Jahresversammlung der Leopoldina widmet sich dem

Jahresversammlung der Leopoldina widmet
sich dem Wettbewerb unterschiedlicher
Wissenskulturen
„Wissenschaften im interkulturellen Dialog“ – zu diesem Thema veranstaltet
die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina ihre diesjährige
Jahresversammlung, die heute in Halle (Saale) eröffnet wurde. Zwei Tage lang
befassen sich renommierte Wissenschaftler mit der globalen
Wissenschaftskultur. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie interkultureller
Dialog in den Wissenschaften gelingen kann. Im Rahmen der feierlichen
Eröffnung am Vormittag sprach Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und
Forschung.
„Wissenschaft und Forschung lassen sich nicht in engen Landesgrenzen denken.
Die Internationalisierung in Wissenschaft und Forschung ist für das
Bundesforschungsministerium ein ganz zentrales Anliegen. Wichtig ist dafür
eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die unterschiedlichen Interessen und
Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Deutschland bringt sich heute stärker denn
je in internationale Netzwerke und Wissensströme ein. Die Leopoldina hat sich
für ihre Jahresversammlung ein wirklich vielschichtiges und großes Thema
gewählt“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka.
„Mit der Themenwahl reagiert die Leopoldina auf eine zunehmend wichtige
Diskussion in der Wissenschaft. Die Jahresversammlung soll dazu beitragen,
für den Wettbewerb unterschiedlicher Wissenskulturen zu sensibilisieren,
Hürden im interkulturellen Dialog zu identifizieren und Strategien zu deren
Überwindung zu diskutieren“, sagte Jörg Hacker, Präsident der Leopoldina, bei
seiner Eröffnungsansprache zur Jahresversammlung. „Eine reflektierte Haltung
zum Thema ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund wirtschaftlicher, politischer
und religiöser Konflikte in einer globalisierten Welt geboten“, unterstrich
Hacker.
In 14 Fachvorträgen nähern sich Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen
und aus ganz unterschiedlichen Regionen der Welt den Zusammenhängen zwischen
Wissenschaften und Kulturen. Der Tübinger Philosoph Otfried Höffe, der bei
der inhaltlichen Gestaltung des Tagungsprogramms die Feder führte, stimmt im
Eröffnungsvortrag „Universalität ‒ mit Recht auf Differenz: Wissenschaften im
interkulturellen Dialog“ die Teilnehmer auf das Thema ein. Im Folgenden geht
es unter anderem um „Wissenschaft im Dienst von Staat und Wirtschaft“
(Kinichi Mishima, Tokyo/ Japan), „Die Diskussion um die Evolutionstheorie in
der islamischen Welt“ (Martin Thomas Riexinger, Aarhus/ Dänemark), „Das
Verhältnis von indischer, arabischer und westlicher Mathematik zueinander“
(Andrea Bréard, Heidelberg und Lille/Frankreich) und „Wissenschaft in Afrika
im Spannungsfeld zwischen Geschichtsbildern und Wandel in der Geschichte“ (El
Hadji Ibrahima Diop, Dakar/ Senegal).
Ein Höhepunkt der Jahresversammlung ist der Vortrag „Der interkulturelle
Dialog und seine Feinde“ des Historikers Jürgen Osterhammel von der
Universität Konstanz am Freitagabend, 20.15 bis 21.15 Uhr, im Festsaal der
Leopoldina. Der renommierte Professor für Geschichte stellt darin die Frage
nach den Grenzen des interkulturellen Dialogs. Welche Widerstände gibt es
gegen ihn und wo sind diese Vorbehalte so groß, dass man von Feindschaft
sprechen muss?
Im Rahmen der Eröffnung wird heute der Leopoldina Early Career Award der
Commerzbank-Stiftung an die Freiburger Sinologin Lena Henningsen verliehen.
Sie wurde für ihre herausragenden Forschungsarbeiten zur Gegenwartskultur
Chinas sowie für ihr Engagement im interkulturellen Dialog und bei der
Vermittlung eines differenzierten China-Bildes ausgezeichnet.
Gäste der Jahresversammlung sind auch in diesem Jahr mehr als 40 begabte
Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland. Sie verfolgen die
wissenschaftlichen Vorträge der Jahresversammlung und kommen mit
hochkarätigen Forschern ins Gespräch. Das Schülerprogramm wird in diesem Jahr
vom Leopoldina Akademie Freundeskreis e.V. finanziert.
Am Vortag der Eröffnung der Jahresversammlung, am Donnerstag, 22. September,
wählte der Senat der Leopoldina einen neuen Sekretar der Klasse II. Claus R.
Bartram ist Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum
Heidelberg und seit 2004 Mitglied der Leopoldina. Er ist im Amt des Sekretars
der Klasse II der Nachfolger des Humangenetikers Peter Propping, der im April
dieses Jahres verstorben ist. Zudem wurde Wolfgang Baumjohann als Vertreter
der österreichischen Akademiemitglieder ins Präsidium gewählt. Er folgt auf
den Mediziner Georg Stingl, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur
Wiederwahl stand. Wolfgang Baumjohann ist Direktor des Instituts für
Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und seit
2010 Mitglied der Leopoldina.