mit einer Ketoazidose sind fahruntüchtig und müssen durch eine Begleitperson in die Praxis oder Klinik gefahren werden, im Zweifel sofortige Krankenhauseinweisung mit dem Rettungssystem. • Die Diagnose einer Ketoazidose kann durch die BZ-Höhe und den Grad des Urinketons vermutet, aber nur durch eine BGA gesichert werden. • Für die Beurteilung der PatientenGefährdung sollen dessen Symptome, eine evtl. vorhandene akute Grunderkrankung und die Labor daten immer gemeinsam berücksichtigt werden. • Die wichtigste Primärmaßnahme ist die i.v.-Flüssigkeitszufuhr, NaCl 0,9 % oder (wenn nicht vorhanden) isotonische Elektrolytlösung. • Patienten mit Typ-2-Diabetes, denen neu ein SGLT-2-Inhibitor verschrieben wird, müssen über die wichtigsten Symptome einer Ketoazidose aufgeklärt werden und die Aufklärung sollte unbedingt dokumentiert werden. Helmut Kleinwechter Norbert Demandt diabetologikum kiel [email protected] 37 Cooking Doc Spargel-Wok mit Garnelen und Duftreis Zutaten für 4 Personen 1 kg weißer Spargel 500 g grüner Spargel 3 Frühlingszwiebeln 3 - 4 Knoblauchzehen 500 g Riesengarnelen ohne Kopf Zubereitung Die eventuell holzigen Enden des Spargels abschneiden. Den weißen Spargel komplett, vom grünen Spargel nur das untere Drittel schälen. Spargelstangen längs und quer halbieren. Frühlingszwiebeln putzen, das Weiße und Hellgrüne getrennt in feine Ringe schneiden. Knoblauch pellen, Ingwer schälen und beides fein hacken. Die Garnelen mit einem kleinen Küchenmesser entdarmen, kalt abwaschen und gut trocken tupfen. Schale der Limette fein abreiben und den Saft auspressen. Die Chilischoten entkernen und fein hacken. 3 EL Thai-Basilikumblätter 1 - 2 rote Chilischoten 250 g Basmati-Duftreis 1 Prise Salz 4 EL Öl 2 EL Sesamsaat 4 EL helle Sojasauce 2 TL Zucker 1 Stück Ingwer Den Duftreis waschen und in leicht gesalzenem, kochendem Wasser ca. 10 Minuten garen, abgießen und abgedeckt warm halten. Inzwischen im Wok das Öl erhitzen. Zuerst die weißen Spargelstücke darin ca. 4 Minuten anbraten. Grüne Spargelstücke und Garnelen dazugeben und 3 Minuten anbraten. Die weißen Ringe der Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Chili und Sesam dazugeben und kurz mit anbraten. Die Limettenschale und 2 EL Limettensaft, Sojasauce, Zucker und 50 ml Wasser zugeben, unterrühren und das Ganze nochmals etwa eine Minute erhitzen. Grüne Frühlingszwiebelringe untermischen. Basilikumblätter von den Stielen zupfen. Das Wokgemüse mit Garnelen auf den Tellern verteilen und mit Basilikum bestreuen. Dazu den Reis servieren. Tipp: Helle Sojasauce reift weniger lange als dunkle, ist salziger und bräunt nicht so stark. Auch optisch ist sie deshalb für Meeresfrüchte der perfekte Partner. Unser Koch in dieser Ausgabe: Dr. Jens Orthmann Weintipp: 2015 Hofener Stromberg Kerner Kabinett trocken Beim Mittagessen sagt die Kartoffel klagend zum Spargel: „Ich verstehe nicht, warum du so viel teurer bist als ich. Ich bin doch viel dicker und schwerer!“ Darauf antwortet der Spargel: „Ja, aber dafür habe ich Köpfchen!” 38 Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 Neue Arzneimittelinformationen Seit einigen Jahren hat das PRAXISNETZ Kiel e. V. sich verstärkt dem Thema Arzneimittel-Therapiesicherheit zugewandt. Nach einer Einführungsund Informationsveranstaltung mit Dr. Svante Gehring und Dr. Eckehard Meissner im Bürgerhaus Kronshagen hat die AG AMTS (Arzneimitteltherapiesicherheit) seit 2014 zunächst einmal alle alten Arzneimittel-Brandbriefe und Arzneimittelinformationen der frühen Netzjahre gesichtet und geprüft. Dabei hat die AG festgestellt, dass praktisch alle vorliegenden Dokumente überholt sind und zwar inhaltlich als auch aus therapeutischer Sicht. Der nächste Schritt war, eine Themenauswahl zu treffen und in vielen AGSitzungen die wichtigsten Bereiche zu überarbeiten. Diese „neuen“ Arzneimittelinformationen liegen nun vor und werden den Ordentlichen Mitgliedern in loser Folge zugestellt. Sie haben ja alle schon einige davon per E-Mail erhalten. Die Arbeitsgruppe hofft, dass Sie alle daraus Nutzen ziehen können und ist für Rückmeldungen dankbar. Bei kniffligen Themen oder Bedarf an fachfremder Expertise hat die AG sich externe Berater eingeladen, z. B. den Apotheker Dr. Uwe Schersch. Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar, das trifft ebenso für einige Fachärzte aus dem Mitgliederbereich des Netzes zu. Wegen der Verpflichtung zur Erstellung eines Medikamentenplans für Patienten mit mehr als drei Wirksubstanzen ab Oktober 2016 wird sich die AG auch mit diesem Thema beschäftigen. Sobald konkrete Daten zur Umsetzung vorliegen und die Softwarehäuser der großen Praxis-EDV-Systeme eine Möglichkeit zur einheitlichen Erstellung dieser Medikationspläne bereitstellen, wird das PRAXISNETZ Kiel e. V. seine Mitglieder darüber per E-Mail informieren. MSe Das Allerletzte Der neue Diabetologe ist mit dem Körpergewicht des Diabetespatienten nicht zufrieden. Die empfohlene Diät hat keinen Effekt gehabt. Daraufhin empfiehlt der Diabetologe dem Mann, mindestens 5-mal in der Woche einen straffen Spaziergang, gerne auch als Nordic Walking, von mindestens 30 - 45 Minuten Dauer. Darauf der Patient: „Soll ich den Spaziergang machen bevor ich die Post austrage oder danach?“ HKl IMPRESSUM - PRAXISNETZ Kiel e. V. - Vereinsregisternummer: 6199 KI V. i. S. d. P. : Dr. Peter Sühring (PS) Redaktion: Dr. Dieter Kienitz (DK), Dr. Peter Sühring (PS), Doris Scharrel (DSch), Lara Trabelsi (LT), Julia Fuhrmann (JFu), Lars Prinzhorn (LP) Red. Beiträge: Nicole Schütz (NSch), Dr. Helmut Kleinwechter (HKl), Matthias Seusing (MSe) Bildquellen: www.wortwolken.com; © Elnur, arahan, Coloures-pic, claer, picsfive, Marco2811 - Fotolia.com; w.r.wagner / pixelio.de Layout und Gestaltung: Lara Trabelsi und Julia Fuhrmann, PRAXISNETZ Kiel e. V.; Dr. Dieter Kienitz Unternehmenskommunikation Druck: saxoprint Praxisnetz Kiel News - Ausgabe 61 39 Strande Schilksee Laboe Altenholz Heikendorf Kronshagen Schönkirchen Kiel Raisdorf Steekberg 7, 24107 Kiel Tel. 04 31 - 9719900 Fax 04 31 - 9719911 [email protected] www.praxisnetz-kiel.de
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