Steuer- und Rechtspraxis Kommunaler Unternehmen

Steuer- und Rechtspraxis Kommunaler Unternehmen 2016
Teil 4:Energierecht aktuell
Gesetzgebung
EEG 2017
Im Sommer wurde das sogenannte Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017
(EEG 2017) zunächst vom Bundestag und nachfolgend auch vom Bundesrat verabschiedet. Das EEG 2017 soll am 01. Januar 2017 in Kraft
treten. Bezüglich einzelner Regelungen steht die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission allerdings noch aus.
Kernpunkt der Novelle ist die Umstellung der Förderung erneuerbarer
Energien auf ein marktorientiertes System durch Ausschreibungen. Ab
2017 werden die Fördersätze für Windkraft-, Solar- und Biomasseanlagen nun grundsätzlich durch Ausschreibungen bestimmt. Seit dem EEG
2014 ist dieses System im Bereich von Photovoltaikanlagen erprobt worden und wird nun auch auf die genannten erneuerbaren Energien ausgedehnt. Das über Jahre gewachsene System fester Einspeisevergütungen
soll so marktnäher ausgestaltet werden und zu einer verbesserten Mengensteuerung führen. Die umstrittene Frage, wie sich negative Strompreise auf die EEG-Vergütungen auswirken können, löst der Gesetzgeber
so, dass sich der anzulegende Wert für die Vergütung bei negativen Preisen auf null reduzieren kann. Die Grenze, ab der Windkraftanlagen und
Solaranlagen an den Ausschreibungen teilnehmen müssen, liegt bei 750
kW. Außerdem wird eine Ausschreibungspflicht für Biomasseanlagen ab
150 kW eingeführt.
Um die Netzstabilität zu gewährleisten und den Ausbaukorridor auch in
den kommenden Jahren einzuhalten, wird das Ausschreibungsvolumen
für Windkraftanlagen an Land in den Jahren 2017, 2018 und 2019 auf
2.800 MW (brutto) festgelegt. Ab 2020 werden dann 2.900 MW pro
Jahr (brutto) ausgeschrieben. Das Ausschreibungsvolumen für Photovoltaikanlagen liegt bei 600 MW pro Jahr. Für Biomasseanlagen wird ebenfalls eine Ausschreibungspflicht eingeführt.
Das EEG 2017 sieht nach der Abschaffung des Grünstromprivilegs durch
das EEG 2014 auch wieder die Möglichkeit der regionalen Grünstromvermarktung vor. Damit können Energieversorger erstmals nach dem
EEG geförderten Strom als Grünstrom vermarkten, um so die Akzeptanz
der Energiewende vor Ort zu fördern.
Messstellenbetriebsgesetz
Am 08. Juli 2016 hat der Bundesrat auch den vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesentwurf für den verpflichtenden Rollout von intelligenten Messsystemen und modernen Messeinrichtungen im Rahmen des
Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende passieren lassen. Das
Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ist nach der Verkündung im Bundes-
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PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 22. September 2016
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gesetzblatt am 02. September 2016 in Kraft getreten. Der Bundesrat hat
sich zwar kritisch gegen die verpflichtende Ausstattung von Haushaltskunden und gegen die erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens hinzugekommene Fallgruppe von Messstellen für EEG-/KWKG-Neuanlagen
>1 kW bis 7 kW geäußert. Er ordnet das Gesetz aber ebenso wie der Bundestag als nicht zustimmungspflichtig ein und hat daher auch von der
Anrufung des Vermittlungsausschusses abgesehen.
Neben der Umsetzung der Entflechtungsvorgaben für betroffene Unternehmen sollten sich insbesondere Stadtwerke schon für die gesetzlich
vorgesehene Einführungsphase von 2017 bis 2019 richtig aufstellen, um
einen rechtskonformen Roll-out wirtschaftlich tragfähig zu meistern.
Auswirkungen hat das MsbG jedoch auch auf die Zuständigkeit für den
Messstellenbetrieb bei EE-Anlagen. War bisher für die Ablesung der
Anlagenbetreiber zuständig, so wird im MsbG die Grundzuständigkeit
für den Messstellenbetrieb grundsätzlich dem Netzbetreiber zugewiesen.
Dies kann ausweislich des neu eingefügten § 10a EEG 2017 auch für EEAnlagen gelten. Dadurch kann es zu einer Änderung der Zuständigkeit
kommen. Praktisch relevant ist dies vor allem für Erzeugungszähler von
Photovoltaik-Anlagen oder Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Eigenerzeugung. Nach der Umsetzungshilfe des BDEW erstreckt sich der Messstellenbetrieb auf die gesamte Messstelle und somit auch auf Erzeugungszähler.
Strommarktgesetz
Ferner wurde das Strommarktgesetz durch den Bundestag und Bundesrat beschlossen. Das Gesetz enthält umfangreiche Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie Änderungen einzelner Verordnungen. Zur Absicherung der Versorgungssicherheit wird das neue Instrument der Kapazitätsreserve eingeführt. Diese soll zum Einsatz kommen,
wenn trotz freier Preisbildung an der Strombörse kein ausreichendes
Angebot existiert, um einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage
zu ermöglichen. Einzelheiten hierzu bleiben der Kapazitätsreserveverordnung vorbehalten.
Um Ihnen die Lektüre der neu geschaffenen sowie novellierten Gesetze
zu vereinfachen, haben wir konsolidierte Fassungen des EnWG 2016, des
EEG 2017 und des MsbG erstellt. Diese stellen wir Ihnen gerne zum
Download unter http://www.pwc.de/de/energiewirtschaft.html zur Verfügung.
Weiter vorangeschritten ist auch die Novellierung der §§ 46 ff. EnWG zur
Vergabe von Wegenutzungsverträgen. Um die Vergabe von Konzessionsverträgen rechtssicherer zu gestalten, sollen Bewertungsmaßstäbe durch
die Novellierung konkretisiert werden und der Netzübergang bei dem
Neuabschluss eines Konzessionsvertrages eingehender gesetzlich geregelt werden. Zu diesem Thema bieten wir Ihnen noch in diesem Herbst
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ein halbtägiges Seminar mit fünf Terminen in ganz Deutschland an. Anmeldungen nehmen wir gerne unter www.pwc-events.com/Konzessionen
entgegen.
ODR-VO/VSBG
Seit März 2016 ist die neue „OS-Plattform“ zur Online-Streitbeilegung
online. Rechtsgrundlage ist die EU-VO Nr. 524/2013 („ODR-VO“ –
OnlineDisputeResolution). Die Plattform soll es Verbrauchern ermöglichen, außergerichtlich Streitigkeiten mit Unternehmen zu klären, die
Kauf- oder Dienstleistungsverträge online eingehen, also u.U. auch
Energieversorgungsunternehmen (EVU), die online Lieferverträge anbieten. Konkret müssen Unternehmen einen Link zur Plattform auf ihrer Website einbinden, eine
E-Mail-Adresse angeben und
über die Existenz der Plattform und die Möglichkeit, diese zur Streitbelegung zu nutzen, auf der Website (ggf. E-Mail) und in den AGB informieren.
Auf nationaler Ebene ist am 01. April 2016 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Teilen in Kraft getreten. Unabhängig davon, ob
EVU online Vertragsschlüsse anbieten, hat dies zur Folge, dass EVU auf
ihrer Website auf das Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle
Energie, auf ihre Pflicht zur Teilnahme am Verfahren und auf die Kontaktdaten der Schlichtungsstelle hinweisen müssen. Sollte einer Kundenbeschwerde nicht abgeholfen werden, ist der Kunde auf diese Pflicht
sowie die Kontaktdaten der Schlichtungsstelle in Textform hinzuweisen.
Bei der Belieferung sogenannter Normsonderkunden müssen zu den
bislang schon erforderlichen Informationen über die Schlichtungsstelle
nunmehr auch deren Website sowie die Teilnahmeverpflichtung genannt
werden.
Anreizregulierungsverordnung
Das Bundeskabinett hat am 03. August 2016 eine Änderung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) beschlossen, welche am 17.
September 2016 in Kraft getreten ist. Einerseits soll ein Anreiz zum Ausbau und zur Modernisierung von Verteilernetzen gesetzt, Kostensteigerungen für den Verbraucher andererseits vermieden werden. Ob dieser
Spagat durch die Novellierung gelingt, wird die Zukunft zeigen. Der Investitionsrahmen für Verteilungsnetzbetreiber wird jedenfalls grundlegend modernisiert. Die Novelle enthält drei Kernpunkte: Zur Finanzierung der Verteilernetze tritt an die Stelle pauschaler Budgets eine vollständige Anerkennung der Investitionskosten ohne Zeitverzug. Außerdem erhält die Bundesnetzagentur (BNetzA) zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten, um technologieneutrale Effizienzanreize zu schaffen. Effiziente Netzbetreiber werden jetzt mit einem Bonus belohnt. Um für Verbraucher und Investoren die komplexen Prozesse der Netzregulierung
nachvollziehbarer zu machen, soll zudem mehr Transparenz geschaffen
werden.
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InformationssicherheitsManagementsystems
Rechtsprechung
§ 19 StromNEV a.F
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Grundsätzlich haben Strom- und Gasnetzbetreiber gem. § 11 Abs. 1a
EnWG angemessene Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen für ihre
TK- und EDV-Verarbeitungssysteme zu treffen. Sie müssen dazu den ITSicherheitskatalog der BNetzA umsetzen. Dieser fordert die Etablierung
eines Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS) gemäß
ISO 27001.
Auch die Rechtsprechung hat in jüngster Zeit zu wichtigen energierechtlichen Fragen Stellung genommen:
Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im vergangen Jahr Teile
des § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) für nichtig
erklärte, hat er mit Beschluss vom 12. April 2016 (Az.: EnVR 25/13) verkündet, dass § 19 Abs. 2 S. 12 bis 15 StromNEV in der seit dem 01.
Januar 2014 geltenden Fassung nichtig ist. Die für nichtig erklärten
Regelungen betreffen den Wälzungsmechanismus von Erlösausfällen der
Netzbetreiber aufgrund von Netzentgeltermäßigungen nach § 19 Abs. 2 S.
1 u. 2 StromNEV für atypische beziehungsweise intensive Netznutzung.
Der Wälzungsmechanismus wurde vom BGH wegen des Fehlens einer
gesetzlichen Ermächtigung insgesamt gekippt. Ausdrücklich ordnet der
BGH zudem die Nichtigkeit mit Wirkung für alle Netzbetreiber und nicht
nur für die am Verfahren beteiligten Parteien an. Nach der Entscheidung
sei es betroffenen (Verteiler-)Netzbetreibern – also solchen, an deren
Netz von § 19 Abs. 2 StromNEV begünstigte Letztverbraucher angeschlossen sind – nicht mehr möglich, die aufgrund von Ermäßigungen
eintretenden bzw. eingetretenen Erlösausfälle zu „wälzen“. Es entfiele
zudem der Ausgleich zwischen den Übertragungsnetzbetreibern. Jedoch
reagierte der Gesetzgeber hierauf prompt, in dem er im Rahmen des
Strommarktgesetzes das Versäumnis einer fehlenden Ermächtigungsgrundlage rückwirkend nachholte.
EE-Anlagen
Ein erhöhtes Augenmerk muss zukünftig auf die technische Funktionsfähigkeit einer EE-Anlage gerichtet werden. Der BGH (Beschluss v.
15. November 2015, Az.: VIII ZR 304/14) hat entschieden, dass dem Betreiber einer Photovoltaik-Anlage kein Vergütungsanspruch zustehe,
wenn der Anlage die gesetzlich vorgeschriebenen technischen Fernsteuerungseinrichtungen zur Wahrung der Netzsystemstabilität fehlten. Ein
gesetzlicher Vergütungsanspruch scheide aus, denn Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbare Energien müssten zur Sicherung der
Netzstabilität mit bestimmten technischen Einrichtungen ausgestattet
sein. Solange die Einrichtungen nicht vorhanden oder nicht betriebsfähig
seien, reduziere sich der gesetzliche Vergütungsanspruch auf null bzw.
entfiele der Anspruch auf die Marktprämie. Nach Ansicht des BGH kämen ferner weder vertragliche – z.B. ein Netzanschlussvertrag – noch
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bereicherungsrechtliche Ansprüche in Betracht. Die Regelungen des EEG
seien diesbezüglich abschließend. Umso wichtiger sei es deshalb, durch
die Einbindung technischen Sachverstandes das Fehlen oder Ausfallen
erforderlichen technischer Einrichtungen zu verhindern.
Mit Urteil vom 21. Juni 2016 (Az.: 3 U 108/15) hat das Oberlandesgericht
Schleswig entschieden, dass ein Netzbetreiber vom Betreiber einer Photovoltaikanlage die Rückzahlung von Einspeisevergütungen nach
dem EEG verlangen könne, wenn der Anlagenbetreiber seine EE-Anlage
nicht rechtzeitig bei der Bundesnetzagentur angemeldet habe. Das Rückforderungsverlangen sei nicht treuwidrig, denn der Netzbetreiber sei
gem. § 57 Abs. 5 S. 1 u. 3 EEG 2014 zur Rückforderung zu Unrecht gezahlter Vergütung verpflichtet. Die Meldepflicht bei der Bundesnetzagentur träfe allein den Anlagenbetreiber. Das Urteil vergegenwärtigt noch
einmal die Bedeutung von Melde- und Registrierungsvorschriften des
EEG und die bei Nichteinhaltung damit verbundenen finanziellen Konsequenzen.
Ferner entschied der BGH mit Urteil vom 11. Mai 2016 (Az. VIII ZR
123/15), dass eine vorübergehende Netztrennung einer Biogasanlage
aufgrund notwendiger Reparatur- und Wartungsarbeiten am Versorgungsnetz keine Pflichtverletzung des Netzbetreibers darstelle. Der Anlagenbetreiber habe somit auch keinen Anspruch auf Schadenersatz für die
während der Wartungsarbeiten entgangene Einspeisevergütung.
Netzbetreiber seien gesetzlich verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges
und leistungsfähiges Netz zu betreiben und zu warten. Diese Verpflichtung werde durch die Abnahmepflicht nach dem EEG nicht in Frage gestellt. Netzbetreiber seien daher befugt, eine EE-Anlage zur Durchführung notwendiger Arbeiten zeitweise vom Netz zu nehmen, wenn dies
technisch unvermeidbar sei. Allerdings müssten Netzbetreiber die
Netztrennung so kurz wie möglich halten und technisch mögliche sowie
zumutbare Überbrückungsmaßnahmen ergreifen. Die Entscheidung betrifft zwar einen Sachverhalt zum EEG 2009, dürfte aber ohne weiteres
aufgrund des gleichen Regelungsgehalts zur Abnahmeverpflichtung im
EEG 2014 auf aktuelle Fälle übertragbar sein.
Preisanpassungen
Nach einer Reihe von Entscheidungen in der Vergangenheit zu Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen, hat der BGH die Grenzen bei
der Weitergabe von Bezugskostensteigerungen abermals enger
gezogen (BGH, Urteil vom 06. April 2016, Az.: VIII ZR 71/10). Ein EVU
sei verpflichtet, die eigenen Bezugskosten im Interesse der Kunden niedrig zu halten und nach Möglichkeit die günstigste Beschaffungsalternative zu wählen. Preiserhöhungen, die es auch unter Berücksichtigung des
ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne
die Möglichkeit einer Weitergabe an den Kunden aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte, dürften nicht weitergegeben werden.
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Ergänzung:
Rabattfreibetrag bei
verbilligtem Strombezug durch Arbeitnehmer des Stromnetzbetreibers
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Mit Urteil vom 30. Mai 2016 hat das Finanzgericht (FG) München (Az. 7
K 532/15) entschieden, dass der Arbeitnehmer nach einer Umstrukturierung im Stromkonzern weiterhin für den Strombezug der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gewährt wird, auch
wenn der Arbeitnehmer den ihm arbeitsvertraglich zustehenden verbilligten Strom nicht mehr von seinem Arbeitgeber, sondern von einer
(Tochter-)Vertriebsgesellschaft erhält, während der Arbeitgeber als reiner Stromnetzbetreiber tätig ist. Entscheidend sei, dass der Arbeitgeber
als Stromnetzbetreiber bei wertender Gesamtbetrachtung (im Anschluss
an das Urteil des BGH vom 25. Februar 2014, Az. VI ZR 144/13) als Hersteller der vom Arbeitnehmer bezogenen Ware Strom anzusehen ist.
Der Steuerpflichtige erzielte als Angestellter der A AG Einkünfte aus
nichtselbständiger Tätigkeit. Er erhielt neben der regulären Barlohnvergütung einen Nachlass auf den von ihm bezogenen und verbrauchten
Strom (Stromdeputat als Sachlohn). Dieser Sachlohn wurde bisher unter
Berücksichtigung des Rabattfreibetrages von EUR 1.080 nach § 8 Abs. 3
EStG versteuert.
Nach einer im Konzern erfolgten Umstrukturierung (vor dem Hintergrund der Entflechtungsvorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes) bezog
der Steuerpflichtige seinen Strom nicht mehr von der A AG als seinem
Arbeitgeber, sondern von der A Vertriebs GmbH, einer 100%igen Tochter der A-AG. Die A AG als Arbeitgeber des Steuerpflichtigen fungierte
nach der Umstrukturierung nur noch als Verteilnetzbetreiber, wohingegen die vertrieblichen Aktivitäten auf die A Vertriebs GmbH übergingen.
Der Steuerpflichtige wendete sich mit seiner Klage gegen die vom Finanzamt vorgenommene Versagung zur Anwendung des Rabattfreibetrages nach § 8 Abs. 3 EStG nach der erfolgten Umstrukturierung. Das
Finanzgericht München hat zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Rabattfreibetrages
auch bei einem verbilligten Strombezug durch Arbeitnehmer des Stromnetzbetreibers vorliegen. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber des
Steuerpflichtigen in seiner Funktion als Netzbetreiber bei wertender Gesamtbetrachtung als Hersteller des vom Steuerpflichtigen bezogenen
Stroms anzusehen ist. Die Urteilsbegründung stützt sich im Wesentlichen auf das Urteil des BGH vom 25. Februar 2014. Der BGH hat seinerzeit entschieden, dass der Betreiber eines Stromnetzes, der dieses den
Stromproduzenten und Abnehmern zur Verfügung stellt und dazu den
Strom auf eine andere Spannungsebene transformiert, als Hersteller des
Produkts Elektrizität anzusehen ist. Da die A AG im vorliegenden Fall
somit Hersteller der an ihren Arbeitnehmer abgegebenen Ware Strom
ist, wird der gesamte geldwerte Vorteil, der dem Angestellten dadurch
entsteht, vom Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG erfasst und be-
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schränkt sich nicht lediglich auf den Teil des Endpreises, der dem Anteil
der auf den Arbeitgeber entfallenden Herstellungskosten an den gesamten Herstellungskosten des Endprodukts entspricht (BFH-Urteil vom 28.
August 2002, VI R 88/99, BStBl II 2003, 154). Die Revision gegen dieses
Urteil wurde nicht zugelassen.
Etwaige Lohnsteueranrufungsauskünfte nach § 42e EStG können somit
u.a. auf das aktuelle Urteil des FG München gestützt werden.
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